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OGH vom 01.07.2009, 7Ob268/08z

OGH vom 01.07.2009, 7Ob268/08z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Dr. Rainer Kornfeld, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei d***** Transport AG, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, wegen 29.465,31 EUR, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 4 R 120/08h-38, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 13 Cg 199/06a-33, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

II. Die Revisionsbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Gegenstand des Verfahrens ist der Regress des klagenden (deutschen) Transportversicherers der Transportauftraggeberin (E***** SA mit Sitz in der Schweiz) wegen einer behaupteten grob fahrlässigen Beschädigung des Transportguts (Industrieroboter) durch den Subfrachtführer der beklagten (schweizer) Frachtführerin. Das Frachtgut hätte in Österreich zugestellt werden sollen, hat aber wegen der Beschädigung die Schweiz gar nicht verlassen und wurde an die Transportauftraggeberin wieder zurückgestellt.

Die Klägerin begehrt 29.465,31 EUR als Ersatzbetrag für den während des Transports grob fahrlässig verursachten Güterschaden, für den die Beklagte als Frachtführerin nach CMR hafte, zumal sie sich die Handlungen ihres Unterfrachtführers zurechnen lassen müsse. Dessen Personal habe die anderen transportierten Güter nicht sicher verstaut und die Kiste mit dem Industrieroboter entgegen der dort angebrachten Transporthinweise nicht ausreichend vorsichtig befördert. Das zu transportierende Gut sei offensichtlich durch ein anderes Transportstück so stark beschädigt worden, dass es unbrauchbar geworden sei. Die Klägerin habe der Transportauftraggeberin den bei dieser eingetretenen Schaden ausgeglichen, womit deren Forderung auf die Klägerin als Transportversicherer übergegangen sei. Zudem habe die Transportauftraggeberin der Klägerin alle Forderungen und Ansprüche aus diesem Schadensfall abgetreten, sodass die Klägerin zur Klagsführung legitimiert sei. Trotz Aufforderung habe die Beklagte nicht zur Schadensaufklärung beigetragen; insbesondere habe sie weder den genauen Hergang des schädigenden Ereignisses noch die von ihr getroffenen Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Schäden bekannt gegeben. Die Allgemeinen Bedingungen des Verbandes schweizerischer Speditions- und Logistikunternehmen (AB SSV) seien bei Erteilung des Transportauftrags nicht wirksam vereinbart worden, vielmehr gelte die CMR als zwingendes Recht. Mit Schreiben vom habe die Transportauftraggeberin die Beklagte für den entstandenen Schaden haftbar gemacht und den Schaden reklamiert, sodass Hemmung der Verjährung eingetreten sei. Die Beklagte habe den Eingang „der Haftbarhaltung" mit Anerkenntnis vom bestätigt. Erst mit Schreiben vom sei die Haftung erstmals abgelehnt worden. Die Verjährung der Ansprüche sei daher vom bis gehemmt gewesen. Im Fall grober Fahrlässigkeit verjähre der Anspruch ohnedies erst nach 3 Jahren.

Die Beklagte bestritt das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Transportauftraggeberin, die Zahlung einer Entschädigung in Klagshöhe durch die Klägerin und die Abtretung der behaupteten Ansprüche. Die Transportauftraggeberin sei zum Zeitpunkt des behaupteten Schadensereignisses nicht mehr Eigentümerin des Transportguts gewesen. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei nach schweizer Recht zu beurteilen, das eine derartige Drittschadensliquidation nicht anerkenne und einen Regress ausschließe. Die AB SSV seien durch den Verweis im Auftrag und den Hinweis im Briefpapier der Beklagten vereinbart worden. Artikel 21 der AB SSV beschränke die Haftung der Beklagten auf ein Auswahlverschulden; dieses liege nicht vor. Selbst wenn der zwischen der Beklagten und der Transportauftraggeberin abgeschlossene Vertrag den Bestimmungen der CMR unterliegen sollte, wäre der Schadenersatz wegen des Bruttogewichts des Guts von 923 kg auf maximal 9.233 EUR beschränkt. Überdies sei eine der beiden Brücken unbeschädigt gewesen, sodass sich das Gewicht halbiere. Dem beschädigten Industrieroboter sei kein wirtschaftlicher Wert zuzuordnen, sodass eine Wertminderung nicht habe eintreten können. Der Schaden sei nicht aufgrund grober Fahrlässigkeit eingetreten, da das Verrutschen oder Herabfallen eines Transportstücks während eines Sammeltransports eine typische, mit einem LKW-Sammelgut-Verkehr verbundene Transportgefahr darstelle und auch bei größter Sorgfalt nicht zu verhindern sei.

Die Ansprüche seien überdies verjährt, weil die Ware spätestens am wieder bei der Transportauftraggeberin abgeliefert worden sei. Im Fax vom habe die Klägerin lediglich eine Beschädigung der Kisten festgestellt, die Beklagte aber nicht haftbar gemacht, sondern lediglich um Aufklärung und Bekanntgabe der näheren Umstände ersucht. Dies stelle keine schriftliche Reklamation im Sinn des Artikel 32 CMR dar. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Beklagte mit Schreiben vom auf eine „Reklamation" Bezug nehme, weil die Hemmung des Laufs der Verjährung an eine schriftliche „Haftbarhaltung" gebunden sei.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Es ging von folgendem Sachverhalt aus:

Die in der Schweiz ansässige Transportauftraggeberin beauftragte die Beklagte (mit Sitz in der Schweiz) mit dem Transport eines in einer Kiste speziell verpackten Industrieroboters mit einem Gesamtgewicht von 923 kg von ihrem Firmensitz zur Empfängerin in Österreich. Dabei war eine Pauschalfracht vereinbart. Die Beklagte zog einen Subfrachtführer mit Sitz in der Schweiz heran, den sie mit der Abholung des Transportguts von der Ladestelle bei der Transportauftraggeberin und der Durchführung (zumindest eines Teils) des Transports beauftragte. Im Zuge des Transports wurde der Industrieroboter beschädigt. Die Transportauftraggeberin hatte diesen bereits an die Empfängerin verkauft und darüber die Proformarechnung Nr. 230792 vom über 79.193 CHF gelegt.

Im schriftlichen Transportauftrag vom („ordre de transport") wurde mehrfach auf die Geltung der AB SSV Bezug genommen. Die mit dem Abschluss des Transportvertrags befassten Mitarbeiter der Transportauftraggeberin und der Beklagten gingen davon aus, dass aufgrund dieser Vermerke die AB SSV vereinbart waren. Die Beklagte hatte auf ihrem Geschäftspapier auch regelmäßig den Hinweis abgedruckt, dass Geschäftsgrundlage die AB SSV seien. Nach deren Art 33 gilt schweizer Recht.

Mitarbeiter der Transportauftraggeberin hatten den Industrieroboter fachgerecht und ordnungsgemäß in einer fachmännisch angefertigten, mit Kipp- und Schockindikatoren versehenen Transportkiste verpackt. An der Außenseite der Kiste waren Hinweisschilder in deutscher und französischer Sprache angebracht, wonach die Kiste nur aufrecht transportiert werden durfte. Ein Mitarbeiter der Transportauftraggeberin brachte die Kiste bei ihrer Abholung von der Ladestelle bei der Transportauftraggeberin am mit einer Hebevorrichtung an Bord des LKW des Subfrachtführers. Der Fahrer des LKW platzierte in der Folge mit Hilfe eines Mitarbeiters der Transportauftraggeberin die Kiste im Laderaum des LKW. Alle dort verstauten und im Sammelverkehr zu transportierenden Kisten wurden üblicherweise verzurrt und damit gegen ein Verrutschen oder Herabfallen während des Transports gesichert. Es kann nicht festgestellt werden, dass der vom Subfrachtführer für die Fahrt am eingesetzte LKW-Fahrer diese Sicherung des Transportguts durch Verzurren unterließ. Ein Frachtbrief wurde nicht ausgestellt.

Auf dem LKW-Transport von M***** zum Transitlager der Beklagten in M***** fiel eine andere Kiste des Sammelverkehrs, deren Sicherung gegen Herabfallen aus einem nicht mehr näher feststellbaren Grund versagte, auf die Transportkiste des Roboters und durchschlug den 5 mm dicken Deckel der Kiste, sodass mehrere Löcher entstanden und der darin befindliche Roboter durch den Aufprall beschädigt wurde. Durch den Aufprall wurden sowohl die Schock- als auch die Kippindikatoren der Transportkiste ausgelöst. Es kann nicht festgestellt werden, dass der LKW-Fahrer einen Fehler bei der Transportsicherung der schließlich herabgefallenen Kiste bemerkte und darauf nicht reagierte oder dass er mit einem unvorsichtigen oder leichtsinnigen Fahrmanöver das Herabfallen der Kiste auslöste. Bei Übernahme durch die Beklagte in ihrem Lager M***** wurde der Schaden an der Transportkiste bemerkt und umgehend der Transportauftraggeberin gemeldet. Die Beklagte retournierte die Kiste samt dem beschädigten Roboter an die Transportauftraggeberin am .

Die Beklagte unterrichtete mit Schreiben vom ihren Subfrachtführer davon, dass sie diesen für den Schadensfall „haftbar halten" werde.

Ebenfalls mit Schreiben vom wünschte die Transportauftraggeberin von der Beklagten „eine Erklärung betreffend die Schäden an unserer Kiste mit dem Fahrziel Österreich" und begründete dies damit, dass die Kiste äußerst schwer beschädigt, die Transportauftraggeberin aber noch nicht in der Lage sei, das Schadensausmaß abschließend zu beurteilen und dass die Kenntnis der näheren Umstände des Vorfalls für sie sehr wichtig sei, um den Zustand ihres Systems bestmöglich einschätzen zu können. Mit zwei Schreiben vom bestätigte die Beklagte der Transportauftraggeberin den Erhalt „Ihrer Reklamation" und den Erhalt „Ihrer Haftbarhaltung". Sie teilte mit, dass der Subfrachtführer mit der Abholung der Ware beauftragt gewesen sei und die Ware in das Lager der Beklagten in M***** beschädigt angeliefert habe. Zugleich führte sie aus, dass sie „noch nicht in der Lage und am Prüfen sei, aus welchen Gründen die Ware beschädigt angekommen sei".

Das beschädigte Transportgut (Kiste und Roboter) wurde nach Rückstellung an die Transportauftraggeberin vom „Havariekommissariat" K***** AG überprüft, wobei Beschädigungen des Roboters festgestellt wurden. Die Erstbesichtigung erfolgte am unter anderem im Beisein einer Mitarbeiterin der Beklagten, die den Schadenshergang, soweit er für die Beklagte noch rekonstruierbar war, darlegte. Dass der Beklagten im Zuge ihrer Recherchen weitere Unterlagen und Informationen zur Kenntnis gelangt und schließlich zur Verfügung gestanden wären, die eine genauere Rekonstruktion des Schadenshergangs ermöglicht hätten, kann nicht festgestellt werden.

Die Klägerin ist Transportversicherer der in Deutschland ansässigen Muttergesellschaft der Transportauftraggeberin, der D***** GmbH. Die Transportversicherung gilt aufgrund Punkt 01.1. der „Vereinbarungen zur Transportversicherung" für alle Tochterfirmen der Muttergesellschaft weltweit und somit auch für die Transportauftraggeberin. Aufgrund Punkt 01.4. der „Vereinbarungen zur Transportversicherung" sind alle Erklärungen der Muttergesellschaft für die Versicherungsnehmer verbindlich.

Die Muttergesellschaft trat mit Abtretungserklärung vom alle Rechte und Ansprüche, die ihr im Zusammenhang mit dem Schaden an der Sendung der Transportauftraggeberin an die Empfängerin laut Proformarechnung Nr. 230792 gegen die am Transport Beteiligten zustünden, an die Klägerin ab.

Mit Schreiben vom erklärte der Rechtsvertreter der Klägerin, die Beklagte „wegen Verlustes bzw. Beschädigung von 1 Kiste = 1 Roboter, 923 kg der nachstehend aufgeführten Sendung in Anspruch zu nehmen". Die I***** LTD wies die Regressforderung der Klägerin im Namen der Beklagten mit Schreiben vom zurück.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus:

Die CMR sei zwingend anzuwenden und gehe den AB SSV vor. Die Klägerin habe die erfolgte Abtretung durch die Abtretungserklärung der Muttergesellschaft, die aufgrund der Vereinbarungen zur Transportversicherung zur verbindlichen Abgabe von Erklärungen auch für die Transportauftraggeberin berechtigt gewesen sei, nachgewiesen. Auf die Abtretungserklärung und auf den Transportversicherungsvertrag habe deutsches Recht Anwendung zu finden. Allerdings normiere Art 32 CMR eine einjährige Verjährungsfrist, die hier - mangels Ablieferung - drei Monate nach Abschluss des Beförderungsvertrags, also am zu laufen begonnen habe. Bei Vorsatz und bei einem Verschulden, welches nach dem Recht des angerufenen Gerichts dem Vorsatz gleichstehe, betrage die Verjährungsfrist jedoch drei Jahre. Die Beweislast für ein solches Verschulden treffe die Klägerin; der Frachtführer habe jedoch eine Darlegungsobliegenheit, die die Beklagte hier allerdings erfüllt habe. Nach den Feststellungen könne dem von der Beklagten beauftragten Subfrachtführer keine grobe und schadensursächliche Fahrlässigkeit im Zuge des Transports vorgeworfen werden. Zu prüfen sei daher, ob es zu einer Hemmung der einjährigen Verjährungsfrist nach Art 32 Abs 2 CMR gekommen sei. Das sei zu verneinen, weil das Schreiben der Transportauftraggeberin vom an die Beklagte nicht die Voraussetzungen einer Reklamation erfülle. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Beklagte in ihren Schreiben vom an die Transportauftraggeberin den Erhalt einer Reklamation und „Haftbarhaltung" bestätigt habe, da diese Bezeichnung durch die Beklagte ohnedies nicht auf die in Art 32 CMR geforderte Reklamation Bezug genommen habe und die Bestätigung seitens der Beklagten die Reklamation nicht ersetzen könne. Eine definitive schriftliche „Haftbarhaltung" der Beklagten sei erst mit Schreiben vom , also nach Ablauf der einjährigen Verjährungsfrist und damit verspätet erfolgt.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil auf ein stattgebendes Zwischenurteil ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Das Berufungsgericht traf folgende ergänzende Feststellungen:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin einen Schadensbetrag von 29.465,31 EUR an die Transportauftraggeberin bezahlt hat.

Die Abtretungserklärung vom enthält in ihrem Kopf die Schadensnummer: „TS 31.03.0942099-99K55", den Versender: „E***** SA, Schweiz", den Empfänger: [...], die Lieferrechnung: „Proformarechnung Nr. 230792", einen Verweis auf diese bei der Lieferscheinnummer und das Datum der Übergabe: „". Die von der D***** GmbH (Muttergesellschaft der Transportauftraggeberin) unterfertigte Erklärung lautet in der deutschen Fassung: „Auf dem durch die Übersendung des Abtretungsformulars gestellten Antrag der G***** Versicherung AG trete(n) ich/wir hiermit alle meine/unsere Rechte und Ansprüche, die mir/uns im Zusammenhang mit dem Schaden an der oben genannten Sendung gegen die am Transport Beteiligten zustehen, ab an die G***** Versicherung AG (Beklagte) ...".

Das Berufungsgericht verwarf die Beweisrüge der Berufung und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Ohne nachgewiesene Zahlung könne weder nach deutschem noch nach schweizer oder österreichischem Recht eine Legalzession bewirkt werden. Die Muttergesellschaft sei aber befugt gewesen, namens ihrer Tochtergesellschaften Erklärungen abzugeben. Betrachte man die Abtretungserklärung als Ganzes, könne ihr bei einer am Zweck orientierten Auslegung nur unterstellt werden, dass die Muttergesellschaft bestehende Ansprüche abtreten habe wollen, die bei ihrer Tochtergesellschaft, der Transportauftraggeberin, vorgelegen seien. Auch unter Berücksichtigung der Formulierung „ich/wir" und „meine/unsere" Rechte komme nur in Betracht, dass die Muttergesellschaft mit „unsere Rechte" jene der Tochtergesellschaft gemeint habe, die im Kopf der Abtretungserklärung als Versender angeführt sei. Damit sei von einer rechtsgeschäftlichen Abtretung auszugehen. Es sei daher zu prüfen, ob der Klägerin nach schweizer Recht ein Regress - wie die Beklagte behauptet - verwehrt sei. Die CMR regle die Ersatzpflicht zwingend und abschließend. Es bleibe kein Raum für eine subsidiäre Anwendung nationalen Rechts, sodass nach der Judikatur des Schweizer Bundesgerichts bei Abtretung von Schadenersatzansprüchen vom Empfänger der Sendung auf den Transportversicherer die Praxis der Rückgriffsordnung von Artikel 51 Abs 2 OR nicht zur Anwendung komme und in einem solchen Fall der zulässigen Abtretung nicht entgegenstehe.

Das von der Klägerin behauptete grobe Verschulden, das die Beklagte zu vertreten habe, bejahte das Berufungsgericht damit, die Beklagte habe ihrer Darlegungspflicht nicht entsprochen. Daher hafte die Beklagte ohne betragsmäßige Beschränkung nach Art 23 Abs 3 in Verbindung mit Art 25 Abs 2 CMR. Wegen der Einbringung der Klage innerhalb der dreijährigen Frist des Art 32 CMR liege keine Verjährung vor. Daher bestehe der Anspruch dem Grunde nach zu Recht.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten , die die Wiederherstellung des Ersturteils, hilfsweise die Aufhebung des Berufungsurteils anstrebt und drei erhebliche Rechtsfragen geltend macht:

Es sei die Darlegungsobliegenheit des Frachtführers betreffend grobes Verschulden unrichtig und entgegen der Judikatur des Obersten Gerichtshofs beurteilt worden;

die Bejahung der Aktivlegitimation der Klägerin als Ergebnis der Auslegung der Abtretungserklärung und die Ansicht, es liege eine Abtretung der Ansprüche der Transportauftraggeberin gegen die Beklagte durch die Muttergesellschaft an die Klägerin vor, bilde eine krasse Fehlbeurteilung, die im Interesse der Rechtssicherheit zu korrigieren sei:

die vom Berufungsgericht übernommene Judikatur des Obersten Gerichtshofs, eine „einfache grobe Fahrlässigkeit" stelle ein grobes Verschulden im Sinn des Art 29 CMR dar, sei unzutreffend und zu korrigieren.

Die Klägerin hat eine - ihr freigestellte - Revisionsbeantwortung erstattet, die jedoch verspätet ist. Die Revisionsbeantwortung wurde am beim Erstgericht eingebracht, das sie an den Obersten Gerichtshof weiterleitete, wo sie am einlangte. Zu diesem Zeitpunkt war aber die am 5. Mai beginnende Frist von vier Wochen für die Revisionsbeantwortung bereits abgelaufen (vgl RIS-Justiz RS0043678), weshalb sie zurückzuweisen ist.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig , weil die Bejahung der Aktivlegitimation der Klägerin aufgrund rechtsgeschäftlicher Abtretung Ergebnis einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung ist. Die Revision ist im Sinn einer Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt:

1. Ein Erfolg der Klage kommt - da nicht festgestellt werden konnte, dass die Klägerin einen Schadensbetrag von 29.465,31 EUR an die Transportauftraggeberin bezahlt hat - nur in Frage, wenn von einer für die Transportauftraggeberin wirksamen rechtsgeschäftlichen Abtretung ihrer Forderung an die Klägerin ausgegangen werden kann. Das kann derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden.

1.1. Zunächst ist klarzustellen, dass die Auslegung der Abtretungserklärung durch das Berufungsgericht, damit seien Rechte und Ansprüche der Transportauftraggeberin abgetreten worden, nicht zu beanstanden ist.

Seine Rechtsansicht, der Aktivlegitimation der Klägerin stehe der Einwand der Regressordnung nach schweizer Obligationenrecht nicht entgegen, blieb unbekämpft und braucht daher nicht weiter erörtert zu werden.

1.2. Wesentlich ist daher, ob die Legitimation der (die Abtretungserklärung abgebenden) Muttergesellschaft, Ansprüche der Transportauftraggeberin abzutreten, zu bejahen ist.

Die Klägerin behauptete zunächst dazu (nur), die Transportauftraggeberin habe ihr die Klagsforderung abgetreten. Zum „Nachweis der Aktivlegitimation und der Beurteilung des Rechtsübergangs nach deutschem Recht" legte die Klägerin erst unmittelbar vor der letzten Streitverhandlung die Urkunden ./J („Vereinbarungen zur Transportversicherung"), ./K („Endabrechnung 2003") und ./L („Abtretungserklärung" vom ) vor. Die Beklagte, die die Aktivlegitimation auch hinsichtlich des Anspruchsübergangs (ON 9 S 2 = AS 55) bestritten hat, brachte zu diesen Urkunden vor: Aus ./J gehe nicht hervor, dass die Transportauftraggeberin eine Tochtergesellschaft der D***** GmbH und unter dieser Polizze mitversichert sei; zu ./L wies die Beklagte darauf hin, die D***** GmbH sei nicht Vertragspartnerin der Beklagten und habe daher auch keine Ansprüche gegen sie abtreten können. Die Klägerin bestritt zu diesem Problemkreis nur und reagierte mit dem Vorbringen, zur „Tochtereigenschaft und Einschluss in die Polizze" der Transportauftraggeberin auf Beilage ./K Punkt 9.2. (Endabrechnung 2003) zu verweisen.

Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass von der Klägerin (damit) eine Bevollmächtigung oder sonstige Legitimation der Muttergesellschaft durch die Transportauftraggeberin als Tochtergesellschaft, für sie die Abtretungserklärung abzugeben, nicht ausreichend und nachvollziehbar behauptet wurde, was aber wegen der grundsätzlich gegebenen rechtlichen Selbständigkeit beider Gesellschaften erforderlich gewesen wäre. Die bloße Vorlage von Urkunden und Hinweise darauf vermögen nämlich entsprechendes Vorbringen nicht zu ersetzen (RIS-Justiz RS0001252, RS0037915, RS0017844 [T2], RS0038037 [T19]). Es ist aber auch nicht Aufgabe des Gerichts, vorgelegte Urkunden dahin zu überprüfen, ob sich ungenügendes Vorbringen daraus allenfalls vervollständigen ließe und auf diesem Weg die unterlassene Substantiierung des Klagsanspruchs von Amts wegen zu besorgen (RIS-Justiz RS0001252 [T10]). Damit erweist sich das Klagsvorbringen zur Aktivlegitimation im Zusammenhang mit der nicht von der Transportauftraggeberin unterfertigten Abtretungserklärung als unschlüssig.

Daran vermag auch der vom Erstgericht festgestellte Inhalt des von den Vorinstanzen als Legitimation der Muttergesellschaft für das Erklären namens der Tochtergesellschaft herangezogenen Punktes 01.4. der „Vereinbarungen zur Transportversicherung" (./J) nichts zu ändern, wonach alle Erklärungen der Muttergesellschaft für die Versicherungsnehmer (und daher auch für die Transportauftraggeberin als Tochtergesellschaft) verbindlich sein sollen. Wie die Revision zutreffend aufzeigt, lässt sich eine Mitwirkung der Transportauftraggeberin am Zustandekommen der Vereinbarung ./J nicht erkennen und wurde eine solche auch nicht behauptet. Daher kann daraus eine Legitimation der Muttergesellschaft zum Handeln für die Tochtergesellschaft nicht abgeleitet werden.

1.3. Bei unschlüssigen Klagen ist die Gewährung eines Verbesserungsversuchs grundsätzlich zwingend vorzunehmen. Ein Klagebegehren darf daher wegen ungenügender Substantiierung des Anspruchs erst abgewiesen werden, wenn das Gericht auf die Vervollständigung des Tatsachenvorbringens hingewirkt und dem Kläger verdeutlicht hat, welche Konsequenzen sich aus seiner Weigerung ergeben können. Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, auch wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten wird (RIS-Justiz RS0037166 [T5, T 9 und T 12]).

Die Unterlassung eines Verbesserungsauftrags an die Klägerin beruht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Vorinstanzen und ist deshalb vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmen. Im fortgesetzten Verfahren wird der Verbesserungsversuch nachzuholen und der Klägerin Gelegenheit zur Schlüssigstellung zu geben sein.

Für den Fall, dass die Klägerin zum aufgezeigten Streitpunkt ein schlüssiges Vorbringen erstatten und die entsprechenden Nachweise erbringen sollte und die Aktivlegitimation zu bejahen sein sollte, ist noch Folgendes klarzustellen:

2. Das Berufungsgericht übergeht bei der Bejahung des behaupteten groben Verschuldens die (ohnehin nur zum Teil und im Übrigen erfolglos bekämpften) Negativfeststellungen des Erstgerichts im Zusammenhang mit der Schadensursache.

Nach der Rechtsprechung (ausführlich 9 Ob 12/05p, 4 Ob 180/07k und 6 Ob 44/09b, zustimmend Reischauer in Rummel³ [2007] § 1298 ABGB Rz 3a, 423/424) kann sich eine Verletzung der prozessualen Aufklärungspflicht nur im Rahmen der Sachverhaltsfeststellung auswirken. Ein anderes Ergebnis wäre nur durch eine Umkehr der Behauptungs- und Beweislast zu erreichen, die allerdings von der bisherigen Judikatur und der überwiegenden Lehre abgelehnt wird. Ebenso wie das Nichterscheinen zur Parteienvernehmung oder die Weigerung, auf bestimmte Fragen zu antworten (§ 381 ZPO), das Unterlassen einer Mitwirkung am Sachverständigenbeweis (§ 359 ZPO) oder die sonstige Verletzung der Wahrheits-, Vollständigkeits- oder Prozessförderungspflicht kann auch die Verletzung der prozessualen Aufklärungspflicht nach § 272 Abs 1 ZPO Anlass für den Tatrichter sein, bestimmte Prozessbehauptungen des Gegners für wahr zu halten (RIS-Justiz RS0119925 = 9 Ob 12/05p). Die Beweislast des Geschädigten für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Frachtführers wird durch dessen Darlegungspflicht nicht verändert. Lässt sich die Schadensursache letztlich nicht aufklären, trifft das non liquet den Geschädigten (RIS-Justiz RS0062591 [T13]).

Die Negativfeststellungen

- es kann nicht festgestellt werden, dass der von der Subfrachtführerin für die Fahrt am eingesetzte LKW-Fahrer die Sicherung des Transportguts durch Verzurren unterließ;

- auf dem LKW-Transport von M***** zum Transitlager der Beklagten in M***** wurde die Kiste dadurch beschädigt, dass eine andere Kiste des Sammelverkehrs, deren Sicherung gegen Herabfallen aus einem nicht mehr näher feststellbaren Grund versagte, auf die Transportkiste des Roboters fiel;

- es kann nicht festgestellt werden, dass der LKW-Fahrer einen Fehler der Transportsicherung bei der schließlich herabgefallenen Kiste bemerkte und darauf nicht reagierte oder dass er mit einem unvorsichtigen oder leichtsinnigen Fahrmanöver das Herabfallen der Kiste auslöste;

bedeuten, dass die Ursache für das Herabfallen ungeklärt blieb, was zulasten der Klägerin geht, selbst wenn man (wie das Berufungsgericht) von einer Verletzung der Darlegungspflicht der Beklagten ausgeht. Nach der dargestellten Judikatur hätte sich eine allfällige Verletzung der Darlegungspflicht nämlich in entsprechenden positiven Feststellungen zur Schadensursache niederschlagen müssen, die die Annahme groben Verschuldens rechtfertigen. Da solche nicht vorliegen, erfolgte der Vorwurf des Berufungsgerichts, die Beklagte habe grobes Verschulden im Sinn des Art 29 CMR zu vertreten, zu Unrecht.

3. Bloß leichte Fahrlässigkeit des beklagten Frachtführers hat aber unter anderem zur Folge, dass der Anspruch der Transportauftraggeberin der einjährigen Verjährung nach Art 32 CMR unterliegt. Die Verjährungsfrist beginnt mangels Ablieferung der Sendung beim Empfänger nach Art 32 Abs 1 lit c CMR mit dem Ablauf von 3 Monaten nach dem Abschluss des Beförderungsvertrags vom (4 Ob 318/00v mwN) und war daher bei Klagseinbringung am längst abgelaufen.

Allerdings beruft sich die Klägerin auf die - eine Fortlaufhemmung bewirkende (RIS-Justiz RS0073975, RS0074014 [T1]) - Reklamation im Sinn des Art 32 Abs 2 CMR durch das Schreiben der Transportauftraggeberin vom (./D). Obgleich nach dem Inhalt des Schreibens die unmissverständliche Klarstellung fehlt, dass die Beklagte für die Schäden haften soll (vgl RIS-Justiz RS0074017), hat es jedenfalls die Beklagte nach dem Wortlaut ihrer Antwortschreiben (./E [„Reklamation"] und ./M [„Haftbarhaltung"], je vom ) ganz offensichtlich als Reklamation aufgefasst. Berücksichtigt man den Zweck der strengen Anforderung an ihren Inhalt (Klarstellung für den Frachtführer, dass er für den Schaden einstehen soll), der ungeachtet der Formulierung durch die Transportauftraggeberin wegen des Verständnisses als Haftbarhaltung durch die Beklagte erreicht wurde, ist ungeachtet der im Schreiben verwendeten Formulierungen vom Eintritt der Hemmung der Verjährung (bis zur Zurückweisung der Reklamation mit Schreiben vom ) auszugehen. Da die Hemmung noch vor Beginn des Laufs der Verjährungsfrist eintrat, diese also nach Wegfall der Hemmung noch in voller Länge zur Verfügung stand, erfolgte die Klagseinbringung am rechtzeitig. Der Verjährungseinwand der Beklagten geht daher ins Leere.

4. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.