OGH vom 21.04.1982, 6Ob548/81
Norm
BStG § 7;
BStG § 20 Abs 4;
BStG § 28;
Kopf
SZ 55/55
Spruch
Im streitigen Verfahren können Immissionsschäden, welche durch den Verkehr auf einer Bundesstraße auf Nachbargrundstücken entstehen, nicht geltend gemacht werden
Nach Vollzug einer Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz kann die Rückzahlung der an den Enteigneten ausbezahlten Enteignungsentschädigung nicht schon deswegen begehrt werden, weil die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung durch die Anrufung des Gerichtes außer Kraft getreten ist. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes kann höchstens der gerichtliche Erlag der schon ausbezahlten Entschädigung durch den Enteigneten verlangt werden
(OLG Wien 15 R 120/80; KG Korneuburg 2 Cg 1/80)
Text
Mit Enteignungsbescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom wurden gemäß § 15 Abs. 1 BStG 1948 aus verschiedenen im Eigentum der Erstbeklagten zur Hälfte, der Zweitbeklagten und der Felicitas H je zu einem Viertel stehenden Liegenschaften Grundstücksteile zur Errichtung der Stockerau-Kremser Bundesstraße in Anspruch genommen. Die von der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung, an die Liegenschaftseigentümer gemäß § 15 Abs. 2 BStG 1948 zu leistende Entschädigungssumme wurde mit insgesamt 1 031 040 S festgesetzt. Dieser Betrag wurde entsprechend den Eigentumsverhältnissen an die Liegenschaftseigentümer ausbezahlt.
In der Gesamtentschädigungssumme war die Entschädigung für die Wertminderung der Eigenjagd der Gründeigentümerinnen für 18 überflüssig gewordene Hochsitze sowie für Durchschneidungsnachteile mit insgesamt 350 000 S enthalten.
Innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Enteignungsbescheides begehrten die nunmehrigen Beklagten sowie Felicitas H beim Bezirksgericht Stockerau die Erhöhung der festgesetzten Entschädigungssumme für die Wertminderung der Eigenjagd auf 1 352 000 S. Im Zuge dieses Verfahrens verstarb Felicitas H und ihr Nachlaß wurde der Zweitbeklagten eingeantwortet. Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß des Bezirksgerichtes Stockerau vom wurde die im rechtskräftigen Enteignungserkenntnis bestimmte Entschädigungssumme, soweit sie die Wertminderung der Eigenjagd betraf, mit zusammen 23 190 S festgesetzt. Die Antragsteller und nunmehrigen Beklagten wurden mit ihrem weitergehenden Begehren auf diese Entscheidung verwiesen. Das Bezirksgericht Stockerau begrundete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Liegenschaftseigentümer nur für die unmittelbar durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile schadlos zu halten sei, während jene Nachteile, die durch die Verwendung der enteigneten Fläche zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Verkehrsfläche entstunden, keinen Enteignungsschaden darstellten und daher im Rahmen der Festsetzung der Enteignungsentschädigung keine Berücksichtigung finden könnten.
Mit der vorliegenden Klage begehrte die Klägerin Republik Österreich (Bundesstraßenverwaltung) zuletzt von den Beklagten die Bezahlung je eines Betrages von 163 405 S samt 4% Zinsen seit an zuviel bezahlter Enteignungsentschädigung. Sie brachte vor, die Beklagten hätten zwar gegen die Entschädigungsüberzahlung die Aufrechnung von Ausgleichsansprüchen gemäß § 364 a ABGB erklärt, diese Ansprüche bestunden aber nicht zu Recht.
Die Beklagten bestritten das Klagebegehren und beantragten Klagsabweisung. Sie brachten vor, im Verfahren über die Enteignungsentschädigung seien jene Nachteile, die durch die Verwendung der enteigneten Flächen zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Verkehrsfläche den Beklagten entstanden seien, nicht berücksichtigt worden. Es seien also die Beeinträchtigung des Wildbestandes durch Abwanderung infolge des Straßenlärmes und die Beeinträchtigung der Bejagungs- und Verpachtungsmöglichkeit als Folge der eingetretenen Durchschneidung eines früher geschlossenen Gebietes, welche Nachteile nicht mit der Enteignung an sich zusammenhingen, sondern mit der Verwendung der enteigneten Flächen nach dem Übergang des Eigentumsrechtes auf Grund des Enteignungserkenntnisses, nicht abgegolten worden. Diese nicht berücksichtigten Beeinträchtigungen begrundeten einen Ausgleichsanspruch der beklagten Eigentümerinnen nach § 364a ABGB, der den vollen Ersatz des eingetretenen Schadens einschließlich des entgangenen Gewinnes umfasse. Zur Bemessung des Ausgleichsanspruches werde der Jahrespachtschilling, der für das Gesamtrevier nach erfolgter Enteignung des für die Straße bestimmten Grundstreifens, aber vor Errichtung der Straße erzielbar wäre - jeweils kapitalisiert - mit jenem zu vergleichen sein, der für das Gesamtjagdgebiet unter Berücksichtigung der vom Bau und von der Benützung der dort nicht ortsüblich gewesenen Straße ausgehenden Einwirkungen erzielbar sei. Zu den Einwirkungen gehörten Lärm, Licht, Abgase, Verunreinigungen, Verkehrseinrichtungen, die den Wildwechsel beeinträchtigten, Gefährdung des Wildes durch Kraftfahrer usw. Diese Einwirkungen hätten insgesamt zu einer wesentlichen Verringerung des Wildbestandes durch Abwanderung und geringere Fortpflanzung geführt und damit den Wert des Gesamtjagdgebietes entscheidend verringert. Die Wertminderung betrage mindestens 332 945 S. Die Beklagten setzten daher der Klagsforderung einen Ausgleichsanspruch in gleicher Höhe aufrechnungsweise entgegen.
Die Klägerin wendete Verjährung dieser behaupteten Ausgleichsansprüche ein.
Das Erstgericht sprach aus, daß die Klagsforderung mit dem Betrag von je 163 405 S samt 4% Zinsen seit hinsichtlich beider Beklagter zu Recht besteht, die compensando eingewendeten Gegenforderungen der Beklagten jeweils bis zur Höhe des Klagsbetrages ebenfalls zu Recht bestehen und wies daher das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden weiteren wesentlichen Sachverhalt fest:
Das gesamte Eigenjagdrevier der Beklagten umfaßt insgesamt 1289 ha und 7941 m2. Der Großteil dieses Eigenjagdgebietes ist als Tiergarten eingegattert (660 ha) und wurde durch die erfolgte Enteignung und die Verwandlung enteigneter Jagdgebietsteile in Verkehrsflächen einer stark befahrenen Schnellstraße nicht oder nicht unmittelbar entscheidend betroffen.
Der nicht eingegatterte Teil des Eigenjagdreviers war vor dem Beginn des Baues der Schnellstraße (also vor 1968) vor allem wegen seines besonders reichen Bestandes an Fasanen eines der besten Niederjagdreviere Niederösterreichs und nur mit den allerbesten Aurevieren zu vergleichen, wobei es den besten Eigenjagdrevieren an der Donau mindestens ebenbürtig war. Das Gebiet umfaßte vor der Errichtung der Schnellstraße 21 Jagdtriebe, die noch zu Ende der 60er Jahre zweimal im Jahr bejagt worden waren, wobei die Gesamtstrecke auch in den schlechtesten Jahren mehr als 700 Fasane betrug.
Nach dem Bau der Schnellstraße - die Bauarbeiten waren im April 1970 abgeschlossen, die Straße aber für den Verkehr erst Ende September 1970 freigegeben worden - wodurch das gesamte Eigenjagdgebiet in der Längsrichtung im Ausmaß von fast 5 km durchschnitten wurde (die im Eigentum der Beklagten stehenden 160 ha aber nur auf eine Länge von 1730 m), ist das Jagdrevier auf das Niveau einer "Bauernjagd" herabgesunken. Nördlich der Schnellstraße können nur mehr sieben Jagdtriebe ordnungsgemäß bejagt werden, wobei der Versuch, auch die südlich gelegenen Jagdtriebe zu bejagen, nur einen sehr geringen Jagderfolg (1 bis 2 Fasane je Trieb) erbrachte. Ein Belebungsversuch im Jahre 1974 dergestalt, daß Wild ausgesetzt wurde und Volieren errichtet wurden, schlug fehl. Der Rotwildbestand ging seit Inbetriebnahme der Straße praktisch auf Null zurück und auch der Hochwildbestand verringerte sich entscheidend. In den Jahren 1974 bis 1977 wurde die Fütterung im südlichen Teil der Schnellstraße im wesentlichen eingestellt, weil sich zeigte, daß praktisch kein Wild mehr vorhanden war.
Der Unterschied zwischen dem ortsüblichen Pachtzins vor Errichtung der Schnellstraße zu der Zeit danach beträgt für das Eigenjagdrevier 210 S/ha im Jahr. Bei Kapitalisierung zu 7% ergibt sich eine Verminderung des Ertragswertes des 160 ha großen, von der Schnellstraße durchschnittenen Revierteiles der Eigenjagd, der je zur Hälfte im Eigentum der Beklagten steht, um mindestens 480 480 S. Für die Abwanderung des Wildes bzw. die Verringerung des Wildbestandes sind der Bau und der Betrieb der Schnellstraße verantwortlich, insbesondere der dadurch entstandene und entstehende Lärm, die Abgase der Fahrzeuge, die Beeinträchtigung durch die Fahrzeugbeleuchtungen, die gesamte Unruhe und die Tatsache, daß auch Straßenbegleitzäune eine Tötung von Wild im Zuge des Straßenverkehrs nicht ganz verhindern können. Dazu kommt noch, daß die Bejagbarkeit des Reviers durch die Zerstückelung stark leidet.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß Ansprüche aus den §§ 364 ff. ABGB nur dem Eigentümer der betroffenen Liegenschaft zustunden, allenfalls dem Berechtigten. Der für die Zuerkennung eines Ausgleichsanspruches in Frage kommende Teil des Eigenjagdreviers umfasse daher ausschließlich jene 160 ha Eigentum der Beklagten, die unmittelbar von der Durchschneidung durch die Bundesstraße betroffen seien. Die nachbarrechtlichen Bestimmungen der §§ 364 ff. ABGB seien auch auf Straßengrundstücke von Gebietskörperschaften anzuwenden, da die Gebietskörperschaft, soweit sie die notwendigen Arbeiten durchführen lasse, nicht mehr als Träger der Hoheitsverwaltung, sondern als Bauherr auftrete und als solcher dem Grundnachbarn gegenüber nach den Grundsätzen des Zivilrechtes hafte. Eine nachbarrechtliche Haftung komme jedoch nur dort in Betracht, wo mangels anderen Rechtstitels der Nachbar in die Schranken, die die §§ 364 ff. ABGB der Ausübung seines Eigentums setzten, gewiesen werden solle. Da die Beeinträchtigung der Liegenschaftseigentümer durch den Betrieb einer behördlich genehmigten Anlage erfolgt sei und erfolge, stunde den Beklagten kein Untersagungsanspruch zu, sondern nur ein Ausgleichsanspruch auf Ersatz des zugefügten Schadens iS der vollen Schadloshaltung. An der Verantwortlichkeit und der Ausgleichspflicht der Gebietskörperschaft auf Grund nachbarrechtlicher Grundsätze für die festgestellte Beeinträchtigung des Nachbargrundes vermöge auch die Bestimmung des § 24 Abs. 5 BStG 1971 nichts zu ändern, da der von den Beklagten geltend gemachte Ausgleichsanspruch auf die Einwirkungen durch den Betrieb der Bundesstraße gestützt sei. Die von den Beklagten gegen die Klagsforderung compensando eingewendeten Ausgleichsansprüche bestunden daher auf Grund des schlüssigen Sachverständigengutachtens zumindest bis zur Höhe des Klagsbetrages zu Recht. Verjährung liege nicht vor, weil die Verjährungszeit erst mit der Kenntnis aller vorhersehbaren mit dem Schadensereignis verbundenen Folgen zu laufen beginne. Außerdem stunde der Umstand, daß die Gegenforderung zur Zeit der Aufrechnungseinwendung allenfalls verjährt wäre, der Aufrechnung nicht entgegen, weil die Wirkung der Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt zurückbezogen werde, zu dem die Forderungen einander zuerst aufrechenbar gegenübergestanden seien. Der Anspruch auf Rückzahlung der zuviel bezahlten Enteignungsentschädigung sei aber erst auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Stockerau vom entstanden. Diese Forderung sei mit der am eingebrachten Klage geltend gemacht worden. Die Klagsforderung sei sohin nicht einmal jetzt noch drei Jahre alt. Die Gegenforderung habe daher aufrechnungsweise geltend gemacht werden können.
Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin Folge, hob das Urteil des Erstgerichtes, welches im Ausspruch über die geltend gemachte Forderung als unangefochten unberührt blieb, im Ausspruch über die Gegenforderung und über die Abweisung des Klagebegehrens unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, die §§ 364 und 364 a ABGB gäben keine Anhaltspunkte dafür, daß diese Bestimmungen nicht für Immissionen gelten sollten, die von Verkehrsanlagen ausgingen. Daher könnten auch für die Auswirkungen des Straßenverkehrs auf die Nachbarliegenschaften keine Sonderregeln gelten. Ein Ausgleichsanspruch der Beklagten sei daher nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Mit Recht rüge aber die Klägerin, daß das Erstgericht trotz eines diesbezüglichen Antrages es unterlassen habe, darüber Klarheit zu schaffen, in welchem Ausmaß die einzelnen der festgestellten, für den Eintritt des Schadens mitentscheidenden Komponenten zum Gesamtschaden beigetragen hätten. Die Folgen der Beeinträchtigung der Bejagbarkeit des gegenständlichen Revierteiles durch die auf die Enteignung zurückzuführende Zerstückelung des Gründes könne ebensowenig unter die von einem Nachbargrundstück ausgehenden Immissionen iS der §§ 364 Abs. 2 und 364 a ABGB subsumiert werden wie die Tötung von Wild durch Fahrzeuge, die die Straße benützten. Hinsichtlich der Abgeltung von Immissionen, die vom Bau der Straße ausgegangen seien, hätten die damals in Geltung gestandenen Bestimmungen des Bundesstraßengesetzes 1948, BGBl. 49, eine dem § 24 Abs. 5 BStG 1971 entsprechende Bestimmung nicht enthalten. Da die Feststellungen des Erstgerichtes nicht erkennen ließen, welchen Anteil die mit dem Bau und der Benützung der Straße verbundenen Immissionen wie Lärm, Licht, Abgase und Verunreinigungen an der Verringerung des Wildbestandes hätten, liege ein Feststellungsmangel vor.
Bei Berechnung des Ersatzanspruches werde zu berücksichtigen sein, daß jeder Gründeigentümer ein gewisses Maß an Einwirkungen zu dulden habe, nämlich solange diese sich noch im Rahmen des ortsüblichen bewegten oder nicht zu wesentlichen Störungen der ortsüblichen Nutzung führten. Der Geschädigte könne nur den Ersatz jenes Schadens begehren, der gerade durch die über das zu duldende Maß hinausgehenden Immissionen hervorgerufen werde. Es sei daher auch noch festzustellen, ob die Einwirkungen im Rahmen des nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnlichen Maßes gelegen seien oder dieses Maß tatsächlich überstiegen und die ortsübliche Benützung des Grundstückes der Beklagten wesentlich beeinträchtigt hätten.
Was die Verjährung anlange, so sei auf die Ersatzansprüche nach § 364a ABGB die Regel des § 1489 ABGB anzuwenden. Der Ersatzanspruch verjähre daher in drei Jahren ab Kenntnis des Schadens und des Schädigers. Es sei allerdings zu bedenken, daß der Schaden nicht durch eine einmalige Immission entstehe, sondern durch fortdauernde schädigende Ereignisse hervorgerufen werde. Bei den wiederholt schädigenden Ereignissen werde jeweils eine neue Verjährungsfrist in Lauf gesetzt. Die Beklagten begehrten die Berechnung des ihnen zustehenden Ausgleichsanspruches anhand des entgangenen "Jahrespachtschillings". In Ermangelung eines weiteren Vorbringens über die näheren Umstände des Pachtverhältnisses wie etwa Dauer des Pachtvertrages sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit des jeweiligen Jahrespachtschillings lasse sich auf Grund des bisherigen Akteninhaltes nicht beurteilen, wann die Beklagten ihren jeweiligen Ausgleichsanspruch frühestens hätten geltend machen können, in welchem Zeitpunkt also jeweils die Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe. Der Anspruch auf Rückzahlung des aus dem Titel der Enteignungsentschädigung zuviel bezahlten Betrages sei erst mit Rechtskraft des Beschlusses des Bezirksgerichtes Stockerau vom entstanden. Die Beklagten könnten daher allfällige Ausgleichsansprüche nur insoweit einredeweise geltend machen, als diese Ansprüche zur Zeit der Entstehung der Klagsforderung, also zur Zeit des Eintrittes der Rechtskraft des genannten Beschlusses, nicht bereits verjährt gewesen seien. Ausgleichsansprüche für Immissionen infolge des Baues und des Verkehrs auf der Straße, die zu einer früheren Zeit als drei Jahre vor Rechtskraft dieses Beschlusses hätten geltend gemacht werden können, wären somit zur Zeit der Erhebung der Kompensationseinrede der Beklagten verjährt gewesen.
Über Rekurse beider Parteie hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Berufungsgerichtes auf und trug diesem eine neue Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Beklagten leiten ihre Gegenforderungen aus Immissionen sowohl während des Baues der Bundesstraße als auch durch den darauffolgenden Verkehr ab.
Was die bei Bauarbeiten anläßlich der Errichtung einer Straße erfolgenden Immissionen anlangt, wurde die Zulässigkeit des Rechtsweges und eine Haftung des Straßenerhalters von der bisherigen Rechtsprechung bejaht, und zwar unabhängig davon, ob die Gebietskörperschaft die Entscheidung über die Durchführung von Erhaltungsarbeiten oder den Neubau von Straßen im eigenen Wirkungskreis trifft oder ob sie durch Gesetze hiezu verpflichtet ist. So wurde in der Entscheidung SZ 43/139 hinsichtlich des Baues der Autobahn KLagenfurt-Villach unter Hinweis auf zahlreiche Vorentscheidungen (SZ 38/106; SZ 36/67; SZ 24/312; EvBl. 1970/226 ua.) ausgesprochen, daß die Bestimmungen der §§ 364 ff. ABGB auch auf Straßengrundstücke von Gebietskörperschaften anzuwenden seien und alle Anordnungen der Gebietskörperschaft, die im Rahmen der ihr obliegenden Verpflichtung für die Erhaltung der Straßen getroffen werden, als Akte der Hoheitsverwaltung gelten, daß aber die Gebietskörperschaft, soweit sie die notwendigen Arbeiten durchführen lasse, als Bauherr auftrete und als solcher dem Grundnachbarn nach den Grundsätzen des Nachbarrechtes hafte. Es komme für das Bestehen des Ausgleichsanspruches nicht darauf an, ob die Arbeiten, von denen die Einwirkungen ausgingen, privaten Zwecken oder solchen des Gemeinwohles dienten. Der Ausgleichsanspruch ergebe sich bereits aus § 364 Abs. 2 ABGB, sodaß die Frage, ob der Bau einer Straße eine behördlich genehmigte Anlage iS des § 364a ABGB darstelle, auf sich beruhen könne. In gleicher Richtung wurde in der Entscheidung SZ 36/67 die Haftung der Gebietskörperschaft für Schäden anläßlich von Straßenbauarbeiten an einer Landesstraße - hier unter Hinweis auf § 364a ABGB - bejaht. Auch in der Entscheidung EvBl. 1970/226 bejahte der OGH die Haftung der Gebietskörperschaft für Schäden durch Abwässer anläßlich der Errichtung einer Landesstraße. In der Entscheidung ZVR 1966/41 sprach er aus, daß Schäden durch die Anlage einer neuen Bundesstraße nur nach besonderen Vorschriften, zB nach den Grundsätzen des Nachbarrechtes, zu ersetzen seien, und in der Entscheidung JBl. 1969, 442 bejahte er die Haftung für Schäden aus der Ableitung von Wasser und Schlamm anläßlich einer Straßenreparatur.
Diese Rechtsprechung ist nur insofern in der Lehre kritisch beurteilt worden, als etwa Aicher (Grundfragen der Staatshaftung bei rechtmäßigen hoheitlichen Eigentumsbeeinträchtigungen) darauf verweist, daß hinsichtlich der Bundesstraßen keine behördlich genehmigte Anlage gemäß § 364a ABGB vorliege, weil nach dem Bundesstraßengesetz 1948, anders als bei Landesstraßen, keine Genehmigung auf Grund eines Verfahrens erfolge, in dem die Berücksichtigung der Interessen des Nachbarn in der gleichen oder gleich wirksamen Weise vorgesehen sei wie im Genehmigungsverfahren nach der Gewerbeordnung. Nur die verfehlte Judikatur, wonach § 364 Abs. 2 ABGB nicht nur einen Unterlassungsanspruch, sondern auch einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch gewähre, verhindere daher das unerfreuliche Ereignis, daß der beeinträchtigte Grundnachbar bei ortsunüblichen Immissionen anläßlich des Baues einer Bundesstraße im Ergebnis den Bau verhindern könne (aaO 265 f. FN 123). Auch Aicher gelangt allerdings (hier bereits zum Bundesstraßengesetz 1971) zu einer Haftung des Bundes für Immissionsschäden aus der Erwägung heraus, daß trotz des in § 24 Abs. 5 Satz 1 BStG 1971 enthaltenen Duldungsbefehles allenfalls auftretende Immissionen, welche über das Maß des § 364 Abs. 2 ABGB hinausgingen, als entschädigungspflichtige Enteignung zu beurteilen seien. Aicher bejaht daher, wenn auch auf anderer Grundlage, eine Verpflichtung des Bundes. In der deutschen Rechtsprechung wurde bei allerdings nur annähernd vergleichbarer Rechtslage ein Anspruch auf Enteignungsentschädigung bei Immissionen anläßlich des Baues einer Straße bejaht (BGHZ 54, 384 ua.; vgl. dazu die Nachweise bei Aicher aaO, 204 ff., insbesondere 210 FN 271).
Einer näheren Prüfung dieser Fragen und vor allem der Einwände der Lehre gegen die Auslegung des § 364 Abs. 2 ABGB (vgl. dazu Nachweise bei Aicher aaO 266) bedarf es jedoch im vorliegenden Fall nicht. Denn gleichgültig, ob man mit der Lehre (vgl. dazu etwa Rummel, Erfolgshaftung im Nachbarrecht?, JBl. 1967, 120) bei Immissionen nach § 364 Abs. 2 ABGB eine Haftung des Liegenschaftseigentümers nur bei Verschulden annimmt oder mit der Rechtsprechung einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch bejaht, wären derartige Ansprüche, soweit sie Immissionen aus Anlaß des Baues der Straße betreffen, verjährt.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen waren die Bauarbeiten an der Bundesstraße im April 1970 abgeschlossen, die Straße wurde Ende September 1970 für den Verkehr freigegeben. Soweit es sich daher um Immissionsschäden aus Anlaß des Baues der Straße handelt, mußten diese spätestens mit Abschluß der Bauarbeiten eingetreten sein. Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB auch für sämtliche nachbarrechtlichen Ausgleichsansprüche, sogar für solche nach § 364a ABGB (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II 249 f.; Klang in Klang[2] VI 634; SZ 35/111; JBl. 1967, 32 ua.; zuletzt etwa 1 Ob 36, 37/80). Wenn auch bei fortdauernden Immissionen der hiedurch hervorgerufene Schaden, welcher in der Entwertung der betroffenen Grundstücke liegt, mit jeder Immission neu entsteht (Koziol aaO 250; Klang aaO VI 635), waren im vorliegenden Fall die Immissionen aus Anlaß des Baues der Straße mit deren Vollendung abgeschlossen und auch der hiedurch bewirkte Wildschaden eingetreten, sodaß spätestens mit diesem Zeitpunkt die Verjährung zu laufen begonnen hätte.
Die Beklagten vertreten in ihren Rekursen die Auffassung, eine Verjährung auch dieser Ersatzansprüche sei deshalb nicht eingetreten, weil sie bereits am dem Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Enteignungsentschädigung aufrechenbar gegenübergestanden seien. Mit der am durch die Beklagten erfolgten Anrufung des Außerstreitrichters um Festsetzung der Enteignungsentschädigung sei nämlich das Erkenntnis der Verwaltungsbehörde über die Höhe der Entschädigung gemäß § 15 Abs. 3 BStG 1948, BGBl. 59 idF der Novelle BGBl. 134/1964, zur Gänze außer Kraft getreten. Mit diesem Zeitpunkt und nicht erst mit der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes sei daher ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der auf Grund des Erkenntnisses der Verwaltungsbehörde ausbezahlten Enteignungsentschädigung entstanden, gegen den die Forderung aus Immissionsschäden habe aufgerechnet werden können. Auf diesen Zeitpunkt sei somit die Wirkung der Aufrechnungserklärung zurückzubeziehen.
Dem kann nicht beigepflichtet werden. Es ist zwar richtig, daß nach der zitierten Bestimmung des hier anzuwendenden Bundesstraßengesetzes 1948 ebenso wie nach § 20 Abs. 3 des nunmehrigen Bundesstraßengesetzes 1971 mit der Anrufung des Gerichtes die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft tritt. Gemäß § 15 Abs. 4 BStG 1948 (nunmehr völlig gleichlautend § 20 Abs. 4 BStG 1971) kann jedoch der Vollzug des rechtskräftigen Enteignungsbescheides nicht gehindert werden, sobald der vom Landeshauptmann ermittelte Entschädigungsbetrag oder eine Sicherheit für die erst nach Vollzug der Enteignung zu leistende Entschädigung gerichtlich erlegt ist. Den Materialien ist dazu nichts Näheres zu entnehmen (504 BlgNR, V. GP 19; 242 BlgNR, XII. GP 28; 548 BlgNR, XII. GP). Aus dem Gesetzestext ergibt sich jedoch, daß nach Vollzug der Enteignung eine Rückzahlung der Enteignungsentschädigung auch dann nicht begehrt werden kann, wenn die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung durch die Anrufung des Gerichtes außer Kraft getreten ist. In einem solchen Falle kann höchstens der gerichtliche Erlag der schon ausbezahlten Entschädigung durch den Enteigneten bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Gerichtes, nicht aber die Rückzahlung verlangt werden. Erst durch die Entscheidung des Gerichtes, mit welcher die Enteignungsentschädigung endgültig festgesetzt wird, wird auch über den allenfalls erlegten Betrag endgültig entschieden. Bis zu diesem Zeitpunkt bestand kein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der Entschädigung an sie. Erst mit Rechtskraft der Entscheidung des Gerichtes hätte daher die Klägerin die Rückzahlung der zuviel bezahlten Enteignungsentschädigung an sie verlangen können. In diesem Zeitpunkt waren aber die Forderungen der Beklagten aus Immissionsschäden anläßlich des Baues der Straße längst verjährt, erging doch der Beschluß des Bezirksgerichtes Stockerau erst am und wurde am dem damaligen Vertreter der Beklagten zugestellt. Der von den Beklagten dagegen erhobene Rekurs wurde mit Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg vom als verspätet zurückgewiesen.
Aber auch dann, wenn man mit Aicher die Auffassung vertreten wollte, für Immissionen, welche über das Ausmaß des § 364 Abs. 2 ABGB hinausgingen, gebühre eine Entschädigung wegen Enteignung, wäre für die Beklagten nichts gewonnen. Abgesehen davon, daß sie sich gar nicht darauf berufen haben, daß ihnen eine Entschädigung wegen Enteignung zustehe, könnten sie einen solchen Anspruch auch nicht compensando einwenden.
Gemäß Art. 13 Verwaltungsentlastungsgesetz, BGBl. 277/1925, finden, sofern die Gesetze Enteignungen zulassen und nichts anderes anordnen, für das bei der Durchführung der Enteignung und bei der Festsetzung der Entschädigung zu beobachtende Verfahren sinngemäß die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes, RGBl. 30/1878 (nunmehr des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, BGBl. 71) Anwendung. Der VfGH hat in einem ähnlich gelagerten Fall (Entschädigung für Enteignung des Ertrages der Nutzung und der Verfügungsmöglichkeit über das Eigentum an einem Haus zufolge der Bestimmungen des Mietengesetzes) die Klage gegen die Republik Österreich mit der Begründung zurückgewiesen, auf derartige Entschädigungsansprüche sei Art. 13 VEG, BGBl. 277/1935, anzuwenden, weshalb über dieses Begehren die ordentlichen Gerichte zu entscheiden hätten (VfSlg. 7421). Im Rahmen des sodann im Verfahren außer Streitsachen geltend gemachten Entschädigungsanspruches hat der OGH unter Hinweis auf diese Entscheidung und die weiteren Entscheidungen des VfGH VfSlg. 2431, 3287 und 3348 die Auffassung vertreten, daß in solchen Fällen das angebliche Enteignungsgesetz den Individualbescheid ersetze und daher - unabhängig von der Frage, ob der Entschädigungsanspruch berechtigt sei - unmittelbar ein Entschädigungsantrag an das nach dem Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 zuständige Gericht gestellt werden könne (RZ 1977/123 mit zustimmender Besprechung von Morscher).
Wendete man diese Grundsätze iS der Lehre von Aicher, wonach Immissionen aus Anlaß des Baues einer Straße als entschädigungspflichtige Enteignung zu qualifizieren seien, auf den vorliegenden Fall an, dann wäre iS der obigen Ausführungen zur Entscheidung über solche Ansprüche der Außerstreitrichter berufen. Nach Lehre und Rechtsprechung sind aber Gegenforderungen, die nicht auf den Rechtsweg gehören, zur Aufrechnung im Prozeß nicht geeignet (Fasching III 578; Gschnitzer in Klang[2] VI 502; SZ 23/149; SZ 37/1 ua.). Die Beklagten könnten daher ihre behauptete Gegenforderung in einem solchen Falle nicht in einem streitigen Verfahren einwenden, sofern die Gegenforderungen noch nicht rechtskräftig im Verfahren außer Streitsachen zugesprochen worden wären. Da dies nicht der Fall ist, wäre eine Aufrechnung, auch wenn man den zugrunde liegenden Anspruch als solchen auf Grund einer entschädigungspflichtigen Enteignung beurteilen wollte, nicht möglich.
Was aber die behaupteten Schäden durch den beim Verkehr auf der Bundesstraße auftretenden Lärm, Geruch, Staub, Beleuchtung usw. anlangt, so können solche Schäden jedenfalls nicht als Immissionsschäden iS der §§ 364 ff. ABGB im streitigen Verfahren geltend gemacht oder daraus abgeleitete Forderungen eingewendet werden.
Ob solche Schäden als Immissionsschäden gegenüber der Republik Österreich geltend gemacht werden können, wurde bisher, soweit überblickbar, in Österreich - anders als in der Bundesrepublik Deutschland - noch nicht grundsätzlich entschieden. Die zu diesem Fragenkomplex ergangenen Entscheidungen erflossen durchwegs im Verfahren außer Streitsachen im Rahmen der Festsetzung der Enteignungsentschädigung. Dabei muß aber beachtet werden, daß die Frage, ob derartige Schäden als solche nach den §§ 364 ff. ABGB zu entschädigen sind, nicht nur die allfälligen Restgrundstücke des zum Zweck der Errichtung einer Bundesstraße enteigneten Gründeigentümers betreffen, sondern auch sonstige benachbarte Grundstücke, hinsichtlich derer keine Teilenteignung stattgefunden hat. Die bisherige Rechtsprechung behandelte ausschließlich Fälle der durch den Verkehr auf der Straße erfolgten Wertminderung von Restgrundstücken des Enteigneten. Ein Ersatz für die Wertminderung wurde ua. in den Entscheidungen ZVR 1963/251, ZVR 1966/41, 5 Ob 110/72, 6 Ob 559/79 und 7 Ob 770/79 mit der Begründung abgelehnt, Nachteile, die durch die Errichtung und den Betrieb der Straßenanlage auf dem enteigneten Grundstück bewirkt würden, insbesondere Wertminderungen der Restliegenschaft durch Immissionen aus dem enteigneten Grundstücksteil, seien im Rahmen der Enteignungsentschädigung nicht zu vergüten. In anderen Entscheidungen wurde hingegen eine Enteignungsentschädigung für die Wertminderung der Restliegenschaft gewährt (vgl. dazu Nachweise bei Rummel - Schlager, Enteignungsentschädigung 128 f.). So wurde etwa in der Entscheidung RZ 1976/86 eine Wertminderung der Restliegenschaft durch Einwirkung von Staub, Lärm und dergleichen von einer Straße auf den enteigneten Liegenschaftsteil entschädigt, weil wegen der geringen Entfernung der Straße von dem Gebäude auf der Restliegenschaft die Erneuerung eines früher bestandenen lebenden Zaunes unmöglich geworden war. In der Entscheidung ZVR 1966/41 wurde - allerdings ohne nähere Erörterung - ausgesprochen, daß die Schäden durch den Betrieb der Straße nur auf Grund besonderer Vorschriften, zB nach den Grundsätzen des Nachbarrechtes, zu ersetzen seien.
In der Lehre sind diese Entscheidungen insofern auf Kritik gestoßen, als Rummel (aaO 128 f.) meinte, daß die Judikatur in Wahrheit den Ersatz von sogenannten mittelbaren Schäden aus dem begünstigten Unternehmen überwiegend anerkannt, dabei aber die Kausalitätsprüfung vernachlässigt habe. Schäden des Eigentümers durch das Enteignungsprojekt, die auch dann eingetreten wären, wenn diesem nichts enteignet worden wäre, seien nämlich nicht zu ersetzen. Auch Rummel behandelt jedoch alle Schäden aus Einwirkungen durch den Verkehr auf der Straße als solche, die im Rahmen der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen sind, nicht aber als Ausgleichsansprüche im Sinne der §§ 364 ff. ABGB. Er verwirft auch den Einwand gegen den Ersatz mittelbarer Folgeschäden, welcher darauf hinausliefe, eine Berücksichtigung indirekter Folgeschäden würde zu einer Ungleichbehandlung aller jener führen, die zwar gleichfalls beeinträchtigt, aber nicht enteignet wurden, mit dem Hinweis, es sei wenig überzeugungskräftig, eine Gleichbehandlung mehrerer Geschädigter dadurch zu erreichen, daß alle nichts bekämen (aaO 126 f.). Allerdings meint er im Zusammenhang mit dem Eisenbahnenteignungsgesetz, sofern Unternehmensschäden etwa aus § 364a ABGB erfolgreich geltend gemacht werden könnten, liege im Rahmen des Enteignungsfalles kein entschädigungspflichtiger Nachteil mehr vor. Koziol (Österreichisches Haftpflichtrecht II 247) bejaht zwar die Möglichkeit der Geltendmachung von Immissionsschäden, die von Verkehrsanlagen ausgehen, sagt jedoch ausdrücklich (aaO FN 66), daß die Bestimmungen des ABGB nicht herangezogen werden könnten, wenn es sich um öffentliche Verkehrsanlagen handle, die dem Bereich der Hoheitsverwaltung angehörten. In diesen Fällen sei das Enteignungsrecht anzuwenden. Steiner (Zur Auslegung des Begriffes der Ortsüblichkeit in § 364 Abs. 2 ABGB, JBl. 1978, 133) kritisiert lediglich die in der Entscheidung SZ 43/139 vertretene Ansicht, daß Straßenbau zur ortsüblichen Benützung von Straßengrundstücken gehöre, nimmt jedoch zur Frage, ob der Bund für Schäden durch den Verkehr auf Bundesstraßen nach den §§ 364 ff. ABGB hafte, nicht Stellung. Aicher meint, Eingriffe, die dem Eigentümer unzumutbar seien, weil sie in ortsunüblicher Weise die ortsübliche Nutzung seines Grundstückes wesentlich beeinträchtigten, seien rechtswidrig. Er brauche sie nicht zu dulden, es sei denn, sie seien durch ein höherwertiges öffentliches Interesse iS des § 364a ABGB gerechtfertigt. Darin liege ein Sonderopfer, weil andere Eigentümer solche Eingriffe nicht dulden müßten (aaO 292). Resultiere die ortsunübliche Beeinträchtigung aus einer Veranstaltung hoheitlicher Verwaltung, habe der Beeinträchtigte die Immission zu dulden, soweit der Bestand, die Unterhaltung und der Betrieb der Verwaltungseinrichtung auf gesetzlicher Grundlage eingerichtet seien. Dafür sei jedoch der Eigentümer nach Enteignungsgrundsätzen zu entschädigen. Eine Duldungspflicht könne sich auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung gegenüber ortsunüblichen Immissionen aus Unternehmungen, an denen ein überwiegendes Allgemeininteresse bestehe, ergeben, wenn das Allgemeininteresse dadurch auf Gesetzesebene anerkannt sei, daß für die Zwecke der Unternehmung auch eine Enteignung zulässig wäre (aaO 298 f.). In seiner Besprechung des Werkes von Aicher verweist Rummel (JBl. 1980, 557 f.) darauf, daß die Ausgleichsnormen im privaten Immissionsbereich auf dem durch die Ortsüblichkeit fixierten Sockel aufbauten und gewissermaßen nur den "Überschuß" an Belastungen regelten. Es frage sich, ob diese Ausgangssituation auf hoheitliche Eingriffe im grundsätzlichen übertragbar sei. Vielmehr sei durchaus erörterungsbedürftig, ob im Verhältnis des einzelnen zur öffentlichen Hand in der Regel Vor- und Nachteile hoheitlicher Tätigkeit einander aufwögen und es also wieder nur um den Ausgleich der "Spitzen" gehe. Klang in Klang[2] II 172) meint, bei den von Verkehrsunternehmungen ausgehenden Störungen sei auf das öffentliche Interesse und den gemeinen Nutzen Bedacht zu nehmen. Die mit einer öffentlichen Verkehrsanlage notwendig verbundenen Störungen würden in der Regel als ortsüblich zu gelten haben.
In der Bundesrepublik Deutschland hält die Rechtsprechung (BGHZ 54, 384 ua.) die Lärmeinwirkung als notwendige Folge der Eröffnung der Straße für den durchfließenden Verkehr für einen unmittelbaren hoheitlichen Eingriff in das Anliegereigentum, weshalb nur ein Enteignungsentschädigungsanspruch in Frage komme. Das die Enteignung charakterisierende Sonderopfer müsse sich aus der Zumutbarkeitsprüfung nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ergeben (vgl. dazu Speiser, Entschädigungsansprüche wegen Verkehrslärm, NJW 1975, 1101 ff. sowie die weiteren Nachweise bei Aicher aaO 212 ff., insbesondere 216).
Auffallend ist schließlich noch, daß in der Regierungsvorlage und im Ausschußbericht zur Novelle des Bundesstraßengesetzes 1971, BGBl. 239/1975, durch die im § 7 Abs. 2 Vorkehrungen zum Schutz der Nachbarn vor Beeinträchtigungen durch den künftigen Verkehr auf der Bundesstraße vorgesehen sind, ein Abs. 3 mit folgendem Wortlaut enthalten war (vgl. 1459 und 1505 BlgNR, XIII. GP): "Die Eigentümer von der Bundesstraße benachbarten Grundstücken haben keinen Anspruch auf Entschädigung gegen den Bund (Bundesstraßenverwaltung) als Träger der Straßenbaulast für Einwirkungen, die von dem Verkehr auf der Bundesstraße ausgehen." Diese Bestimmung wurde im Plenum auf Grund eines Antrages aller Parteien gestrichen. Aus dem Protokoll über die 140. Sitzung der XIII. GP ergibt sich (S 13 613), daß der zuständige Minister den Standpunkt vertrat, durch den vorgesehenen § 7 Abs. 3 hätte nur verhindert werden sollen, daß Mittel des Straßenbaues als Entschädigungsgelder verwendet werden müßten, es stehe jedoch außer Zweifel, daß der Eigentümer Bund sonst selbstverständlich Haftungen zu übernehmen habe. Aus der Streichung dieser Bestimmung könnte man somit darauf schließen, daß zumindest der Gesetzgeber des Jahres 1975 eine Haftung des Bundes für Immissionsschäden auf Grund des Verkehres auf einer Bundesstraße bejaht hat.
Dennoch kann eine solche Haftung zumindest im Rahmen der im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machenden Ausgleichsansprüche für Immissionsschäden nicht angenommen werden. Es ist davon auszugehen, daß es sich bei Einwirkungen auf benachbarte Grundstücke durch Lärm, Staub, Abgase, Erschütterung, Licht usw. als Folge des Verkehrs auf einer Bundesstraße um solche handelt, welche weder vom Gründeigentümer noch vom Träger der Straßenbaulast, sondern von den Benützern der Bundesstraße verursacht werden. Die Rechtsprechung gesteht allerdings einen Ausgleichsanspruch gegen den Liegenschaftseigentümer auch dann zu, wenn die Einwirkung nicht durch ihn selbst, sondern durch eine Person verursacht wurde, von der er die Unterlassung des die Beeinträchtigung verursachenden schädigenden Verhaltens erwirken könnte (JBl. 1950, 164; JBl. 1965, 417; SZ 38/106; SZ 45/132; EvBl. 1976/190; 7 Ob 581/77; 1 Ob 664/79). Voraussetzung der Haftung für von Dritten ausgehende Immissionen ist daher, daß der Liegenschaftseigentümer die Immission geduldet hat, obgleich er sie zu hindern berechtigt und imstande gewesen wäre. Ein solcher Einfluß auf die Benützer der Bundesstraße steht jedoch der Klägerin in ihrer Eigenschaft als Privatrechtssubjekt nicht zu. Gemäß § 28 Abs. 1 BStG 1971 steht die Benützung der unmittelbar dem Verkehr dienenden Flächen der Bundesstraßen jedermann im Rahmen der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften offen. Auch nach § 21 Abs. 1 BStG 1948 stand die Benützung von Bundesstraßen jedermann im Rahmen der verkehrspolizeilichen Vorschriften offen. Der Bund hat weder als Eigentümer noch als Träger der Straßenbaulast einen privatrechtlichen Einfluß auf die Benützung der Bundesstraßen. Lediglich die Behörde kann gemäß § 43 Abs. 2 StVO zur Fernhaltung von Gefahren oder Belästigungen, insbesondere von Lärm oder Geruchsbelästigungen, durch Verordnung Beschränkungen des Verkehres verfügen oder gemäß § 43 Abs. 1 lit. b StVO Straßenbenützern ein bestimmtes Verhalten vorschreiben. Die durch den öffentlichen Verkehr auf einer Bundesstraße auf Nachbarliegenschaften entstehenden Schäden haben ihre Wurzeln nicht in der Verfügungsmacht des Gründeigentümers, sondern in der Erklärung der Straße als Bundesstraße durch den Gesetzgeber in Form der Aufnahme in das Bundesstraßenverzeichnis (§ 1 Abs. 1 und 2 BStG 1948 und § 1 Abs. 1 und 2 BStG 1971) und im hoheitsrechtlichen Akt der Freigabe der Bundesstraße für den Verkehr. Der Unterschied zwischen Privat- und Hoheitsrecht besteht darin, daß der sein Recht gebrauchende Privateigentümer nach freiem Ermessen und Entschluß, die Hoheitsverwaltung dagegen in Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflicht handelt. Der das Nachbarrecht des ABGB beherrschende Gedanke, daß zwischen zwei gleichberechtigten Gründeigentümern der tätigwerdende dem dadurch zu Schaden kommenden Nachbarn ausgleichsverpflichtet ist, läßt sich auf eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit nicht anwenden. Der Private tut, was er will, die Hoheitsverwaltung, was sie muß (Herz, Zur nachbarrechtlichen Haftung einer Gebietskörperschaft für Immissionsschäden, ÖJZ 1966, 483 f.). Damit scheidet aber ein Anspruch auf Ersatz von Immissionsschäden nach den §§ 364 ff. ABGB aus (so schon Brunner, Zum Begriff des Enteignungsschadens, ÖJZ 1972, 477 f., insbesondere 481).
Es bedarf daher keiner Erörterung des Vorbringens der Klägerin, wonach es auch heute noch im Bundesgebiet Bundesstraßen gebe, deren Eigentümer ein anderer Rechtsträger als der Bund sei, weshalb schon deshalb eine nachbarrechtliche Haftung ausgeschlossen sei.
In Frage könnte daher höchstens iS der Lehre von Aicher und der deutschen Rechtsprechung eine Entschädigung wegen Enteignung kommen. Einer näheren Untersuchung der Frage, ob die Beklagten einen solchen Anspruch hätten geltend machen können, bedarf es jedoch nicht, da derartige Ansprüche - wie oben bereits dargelegt wurde - gemäß Art. 13 VEG im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen wären, daher im streitigen Verfahren auch compensando nicht eingewendet werden können und aus diesem Rechtsgrund von den Beklagten auch nicht eingewendet wurden.
Damit bedarf es aber auch keiner näheren Erörterung der Frage, ob allfällige Ansprüche, soweit sie auf Enteignung gestützt werden könnten, deshalb ausgeschlossen wären, weil die Beklagten derartige Immissionsschäden bereits im Verfahren über die Festsetzung der Enteignungsentschädigung erfolglos geltend gemacht haben.
Die Rechtssache erweist sich somit auch hinsichtlich der eingewendeten Gegenforderung als spruchreif.