zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 23.05.2007, 3Ob227/06p

OGH vom 23.05.2007, 3Ob227/06p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer sowie Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) Dr. Alois Tauchner, Rechtsanwalt, Ebreichsdorf, Bahnstraße 11, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren betreffend das Vermögen der Silvia A*****, AZ 4 S 7/04p des Bezirksgerichts Ebreichsdorf, 2.) S*****, vertreten durch Gruböck & Gruböck, Rechtsanwälte OEG in Baden, wider die verpflichtete Partei Silvia A*****, vertreten durch Dr. Susanne Schwarzenbacher, Rechtsanwältin in Wien, wegen kridamäßiger Versteigerung (zu 1.) und 36.340 EUR s.A. (zu 2.), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Peter Kaupa, Rechtsanwalt in Baden, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom , GZ 17 R 195/05f-31, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Ebreichsdorf vom , GZ 7 E 34/04k-25, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im Schuldenregulierungsverfahren betreffend die Verpflichtete meldete die Revisionsrekurswerberin, vertreten durch einen Rechtsanwalt, ihre Forderungen von 206.527,22 EUR an und beantragte deren Feststellung als Konkursforderung.

Die erstbetreibende Partei beantragte auf Grund des vollstreckbaren Versäumungsurteils des Landesgerichts Wiener Neustadt vom , AZ 19 Cg 63/03y, zur Hereinbringung ihrer Forderung von 36.340 EUR sA wider die Verpflichtete die Bewilligung der Zwangsversteigerung des der Verpflichteten gehörenden Hälfteanteils an einer Liegenschaft im Sprengel des Erstgerichts. Dieses bewilligte die Zwangsversteigerung am antragsgemäß. Am bewilligte das Erstgericht im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen der Verpflichteten die kridamäßige Versteigerung der der Verpflichteten gehörenden beiden Hälfteanteile der bereits erwähnten Liegenschaft, wobei es aussprach, dass dieses Versteigerungsverfahren hinsichtlich eines Hälfteanteils der erwähnten Liegenschaft ein Beitritt zum bereits vorher erwähnten Versteigerungsverfahren sei.

Mehrere Gläubiger meldeten im Versteigerungsverfahren ihre Forderungen an, die Revisionsrekurswerberin, zu deren Gunsten zwei Höchstbetragspfandrechte einverleibt sind, meldete ihre Forderungen hingegen nicht an. Sämtliche Zustellungen an diese Pfandgläubigerin erfolgten an sie und nicht an ihren im Schuldenregulierungsverfahren ausgewiesenen Rechtsfreund.

Das Erstgericht verteilte das Meistbot für die am um

132.500 EUR zugeschlagene Liegenschaft nach den Ergebnissen der Verteilungstagsatzung in der Weise, dass die Revisionsrekurswerberin die pfandrechtlich sichergestellte Forderung von einem Höchstbetrag von 79.213,39 EUR zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung zugewiesen erhielt, eine weitere sichergestellte Forderung in einem Höchstbetrag von 34.156,23 EUR zur teilweisen Berichtigung durch Barzahlung von 12.806,04 EUR. Weiters erhielt sie ihren Anteil am Meistbot entsprechende Fruktifikatszinsen.

Das Rekursgericht änderte über Rekurs der zweitbetreibenden Partei die Verteilung dahin ab, dass die Revisionsrekurswerberin lediglich 54.229,56 EUR zur teilweisen Berichtigung ihrer pfandrechtlich sichergestellten Forderung in einem Höchstbetrag von 79.213,39 EUR (samt entsprechend geringerer Fruktifikationszinsen) zugewiesen erhielt. Dieser Beschluss wurde der Revisionsrekurswerberin am zugestellt.

Den Antrag auf neuerliche Zustellung (ua) des Meistbotsverteilungsbeschlusses sowie der bezughabenden Rekursentscheidung vom wies das Erstgericht ab. Einem dagegen gerichteten Rekurs der Revisionsrekurswerberin gab das Rekursgericht nicht Folge.

Am gab die Revisionsrekurswerberin, vertreten durch ihren im Schuldenregulierungsverfahren, nicht aber in diesem Exekutionsverfahren ausgewiesenen Rechtsanwalt einen außerordentlichen Revisionsrekurs zur Post, mit dem sie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Meistbotsverteilungsbeschlusses anstrebt.

Der außerordentliche Revisionsrekurs ist verspätet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurswerberin vertritt die Ansicht, die Zustellung des rekursgerichtlichen Meistbotsverteilungsbeschlusses zu ihren eigenen Handen am sei wirkungslos gewesen, diese Zustellung hätte an ihren im Schuldenregulierungsverfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter erfolgen müssen. Dieser habe erst am eine Kopie des angefochtenen Beschlusses übernommen. Hat eine Partei für einen Rechtsstreit Prozessvollmacht erteilt, sind bis zur Aufhebung dieser Prozessvollmacht alle diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellungen an den namhaft gemachten Bevollmächtigten zu richten (§ 93 Abs 1 ZPO; hier iVm § 78 EO). Eine in Widerspruch zu § 93 EO bewirkte Zustellung ist wirkungslos (stRsp, zuletzt 3 Ob 87/04x; RIS-Justiz RS0036252).

Die Berechtigung zur Empfangnahme von Zustellungen erstreckt sich auch auf die mit dem Verfahren, in welchem die Bevollmächtigung erteilt wurde, unmittelbar zusammenhängenden Streitigkeiten, die vom gesetzlichen Umfang der einem Rechtsanwalt erteilten Prozessvollmacht gedeckt sind (3 Ob 190/98g, 8 Ob 20/03d = RdW 2004, 223 = JBl 2004, 588).

Beiden zitierten Entscheidungen, in welchen die Wirkung der Prozessvollmacht auf ein im Zusammenhang stehendes Verfahren erstreckt wurde, unterscheiden sich jedoch vom vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt. Zu AZ 3 Ob 190/98g hatte das Exekutionsgericht im Rahmen einer Zwangsversteigerung den Meistbotsverteilungsbeschluss an eine Pfandgläubigerin unmittelbar zugestellt, obwohl sich diese als betreibende Gläubigerin in diesem Verfahren durch einen ausgewiesenen Rechtsanwalt vertreten ließ. Die Vollmacht erstreckte sich nicht nur auf die Pfandgläubigerin als Betreibende, Zustellungen in diesem Exekutionsverfahren hatten daher jedenfalls an den ausgewiesenen Rechtsvertretern zu erfolgen. Der E 8 Ob 20/03d lag ein Konkursverfahren zugrunde, in dem der Masseverwalter eine Liegenschaft der Gemeinschuldnerin veräußerte und das Konkursgericht die Meistbotsverteilungstagsatzung anberaumte. Zu dieser lud es eine Pfandgläubigerin persönlich und nicht ihren im Konkursverfahren ausgewiesenen Rechtsvertreter. Auch diese Zustellung war als § 93 ZPO widersprechend und daher unwirksam zu beurteilen. Im vorliegenden Fall fand jedoch eine kridamäßige Versteigerung nach § 119 KO statt, nicht eine Veräußerung durch den Masseverwalter im Rahmen des Konkursverfahrens. Wenn auch das gemäß § 119 KO durchzuführende Verfahren kein reines Exekutionsverfahren ist, so hat die Durchführung der kridamäßigen Versteigerung einer Liegenschaft doch - abgesehen von den im § 119 KO angeführten Abweichungen - nach den Bestimmungen der EO über die Zwangsversteigerung zu erfolgen; es sind daher vom Exekutionsgericht alle für ein derartiges Versteigerungsverfahren erforderlichen Akte zu setzen (3 Ob 56/76 ua zuletzt 3 Ob 252/02h mwN; RIS-Justiz RS0065239). Die kridamäßige Versteigerung nach § 119 KO ist die gerichtliche Veräußerung einer zur Konkursmasse gehörigen Sache, insbesondere einer Liegenschaft (3 Ob 171/03y = SZ 2004/59 ua; RIS-Justiz RS0118937). Es handelt sich daher - anders als bei der konkursgerichtlichen Verteilung des Erlöses aus einem Verkauf einer gemeinschuldnerischen Liegenschaft durch den Masseverwalter - um ein im Verhältnis zum Konkurs-/Schuldnerregulierungsverfahren eigenständiges exekutionsrechtliches Verfahren. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der Auffassung des Rekursgerichts in seinem die Abweisung des Antrags auf neuerliche Zustellung (ua) des Meistbotsverteilungsbeschlusses bestätigenden Beschluss vom , GZ 17 R 251/06d-57, an, dass bei der Zustellung des Meistbotsverteilungsbeschlusses im Verfahren nach § 119 KO im Bezug auf das Konkurs-/Schuldnerregulierungsverfahren nicht von einer „diesen Rechtsstreit betreffenden Zustellung" iSd § 93 ZPO gesprochen werden kann.

Im Hinblick auf die wirksame Zustellung des angefochtenen rekursgerichtlichen Meistbotsverteilungsbeschlusses am ist der am zur Post gegebene außerordentliche Revisionsrekurs der Pfandgläubigerin verspätet und daher zurückzuweisen.