OGH vom 23.05.2000, 4Ob30/00s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** GmbH & Co KG, ***** Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Schönherr Barfuss Torggler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Michael Cermak, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 470.000 S), über den Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 5 R 2/99x-19, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 24 Cg 109/98g-14, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 20.610 S (darin 3.435 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin entwickelt Softwareprogramme für die Bedürfnisse verschiedener Wirtschaftsbranchen. Eines dieser Programme ist das sogenannte Handwerkerpaket (HWP WIN 2.3), welches speziell für die Bedürfnisse von Handwerkern zugeschnittene Softwarelösungen für alle im handwerklichen Bereich anfallenden Arbeiten enthält. Es handelt sich um ein komplexes System mit hohem Programmieraufwand. Die Nutzungs- und Verwertungsrechte an diesem Paket stehen ausschließlich der Klägerin zu. Die K***** GmbH (Graz) ist eine Tochter der Klägerin. Mit dieser schloss die Klägerin einen Lizenzvertrag, wonach ihr die Klägerin ab eine auf das Gebiet von Österreich beschränkte, ausschließliche Lizenz zum Feilhalten und zum Vertrieb ihrer "Free-Licence-Produkte" (darunter das oben beschriebene Handwerkerpaket HWP WIN) einschließlich der Vergabe von Unterlizenzen beschränkt auf das Vertreibungsgebiet einräumte. In dieser Funktion schloss die österreichische Tochter der Klägerin mit der Beklagten am einen Software-Nutzungs- & Wartungsvertrag über das Grundpaket HWP WIN ab. Mit dem Vertrag wurde das Paket verkauft und eine Fachhändlerlizenz erteilt. Aufgrund dieses Vertrags war die Beklagte berechtigt, Kopien der Software (Compilerversionen) herzustellen und an Endkunden wieder zu verkaufen. Der An- und Verkauf der Software war für den ausschließlichen Einsatz im Bundesgebiet von Österreich vorgesehen. Nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen ist die Lizenzierung und Belieferung von Wiederverkäufern, Sub- und Provisionsvertretern untersagt. Das Programm darf weiters nur in der im Vertrag vereinbarten Betriebsstätte (der Beklagten) vervielfältigt und in Verkehr gebracht werden. Der Vertrieb über andere Vertriebsstätten bedarf einer entgeltlichen Filiallizenz (diesbezüglich findet sich auf der Vorderseite des Vertrags ein Vermerk, wonach pro Filiallizenz 50 % des Lizenzbetrags verrechnet wird). Der Kunde ist verpflichtet, jede weiter lizenzierte Software durch eigene Mitarbeiter zu installieren. Die Beklagte kopierte die Softwarepakete nicht, sondern bestellte sie samt Anleitungen und Handbüchern direkt bei der österreichischen Tochter der Klägerin in Graz. Mit dem im Zuge des Software-Nutzungs- & Wartungsvertrags überlassenen Lizenzcode konnte sie die gelieferten Pakete, ebenso wie Compilerversionen, in Betrieb setzen. Einen Source-Code erwarb sie nicht.
Die Gespräche über den Lizenzvertrag hatten die Vertreter der Beklagten mit der Vertriebsbeauftragten der österreichischen Tochter der Klägerin, Angelika M*****, geführt. Diese ist (war) befugt, Verträge im üblichen Umfang auszuhandeln, die Vertragsunterfertigung erfolgt(e) jedoch durch den Geschäftsführer der Klägerin (und auch der österreichischen Tochter der Klägerin). Außergewöhnliche Absprachen durfte sie nicht treffen. Anfangs 1998 wandte sich ein Mitarbeiter der Beklagten an Angelika M***** mit dem Anliegen, die Beklagte wolle, um die Lizenzrechte wirtschaftlich besser verwerten zu können, das Produkt im Zuge eines "Projektes" nicht nur in Österreich, sondern auch in Deutschland vertreiben. Er stellte den Vorgang so dar, dass das Produkt einerseits für Tochterunternehmen der Beklagten in Deutschland, andererseits für deutsche Kunden, hinsichtlich derer es die Beklagte auf die speziellen Bedürfnisse anpassen würde, bestimmt sein sollte. Zu diesem Zweck strebte es die Beklagte auch an, den Source-Code von der Klägerin zu erwerben. Angelika M***** stimmte, ohne diesbezüglich die Genehmigung des Geschäftsführers der K***** GmbH Graz oder der Klägerin einzuholen, einem solchen Vertrieb zu, weil sie meinte, dass durch den Verkauf eines veränderten Produkts an deutsche Endkunden in die Rechte der Klägerin nicht eingegriffen würde. Sie gab der Beklagten am - nur mit ihrer Unterschrift, ohne Firmenstampiglie - für die K***** GmbH Graz die Erklärung ab, dass die Beklagte nicht nur, wie im Software-Nutzungs- & Wartungsvertrag schriftlich festgehalten, berechtigt sei, das Paket im Rahmen dieser Fachhändler-Lizenz ausschließlich in Österreich an Endkunden zu liefern, sondern dass es ihr ausdrücklich erlaubt sei, dieses Programmgrundpaket im Rahmen eines Projektgeschäfts auch an ihre Projektpartner im In- und Ausland gegen Verrechnung zu liefern.
Die Softwarepakete, die die Beklagte in der Folge nach Deutschland auslieferte, waren keine Kopien, sondern von der Klägerin hergestellte, über deren Tochterunternehmen in Graz ausgelieferte Produkte, zu deren Installation und Inbetriebnahme jedoch der Lizenzhändler-Code erforderlich und die ohne diesen nicht nutzbar waren. Für den Vertrieb in Deutschland arbeitete die Beklagte mit der D***** EDV zusammen, und zwar in der Form, dass sie dort ein Lager (Konsignationslager) unterhielt und D***** EDV im eigenen Namen das Handwerkerpaket Endkunden anbot und auslieferte. Nur die Verrechnung erfolgte durch die Beklagte und in deren Namen. D***** war früher ein Vertragspartner der Klägerin, doch wurde das Verhältnis von der Klägerin fristlos und rechtswirksam im Jahr 1997 (wegen angeblich schwerer Vertragsverstöße) gekündigt.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte die Klägerin, der Beklagten für die Prozessdauer mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, Computerprogramme der Klägerin, insbesondere das Computerprogramm HWP WIN 2.3, außerhalb des Gebiets der Republik Österreich, insbesondere über ein ausländisches Konsignationslager oder dergleichen und/oder unter Einschaltung eines Zwischenhändlers, Vermittlers, Vertragshändlers oder dergleichen und/oder ohne die gelieferte Software beim Endkunden selbst zu installieren, in Verkehr zu bringen. Die Klägerin sei Inhaberin der Verwertungsrechte dieses Computerprogramms, das als Werk der Literatur (§ 2 Z 1 iVm § 40a UrhG; Art 10 Abs 1 TRIPS-Abkommen usw) geschützt sei. Sie vertreibe das HWP WIN 2.3 im Rahmen einer "Free-Licence" (eines Software-Nutzungs- und Wartungsvertrags) ausschließlich an Vertragshändler in Österreich durch ihre Tochtergesellschaft (in Graz). Diese habe das Computerprogramm der Beklagten vereinbarungsgemäß für die Verwendung ausschließlich innerhalb Österreichs "verkauft"; die Beklagte habe das Programm nur in ihrer Wiener Betriebsstätte vervielfältigen und in Österreich in Verkehr bringen dürfen, wobei sie die Installierung bei den Endkunden durch ihre eigenen Mitarbeiter vornehmen hätte müssen und es der Beklagten untersagt gewesen sei, den Verkauf über Handelsvertreter, Agenten oder freie Mitarbeiter ("Vertragshändler") durchzuführen. Die Beklagte habe sich über diesen Vertrag (mit der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin) bewusst hinweggesetzt und in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Lizenznehmer der Klägerin in Deutschland (mit welchem die Klägerin die Zusammenarbeit wegen schwerwiegender Vertragsverstöße beendet habe) das Computerprogramm in Deutschland angeboten und vertrieben. Diese Vorgangsweise der Beklagten verletze die Urheberrechte der Klägerin und verstoße auch gegen § 1 UWG.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Aufgrund einer Vereinbarung mit der für das Vertriebswesen zuständigen Mitarbeiterin der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin sei sie zum Vertrieb des HWP WIN 2.3 auch in Deutschland berechtigt. Ihr sei unbekannt gewesen, dass ihr deutscher Vertragspartner vormaliger Lizenznehmer der Klägerin gewesen sei und diese sich von ihm wegen schwerwiegender Vertragsverstöße getrennt habe. Sie vertreibe das Computerprogramm der Klägerin somit nicht ohne deren Einwilligung; im Übrigen sei durch den Erwerb des Computerprogramms in Österreich das Urheberrecht der Klägerin europaweit gemäß § 16 Abs 3 UrhG erschöpft.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt. Die österreichische Tochter der Klägerin sei nur im Rahmen des Vertriebsvertrags berechtigt gewesen, das Softwarepaket zu nutzen bzw Nutzungsrechte an Dritte weiterzugeben. Eine Berechtigung, dieses außerhalb von Österreich sowie durch Zwischenschaltung von Wiederverkäufern zu vertreiben, habe die Tochtergesellschaft der Klägerin der Beklagten nicht einräumen können und nicht eingeräumt. Im Übrigen sei die von der Beklagten kontaktierte Mitarbeiterin der österreichischen Tochtergesellschaft nur verhandlungs-, aber nicht - und schon gar nicht für ungewöhnliche Vereinbarungen - abschlussbefugt gewesen. Von einer derartigen Berechtigung der österreichischen Tochtergesellschaft bzw deren Mitarbeiterin habe die Beklagte auch nicht ausgehen dürfen. Da die Beklagte gegenüber der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin (als ihrer Vertragspartnerin) vertragswidrig vorgegangen sei, könne sie sich auf eine Erschöpfung des Urheberrechts der Klägerin nicht berufen.
Das Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Gemäß § 40a Abs 1 UrhG seien Computerprogramme Werke im Sinne des UrhG, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers seien. § 16 Abs 3 UrhG enthalte den europaweit geltenden Erschöpfungsgrundsatz. Dieser bedeute, dass Werkstücke, die mit Einwilligung des Berechtigten durch Übertragung des Eigentümers (wohl: Eigentums) in Verkehr gebracht (insbesondere verkauft) worden seien, nicht mehr dem Verbreitungsrecht unterlägen. Die zwingende Wirkung dieser "Erschöpfung des Verbreitungsrechtes" bestehe darin, dass die Weiterverbreitung des konkreten Werkstücks zulässig sei und der Urheber sein Verbreitungsrecht nicht mehr geltend machen könne. Eine Begrenzung der Reichweite der Erschöpfungswirkung könne nur durch Einräumung beschränkter Verbreitungsbefugnisse erzielt werden, etwa in der Weise, dass Verbreitungsrechte nur für ein bestimmtes Gebiet erteilt würden. Die Erschöpfung trete dann nur hinsichtlich des beschränkt eingeräumten Teils des Verbreitungsrechts ein, nicht aber hinsichtlich jener Teile, die durch die Beschränkung von der Rechtseinräumung ausgenommen würden, da es insoweit an der Zustimmung des Urhebers oder des Berechtigten fehle. Zutreffend weise die Beklagte darauf hin, dass im Hinblick auf die in Art 2 des Protokolls 28 zum EWR-Abkommen vorgesehene Verpflichtung und die ständige Rechtsprechung des EuGH gerade die Möglichkeit der territorialen Abspaltung insofern eingeschränkt worden sei, als sich die Erschöpfung (des Verbreitungsrechtes) eines in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens verkauften Werkstücks (hier einer Computerprogrammkopie) immer auf das Gebiet der gesamten Gemeinschaft beziehe (§ 16 Abs 3 UrhG). Die Veräußerung durch den Urheber selbst erschöpfe somit immer das gesamte Verbreitungsrecht. Einschränkungen der vom Urheber bzw Berechtigten erteilten Einwilligung zum Inverkehrbringen im Wege der Veräußerung seien im Interesse der Rechtsklarheit nach herrschender Ansicht nicht möglich.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Klägerin ist im Sinne des zutreffenden Ausspruchs der Vorinstanz zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, ihre Verbreitungsrechte an den von ihrer Tochtergesellschaft an die Beklagte gelieferten Computerprogrammen wären nur dann gemäß § 16 Abs 3 UrhG im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft bzw im Europäischen Wirtschaftsraum erschöpft, wenn der Beklagten "Werkstücke" durch Übertragung des Eigentums mit ihrer (der Klägerin) Einwilligung, "somit rechtmäßig", geliefert worden wären. Weder seien aber der Beklagten Werkstücke ins Eigentum übertragen worden, vielmehr habe sie lediglich die "Nutzung der betreffenden Anwender-Software gekauft", noch sei dies mit Zustimmung der Klägerin (bzw ihrer Tochtergesellschaft) erfolgt, zumal die Beklagten mit dem festgestellten Wiederverkauf in Deutschland gegen den Vertrag mit der österreichischen Tochtergesellschaft der Klägerin verstoßen habe. Die nationale Aufteilung des Marktes durch die Bündelung "national wirksamer" (wohl gemeint: länderweise beschränkter) Lizenzen zu einer "gebietsübergreifenden Lizenz" bilde den Kernbereich des dem Territorialitätsprinzip unterworfenen Urheberrechts. Die Anwendung des Erschöpfungsgrundsatzes entzöge der Klägerin die Kontrolle über diese weitergehende Nutzung und mache die Durchsetzung ihres Vergütungsanspruchs unmöglich. Dies widerspräche dem urheberrechtlichen "Kernrecht" der Klägerin, von jeder Nutzung ihres Werkes zu profitieren, diametral.
Hiezu wurde erwogen:
Voranzustellen ist, dass im vorliegenden Fall österreichisches Sachrecht zur Anwendung gelangt, weil die Klägerin die Verletzung ihrer Verbreitungsrechte durch die Beklagte in Österreich vor österreichischen Gerichten geltend macht (§ 34 Abs 1 IPRG). Durch die Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (folgend: Computer-RL, abgedruckt in Dittrich, UrhR3 546 ff) wurden Computerprogramme (Art 1) programmatisch als literarische Werke im Sinne der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst definiert. In Umsetzung dieser RL sind Computerprogramme nach § 40a Abs 1 UrhG Werke (und zwar gemäß § 2 Z 1 UrhG Werke der Literatur) im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie - was im vorliegenden Fall nicht bezweifelt wurde - das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihrer Urheber (hier von Mitarbeitern der Klägerin) sind. Die Klägerin als - unbestrittenermaßen - Werknutzungsberechtigte hat gemäß § 16 UrhG das ausschließliche Recht, "Werkstücke" zu verbreiten.
Gemäß § 16 Abs 3 UrhG unterliegen - vorbehaltlich der §§ 16a (Vermieten und Verleihen) und 16b (Ausstellen) - dem Verbreitungsrecht Werkstücke nicht, die mit Einwilligung des Berechtigten durch Übertragung des Eigentums in Verkehr gebracht worden sind; ist aber die Einwilligung nur für ein bestimmtes Gebiet erteilt worden, so bleibt das Recht, die dort in Verkehr gebrachten Werkstücke außerhalb dieses Gebietes zu verbreiten, unberührt; diese Ausnahme gilt nicht für Werkstücke, die in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder der Europäischen Freihandelszone mit Einwilligung des Berechtigten in Verkehr gebracht worden sind.
Zur Auslegung dieser in § 16 Abs 3 dritter Halbsatz UrhG normierten Ausnahme (von der im zweiten Halbsatz dieser Bestimmung enthaltenen Ausnahme vom im ersten Halbsatz angeordneten [weltweiten] Erschöpfungsgrundsatz) ist Art 4 lit c der Computer-RL heranzuziehen, wo es heißt: "Vorbehaltlich der Bestimmungen der Art 5 und 6 [dort näher genannte Ausnahmen] umfassen die Ausschließlichkeitsrechte des Rechtsinhabers im Sinne des Art 2 (Urheberschaft am Programm; gemäß Abs 3: der Arbeitgeber, hier die Klägerin) das Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten (zustimmungsbedürftige Handlungen):
c) jede Form der öffentlichen Verbreitung des originalen Computerprogramms oder von Kopien davon einschließlich der Vermietung. Mit dem Erstverkauf einer Programmkopie in einem Vertragsstaat (ergänze: des Europäischen Wirtschaftsraums) durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich im Gebiet der Vertragsparteien (ergänze: des Europäischen Wirtschaftsraums) das Recht auf die Verbreitung dieser Kopie; ausgenommen hiervon ist jedoch das Recht auf Kontrolle und Weitervermietung des Programms oder einer Kopie davon."
Eine ausdrückliche Verankerung des Prinzips der ausschließlichen gemeinschaftsweiten Erschöpfung findet sich in Art 9 Abs 2 der Vermiet- und Verleih-RL (92/100/EWG des Rates vom zum Vermiet- und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums), wonach eine Erschöpfung des Verbreitungsrechts nur mit dem Erstverkauf des geschützten Gegenstands in der Gemeinschaft eintrete (Plöckinger, Zur Frage der Erschöpfung im Urheberrecht, MR 1999, 153 ff, insb 156 mwN in FN 35).
Im deutschen Urheberrechtsgesetz wurde Art 4 lit c der Computer-RL praktisch wörtlich übernommen. Während dies bei der allgemeinen Regelung des Verbreitungsrechts im § 17 Abs 2 dUrhG nur in der Formulierung zum Ausdruck kommt ("Sind das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes mit Zustimmung des zur Verbreitung Berechtigten im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Europäischen Wirtschaftsraums im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden, so ist ihre Weiterverbreitung mit Ausnahme der Vermietung zulässig"), heißt es bei der Regelung für Computerprogramme im § 69c dUrhG (zustimmungsbedürftige Handlungen):
"Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen
vorzunehmen oder zu gestatten: .... 3. jede Form der Verbreitung des
Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken,
einschließlich der Vermietung. Wird ein Vervielfältigungsstück eines
Computerprogramms mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der
Europäischen Union... im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht, so
erschöpft sich das Verbreitungsrecht in Bezug auf dieses Vervielfältigungsstück mit Ausnahme des Vermietrechts."
Während die deutsche Praxis zu § 17 Abs 2 dUrhG überwiegend der Auffassung zuneigt, die Zustimmung des Berechtigten könne auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaft (etwa zwischen Deutschland und Österreich) mit der Wirkung beschränkt werden, dass von einem nur auf Österreich beschränkten Nutzungsberechtigten in Deutschland in Verkehr gebrachte Werkstücke ohne Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebracht seien und weder in Deutschland noch in anderen Ländern weiter verbreitet werden dürften, während die von diesem Nutzungsberechtigten in Österreich in Verkehr gebrachten Werkstücke nach dem Prinzip der gemeinschaftsweiten Erschöpfung (weil mit Zustimmung des Berechtigten) innerhalb der gesamten Europäischen Union frei zirkulieren könnten (siehe hiezu Loewenheim in Schricker2, dUrhR § 17 Rz 46 mwN), vertritt der genannte Autor bei der Kommentierung des § 69c dUrhG (aaO § 69c Rz 20 ff; insbesondere 31
ff) die Ansicht, bei der europaweiten Erschöpfung des Verbreitungsrechts an einer Computerprogrammkopie handle es sich um zwingendes - unabdingbares - Recht, weshalb entgegenstehende Klauseln in Softwareüberlassungsverträgen, die eine Weiterveräußerung der überlassenen Software ausschlössen, allenfalls schuldrechtliche (inter partes wirkende), aber keine dingliche Wirkung (zugunsten des Urhebers bzw des Werknutzungsberechtigten) hätten (aaO Rz 32 mwN). Wird nun angemessen berücksichtigt, dass im Geschäftsverkehr im Zusammenhang mit Softwareüberlassungs- bzw -nutzungsverträgen der Rechtsbegriff "Kauf(vertrag)" in aller Regel vermieden und durch zahlreiche andere, teils unbenannte und nicht sehr kennzeichnende Vertragsbezeichnungen (Nutzungsüberlassung, Nutzungskauf, Lizenzvertrag ua) "ersetzt" wird, dass jedoch bei wirtschaftlicher Betrachtung des Geschäftsfalles dem Erwerber die zeitlich unbegrenzte Verfügungsmacht über das "Werkstück" (die Computerprogrammkopie bzw -Diskette) eingeräumt wird (vgl dazu Ertl in EDV & Recht 1994, 19 f; Blocher, Die Nutzung von Software, EDV & Recht 1992, 34 ff, 39 ff, 42 f), dann muss bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 16 Abs 3 UrhG eine derartige Softwareüberlassung, bei der das in der Software zum Ausdruck gelangte Computerprogramm als dessen "Vervielfältigungsstück, Kopie" also gleich einem Werkstück im Sinne des § 16 UrhG enthalten ist, durchaus als "Sachkauf" beurteilt werden. Der erkennende Senat hat bereits in der Entscheidung MR 1999, 343 (M. Walter) = ÖBl 2000, 133 (Kucska) - Roll up, die Verbreitungsrechte an einem Werbevideofilm betraf, ausgesprochen, dass das Verbreitungsrecht an einzelnen Werkexemplaren durch Eigentumsübertragung im In- oder Ausland mit Zustimmung des Berechtigten erlischt und ein Vorbehalt von Rechten für einzelne Mitgliedstaaten der EU nicht möglich ist (europaweite Erschöpfung). Dieser, der ständigen Rechtsprechung des EuGH (Nachweise bei Plöckinger, Zur Frage der Erschöpfung im Urheberrecht, MR 1999, 153 ff [FN 3] entsprechende, im § 16 Abs 3 UrhG verankerte "gemeinschaftsweite Erschöpfungsgrundsatz" (M. Walter aaO) findet gerade im vorliegenden Fall der Erstveräußerung der strittigen Software in Österreich im Verhältnis zum von der Klägerin beanspruchten Schutzland Bundesrepublik Deutchland nach dem Gesagten volle Anwendung.
Die Klägerin hatte - in Kenntnis der europäischen, deutschen und österreichischen Urheberrechtsnormen - bei der Erstverbreitung der über ihre Tochtergesellschaft in Österreich an die Beklagte weiterveräußerten Computerprogrammkopien bzw der gesamten dieses Programm enthaltenden Software ausreichend Gelegenheit, aber auch die letzte Möglichkeit, die kommerzielle Verwertung ihrer nunmehr verfolgten Verbreitungsrechte auszuschöpfen. Gerade darin bestand das sogenannte Kernrecht ihrer Verbreitungsrechte. Wurden nunmehr das fragliche Computerprogramm bzw deren Kopien und damit dieses als "Werkstück" im Sinn des § 16 Abs 3 UrhG von ihr bzw mit ihrer Zustimmung von ihrer österreichischen Tochtergesellschaft im Gebiet der Europäischen Gemeinschaft (nämlich in Österreich) erstmals an die Beklagte verkauft, dann wurde damit ihr Verbreitungsrecht hinsichtlich dieser "Werkstücke" im gesamten Gebiet der Europäischen Gemeinschaft erschöpft. Sie kann daher der Beklagten den Weitervertrieb solcher, von dieser in Österreich erworbenen Werkstücke in Deutschland nicht aufgrund ihres, gemäß § 16 Abs 3 UrhG erschöpften Verbreitungsrechtes untersagen.
Auf den in erster Instanz geltend gemachten Rechtsgrund eines Verstoßes ggen § 1 UWG kommt die Klägerin nicht mehr zurück, sodass darauf nicht einzugehen war.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.