zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 14.09.2011, 6Ob164/11b

OGH vom 14.09.2011, 6Ob164/11b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Leoben zu FN ***** eingetragenen *****A***** Gesellschaft m.b.H. mit dem Sitz in L*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch Dr. Klaus Hirtler Rechtsanwalt Gesellschaft mbH in Leoben, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 105/11k 9, womit der Beschluss des Landesgerichts Leoben vom , GZ 24 Fr 2410/11i-3, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die *****A***** Gesellschaft m.b.H. ist im beim Landesgericht Leoben geführten Firmenbuch eingetragen. Alleiniger Geschäftsführer ist Dipl. Ing. F***** M*****. Stichtag für den Jahresabschluss ist der 31. Dezember.

Mit Zwangsstrafverfügung vom verhängte das Erstgericht über die Gesellschaft wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung gemäß §§ 277 ff UGB zur Einreichung der Bilanz zum eine Zwangsstrafe von 700 EUR.

Fristgerecht erhob die Gesellschaft Einspruch. Aufgrund der Bilanzdaten für das Geschäftsjahr 2009 sei im Juni 2010 die Erstellung einer Fortführungsprognose notwendig gewesen. Dazu sei die Übernahme einer Bürgschaft durch die B***** KG, Mitgesellschafterin und Liegenschaftseigentümerin, erforderlich geworden, wofür die finanzierende Bank eine Grundstücksbewertung vorgenommen habe. Diese sei im September 2010 positiv abgeschlossen worden. Am sei jedoch das Insolvenzverfahren über die Hauptkundin eröffnet worden. Es hätten Entsorgungskosten von 150.000 EUR gedroht, die einer positiven Fortführungsprognose wiederum entgegen gestanden wären. Aufgrund von Verhandlungen mit dem Masseverwalter sei schließlich eine Lösung gefunden worden. Allerdings sei erst im März 2011 die endgültige Fertigstellung der Bilanz für das Jahr 2009 möglich gewesen.

Das Erstgericht verhängte daraufhin im ordentlichen Verfahren eine Zwangsstrafe von 850 EUR. Die in den Einsprüchen angeführten Gründe seien nicht berechtigt; ein offenkundig unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis sei nicht behauptet worden. Sollte die endgültige Klärung von Daten des Jahresabschlusses von einem anhängigen Verfahren abhängig sein, so seien die vorläufigen Daten offenzulegen.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die Zwangsstrafe auf 800 EUR reduzierte. Dabei sei wegen Fortdauer der Säumnis über den , das Inkrafttreten der Änderungen des § 283 UGB durch das BudgetbegleitG 2011, hinaus bereits die neue Rechtslage anzuwenden (§ 906 Abs 23 UGB). Nach dem eigenen Vorbringen der Rekurswerberin hätte ihr die Einreichung der Bilanz bis zum möglich sein müssen, da eine positive Fortbestandsprognose vorgelegen sei. Inwiefern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über eine Kundin und Anlagenmitbenützerin der positiven Fortbestehensprognose entgegengestanden sei, sei nicht schlüssig dargestellt. Ein eventueller Forderungsausfall zu Lasten der Gesellschaft sei gar nicht behauptet worden. Zudem habe die Gesellschaft seit dem Geschäftsjahr 1997 die Frist des § 277 Abs 1 UGB nicht einziges Mal eingehalten.

Im Hinblick darauf, dass der Jahresabschluss zwar nicht unmittelbar nach Erlassung der Zwangsstrafverfügung, wohl aber nach der Festsetzung der Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren eingereicht worden sei, sei eine Zwangsstrafe in Höhe von 800 EUR ausreichend.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur neuen Rechtslage fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 73 Abs 2 AußStrG).

2. Zutreffend hat das Rekursgericht in Anwendung der Übergangsbestimmung des § 906 Abs 23 UGB im vorliegenden Fall Zwangsstrafen nach der neuen Rechtslage verhängt. Die Frage des Verhältnisses zur alten Rechtslage (vgl dazu Dokalik/Birnbauer , GesRZ 2011, 22 [27]; OLG Wien 4 R 43/11i, RIS Justiz RW0000500) stellt sich im vorliegenden Fall nicht, weil nach der alten Rechtslage für die gegenständliche Bilanz ohnedies keine Zwangsstrafe verhängt wurde. Dem Gesetzgeber steht es aber frei, wegen eines im Jahr 2011 nach Inkrafttreten der neuen Rechtslage fortgesetzten Verstoßes gegen § 277 UGB geänderte Zwangsstrafen vorzusehen.

3.1. Die gegen diese Rechtslage von der Revisionsrekurswerberin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht stichhaltig. Der Oberste Gerichtshof hat in der eingehend begründeten Entscheidung 6 Ob 129/11f bereits dargelegt, dass gegen die Änderungen des § 283 UGB durch das BudgetbegleitG 2011 keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.

3.2. Dass eine zweimonatige Übergangsfrist „viel zu kurz“ sei, um die „rechtssuchende Bevölkerung auf diese rigide neue Strafregelung einzustellen“, kann keine Rede sein. Die Verpflichtung zur Vorlage der Bilanz bestand bereits zuvor; letzter Tag der Einreichung wäre der gewesen. Schon die zweimonatige (weitere) Säumnis im Jahr 2011 reicht zur Bestrafung nach der neuen Rechtslage jedenfalls aus. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die Strafen ohnedies in einer Höhe verhängt wurden, in der dies auch vor Inkrafttreten der Änderungen durch das BudgetbegleitG möglich gewesen wäre.

4. Nicht stichhaltig sind auch die Ausführungen im Revisionsrekurs zur angeblichen Unmöglichkeit der rechtzeitigen Erstellung einer Bilanz. Ergänzend zu den Ausführungen des Rekursgerichts ist hier nur darauf zu verweisen, dass es zur Wahrung der Frist des § 277 UGB ausreicht, einen vorläufigen Jahresabschluss einzureichen, sofern die fehlenden Unterlagen unverzüglich nach ihrem Vorliegen nachgereicht werden (6 Ob 53/05w; 6 Ob 132/11x; vgl § 277 Abs 1 Satz 2 und 3 UGB).

5. Auch die Höhe der verhängten Strafe ist nicht zu beanstanden. Bei Erstverstößen wurden in der Regel schon nach der bisherigen Rechtslage Strafen von 700 EUR verhängt. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Strafverhängung typischerweise eher schematisch und aufgrund objektiver Kriterien zu erfolgen, ohne dass es einer näheren Feststellung über die Vermögenslage der Geschäftsführer bedarf (6 Ob 182/07v; 6 Ob 89/08v; 6 Ob 129/11f). In Anbetracht des vom Rekursgericht zutreffend hervorgehobenen Umstands, dass die Gesellschaft noch nie rechtzeitig einen Jahresabschluss eingereicht hat, besteht für eine Verhängung der Strafe bloß in der gesetzlichen Mindesthöhe nicht der geringste Anlass. Im Übrigen ist dem Revisionsrekurs auch nicht ansatzweise zu entnehmen, weshalb die Verhängung einer Strafe von 800 EUR den Einkommens und Vermögensverhältnissen der Revisionsrekurswerber nicht Rechnung trägt.

6. Damit erweisen sich die angefochtenen Beschlüsse als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.