OGH vom 18.02.2015, 3Ob226/14b
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek und die Hofräte Univ. Prof. Dr. Neumayr, Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Kinder A*****, und V*****, beide vertreten durch die obsorgeberechtigte Mutter A*****, vertreten durch Dr. Ingrid Türk, Rechtsanwältin in Lienz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters S*****, Italien, vertreten durch Gradischnig Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in Villach, gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 3 R 164/14y 154, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Hermagor vom , GZ 1 PS 31/13y 149, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Entscheidung, ob und inwieweit einem Elternteil ein Kontaktrecht eingeräumt wird, ist eine solche des Einzelfalls, der keine erhebliche Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zuerkannt werden kann, wenn durch die Entscheidung nicht leitende Grundsätze der Rechtsprechung verletzt wurden (vgl etwa RIS Justiz RS0087024). Dasselbe gilt für die Entziehung beziehungsweise Aussetzung des Kontaktrechts (RIS Justiz RS0097114 [T6, T 8 und T 17]). Ausschlaggebend ist die Orientierung am Kindeswohl (RIS Justiz RS0087024); im Konfliktfall hat das Interesse des Elternteils gegenüber dem Wohl des Kindes zurückzutreten (siehe schon RIS Justiz RS0047958 [T3]).
Bei der Entscheidung, ob und inwieweit einem Elternteil ein Kontaktrecht eingeräumt wird, hat das Gericht einen Ermessensspielraum (RIS Justiz RS0097114). In einem solchen Fall ist der Revisionsrekurs nur im Fall einer (eklatanten) Überschreitung des Ermessensspielraums zulässig (RIS Justiz RS0044088).
Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor, haben doch die Vorinstanzen auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens nachvollziehbar dargelegt, warum die Festlegung eines Kontaktrechts des Vaters unter den gegebenen besonderen Umständen dem Wohl der Kinder widerspricht, insbesondere auch im Hinblick auf die Unmöglichkeit einer verbalen Kommunikation wegen der Sprachbarriere.
2. Das im außerordentlichen Revisionsrekurs angesprochene Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu das Kontaktrecht betreffenden Bestimmungen des ABGB in der Fassung des KindNamRÄG 2013 ist irrelevant, weil es durch die Novelle zu keinen für diese Entscheidung maßgebenden inhaltlichen Änderungen gekommen ist (vgl die neu zu RIS Justiz RS0097114 indizierte Rechtsprechung, etwa 1 Ob 94/14a).
3. Das Rekursgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum es hier nicht der Heranziehung der Familiengerichtshilfe bedurfte: Gemäß § 106b AußStrG kann das Gericht in Verfahren zur Regelung oder zwangsweisen Durchsetzung des Rechts auf persönliche Kontakte die Familiengerichtshilfe als Besuchsmittler einsetzen. Als solcher hat sie sich mit den Eltern über die konkrete Ausübung der persönlichen Kontakte zu verständigen und bei Konflikten zwischen diesen zu vermitteln. Sie hat das Recht, bei der Vorbereitung der persönlichen Kontakte zu dem Elternteil, der mit dem Kind nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, bei der Übergabe des Kindes an diesen und bei der Rückgabe des Kindes durch diesen anwesend zu sein.
Wenn jedoch ein persönlicher Kontakt der Kinder zum Vater derzeit dem Kindeswohl widerspricht, ist es auch nicht angezeigt, die Familiengerichtshilfe zum Zweck einer Besuchsmittlung einzuschalten.
4. Im Hinblick auf die Einzelfallbezogenheit der Entscheidung und die Vertretbarkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichts ist der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00226.14B.0218.000