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OGH vom 13.10.2009, 5Ob211/09d

OGH vom 13.10.2009, 5Ob211/09d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Glawischnig, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ferdinand K*****, vertreten durch Dr. Siegfried Rack und Mag. Gottfried Tazol, Rechtsanwälte in Völkermarkt, gegen die beklagte Partei V***** A***** H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf, Dr. Gernot Murko und Mag. Christian Bauer, Rechtsanwälte in Klagenfurt, und deren Nebenintervenienten Anton S*****, vertreten durch Mag. Dr. Maximilian Motschiunig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung (Streitwert 4.000 EUR) und Zustimmung zur Einverleibung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 152/08k-36, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Klarzustellen ist zunächst, dass sich der Anwendungsbereich des § 468 Abs 2 ZPO (iVm § 473a ZPO) nicht auf Feststellungsmängel, sondern (nur) auf primäre Verfahrensmängel und unrichtige Tatsachenfeststellungen erstreckt (3 Ob 367/97k = EvBl 1998/166, 740 = MietSlg 50.764/16; 1 Ob 124/01v = MietSlg 53.739; RIS-Justiz RS0115460; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 107).

Der Kläger bezeichnet zwar den geltend gemachten Revisionsgrund als „unrichtige Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung", er strebt aber inhaltlich die im Ersturteil nicht enthaltene Tatsachenannahme an, den nach den Feststellungen zwischen den Streitteilen in den Jahren 1965 und 1966 abgeschlossenen Pachtverträgen fehlte die aufgrund der damaligen Minderjährigkeit des Klägers notwendige pflegschaftsgerichtliche Genehmigung. In diesem Punkt kann aber den Urteilen der Vorinstanzen schon deshalb kein Feststellungsmangel anhaften, weil dazu keine erstinstanzlichen Prozessbehauptungen des Klägers vorliegen (1 Ob 163/98x mwN). Das erstmals in der außerordentlichen Revision behauptete Fehlen einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung muss an dem im Revisionsverfahren geltenden Neuerungsverbot scheitern (vgl RIS-Justiz RS0037612).

Auszugehen ist von den maßgeblichen Feststellungen, wonach nach Ablauf der schriftlichen und jeweils auf ein Jahr befristeten Pachtverträge die Nutzung durch die Erbengemeinschaft unverändert weitergeführt wurde, was der Liegenschaftseigentümerin auch erkennbar war. Diese Nutzung erfolgte durch mehr als 30 Jahre - und auch über viele Jahre nach Volljährigkeit des Klägers - in derselben Form, wobei sowohl Grundeigentümer als auch Grundstücksnutzer die Fortführung der bisherigen Nutzung als gemeinsamen Vorteil ansahen. Dass dadurch das Bestandverhältnis nicht endete, ergibt sich schon aus § 1114 Satz 3 ABGB. Eine stillschweigende Erneuerung des Pachtvertrags (zu den nämlichen Bedingungen: § 1115 ABGB jeweils auf ein Jahr) findet nämlich dann statt, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen und der Bestandgeber es dabei bewenden lässt. Auch dass dieser Zustand 30 oder 40 Jahre andauerte, berechtigte den Kläger zufolge § 319 ABGB nicht, den rechtsgeschäftlichen Grund der Gewahrsame eigenmächtig zu ändern.

Lehre und Rechtsprechung stimmen schließlich darin überein, dass Sachen, an denen dem Berechtigten die Gewahrsame rechtsgeschäftlich überlassen wurde, nicht ersessen werden können (vgl RIS-Justiz RS0034095; M. Bydlinski in Rummel3 § 1462 ABGB Rz 1; Klang in Klang² VI 580); dies gilt insbesondere auch für Dienstbarkeiten (vgl 5 Ob 77/71 = SZ 44/41; 6 Ob 604/86 = EvBl 1987/134). Rechtsgeschäftliche Überlassung eines Gebrauchsrechts kann deshalb nicht zu der - hier vom Kläger angestrebten - Ersitzung führen, weil es dann außer am Ersitzungsbesitz auch an der Redlichkeit fehlt (5 Ob 77/71 = SZ 44/41; 6 Ob 32/06h; RIS-Justiz RS0034095; zur Wissenzurechnung über den gesetzlichen Vertreter s RIS-Justiz RS0114517). Daran würde selbst der Umstand nichts ändern, dass derjenige, der die Ersitzung anstrebt, zwischendurch einen eigenen Besitzwillen gefasst hat (vgl 1 Ob 18/83 = SZ 56/111; vgl auch M. Bydlinski in Rummel3 § 1462 ABGB Rz 1). Es ist also durch höchstgerichtliche Rechtsprechung eindeutig geklärt, dass eine Ersitzung einer inhaltsgleichen Servitut bei Ausübung eines schuldrechtlichen Gebrauchsrechts, hier eines Bestandrechts - auch in der Frist des § 1477 ABGB - nicht stattfinden kann (vgl RIS-Justiz RS0034095).

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der dargelegten Rechtslage und dazu ergangener Rechtsprechung die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit durch den Kläger verneint. Das hatte zur Zurückweisung der außerordentlichen Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zu führen.