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OGH vom 21.04.2009, 4Ob31/09a

OGH vom 21.04.2009, 4Ob31/09a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kanlaya M*****, vertreten durch Dr. Markus Hagen, Rechtsanwalt in Feldkirch, als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Blum, Hagen & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei Heinz M*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Pfeifer, Dr. Keckeis, Dr. Fiel, Dr. Scheidbach OEG in Feldkirch, wegen 1.898 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 220/08y-20, mit dem infolge Berufungen der klagenden Partei und der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Feldkirch vom , GZ 2 C 44/08g-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Die Streitteile haben am geheiratet; ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Sie haben keine gemeinsamen Kinder; die Klägerin ist für zwei Kinder, der Beklagte für ein Kind sorgepflichtig.

Die Klägerin begehrte vom Beklagten zuletzt 1.898 EUR sA an rückständigem Ehegattenunterhalt für die Zeit vom bis . Der Beklagte habe im genannten Zeitraum, während dem die Streitteile noch in Hausgemeinschaft gelebt hätten, seine Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Das Einkommen der Klägerin sei ebenso wie die staatlichen Unterstützungen für ihre Kinder bis einschließlich Oktober 2006 auf das Konto des Klägers überwiesen worden, auf das sie keinen Zugriff gehabt habe; ihr sei deshalb weniger Geld zur Verfügung gestanden, als sie selbst verdient habe. Sie habe vom Beklagten nur ein geringes Haushaltsgeld bekommen und ihn wiederholt erfolglos aufgefordert, ihr mehr Geld zu geben. Auf ihren Unterhaltsanspruch habe sie nicht verzichtet, sie habe ihn auch nicht verwirkt, weil sie kein ehewidriges Verhältnis eingegangen sei.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Das Begehren der Klägerin, ihr Geldunterhalt zu leisten, sei im Hinblick auf die ihr zur Verfügung gestandenen Mittel unbillig. Die Parteien hätten ein gemeinsames Konto gehabt, von dem die Klägerin jederzeit Geld beheben habe können und von dem die gemeinsamen Ausgaben bezahlt worden seien. Der gesamte Unterhalt der Klägerin sei gedeckt gewesen. Selbst wenn sie einen darüber hinausgehenden Anspruch gehabt hätte, habe sie auf einen solchen verzichtet. Die Klägerin habe ihren Unterhaltsanspruch verwirkt, weil sie ein ehebrecherisches Verhältnis eingegangen sei und die Wohnung verlassen habe. Die Klagsführung sei rechtsmissbräuchlich. Das Verhalten der Klägerin habe zur unheilbaren Zerrüttung der Ehe geführt. Ein allfälliger Unterhaltsanspruch sei verjährt. Die Klägerin habe monatlich rund 400 bis 500 EUR in bar als Lohn ausbezahlt bekommen, welcher Betrag nicht auf das gemeinsame Konto gegangen sei.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 1.785 EUR samt gestaffelter Zinsen statt und wies das Mehrbegehren ab. Es traf unter anderem folgende Feststellungen:

Die Streitteile lebten bis Februar 2007 in Wohngemeinschaft; sie haben keine gemeinsamen Kinder. Die Klägerin ist seit 2001 erwerbstätig; ihr Gehalt floss - ebenso wie die Familienbehilfen für ihre Kinder - zwischen 2001 und 2005 auf ein Konto, über das der Beklagte allein verfügen konnte; die Klägerin war weder Kontomitinhaberin noch zeichnungsberechtigt. Im Dezember 2005 erwarb der Beklagte die Ehewohnung in sein bücherliches Alleineigentum. Zwischen Dezember 2005 und Oktober 2006 besaßen die Streitteile ein gemeinsames Konto, auf das das gesamte Gehalt der Klägerin sowie die Familienbehilfen für ihre Kinder floss. Diese Form der Finanzgebarung ging auf einen Wunsch des Beklagten zurück, der dies gegenüber der Klägerin damit begründete, dass man „das so machen müsse, wenn man verheiratet sei". Die Klägerin hat hiezu nicht eingewilligt, aber sich damit abgefunden. Erst im Oktober 2006 eröffnete die Klägerin ein eigenes Konto. Die Klägerin hat vom Beklagten mehrfach Geld verlangt, freiwillig gab er ihr nie etwas, sie musste immer darum betteln. Sie bekam vom Beklagten immer nur geringe Geldbeträge in unregelmäßigen Abständen und in unregelmäßiger Höhe (ca 20 bis 30 EUR monatlich, insgesamt etwa 100 EUR), nichts darüber hinaus; dies war auch einer der Hauptkonfliktpunkte in der Ehe. Der Klägerin stand nicht frei - und zwar weder zu Zeiten des alleinigen noch zu Zeiten des gemeinsamen Kontos -, dass sie beheben durfte, soviel sie benötigte; vielmehr hatte sie seit Beginn ihrer Berufstätigkeit bis zur Einrichtung ihres eigenen Kontos keinen freien und unbeschränkten Zugang zu ihrem eigenen Einkommen und den Transferleistungen für ihre Kinder. Sie durfte wegen der Anordnungen des Beklagten nicht Geld nach ihrem Bedarf beheben und hat dies auch nicht getan. Die Klägerin verfügte über eine Bankomatkarte sowohl hinsichtlich des Kontos des Beklagten als auch des späteren gemeinsamen Kontos, hat diese jedoch nur ein einziges Mal benutzt, um 300 EUR abzuheben; aufgrund dieser Behebung nahm ihr der Beklagte die Bankomatkarte ab. Vom ursprünglich alleinigen Konto des Beklagten wurden sämtliche Zahlungen für den gemeinsamen Haushalt getätigt. Nach dem Kauf der Wohnung durch den Beklagten im Dezember 2005 und noch vor der Kontentrennung im Oktober 2006 erfolgten die Kredittilgungen (resultierend aus dem Wohnungskauf) und die Zahlungen für den Alltag für die gemeinsam bewohnte Wohnung vom gemeinsamen Konto, somit auch mit dem Einkommen der Klägerin, die - ohne Miteigentümerin der Ehewohnung geworden zu sein - solidarisch für alle Verbindlichkeiten aus dem Wohnungskauf haftet. Die Streitteile vereinbarten, dass die Klägerin ab Oktober 2006 Gas, Strom, Wasser, Versicherungen und Lebensmittel zur Gänze aus ihrem Einkommen zahlen müsse. Diese Vereinbarung erfüllte die Klägerin auch durch Zahlungen in nicht genau feststellbarer Höhe bis über den Zeitraum des behaupteten Unterhaltsrückstands hinaus. Demgegenüber tilgte seither der Beklagte die aus dem Kauf seiner Eigentumswohnung resultierenden Kreditraten allein. Der Beklagte hat der Klägerin noch nie Unterhalt geleistet. Die Klägerin hat nicht - auch nicht teilweise - auf Unterhalt verzichtet.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass sich der Unterhaltsanspruch nach § 94 ABGB richte. Die Klägerin habe nach der Prozentsatzmethode - unter Berücksichtigung der konkurrierenden Sorgepflicht des Beklagten für sein Kind - Anspruch auf 36 % des unterhaltsrelevanten Einkommens des Beklagten. Dies führe zu einem grundsätzlich in Geld bestehenden Anspruch der Klägerin für die Zeit von März bis September 2005 von 194 EUR und seit Jänner 2006 von 64,60 EUR monatlich. Weder Unterhaltsverwirkung noch Unterhaltverzicht lägen vor. Dem Einwand des Beklagten, er habe durch das Begleichen von Wohnungsbeschaffungskosten (Kreditverbindlichkeiten) einen Unterhaltsanspruch der Klägerin gedeckt, sei sein grundbücherliches Alleineigentum entgegenzuhalten; die Kredittilgungen könnten im Unterhaltsverfahren nicht zum Nachteil der Klägerin geltend gemacht werden. Eine Unterhaltsvereinbarung der Ehegatten, wonach man gemeinsam gewirtschaftet habe und die Klägerin vom gemeinsamen Konto haben nehmen dürfen, was sie benötige, liege nicht vor.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Klagebegehren abwies; es sprach - auf Antrag der Klägerin gemäß § 508 Abs 1 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine für beide Streitteile verbindliche autonome Gestaltung der ehelichen Gemeinschaft, die einem Unterhaltsanspruch eines Ehegatten entgegenstehe, auch dann vorliege, wenn der unterhaltsfordernde Ehegatte während aufrechter Ehe mehrfach vom anderen Ehegatten Geld verlangt habe oder darum habe betteln müssen. Der Unterhaltsanspruch richte sich bei aufrechter Ehe in erster Linie nach der verbindlichen autonomen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, die die Dispositivbestimmungen des § 94 Abs 1 und Abs 2 ABGB verdrängten. Das erforderliche Einvernehmen der Ehegatten könne ausdrücklich oder schlüssig hergestellt werden; eine zwischen den Ehegatten durch längere Zeit unwidersprochen befolgte Übung könne - ähnlich § 863 Abs 1 ABGB - die gleiche Wirkung äußern wie eine ausdrückliche Gestaltungsabsprache. Das Einkommen beider Ehegatten sei zwischen 2001 und Dezember 2005 auf ein Konto des Beklagten geflossen, davon seien die gesamten Ausgaben der Haushaltsführung bestritten worden. Darin liege eine stillschweigende Vereinbarung der Ehegatten, zu den Ausgaben der Haushaltsführung im Verhältnis der beiderseitigen Einkommen beizutragen. Im Dezember 2006 sei dadurch eine Änderung eingetreten, dass die Streitteile ein gemeinsames Konto eingerichtet hätten, von dem nicht nur die Zahlungen für den Alltag, sondern auch die Kredittilgungen für den Kauf einer Wohnung durch den Beklagten erfolgt seien. Auch diese Zahlungen - einschließlich der Kreditrückzahlungen - seien sohin vom stillschweigenden Übereinkommen der Ehegatten getragen. Seit Dezember 2006 besitze die Klägerin ein eigenes Konto, über das sie nach der Abmachung mit dem Beklagten die gesamten Betriebskosten der Wohnung, die Versicherungen und auch die Lebensmittel zahle. Auch dieser Beitrag zu den Ausgaben des täglichen Lebens sei sohin von einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung getragen, der die Klägerin nicht widersprochen habe. Allein die Tatsache, dass die Klägerin vom Beklagten mehrmals Geld verlangt habe, darum betteln habe müssen und vom Beklagten nur geringe Geldbeträge erhalten habe, spreche noch nicht gegen die Annahme einer verbindlichen autonomen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Klägerin habe sich zumindest damit abgefunden. Die für beide Streitteile verbindliche autonome Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft stehe einem Unterhaltsanspruch der Klägerin für den begehrten Zeitraum entgegen. Da schon die Rechtsrüge des Beklagten zum gewünschten Erfolg führe, sei auf seine Beweisrüge nicht mehr einzugehen; eine Behandlung der Berufung der Klägerin sei entbehrlich, weil ihr für den fraglichen Zeitraum kein Unterhaltsanspruch zustehe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht das Vorliegen einer schlüssigen Unterhaltsvereinbarung in einer die Rechtssicherheit gefährdenden Weise unrichtig beurteilt hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt im Sinne seines Aufhebungsantrags. Die Klägerin macht geltend, von einer in gegenseitigem Einvernehmen - wenn auch nur schlüssig - getroffenen Unterhaltsvereinbarung könne keine Rede sein, wenn einer der Ehegatten (hier: der Beklagte) dem anderen ohne dessen Einverständnis eine bestimmte Organisation der gemeinsamen Finanzgebarung aufzwinge, die letzterem keinen freien Zugriff auf sein Einkommen ermögliche, sodass ein Ehegatte darauf angewiesen sei, den anderen immer wieder um Geld bitten zu müssen.

1.1. Bei der privatautonomen Gestaltung des Zusammenlebens haben die Ehegatten insbesondere den Grundsätzen der Einvernehmlichkeit (§ 91 ABGB), der Partnerschaftlichkeit sowie dem Gleichheitsprinzip (§ 89 ABGB) Rechnung zu tragen (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, EheG § 90 ABGB Rz 5). Gegenstand ihrer Gestaltungsbefugnis sind die Einzelheiten der Durchführung des gemeinschaftlichen Lebens, so die Rollenverteilung bei Erwerb und Haushaltsführung, bei der Einrichtung der Wohnung und der Gestaltung der gemeinsamen Freizeit, aber auch bei der Verwendung der Mittel zum gemeinschaftlichen Leben. Welche Beiträge die Ehegatten im Einzelnen zu leisten haben, bleibt ihrem Einvernehmen überlassen (9 Ob 83/06f mwN).

1.2. Auch der Unterhaltsanspruch richtet sich bei aufrechter Ehe primär nach der verbindlichen autonomen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Unterhaltsvereinbarungen der Ehegatten verdrängen die dispositive Regelung des § 94 ABGB (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, EheG § 94 ABGB Rz 165 mwN; 9 Ob 83/06f mwN).

1.3. Unterhaltsvereinbarungen zwischen Ehegatten sind nicht formpflichtig. Die vertragliche Regelung kann ausdrücklich, aber auch schlüssig erfolgen. Eine zwischen den Ehegatten durch längere Zeit unwidersprochen befolgte Übung kann ähnlich wie nach § 863 Abs 1 ABGB die gleiche Wirkung äußern wie eine ausdrückliche Gestaltungsabsprache (Hinteregger in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 94 Rz 77 mwN; 9 Ob 83/06f; RIS-Justiz RS0009485).

1.4. Eine schlüssige Unterhaltsvereinbarung liegt nur vor, wenn das Verhalten der Parteien und die sonstigen Umstände so eindeutig sind, dass gemäß § 863 ABGB kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln, dass eine Unterhaltsvereinbarung besteht. Das Bestehen einer lang andauernden unbeanstandeten Unterhaltsübung genügt somit für sich allein noch nicht für die Annahme einer Unterhaltsvereinbarung. Hat der Berechtigte beispielsweise über einen längeren Zeitraum einen höheren Unterhalt eingefordert, so kann nur dann das Bestehen einer Unterhaltsvereinbarung angenommen werden, wenn sich aus den Umständen zweifelsfrei ergibt, dass sich der Unterhaltsempfänger als voll befriedigt erachtet (Hinteregger aaO; zu den Voraussetzungen einer schlüssigen Unterhaltsvereinbarung vgl 2 Ob 190/99a; 7 Ob 171/99v). Bleiben hingegen Zweifel, ist auf den gesetzlichen Unterhalt gemäß § 94 ABGB zurückzugreifen (Gitschthaler aaO mwN).

1.5. Eine Naturalunterhaltsleistung ist so zu erbringen, dass sie mit der Stellung und Würde der Frau, insbesondere als gleichberechtiger Ehepartner, vereinbar ist (RIS-Justiz RS0047168). Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Ehefrau gleichsam ständig von der Gnade ihres Ehemanns abhängig ist, ob ihr dieser erforderliche Barmittel zur Verfügung stellen werde, und ob er jede einzelne Ausgabe zum Gegenstand einer unzumutbaren Diskussion machen werde (3 Ob 545/86).

2.1. Das Berufungsgericht hat - ohne die Beweisrüge in der Berufung des Beklagten zu behandeln - seiner Entscheidung den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt zu Grunde gelegt und diesen dahin gewürdigt, eine für beide Streitteile verbindliche autonome Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft stehe dem Anspruch der Klägerin, den Beklagten für diesen Zeitraum zu Unterhaltszahlungen zu verpflichten, entgegen. Diese rechtliche Beurteilung trägt den zuvor dargestellten Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für die Annahme einer schlüssigen Unterhaltsvereinbarung nicht Rechnung.

2.2. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen (die zum Teil auf Beweisergebnissen aus dem Scheidungsverfahren beruhen) verfügte die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum des behaupteten Unterhaltsrückstands (März 2005 bis Dezember 2006) über kein eigenes Bankkonto; ihr Einkommen floss nämlich bis Winter 2005 auf ein Konto, über das allein der Beklagte verfügungsbefugt war, danach bis etwa Oktober 2006 auf ein nur formal gemeinsames Konto. Von beiden Konten durfte die Klägerin nicht nach Belieben Geld beheben; vielmehr hatte sie seit Beginn ihrer Berufstätigkeit bis zur Einrichtung ihres eigenen Kontos keinen freien und unbeschränkten Zugang zu ihrem eigenen Einkommen und den Transferleistungen für ihre Kinder. Sie durfte wegen der Anordnungen des Beklagten nicht Geld beheben, wie sie dies benötigte, und hat dies auch nicht getan. Diese Form der Finanzgebarung, in die die Klägerin nicht eingewilligt hat, mit der sie sich aber abfand, „wollte der Beklagte so, der dies gegenüber der Klägerin damit begründete, dass man das so machen müsse, wenn man verheiratet sei". Die Klägerin hat während der Ehe mehrfach vom Beklagten Geld verlangt, freiwillig gab er ihr nie etwas, sie „musste immer darum betteln". Sie bekam vom Beklagten immer nur geringe Geldbeträge in unregelmäßigen Abständen und in unregelmäßiger Höhe in der Größenordnung von etwa 20 bis 30 EUR im Monat, insgesamt etwa rund 100 EUR; dies war auch einer der Hauptkonfliktpunkte in der Ehe.

2.3. Unterstellt man diesen - vom Beklagten in der Berufung bekämpften - Sachverhalt als gegeben, ist es verfehlt, darin eine schlüssige Unterhaltsvereinbarung zwischen den Streitteilen zu erblicken. Aufgrund folgender Umstände bestehen nämlich erhebliche Zweifel daran, dass die Klägerin mit der festgestellten Organisation der gemeinsamen Finanzgebarung einverstanden war: Diese geht allein auf den Willen des Beklagten zurück; die in Thailand geborene Klägerin hat sich damit - offenbar im Vertrauen auf eine vom Beklagten mit Hinweis auf eine angebliche inländische Rechtslage erweckte unrichtige Vorstellung - nur „abgefunden", jedoch gegenüber dem Beklagten immer wieder auf Überlassung von Bargeld gedrängt. Eine der Beklagten zunächst formal (in Form einer Bankomatkarte) eingeräumte Verfügungsbefugnis über das Konto des Beklagten hat der Beklagte sofort widerrufen, als die Klägerin davon erstmals (in Form einer Barabhebung) Gebrauch gemacht hat. Die unregelmäßigen Geldzuweisungen des Beklagten an die Klägerin in einer der Klägerin nicht ausreichenden Höhe waren einer der Hauptkonfliktpunkte der Ehe. Unter diesen Umständen kann von einer auch vom Willen der Klägerin getragenen einverständlichen Gestaltung der Verwendung der Mittel zum gemeinschaftlichen Leben keine Rede sein.

3.1. Da das Berufungsgericht aufgrund seiner unrichtigen Rechtsansicht das Rechtsmittel des Beklagten nicht vollständig, jenes der Klägerin gar nicht behandelt hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben, die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen und diesem aufzutragen, neuerlich über die Rechtsmittel zu entscheiden.

3.2. Der Beklagte hat ua eingewendet, ein allfälliger Unterhaltsanspruch der Klägerin sei durch Naturalunterhalt und sonstige Zuwendungen gedeckt. Im Anlassfall kommen dafür insbesondere die - offensichtlich vom Beklagten allein getragenen - Kosten für Beschaffung und Zurverfügungstellung der Ehewohnung in Betracht.

3.3. Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren zu beachten haben, dass nach der Rechtsprechung des Senats das Zurverfügungstellen einer Wohngelegenheit (die Klägerin hat erst im Februar 2007 erstmals den gemeinsamen Haushalt verlassen) nicht von vornherein als von der Beurteilung als anrechenbarer Naturalunterhalt ausgeschlossen angesehen werden kann. Benötigt ein Unterhaltsberechtigter wegen der vom Unterhaltsschuldner gewährleisteten Wohnversorgung nicht mehr den gesamten Geldunterhalt, um seinen Lebensbedarf zu decken, führt dies im Regelfall zur Anrechnung als Naturalunterhalt (4 Ob 142/06w; RIS-Justiz RS0080373 [T7]; vgl RIS-Justiz RS0009578). In der Gesamtrechnung sind aber gleichermaßen die vom Unterhaltsberechtigten getragenen Betriebskosten entsprechend zu berücksichtigen.

4. Der Kostenvorbehalt beruht auf §§ 50 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO.