Suchen Hilfe
OGH vom 22.02.2017, 3Ob19/17s

OGH vom 22.02.2017, 3Ob19/17s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der S*****, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom , GZ 23 R 524/16f-105, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Tulln vom , GZ 10 P 72/13w-100, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Das Erstgericht genehmigte ua einen zwischen der Betroffenen, vertreten durch ihre Sachwalterin, und einem Dritten geschlossenen Kaufvertrag betreffend eine ihr gehörige Eigentumswohnung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betroffenen nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Die Rekursentscheidung wurde der Betroffenen am zugestellt.

Die Betroffene erhob einen am beim Erstgericht eingelangten und selbst verfassten „Einspruch“, der sich gegen die Genehmigung des Kaufvertrags richtet.

Das Erstgericht wertete diesen „Einspruch“ als außerordentlichen Revisionsrekurs und verfügte die Vorlage an den Obersten Gerichtshof.

Rechtliche Beurteilung

Diese Aktenvorlage entspricht nicht der Rechtslage:

1. Im Sachwalterbetreuungsverfahren steht der betroffenen Person, die des Gebrauchs der Vernunft nicht gänzlich beraubt und geschäftsunfähig ist, bei Uneinigkeit zwischen ihr und dem Sachwalter über eine Maßnahme, die der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts bedarf, ein eigenes Rekursrecht gegen eine dem Willen des Sachwalters folgende gerichtliche Entscheidung auch dann zu, wenn die bekämpfte Entscheidung in den Wirkungskreis des Sachwalters fällt (RIS-Justiz RS0053067 [T2]; 4 Ob 100/09y).

2. Gemäß § 6 Abs 2 AußStrG müssen sich die Parteien im Verfahren über die Sachwalterschaft im Revisionsrekursverfahren durch einen Rechtsanwalt oder Notar vertreten lassen. Anhaltspunkte dafür, dass die Betroffene offenkundig unfähig wäre, den Zweck einer Vollmachtserteilung zu erfassen, sind nicht zu erkennen (vgl RIS-Justiz RS0008539 [T11] mwN).

3. Der von der Betroffenen selbst verfasste und als Revisionsrekurs zu wertende „Einspruch“ ist daher dem Erstgericht zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens (§ 10 Abs 4 AußStrG) zurückzustellen. Gemäß § 65 Abs 3 Z 5 AußStrG bedarf der Revisionsrekurs der Unterschrift eines Rechtsanwalts oder Notars, und zwar in der in § 89c Abs 5 Z 1 und 2 GOG genannten Form. Falls die Verbesserung unterbleiben sollte, wäre das Rechtsmittel nach § 67 erster Satz AußStrG vom Erstgericht zurückzuweisen (RISJustiz RS0120077; zuletzt 4 Ob 177/16g).

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00019.17S.0222.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.

Fundstelle(n):
NAAAD-54742