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OGH vom 24.04.1990, 4Ob31/90

OGH vom 24.04.1990, 4Ob31/90

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U*** V*** Gesellschaft mbH, Salzburg,

Peilsteinerstraße 5-7, vertreten durch Dr. Herwig Liebscher, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei K*** & Ö*** Warenhaus Aktiengesellschaft, Graz, Sackstraße 7-13, vertreten durch Dr. Gottfried Eisenberger und Dr. Jörg Herzog, Rechtsanwälte in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren: 300.000 S), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 129/89-16, womit der Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , GZ 8 Cg 347/89-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionserkurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Beide Parteien betreiben den Versandhandel mit Waren aller Art. Im Mai 1989 versandte die Beklagte an namentlich angeschriebene Kuden, deren Namen in ihrer Kartei gespeichert waren, sogenannte "Vor"-Kataloge, und zwar einen für Damenmodenartikel unter dem Titel "Tendenzen '89/'90" an insgesamt 34.983 Kundinnen und einen zweiten für Herrenmodenartikel unter dem Titel "Trendsetter '89/'90" an insgesamt 39.981 Kunden.

Die letzten Umschlagseiten dieser Kataloge enthielten folgende Ankündigung:

Abbildung nicht darstellbar!

Beim Katalog "Trendsetter '89/'90" war als Ende der Bestellfrist der "15.Juli '89" angeführt.

Gleichartige Ankündigungen waren in den den Katalogen beiliegenden persönlichen Begleitbriefen und Bestellscheinen enthalten. Auf den jeweiligen Bestellscheinen befanden sich die vorgedruckten Namen und Adressen des jeweiligen Katalogempfängers. Mit der Behauptung, daß diese Werbeaktion als öffentliche Ankündigung unzulässiger Rabatte zu verstehen sei und auch sonst gegen das UWG verstoße, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung im geschäftlichen Verkehr, insbesondere beim Verkauf von Waren als Letztverbraucher im Wege des Postversandes, die Ankündigung von 10 %igen Preisnachlässen für Bestellungen, die innerhalb einer gewissen Zeit bei ihr einlangen, zu verbieten. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsbegehrens. Sie habe die Rabatte individuell einem bestimmten Personenkreis gewährt, nicht aber öffentlich angekündigt, sondern jeder einzelnen, namentlich angeschriebenen Person angeboten; sie könne daher weder nach dem RabG noch nach dem UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Ein nach § 12 Abs 1 Satz 1 RabG idF der RabG-Nov 1988 zivilrechtlich verfolgbarer Unterlassungsanspruch bestehe hier deshalb nicht, weil die beanstandete Werbeaktion keine öffentliche Ankündigung im Sinne dieser Gesetzesstelle gewesen sei. Die Beklagte habe die Kataloge nur an vorausbestimmte individuelle Adressaten versendet. Die Mitteilung des Preisnachlasses sei daher nicht für einen größeren Kreis von Personen bestimmt gewesen, weil andere Personen als die Katalogempfänger keine Bestellmöglichkeit gehabt hätten und deshalb die Rabattankündigung auch nicht auf sich hätten beziehen können.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung; es sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes zwar 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und der Revisionsrekurs zulässig sei. Der Beklagten falle sehr wohl eine öffentliche Rabattankündigung im Sinne des § 12 Abs 1 RabG nF zur Last, weil sie ihre Kataloge an mehr als 70.000 Adressaten versendet habe. Die Kataloge seien somit für einen größeren Personenkreis bestimmt gewesen, der ungeachtet der persönlichen Adressierung des Kataloges keineswegs geschlossen gewesen sei; bei einem so großen Kreis sei vielmehr mit der Weiterverbreitung der Rabattankündigung auch an Außenstehende zu rechnen gewesen. Die von der Beklagten und vom Erstgericht vertretene einschränkende Auslegung der mit § 4 UWG übereinstimmenden neuen Fassung des § 12 Abs 1 RabG, wonach eine Mitteilung schon dann nicht für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sei, wenn sie an die einzelnen Mitglieder eines - noch so großen - Pesonenkreises persönlich adressiert wird, finde auch in den Materialien zur RabG-Nov 1988 keine Stütze. Eine derartige Einschränkung erscheine im Zeitalter der automationsunterstützten Datenverarbeitung überdies wenig sinnvoll und stehe daher nicht im Einklang mit dem Zweck der Gesetzesänderung.

Gegen die einstweilige Verfügung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt, dem Rechtsmittel der Beklagten nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Die Beklagte bestreitet auch in dritter Instanz nicht, daß sie in ihren Katalogen gegen §§ 1, 2 RabG verstoßende Preisnachlässe angeboten hat; es kann daher insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Die Rechtsmittelwerberin bleibt aber bei ihrem Rechtsstandpunkt, daß im Hinblick auf die Versendung des Kataloges an bestimmte, namentlich genannte Kunden keine öffentliche Ankündigung eines Preisnachlasses im Sinne des § 12 Abs 1 RabG nF vorliege. Hiezu war folgendes zu erwägen:

Nach § 12 Abs 1 RabG idF BGBl 1988/423 kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer einen gegen die Vorschriften dieses Gesetzes verstoßenden Preisnachlaß in öffentlichen Bekanntmachungen oder anderen Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, ankündigt. Schon vorher hatten aber Lehre und Rechtsprechung das in § 1 RabG genannte "Ankündigen" eines Preisnachlasses - im Gegensatz zu dessen "Anbieten" oder "Gewähren" - nicht anders verstanden, als es nunmehr in Übereinstimmung mit § 4 UWG vom Gesetzgeber definiert worden ist (Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht15, 2010 Rz 48 zu § 1 RabG iVm 1916 Rz 30 zu § 1 dZugV; ÖBl 1983, 129). Die entscheidende Neuerung der RabG-Nov 1988 liegt dahre nicht in einer neuen Begriffsbestimmung des öffentlichen "Ankündigens" eines Rabattes, sondern darin, daß in Hinkunft nur noch ein im Wege einer solchen öffentlichen Ankündigung begangener Rabattverstoß, nicht aber das bloße Anbieten oder Gewähren eines Preisnachlasses, einen zivilrechtlich verfolgbaren Unterlassungsanspruch auslöst. Schon zur gleichlautenden Formulierung des § 4 UWG - und ebenso des § 2 Abs 1 UWG vor der Novelle BGBl 1971/74 - wurde darauf hingewiesen, daß die Grenze zwischen der "öffentlichen Bekanntmachung" - also einer Veröffentlichung, die sich an die Allgemeinheit, dh an einen unbestimmten, nicht abgegrenzten Personenkreis, wendet (durch Ausrufen, Werbung im Rundfunk, Film oder Fernsehen, durch Zeitungsannoncen, Plakate, Prospekte, Lichtreklame usw) - , und der "für einen größeren Kreis von Personen bestimmten Mitteilung" fließend und der Unterschied nur ein gradueller ist; er spielt auch angesichts der ausdrücklichen und gesetzlichen Gleichstellung dieser beiden Begehungsformen keine Rolle. Ausgeschlossen werden sollen mit dieser Formulierung jedenfalls "Mitteilungen von Person zu Person", also solche Äußerungen, die nur gegenüber einzelnen Personen gemacht werden und nur für diese, nicht aber zur Weiterverbreitung bestimmt sind (Hohenecker-Friedl, Wettbewerbsrecht 22 f); umgekehrt können durchaus auch Mitteilungen an einzelne Personen unter sie fallen, wenn diese Personen nicht einem von vornherein bestimmten Personenkreis angehören (Baumbach-Hefermehl aaO). Von einem derart geschlossenen Kreis läßt sich aber gewöhnlich nicht mehr sprechen, wenn er sehr groß ist, ist doch dann mit der Weiterverbreitung an Außenstehende zu rechnen. Auch sämtliche Kunden eines Gewerbetreibenden sind in diesem Sinne individuell weder begrenzt noch begrenzbar (Baumbach-Hefermehl aaO 1403 Rz 4 zu § 4 dUWG). Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall hat daher das Rekursgericht entgegen der Meinung der Beklagten zutreffend erkannt, daß eine Versendung des Kataloges an nahezu 75.000 Personen aus der Kundenkartei der Beklagten nicht mehr als bloße "Mitteilung von Person zu Person" angesehen werden kann, auch wenn die einzelnen Empfänger dabei jeweils namentlich angeschrieben worden sind (so auch implicit für ein an rund 300.000 namentlich bezeichnete Kunden in ganz Österreich gerichtetes Schreiben: 4 Ob 132/89). Angesichts einer solchen massenweisen Verbreitung liegt bereits eine für einen größeren Kreis von Personen bestimmte Mitteilung vor, weil mit einer individuell weder begrenzten noch begrenzbaren Weiterverbreitung der darin enthaltenen Rabattankündigungen gerechnet werden muß; andernfalls käme man zu dem widersinnigen Ergebnis, daß zB auch eine Übersendung an alle in das Adressbuch einer großen Stadt genannten Personen keine öffentliche Rabattankündigung wäre, weil dieser Personenkreis zwar sehr groß, aber doch bestimmt ist (so auch Hartmann-Rieder, Kommentar zum MedienG, 25 zur insoweit vergleichbaren Wendung "Verbreitung... an einen größeren Personenkreis" des § 1 Abs 1 Z 1 MedienG).

Da die beanstandete Werbeaktion der Beklagten somit eine öffentliche Rabattankündigung im Sinne des § 12 Abs 1 RabG nF war, mußte dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben. Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten der Beklagten gründet sich auf §§ 78, 402 Abs 2 EO und §§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO, jener über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung auf § 393 Abs 1 EO.

Fundstelle(n):
DAAAD-55175