OGH vom 22.10.1991, 4Ob562/91
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Thomas B***** jun., *****;
2) Michael B*****; 3) Marika B*****, diese vertreten durch die Mutter Silvia B*****, sämtliche vertreten durch Dr.Raimund Mittag, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Thomas B***** sen., *****, vertreten durch Dr.Anton Paul Schaffer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 55.000 S sA, 55.590,50 S sA und 57.581,50 S sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom , GZ 43 R 2027/91-25, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom , GZ 2 C 125/90-18, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Prozeßkosten.
Text
Begründung:
Die am , und geborenen Kläger sind die ehelichen Kinder des Beklagten; dessen mit der Mutter der Kinder am geschlossene Ehe ist mit Urteil vom , in Rechtskraft erwachsen am , aus beiderseitigem Verschulden der Ehegatten geschieden worden. Die Obsorge für die damals noch minderjährigen Kinder wurde danach der Mutter allein übertragen.
Mit der am eingebrachten und hinsichtlich der noch minderjährigen Drittklägerin pflegschaftsbehördlich genehmigten Klage begehren die drei Kläger den Zuspruch von 55.000 S sA (Erstkläger), 55.590,50 S sA (Zweitkläger) und 57.581,50 S sA (Drittklägerin). Hiezu steht außer Streit, daß der Beklagte die drei von ihm nach den Klagebehauptungen zwischen dem und dem eingelösten (durch Abhebung der Bausparguthaben realisierten) Bausparverträge je auf den Namen seiner Kinder abgeschlossen hatte, und zwar aus Gründen der Vermögensbildung und der Steuerersparnis; die Bausparverträge hatte der Beklagte selbst verwahrt und von seinem Einkommen bezahlt (ON 15 S 59).
Die Kläger behaupten, daß der Beklagte die genannten Bausparverträge keineswegs zur eigenen Vermögensbildung abgeschlossen habe; vielmehr habe es sich dabei um ausschließlich für sie gewidmetes Vermögen zur Starthilfe beim Aufbau ihrer eigenen Existenz gehandelt. Die (darauf eingezahlten) Gelder seien für die Kläger bestimmt und gewidmet gewesen.
Der Beklagte tritt dem mit der Behauptung entgegen, daß er die Bausparverträge (nur) zur Erzielung eines größeren (gemeint: eigenen) Ertrages abgeschlossen habe und daß er selbst der daraus Begünstigte gewesen sei.
Das Erstgericht hielt die Sache auf Grund der erwähnten Außerstreitstellung bereits für spruchreif und wies das Klagebegehren ohne weitere Beweisaufnahmen ab. Der bloße Abschluß eines Bausparvertrages auf den Namen eines Dritten sei für sich allein noch keine Schenkung im Sinne des § 943 ABGB. Bausparverträge seien nur Beweisurkunden, aus denen keinen Aussage über das Innenverhältnis zwischen dem darin ausgewiesenen Sparer und dem einzahlenden Dritten gewonnen werden könne. Hätte das Guthaben aus den Bausparverträgen in das Eigentum der Kläger übergehen sollen, dann wäre eine "wirkliche Übergabe" wie bei beweglichen Sachen erforderlich gewesen, wozu auch die Übergabe der Bausparbriefe als symbolische Übergabe im Sinne des § 427 ABGB ausgereicht hätte (LGZ Wien EFSlg 54.174). Eine solche Übergabe habe jedoch im vorliegenden Fall nicht stattgefunden.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Klage könnte nur dann ein Erfolg beschieden sein, wenn der Beklagte den Klägern die jeweiligen, von ihm zur Jahreswende 1980/81 realisierten Bausparguthaben geschenkt hätte. Selbst bei Annahme einer - diesbezüglich jedoch ungeprüft
gebliebenen - Schenkungsabsicht des Beklagten fehle es für die Wirksamkeit einer solchen Schenkung an der wirklichen Übergabe der geschenkten Forderungen aus den Bausparverträgen. Das Problem liege nicht im Schenkungsvertrag als "Insichgeschäft", sondern in der mangelnde Publizität.
Gegen dieses Urteil wendet sich die außerordentliche Revision der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben.
Der Beklagte stellt in der Revisionsbeantwortung den Antrag, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist schon deshalb gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig, weil zu den hier in Zusammenhang mit dem Abschluß von Bausparverträgen durch einen gesetzlichen Vertreter im Namen minderjähriger Kinder zu lösenden Rechtsfragen eine veröffentlichte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt. Soweit sich die von den Vorinstanzen herangezogene Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien EFSlg 54.174 auf eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes berufen hat (JBl 1977, 600 = NZ 1978, 11; 5 Ob 45/72; 6 Ob 731/78; 7 Ob 695/81 = HS 13.001), ist nur die erstgenannte Entscheidung einschlägig; in ihr wurde aber lediglich - im Anschluß an Avancini (Das Sparbuch im österreichischen Recht 42) und ZBl 1934/243 - ausgesprochen, daß Bausparbriefe keine Sparurkunden wie Sparbücher, also keine Wertpapiere sind, sondern lediglich Beweisurkunden über das zwischen dem Sparer und seinem Vertragspartner bestehende Rechtsverhältnis. Bei Anführung der Entscheidungen 5 Ob 45/72 und 6 Ob 731/78 handelt es sich offensichtlich um Fehlzitate; das trifft auch auf die Entscheidung HS 13.001 zu, welche ein auf Namen lautendes Sparbuch ohne Losungswort sowie ein Festgeldkonto und ein Wertpapierkonto betroffen hat.
Die Revision ist auch berechtigt.
Im vorliegenden Fall geht es um Bausparverträge, die der Beklagte noch vor dem Inkrafttreten des KindG BGBl 1977/403 () als gemäß § 147 ABGB (aF) alleiniger Vertreter seiner ehelichen Kinder und als deren Vermögensverwalter mit der Stellung eines Vormundes (Pichler in ÖA 1983, 89) im Namen der Kinder mit der Bausparkasse G***** registrierte Genossenschaft mbH, S*****, geschlossen hat; das ergibt sich schon aus der Außerstreitstellung, wonach der Beklagte die Steuerbegünstigung (hier: Prämienbegünstigung) des § 108 EStG 1972 BGBl 440 in Anspruch genommen hat, welche aber eine Vertragslaufzeit von mindestens sechs Jahren zur Voraussetzung hatte.
Ein Bausparvertrag ist ein kombinierter Spar- und Kreditvertrag, bei welchem der Sparverpflichtung des Bausparers (hier: der Kläger als Kinder des Beklagten) die Verpflichtung der Bausparkasse zur Gewährung eines Kredites gegenübersteht (Odelga in BankArch 1966, 95 f); er kommt dadurch zustande, daß der Interessent an eine Bausparkasse den Antrag auf Abschluß eines Bausparvertrages stellt und die Bausparkasse die Annahme dieses Antrages bestätigt (Odelga aaO 98; Hermann in Krasensky-FS 1968, 487). Der Inhalt eines Bausparvertrages bestimmt sich in der Regel nach den allgemeinen Spar- und Darlehensbedingungen der Bausparkasse (§ 118 VAG 1931, abgedruckt in Haschek-Braumann-Doralt-Csoklich, Österreichisches Bank- und Börserecht 139 ff). Danach kann der Bausparer den Vertrag jederzeit durch Kündigung auflösen (Hermann aaO).
Es wurde daher auch schon ausgesprochen, daß der Umstand, daß ein Bausparvertrag auf den Namen eines Minderjährigen lautet, in der Regel ein Indiz dafür sein wird, daß es sich möglicherweise um Vermögen des Kindes handelt (SZ 57/10); es kann aber auch sein, daß die vom Vater namens der Kinder abgeschlossenen Bausparverträge nur dessen eigener Vermögensbildung unter Inanspruchnahme der hiefür vorgesehenen Steuerbegünstigung dienen sollten. Im ersten Fall - also bei Abschluß der Bausparverträge auf den Namen der damals etwa ein, vier und sechs Jahre alten Kläger mit dem Rechtsfolgewillen des Beklagten, daß die angesparten Guthaben auch wirklich Kindesvermögen sein sollen,- hätte es aber, weil ja der Vater die Einzahlungen aus seinem eigenen Einkommen leisten wollte und auch geleistet hat, im Innenverhältnis zwischen ihm und den Kindern noch eines weiteren Rechtsgrundes in Form eines Rechtsgeschäftes bedurft, mit dem er sich ihnen gegenüber zur Leistung der Mindestpflichtsparbeiträge verbunden hätte (5 Ob 737/82, insoweit von der Veröffentlichung in EFSlg 43.405 nicht umfaßt). Hiefür waren jedoch die Kinder nicht wirksam vertreten, so daß ein nach § 271 ABGB zu beurteilendes Insichgeschäft des Beklagten vorgelegen wäre (EFSlg 43.405). Danach ist bei sonstiger Ungültigkeit und Unwirksamkeit des Geschäftes die Bestellung eines Kollisionskurators geboten, wenn eine Interessenkollision zwischen gesetzlichem Vertreter und dem Minderjährigen zu befürchten ist (Dullinger aaO 205; Fenyves in Ruppe, HdB der Familienverträge2, 85 und 89, je mwH). Letzteres ist aber jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Vertretungshandlung dem Pflegebefohlenen ausschließlich rechtliche Vorteile bringt, also bei einer (reinen) Schenkung (Fenyves aaO 85). Nur bei Annahme einer Schenkungsabsicht des Beklagten könnten daher die Rechte aus den Bausparverträgen und das Verfügungsrecht über die vom Beklagten aus seinem Vermögen der Bausparkasse eingezahlten Gelder den damals minderjährigen Klägern zugekommen sein. Dabei hätte aber der Beklagte nicht nur beim Abschluß der Bausparverträge, sondern auch noch bei jeder Einzahlung die Absicht haben müssen, unentgeltlich Vermögenswerte auf die Kläger zu übertragen (5 Ob 737/82). In diesem Fall wären § 943 ABGB und § 1 Abs 1 lit d NZwG entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes kein Hindernis für die Wirksamkeit der Schenkung, wäre doch die "wirkliche Übergabe" im Sinne des § 943 ABGB bzw die Heilung dieses Formmangels durch nachträgliche Erfüllung, nämlich durch die Einzahlungen (Überweisungen) des Beklagten auf die Bausparkonten der Kläger eingetreten (vgl Schubert in Rummel, ABGB2, Rz 5 zu § 943; SZ 23/59; SZ 24/347).
Das beiderseitige, gegensätzliche Vorbringen über den mit dem Abschluß der Bausparverträge und den Einzahlungen des Beklagten auf die Bausparkonten tatsächlich verfolgten Zweck (reine Vermögensbildung für die Kinder, also Schenkungsabsicht oder nicht), kann daher nicht ungeprüft bleiben; die Rechtssache ist noch nicht spruchreif, so daß dem Aufhebungsantrag der Revision stattzugeben war.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.