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OGH vom 14.07.2009, 4Ob30/09d

OGH vom 14.07.2009, 4Ob30/09d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Michael Raffaseder, Rechtsanwalt in Freistadt, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 30.000 EUR), infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom , GZ 6 R 222/08x-27, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom , GZ 5 Cg 178/08h-19, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.678,68 EUR (darin 279,78 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin betreibt österreichweit einen Fotoversand und bietet ihren Kunden das gesamte Angebot der Fotoausarbeitung.

Die beklagte belgische Gesellschaft ist auf Digitalfotoprodukte und Internet-Anwendungen spezialisiert. Über ihre Internetseite „www.f*****.com" bietet sie den Kunden weltweit die Entwicklung und Ausarbeitung von Digitalfotos an, wobei ihre Leistungen auf dieser Homepage unter anderem auch in deutscher Sprache beworben und angeboten werden. Sobald sich ein Internetuser auf dieser Homepage einwählt, erkennt deren Software das Land, von dem aus sich der Internetbesucher einwählt und leitet diesen von der Hauptseite „www.f*****.com" auf die entsprechende länderspezifische Subdomain in der entsprechenden Sprache weiter. Benutzer aus Österreich gelangen daher auf die Subdomain „at.f*****.com". Die Beklagte besitzt keine österreichische Gewerbeberechtigung, insbesondere keine Berechtigung nach § 94 Z 20 GewO 1994 (Fotografengewerbe). Die Beklagte hat bislang auch keine Anzeige im Sinne des § 373a Abs 4 GewO beim Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit vorgenommen. Sie bezeichnet sich als weltweites Online-Digitalfoto-Service und unterhält neben ihrem Sitz in Belgien 14 weitere Niederlassungen weltweit. In Österreich unterhält die Beklagte keine Niederlassung. Die Entwicklung derartiger Digitalprodukte sowie der Fotoversand wird ausschließlich über den Firmensitz in Belgien abgewickelt. In Österreich besteht keine Postanschrift, kein Büro, kein Postfach und keine Telefonnummer sowie auch keine österreichbezogene E-mail-Adresse („.at"). Österreichische Kunden können die Beklagte postalisch über eine Anschrift in Belgien oder über ein E-mail-Formular auf der Website „at.f*****.com" kontaktieren. E-mails an österreichische Kunden werden von Belgien aus geschrieben und verschickt. Kunden der Beklagten können die Fotoausarbeitungen ausschließlich online per Kreditkarte oder durch andere Online-Zahlungsmethoden bezahlen. Die Rechnungen für österreichische Kunden werden von Belgien aus mit belgischem Rechnungsaussteller und belgischer Umsatzsteuer fakturiert. Das Gewerbe „Fotolabor" ist in Belgien nicht reguliert. Diese Tätigkeit kann ohne Genehmigung ausgeübt werden. Die Ausübung dieses Gewerbes durch die Beklagte erfolgt in Belgien rechtmäßig.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens begehrte die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung bis zur rechtskräftigen Beendigung des über die Klage geführten Rechtsstreits zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die gewerbsmäßige Ausarbeitung von digitalen Daten zu Fotos in Österreich anzubieten, wenn sie nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung eines Fotografen gemäß § 94 Z 20 GewO 1994 verfüge. Durch das Anbieten ihrer Leistungen in Österreich unterliege die Beklagte den österreichischen gewerberechtlichen Vorschriften, weil gemäß § 1 Abs 4 GewO 1994 das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Personenkreis der Ausübung des Gewerbes gleichzuhalten sei. Die gewerbsmäßige Ausarbeitung von digitalen Bilddaten erfordere eine Gewerbeberechtigung nach § 94 Z 20 GewO 1994, die einen Befähigungsnachweis voraussetze. Für die über den Betrieb eines Minilabors hinausgehende Tätigkeit der Fotoausarbeitung sei die volle Gewerbeberechtigung nach § 2 der Fotografenverordnung BGBl II 45/2003 erforderlich. Die Beklagte sei nicht im Gewerberegister eingetragen und verfüge weder über eine volle noch eine eingeschränkte Gewerbeberechtigung. Sie verstoße daher nicht nur gegen die Gewerbeordnung, sondern auch gegen § 1 UWG, weil sie sich durch die Nichteinhaltung der gewerberechtlichen Vorschriften einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern verschaffe. Es liege auch keine Tätigkeit des freien Dienstleistungsverkehrs vor, zumal § 373a GewO voraussetze, dass die Tätigkeit vorübergehend oder gelegentlich ausgeübt werde, die Leistung der Beklagten jedoch auf Dauer angelegt sei. Die Homepage der Beklagten sei jedenfalls seit Juli 2008 durchgehend online, sodass der Klägerin ein Anspruch auf Unterlassung zustehe.

Die Beklagte hielt dem entgegen, sie übe als „via Internet Gewerbetreibende" ihre Tätigkeit aus Sicht der GewO am Standort ihrer ausländischen Gewerbeberechtigung aus. Das Internet stelle aus gewerberechtlicher Sicht nur ein spezielles Kommunikationsmittel dar. Auf die angebotenen und erbrachten Leistungen seien ausschließlich die gewerberechtlichen Vorschriften ihres Herkunftslands Belgien anzuwenden. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit unterliege - nicht zuletzt auch nach dem E-Commerce-Gesetz (ECG) - ausschließlich belgischem Recht und werde in Belgien aufgrund entsprechender Konzessionen rechtmäßig ausgeübt. Die Versendung der entwickelten Digitalfotos sei eine im Rahmen der Warenverkehrsfreiheit zulässige und nicht der GewO unterliegende Warenlieferung. Jedenfalls könne der Beklagten keine subjektiv vorwerfbare sittenwidrige Wettbewerbshandlung angelastet werden, zumal ihre Auffassung gesetzlich soweit gedeckt sei, dass sie mit gutem Grund vertreten werden könne.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Beim Gewerbe des Berufsfotografen handle es sich um ein nach § 94 Z 20 GewO 1994 reglementiertes Gewerbe, für dessen Ausübung ein Befähigungsnachweis erforderlich sei. Gleiches gelte für die Übernahme von Filmen und Datenträgern zur Ausarbeitung von Fotos als Nebenrecht dieses Gewerbes. Im vorliegenden Fall übe die Beklagte ihr Gewerbe via Internet (e-commerce) aus. Das Einrichten einer Homepage sei grundsätzlich ein Anbieten im Sinne des § 1 Abs 4 2. Satz GewO, das der Ausübung des Gewerbes gleichzusetzen sei. Ort der Gewerbeausübung sei sowohl beim Anbieten als auch bei der eigentlichen Leistungserbringung der Ort der Niederlassung des Internet-Gewerbetreibenden. Der Standort des Providers sowie eines Servers oder einer sonstigen Einrichtung, die den Zugriff auf die Homepage ermöglichten, sei irrelevant. Aus Sicht der GewO führten Gewerbetreibende eine via Internet ausgeübte Tätigkeit am Standort ihrer (in- bzw ausländischen) Gewerbeberechtigung aus. Ausländische Internet-Gewerbetreibende übten daher grundsätzlich keine der österreichischen GewO unterliegende Tätigkeit aus, es sei denn, eine wesentliche Teiltätigkeit ihres Gewerbes werde unmittelbar an Ort und Stelle beim inländischen Kunden erbracht. Die Versendung der ausgearbeiteten Fotos an die österreichischen Kunden sei als grenzüberschreitende Warenlieferung und nicht als grenzüberschreitender Dienstleistungsverkehr anzusehen. Die Tätigkeiten der Beklagten verstießen daher nicht gegen die Bestimmungen der Gewerbeordnung, weshalb auch kein Verstoß gegen § 1 UWG vorliege.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Online-Angebot der Beklagten sei als Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne des § 3 Z 1 ECG und die Beklagte als Diensteanbieter gemäß § 3 Z 2 ECG zu qualifizieren. Im koordinierten Bereich (§ 3 Z 8 ECG), worunter die Bestimmungen über den Befähigungsnachweis nach der österreichischen GewO fielen, gelte das Herkunftslandprinzip (§ 20 Abs 1 ECG). Somit sei auf die Internetgeschäfte der Beklagten belgisches Recht anzuwenden. Dass die Beklagte ihr Gewerbe in Belgien rechtmäßig ausübe, sei nicht strittig und auch nicht relevant, weil sich die Klägerin nur auf einen Verstoß gegen österreichisches Gewerberecht stütze. Es liege auch keine der in § 21 ECG angeführten Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip vor. Insbesondere komme die Bestimmung des § 21 Z 14 ECG, wonach das Herkunftslandprinzip auf Rechtsvorschriften über Dienstleistungen, die nicht elektronisch erbracht werden, nicht anzuwenden sei, nicht zum Tragen, weil die (nicht elektronische) Ausarbeitung von Digitalfotos in Belgien erfolge und das Versenden der Fotos von Belgien nach Österreich keine unter die österreichische Gewerbeordnung fallende wesentliche Teiltätigkeit darstelle. Die Anwendung österreichischen Rechts auf den vorliegenden Sachverhalt scheide daher aus. Das Begehren der Klägerin sei nicht berechtigt, weil mangels Anwendbarkeit österreichischen Rechts kein Verstoß gegen österreichisches Recht vorliegen könne. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu den verfahrensgegenständlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit des ECG und des darin normierten Herkunftslandprinzips keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Anwendung des ECG:

1.1. Die Klägerin macht geltend, das ECG sei auf den gegenständlichen Fall nicht anwendbar, weil kein „elektronischer Geschäftsverkehr" gemäß § 1 Abs 1 ECG bzw kein „Dienst der Informationsgesellschaft" gemäß § 3 Z 1 ECG vorliege. Der Kern der erbrachten Dienstleistung, nämlich die Ausarbeitung von Fotos aus digitalen Daten, werde nicht im Internet bzw in Form von elektronischer Datenverarbeitung erbracht, sondern im Labor der Beklagten. Das Internet diene hier nur der Vorbereitung der Dienstleistung, nämlich einerseits deren Bewerbung und andererseits der Übermittlung der elektronischen Daten.

1.2. § 3 Z 1 ECG definiert den Dienst der Informationsgesellschaft als einen „in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellten Dienst (§ 1 Abs 1 Z 2 Notifikationsgesetz 1999), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern".

1.3. Das Gesetz orientierte sich bei dieser demonstrativen Aufzählung an den im Erwägungsgrund 18 der E-Commerce-Richtlinie (2000/31/EG) erwähnten Beispielen (RV, 26, abgedruckt in Laga/Sehrschön/Ciresa, E-Commerce-Gesetz2 9).

Gemäß Erwägungsgrund 18 der E-Commerce-Richtlinie umfassen die Dienste der Informationsgesellschaft einen weiten Bereich von wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online vonstatten gehen. Diese Tätigkeiten können insbesondere im Online-Verkauf von Waren bestehen. Tätigkeiten wie die Auslieferung von Waren als solche oder die Erbringung von Offline-Diensten werden nicht erfasst.

1.4. Der Dienst der Informationsgesellschaft muss „elektronisch" erbracht werden. Die Daten oder Informationen müssen über ein System laufen, in dem die Daten sowohl beim Sender als auch beim Empfänger elektronisch verarbeitet und gespeichert werden. Dabei müssen die elektronischen Daten gesendet, weitergeleitet und empfangen werden. Charakteristisch ist, dass die Daten von „Punkt zu Punkt" übertragen werden. Solche Dienste sind etwa der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, der Online-Vertrieb von Finanzdienstleistungen, das so genannte „electronic publishing", die Online-Werbung und andere elektronische Maßnahmen zur Absatzförderung, Online-Informationsangebote sowie Online-Dienste, die Instrumente zur Datensuche, zum Zugang zu Daten oder zur Datenabfrage bereitstellen (Burgstaller-Minichmayr, E-Commerce-Gesetz 30).

1.5. Daraus ergibt sich für die als Dienste der Informationsgesellschaft im Sinne von § 3 Z 1 ECG zu qualifizierenden Online-Aktivitäten der Beklagten (Bewerbung und Vertragsabschluss im Internet) die Anwendbarkeit des ECG. Dies gilt aber nicht für die beworbene Dienstleistung selbst (Ausarbeitung der Fotos), da diese nicht in Form von elektronischer Datenverarbeitung erbracht wird.

2. Anwendung österreichischen Gewerberechts:

2.1. Für Dienste der Informationsgesellschaft gilt im koordinierten Bereich (§ 3 Z 8 ECG) gemäß § 20 Abs 1 ECG das Herkunftslandprinzip. In den koordinierten Bereich fallen alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft (Burgstaller-Minichmayr aaO 35). Der koordinierte Bereich umfasst aber nicht die Vorschriften betreffend die (physische) Ware selbst oder deren Lieferung bzw die Vorschriften über Dienste, die nicht auf elektronischem Wege angeboten werden. Dies bedeutet umgekehrt, dass der sogenannte direkte E-Business (etwa Software-Download oder Electronic Ticketing) vom koordinierten Bereich erfasst ist. Für den indirekten E-Business gilt dieser nur, soweit Online-Tätigkeiten betroffen sind (Spindler/Fallenböck, Das Herkunftslandprinzip der E-Commerce-Richtlinie und seine Umsetzung in Deutschland und Österreich, ZfRV 2002/23).

Auf die Online-Tätigkeit der Beklagten ist somit belgisches Recht anzuwenden. Ein Verstoß gegen gewerberechtliche Vorschriften in Österreich scheidet insoweit aus.

2.2. Die Klägerin macht geltend, selbst im Falle der Geltung des ECG sei österreichisches Gewerberecht anzuwenden, weil § 4 Abs 2 ECG ausdrücklich vorsehe, dass die Rechtsvorschriften über die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit von den Vorschriften des ECG unberührt blieben.

2.3. Ob und inwieweit ausländische Diensteanbieter einer (Gewerbe-)Berechtigung in Österreich bedürfen, wird durch § 4 ECG nicht beantwortet. Erbringt ein Unternehmer seine Leistung zur Gänze online, so ist seine gesamte Tätigkeit Dienst der Informationsgesellschaft und unterliegt dem Herkunftslandprinzip. Erbringt er seine Leistung jedoch physisch anwesend beim Kunden in Österreich, dann kann er sich mangels Erbringung eines Dienstes der Informationsgesellschaft nicht auf das Herkunftslandprinzip berufen; er hat seine Befähigung nach § 373a GewO nachzuweisen (Laga/Sehrschön/Ciresa aaO 22).

2.4. Die Richtlinie erfasst jegliche Tätigkeit, die mittels Fernkommunikationsmittel erbracht wird, damit auch den Online-Verkauf. Auch wenn daher an sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Schwerpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem Warenabsatz läge, ist bei entsprechender Werbung über elektronische Wege die E-Commerce-Richtlinie einschlägig - allerdings nur eben hinsichtlich dieser Werbung und dem Online-Vertragsabschluss, nicht hinsichtlich der außerhalb der elektronischen Übertragung stattfindenden Vorgänge. Der Bereich außerhalb der Online-Welt, etwa Anforderungen an Waren, die offline geliefert werden, wird von der Richtlinie nicht tangiert(Spindler in Gounalakis, Rechtshandbuch Electronic Business [2003]).

Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass österreichisches Gewerberecht auf die Online-Tätigkeiten der Beklagten (Werbung und Vertragsanbot) nicht anzuwenden ist.

2.5. Zu prüfen bleibt, ob einer der Tatbestände der §§ 21 bzw 22 ECG (Ausnahmen bzw Abweichungen vom Herkunftslandprinzip) gegeben ist.

2.5.1. Gemäß § 21 Z 14 ECG ist das Herkunftslandprinzip im Bereich der Rechtsvorschriften über Dienstleistungen, die nicht elektronisch erbracht werden, nicht anzuwenden. Dies bedeutet für den Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen - der als Dienst der Informationsgesellschaft zu qualifizieren ist, auch wenn der Versand der Ware oder die Erbringung der Dienstleistung nicht elektronisch erfolgt -, dass hinsichtlich Webauftritt und Bestellmöglichkeit das Recht des Niederlassungsstaats des Diensteanbieters gilt (Herkunftslandprinzip), nicht aber für die Vertragserfüllung durch physische Übersendung der Ware (Laga/Sehrschön/Ciresa aaO 108 f).

Die - eng auszulegende (vgl 4 Ob 62/06f) - Ausnahmebestimmung vom Herkunftslandprinzip nach § 21 Z 14 ECG kann somit im konkreten Fall nicht die Anwendbarkeit des österreichischen Gewerberechts auf die Online-Aktivitäten der Beklagten begründen.

2.5.2. § 22 ECG regelt bestimmte Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip. Im konkreten Einzelfall soll eine Ausnahme von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Rechts des Niederlassungsstaats des Diensteanbieters gemacht werden können, wenn eine nationale Behörde oder ein Gericht eine Maßnahme gegen den ausländischen Diensteanbieter wegen Verletzung eines bestimmten Schutzziels ergreift (Brenn, ECG 335). Im vorliegenden Fall ist eine Verletzung bzw Beeinträchtigung der in § 22 Abs 2 ECG genannten Schutzziele durch die Online-Tätigkeit der Beklagten nicht zu erkennen.

2.6. Untrennbar mit der Festlegung des Herkunftslandprinzips ist die Definition der „Niederlassung" des Diensteanbieters verbunden. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs kommt es auf den Schwerpunkt der tatsächlich ausgeübten wirtschaftlichen Aktivität an (Maennel in Lehmann, Electronic Business in Europa [2002]), und zwar mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit (§ 3 Z 3 ECG).

Nach dem bescheinigten Sachverhalt ist der - so definierte - Ort der Niederlassung der Beklagten zweifellos nicht in Österreich, sondern in Belgien gelegen.

2.7. Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass aufgrund des Herkunftslandprinzips nach § 20 ECG die Anwendung des österreichischen Gewerberechts auf die (bloßen) Online-Aktivitäten der Beklagten ausscheidet.

3. Fotoausarbeitung:

3.1. Wie oben zu 1.5. ausgeführt sind auf die beworbene Dienstleistung selbst (Ausarbeitung der Fotos) die Bestimmungen des ECG nicht anzuwenden, da diese nicht in Form von elektronischer Datenverarbeitung erbracht wird. Es stellt sich daher die Frage, ob diesbezüglich österreichisches Gewerberecht zur Anwendung kommt, wobei das Fehlen einer österreichischen Gewerbeberechtigung einen Rechtsbruch nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG begründen könnte.

3.2. Die Klägerin macht einen Verstoß gegen § 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch) geltend. Sie stützt die Gesetzwidrigkeit der beanstandeten Tätigkeit (Fotoausarbeitung) ausschließlich auf die für die Dienstleistungserbringung in Österreich geltenden Bestimmungen der GewO 1994. Der behauptete Rechtsbruch besteht im Fehlen einer nach der österreichischen Rechtsordnung für die Leistungserbringung (in Österreich) erforderlichen Gewerbeberechtigung. Die nach der GewO 1994 vorgesehenen Rechte und Pflichten gelten zwar grundsätzlich auch für Angehörige eines anderen Mitgliedstaats der Gemeinschaft (§ 373a GewO), jedoch nur dann, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit in Österreich (tatsächlich) ausüben (Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO 1994², § 373a Rz 3). Die Beklagte, die keine gewerbliche Tätigkeit in Österreich entfaltet und hier auch über keine Niederlassung verfügt, durfte diese Regelungen daher mit guten Gründen in einer Weise auslegen, dass sie ihrer Dienstleistung nicht entgegenstehen (4 Ob 62/06f; zur Rechtslage nach der UWG-Nov 2007 RIS-Justiz RS0123239).

4. Zusammenfassung:

4.1. Die Bewerbung der und das Vertragsanbot auf Ausarbeitung digitaler Daten zu Fotos im Internet ist ein Dienst der Informationsgesellschaft im Sinne von § 3 Z 1 ECG. Das gilt nicht für die beworbene Dienstleistung (Ausarbeitung der Fotos) selbst, weil diese nicht in Form der elektronischen Datenverarbeitung erbracht wird.

4.2. Die Beklagte durfte die Regelungen der GewO 1994 mit guten Gründen so verstehen, dass die in ihrem Heimatstaat (Belgien) ausgeführte Dienstleistung nicht den österreichischen Gewerberechtsvorschriften unterliegt.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.