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OGH vom 22.02.1994, 6Ob540/94

OGH vom 22.02.1994, 6Ob540/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj.Kindes *****, in Obsorge ihrer Mutter *****, vertreten durch Dr.Michael Gabler und Mag. Dr.Erich Gibel, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erhöhung des vom Vater *****, vertreten durch Dr.Johannes Fontanesi, Rechtsanwalt in Wien, gesetzlich geschuldeten Unterhaltes, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Kindes gegen den zum Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom , GZ 12 P 93/92-71, ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , AZ 47 R 466/93(ON 81), den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird stattgegeben; die angefochtene Rekursentscheidung und der erstinstanzliche Beschluß werden im Ausspruch über das Zinsenbegehren aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche Entscheidung über die für die Monate März bis Juli 1991 begehrten Monatsrestbeträge sowie eine Entscheidung über das Zinsenbegehren in Ansehung der aushaftenden Teilbeträge für die Monate August 1991 bis März 1993 aufgetragen.

Text

Begründung:

Das pflegebefohlene Mädchen kam am als eheliches Kind zur Welt. Die 1975 geschlossene Ehe der Eltern wurde im Januar 1988 gemäß § 55a EheG geschieden. Der pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vereinbarung der Eltern gemäß blieb das Kind in der alleinigen Obsorge der Mutter. Der Vater verpflichtete sich zu Unterhaltszahlungen für seine Tochter ab in der monatlichen Höhe von 5.670 S. Durch pflegschaftsgerichtlich genehmigten Vergleich der Eltern vom in einem zwischen ihnen geführten Rechtsstreit wurde die Verpflichtung des Vaters zu Unterhaltszahlungen für seine Tochter je nach der Erfüllung von Zahlungspflichten gegenüber der Mutter stufenweise auf 4.600 S und 3.500 S monatlich herabgesetzt.

Am langte beim Pflegschaftsgericht der Antrag des Kindes ein, die vom Vater gesetzlich geschuldeten monatlichen Unterhaltsbeträge rückwirkend ab auf 7.600 S zu erhöhen und ihn zur Zahlung eines Betrages von "19.400 S samt 4 % Zinsen ab Antragsdatum" (das ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem für die fünf Monate vom März bis Juli 1991 als angemessen erachteten Unterhalt von 5 x 7.600 S = 38.000 S und den tatsächlichen Zahlungen für diesen Zeitraum von 18.600 S) sowie zur Zahlung eines Betrages von 7.600 S zum Ersten eines jeden Monats im vorhinein für die Zeit ab zu verpflichten.

In Erweiterung des durch Zeitablauf bis dahin angewachsenen "Rückstandsbetrages", von dem jeweils ab Fälligkeit gesetzliche Zinsen begehrt werden, formulierte das Kind Mitte Februar 1993 mit Schriftsatz (ON 67) sein (Teil-)Begehren für die bis dahin verflossenen Unterhaltsperioden unter Berücksichtigung der Zahlungen für diese Zeiträume derart, daß der Vater schuldig erkannt werden möge, seiner Tochter zu Handen ihrer Mutter für den Zeitraum vom bis einen Unterhalt von 95.070 S samt 4 % Zinsen aus 4.100 S seit , aus 4.100 S seit , aus 4.100 S seit , aus 4.100 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 3.000 S seit , aus 5.200 S seit , aus 5.200 S seit , aus 3.900 S seit , aus 2.950 S seit , aus 3.420 S seit , aus

3.420 S seit , aus 3.420 S seit , aus

3.420 S seit , aus 3.420 S seit , aus 3.420 S seit , aus 3.420 S seit , aus 3.420 S seit und aus 3.420 S seit " zu bezahlen. Für die (vom damaligen Zeitpunkt aus betrachtet zukünftigen) Zeiten ab blieb das Antragsbegehren, den Vater zur Zahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von 7.600 S zu verpflichten, unverändert aufrecht.

Das Pflegschaftsgericht wies 1. das für die fünf Monate vor der Antragstellung (März bis Juli 1991) gestellte Unterhaltserhöhungsbegehren ab; gab 2. dem Unterhaltserhöhungsbegehren für die Zeit vom bis in der Form statt, daß es den Vater schuldig erkannte, zum Unterhalt seiner Tochter "anstatt des ihm mit Vergleich des Bezirksgerichtes Döbling vom auferlegten Unterhaltsbetrages von 3.500 S monatlich ab bis einen solchen von monatlich 7.600 S zu bezahlen" und gab 3. dem Unterhaltserhöhungsbegehren für die Zeit ab unter Abweisung eines monatlichen Mehrbegehrens von 1.700 S nur im monatlichen Teilbetrag von 2.400 S derart statt, daß es den Vater schuldig erkannte, zum Unterhalt seiner Tochter anstatt des ihm mit dem oben erwähnten Vergleich auferlegten Unterhaltsbetrages von 3.500 S monatlich einen solchen von 5.900 S zu bezahlen.

Über das gestaffelte Zinsenbegehren für die Unterhaltsperioden vom August 1991 bis März 1993 unterließ das Pflegschaftsgericht - möglicherweise weil es bei seiner Entscheidung den Antrag ON 67 übersehen hatte - jeden Ausspruch.

Der Vater ließ die Unterhaltserhöhung (auf monatlich 5.900 S) für die Zeit ab April 1992 ebenso unangefochten wie das Kind die Abweisung seines über diesen Monatsbetrag hinausgehenden Mehrbegehrens (von 1.700 S monatlich).

Der Vater focht aber die Erhöhung seiner monatlichen Unterhaltsverpflichtung von 3.500 S auf 7.600 S für die acht Unterhaltsperioden vom bis mit dem auf Abweisung des diesbezüglichen Erhöhungsantrages gerichteten Rekurs an.

Das Kind dagegen bemängelte in seinem Rekurs, daß das Pflegschaftsgericht über das abgestufte Zinsenbegehren (nach dem Erweiterungsantrag ON 67) nicht entschieden und das Erhöhungsbegehren für die fünf vor dem Antragstag gelegenen Monate (März bis Juli 1991) abgewiesen hatte.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise statt: Es beschränkte für die beiden Monate August und September 1991 die Erhöhung des monatlichen Unterhaltsbetrages auf 6.000 S und wies das monatliche Erhöhungsmehrbegehren (von 1.600 S) für diese beiden Unterhaltsperioden "sowie das Erhöhungsbegehren der Minderjährigen für die Zeit vom bis " gänzlich ab. Dies, wiewohl das Rekursgericht - zutreffend - in seinem Spruch festhielt, daß der erstinstanzliche Beschluß hinsichtlich der Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab auf monatlich 5.900 S als nicht in Beschwerde gezogen unberührt bleibe.

Das Rekursgericht gab auch dem Rekurs des Kindes teilweise statt und sprach zur Abweisung des Begehrens auf Zahlung eines (für den Zeitraum vom 1.März bis ) restlichen Unterhaltes von 19.400 S samt 4 % Zinsen ab (Punkt 3 des erstinstanzlichen Beschlusses) aus, daß die erstinstanzliche Entscheidung "hinsichtlich der Abweisung des Zinsenbegehrens bestätigt wird"; im übrigen faßte das Rekursgericht hinsichtlich der Abweisung des Antrages der Minderjährigen, den Vater für die Zeit vom 1. März bis zur Zahlung eines restlichen Betrages von 19.400 S zu verpflichten, einen Aufhebungsbeschluß (ohne diesbezüglich den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen).

Überdies hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß "im Zahlungsbefehl" (ohne Einschränkung) auf (was durch den Rechtsmittelantrag des Vaters nur für die acht Monate vom bis gedeckt erschien).

Das Kind ficht die Rekursentscheidung mit außerordentlichem Revisionsrekurs nach seiner Anfechtungserklärung insoweit an, als "die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens bestätigt" wurde, stellte aber den (weitergehenden) Rechtsmittelantrag, ihm "die mit Schriftsatz vom (= Rekurs ON 74) begehrten Zinsen sowie 4 % Zinsen von allen weiteren rückständigen Unterhaltsbeträgen zuzusprechen". Damit wird von der Anfechtung auch die spruchmäßige Nichterledigung der im Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung ausgeführten Rüge erfaßt, daß über das abgestufte Zinsenbegehren, wie es in ON 67 formuliert wurde, nicht entschieden worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine ausdrückliche Stellungnahme zur Verzinsung von Rückständen an gesetzlich geschuldetem Unterhalt fehlt.

Der Rekurs ist auch im Sinne des Aufhebungsantrages berechtigt.

Gesetzlicher Unterhalt wird, wenn er in Geld geschuldet ist, mangels abweichender Vereinbarung oder gerichtlicher Festsetzung gemäß § 1418 ABGB mit dem Beginn der monatlichen Unterhaltsperiode im vorhinein fällig.

Das gilt auch im Falle strittiger Höhe des angemessenen Unterhaltsbetrages. Die betragliche Festsetzung der jeweiligen monatlichen Unterhaltsschuld hat - entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Auffassung - mit der Fälligkeit nichts zu tun. (Für die erst nachträgliche - im gerichtlichen Verfahren - erfolgte Ausmittelung des jeweils angemessenen Unterhaltsbetrages gilt nichts anderes als etwa für die Bestimmung des ortsüblichen Entgeltes oder die Festsetzung eines eingeforderten Schmerzengeldes.)

Nichts anderes gilt aber auch im Falle einer (vom Antragstag aus betrachtet) rückwirkenden Unterhaltserhöhung, weil auch diese Unterhalts(mehr)beträge in der letztlich bestimmten gesetzlichen Höhe für jede Unterhaltsperiode im vorhinein fällig geworden sind.

Es fehlt jeder gesetzliche Anhaltspunkt dafür, Forderungen an gesetzlichem Unterhalt, die exekutionsrechtlich und erbrechtlich bevorzugt behandelt werden, im Verzugsfall gegenüber anderen Geldforderungen schlechter zu stellen und von der - dogmatisch wie immer begründeten - Verzinsungslast auszunehmen. In der Plenarentscheidung SZ 5/53 wurde die Besonderheit der Unterhaltsgeldforderung auch nicht zur Frage der Verzinsung, sondern nur zur Frage der Ersetzbarkeit eines dem Gläubiger durch den Schuldnerverzug erwachsenen Inflationsnachteils hervorgehoben und in diesem Zusammenhang die Wendung gebraucht, daß Unterhaltsforderungen keine (zu ergänzen: "gewöhnlichen") Geldforderungen seien. Mangels positiver Ausnahmeregelung aber auch jedes einsichtigen Grundes für eine einschränkende Gesetzesauslegung unterliegen - einmal in Geld gewandelte - Forderungen an gesetzlichem Unterhalt wie sonstige Geldforderungen der Verzugszinsenregelung nach den §§ 1333, 1334

ABGB.

Die Abweisung des Zinsenbegehrens für die Beträge, die für die Monate März bis Juli 1991 gefordert werden, erfolgte nach der dargelegten Rechtsansicht zu Unrecht. Die entsprechenden Aussprüche sind aufzuheben. Über den Zinsenanspruch wird erst im Zusammenhang mit dem Rückstandsbegehren selbst entschieden werden können. Der entsprechende Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes gilt daher in dem Sinn als erweitert, daß mit der Entscheidung über die begehrten Rückstände auch über die begehrten Zinsen zu entscheiden sein wird.

Gleiches gilt für die - unangefochten gebliebene - Aufhebung des Zahlungsbefehls nach Punkt 1 des erstinstanzlichen Beschlusses. Das Pflegschaftsgericht unterließ eine Entscheidung im Zinsenpunkt, das Rekursgericht hat die diesbezügliche Rüge des Kindes spruchmäßig nicht berücksichtigt. Dies wurde von der Anfechtung, wie bereits dargelegt, miterfaßt. Eine Entscheidung über die Nebenforderung an Verzugszinsen ist nur im Zusammenhang mit der Formulierung des Leistungsbefehles möglich. Auch darauf wird das Pflegschaftsgericht bei der ihm vom Rekursgericht auferlegten neuerlichen Entscheidung Bedacht zu nehmen haben.