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OGH vom 25.01.1984, 3Ob18/84

OGH vom 25.01.1984, 3Ob18/84

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien Elisabeth und Friedrich W*****, vertreten durch Dr. Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wider die verpflichtete Partei Hubert T*****, vertreten durch Dr. Michael Mohn, Rechtsanwalt in Wien, wegen zwangsweiser Räumung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 41 R 599/83-13, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom , GZ 2 C 102/80-10, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen und der verpflichteten Partei binnen 14 Tagen die mit 2.552,77 S (darin keine Barauslagen und 189,09 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen.

Die Revisionsrekursbeantwortung wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Nach dem Versäumungsurteil des Bezirksgerichts Klosterneuburg vom , GZ 2 C 102/80-4, hat der Verpflichtete die von ihm im Hause K***** benützten Bestandobjekte, und zwar von dem auf dem Grundstück ***** errichteten einstöckigen Werkstättenbau die ganze Erdgeschossfläche und die restliche Fläche im ersten Stock, den daran anschließenden ebenerdigen kleinen Werkstättenbau, das daran anschließende „S*****“ (wohl S*****) und einen offenen Schuppen sowie die östliche Hälfte des Gartens samt Klosett und die Zufahrt zu den Zugangswegen dieser Mietobjekte binnen 14 Tagen von eigenen Fahrnissen zu räumen und geräumt den betreibenden Parteien zur ungeteilten Hand zu übergeben.

Dieses Versäumungsurteil, das über ein auf § 1118 ABGB gestütztes Räumungsbegehren absprach, wurde in Gegenwart des Klägers verkündet und den Parteien am zugestellt, blieb aber unbekämpft, sodass die Leistungsfrist nach § 409 Abs 3 ZPO am ablief.

Da es sich bei dem Mietgegenstand nicht um Wohn-, sondern um Geschäftsräume handelt, wurde die 14-tägige Frist, mit deren Ablauf gemäß § 575 Abs 3 ZPO in der damals noch geltenden Fassung Exekutionstitel auf Räumung außer Kraft traten, nicht nach § 41 des damals noch geltenden Mietengesetzes um sechs Monate verlängert.

Die Räumungsexekution wäre daher binnen 14 Tagen nach Ablauf der Räumungsfrist, also bis , zu beantragen gewesen.

Im Zeitpunkt des Einlangens des Räumungsexekutionsantrags der betreibenden Parteien beim Titelgericht am war daher der Räumungstitel bereits außer Kraft getreten.

Dieser Umstand wäre vom Titelgericht von Amts wegen wahrzunehmen gewesen (Fasching IV 694; Heller-Berger-Stix III 2489, die dort zitierte Judikatur sowie MietSlg 25.579).

Dennoch wurde die Räumung vom Titelgericht am bewilligt und auf den festgesetzt.

Die bewilligte Räumung wurde jedoch nicht vollzogen, weil nur der Verpflichtete erschienen war.

Am beantragten die betreibenden Parteien den neuerlichen Vollzug der Exekution, der am bewilligt wurde. Der Räumungstermin wurde für den festgesetzt.

Mit Schreiben vom ersuchte die zweitbetreibende Partei unter Bezugnahme auf ein am mit dem Gerichtsvollzieher geführtes Telefongespräch um Abstandnahme vom Vollzug der zwangsweisen Räumung.

In einem Aktenvermerk des Gerichtsvollziehers vom ist festgehalten, dass der Vertreter der betreibenden Partei nach telefonischer Rücksprache vom Vollzug Abstand genommen habe. Unter der angeführten Adresse habe der Verpflichtete „keine persönliche Gewahrsame“. P***** GesmbH sei dort etabliert.

Daraufhin wurde „Akt ablegen“ verfügt.

Am beantragten die betreibenden Parteien wiederum den neuerlichen Vollzug, weil der Verpflichtete an der gegenständlichen Adresse „wiederum“ Gewahrsame habe.

Das Erstgericht wies diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die betreibende Parteien auf den Vollzug verzichtet hätten.

Das Gericht zweiter Instanz änderte diesen Beschluss dahin ab, dass es zur Durchführung der mit Beschluss vom bewilligten Exekution durch zwangsweise Räumung den Vollzug neuerlich anordnete. Das Rekursgericht ging - ohne dies zu begründen - davon aus, dass die Räumungsexekution innerhalb der Frist des § 575 Abs 3 ZPO beantragt worden sei, weshalb der Räumungstitel innerhalb von 30 Jahren vollstreckt werden könne, wenn nicht aufgrund des Verhaltens der betreibenden Parteien ein Verzicht angenommen werden müsse. Ob ein solcher vorliege, könne nicht im Exekutionsverfahren, sondern nur im Prozessweg geprüft werden.

Mit der Begründung, dass diese Entscheidung der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs und des Gerichts zweiter Instanz folge, erklärte dieses den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für nicht zulässig.

Dagegen richtet sich der auf Wiederherstellung der Entscheidung des Gerichts erster Instanz gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten.

Der mit einem Aufschiebungsantrag verbundene außerordentliche Revisionsrekurs wurde den betreibenden Parteien am zugestellt, die dagegen eine „Revisionbeantwortung“, gemeint wohl „Revisionsrekursbeantwortung“ erstatteten, die am beim Erstgericht einlangte und vermutlich am zur Post gegeben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekursbeantwortung war zurückzuweisen.

Der die Rekursbeantwortung behandelnde § 521a ZPO ist keine allgemeine Bestimmung über das Rechtsmittel des Rekurses, sondern bezieht sich nur auf wenige bestimmte Beschlüsse des Streitverfahrens, sodass er im Exekutionsverfahren nicht nach § 78 EO anzuwenden ist. Nur wenn das Verfahren einen Rekurs gegen einen Beschluss über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, über einen Widerspruch nach § 397 EO oder über einen Antrag auf Einschränkung oder Aufhebung einer einstweiligen Verfügung zum Gegenstand hat, ist nach § 402 Abs 1 EO der § 521a ZPO sinngemäß anzuwenden, wobei die Frist für den Rekurs und dessen Beantwortung 14 Tage beträgt.

Die im außerordentlichen Revisionsrekurs aufgeworfene Frage, ob das dem letzten Antrag auf neuerlichen Vollzug der Räumungsexekution vorangegangene aktenkundige Verhalten der betreibenden Parteien die Abweisung dieses Antrags rechtfertigt, stellt eine Rechtsfrage des Verfahrensrechts dar, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtssicherheit erhebliche Bedeutung zukommt. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher zulässig (§ 78 EO,§§ 528 Abs 2 und 502 Abs 4 Z 1 ZPO).

Das Rechtsmittel ist auch begründet.

Mit Schreiben vom ersuchte die zweitbetreibende Partei das Exekutionsgericht um Abstandnahme vom Vollzug der zwangsweisen Räumung. Der Vertreter beider betreibenden Parteien nahm am vom Vollzug der zwangsweisen Räumung Abstand.

Darin liegt eine Abstandnahme von der Fortsetzung des Exekutionsverfahrens iSd § 39 Abs 1 Z 6 EO, die vom Erstgericht schon damals nicht mit bloßer „Ablage“ des Aktes, sondern mit einem entsprechenden Einstellungsbeschluss zu beantworten gewesen wäre.

Aus dem zitierten Aktenvermerk des Gerichtsvollziehers vom im Zusammenhalt mit der Begründung des Antrags auf neuerlichen Vollzug vom geht auch der Grund der seinerzeitigen Abstandnahme von der Fortsetzung des Räumungsexekutionsverfahrens hervor, der darin lag, dass der Verpflichtete im Juli 1982 keine Gewahrsame an den früheren Bestandobjekten mehr hatte, also diese vor dem neuerlichen Räumungstermin selbst geräumt hatte. Damit wurde das Räumungsverfahren praktisch beendet, sodass für seine Fortsetzung kein Platz mehr ist.

Deshalb und wegen der einmal dem Gericht gegenüber erklärten Abstandnahme der betreibenden Gläubiger von der Fortsetzung des Räumungsverfahrens wurde der späterer Antrag auf neuerlichen Vollzug der Räumungsexekution vom Erstgericht mit Recht abgewiesen.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

Nach den gemäß § 78 EO auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden §§ 40, 41 und 50 ZPO haben die betreibenden Gläubiger die Kosten ihres im Ergebnis erfolglosen Rekurses selbst zu tragen und dem Verpflichteten die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten des Revisionsrekurses zu ersetzen. Die verzeichnete Eingabengebühr für den Revisionsrekurs war jedoch nicht zu ersetzen, weil Eingaben des Verpflichteten im Exekutionsverfahren nach Anmerkung 4 lit f zu Tarifpost 1 GJGebGes 1962 gebührenfrei sind.

Fundstelle(n):
SAAAD-54574