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OGH vom 16.04.2013, 3Ob18/13p

OGH vom 16.04.2013, 3Ob18/13p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Wirleitner Oberlindober Niedermayr Gursch, Rechtsanwälte in Steyr, gegen die beklagten Parteien 1. mj J*****, und 2. mj C*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Christian Hadeyer, Rechtsanwalt in Linz, als bestellter Kollisionskurator, wegen Zustimmung zur zwangsweisen Pfandrechtsbegründung und Zwangsversteigerung (38.577,16 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 118/12x 68, womit über Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 5 Cg 244/09s 62, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin hat aufgrund eines Versäumungsurteils aus dem Jahr 1984 eine vollstreckbare Forderung von 38.577,16 EUR sA gegen H*****, den Vater der beiden minderjährigen Beklagten (im Folgenden „Vater“).

Der Vater ist Hälfteeigentümer einer im März 2005 erworbenen Liegenschaft, auf der ein zur Gänze fremdfinanziertes Haus errichtet wurde; zur Besicherung der finanzierenden Banken wurden (Höchstbetrags )Pfandrechte über insgesamt 403.000 EUR eingetragen. Der Vater wollte im Rang nach diesen Pfandrechten ein Belastungs und Veräußerungsverbot eintragen lassen. Am schlossen der Vater und die beiden Beklagten, diese vertreten durch ihre Urgroßmutter als Kollisionskuratorin, eine Vereinbarung über ein Belastungs und Veräußerungsverbot; die Vereinbarung wurde am pflegschaftsgerichtlich genehmigt, worauf das Verbot am einverleibt wurde. Das Belastungs und Veräußerungsverbot wurde deshalb erst nachträglich vereinbart und eingetragen, damit zuvor die Pfandrechte im Zusammenhang mit der Finanzierung des auf der Liegenschaft errichteten Hauses ohne Zustimmung des Pflegschaftsgerichts eingetragen werden konnten.

Das Erstgericht gab der auf die Verpflichtung der Beklagten zur Zustimmung, dass trotz des zu ihren Gunsten einverleibten Belastungs und Veräußerungsverbots ob der Liegenschaftshälfte des Vaters zugunsten der Klägerin ein Zwangspfandrecht begründet und die Liegenschaftshälfte im Weg der Zwangsversteigerung veräußert werden darf, gerichteten Klage im zweiten Rechtsgang statt (im ersten Rechtsgang hatte es die Klage wegen fehlender Befriedigungstauglichkeit abgewiesen).

Nach den Feststellungen des Erstgerichts verfolgte der Vater mit der Eintragung eines Belastungs und Veräußerungsverbots die Absicht, weiteren Gläubigern einen Zugriff in Form der Eintragung eines Pfandrechts und in Form einer Zwangsversteigerung der Liegenschaftshälfte zu verwehren. Der für den Abschluss der Vereinbarung als Kollisionskuratorin bestellten Urgroßmutter war der Umstand, dass der Vater weitere Gläubiger hatte, bekannt. Ihr war auch bekannt, dass das Belastungs und Veräußerungsverbot ausschließlich zu dem Zweck vereinbart werden sollte, damit diese weiteren Gläubiger keinen Zugriff auf die Liegenschaftshälfte des Vaters haben sollten. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, ob im Fall einer Versteigerung der Liegenschaftshälfte des Vaters nach Tilgung der diesen treffenden Darlehensverpflichtungen ein Überschuss zur (teilweisen) Tilgung der Forderung der Klägerin verbleiben würde.

In der rechtlichen Beurteilung bejahte das Erstgericht die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 2 Z 1 AnfO.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Den Entscheidungsgegenstand bewertete es mit 30.000 EUR übersteigend; die Revision ließ es mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu.

Das Berufungsgericht verneinte eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, übernahm die Feststellungen und bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts.

In ihrer außerordentlichen Revision bringen die Beklagten zusammengefasst vor, dass die Befriedigungstauglichkeit von der Klägerin zu behaupten und zu beweisen sei. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts sei die Frage der Befriedigungstauglichkeit im ersten Rechtsgang nicht abschließend erledigt worden. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass Befriedigungstauglichkeit und Benachteiligungsabsicht vorlägen, sei falsch.

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dargestellt.

Rechtliche Beurteilung

1. Ein von der zweiten Instanz verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz kann im Rechtsmittel an die dritte Instanz von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen nicht mehr aufgegriffen werden.

2. Ob Benachteiligungsabsicht und deren Kenntnis durch die Vertreterin der Beklagten vorlag, gehört zum irrevisiblen Tatsachenbereich (RIS Justiz RS0064178). Der Oberste Gerichtshof ist an die Feststellungen gebunden, dass der Vater mit der Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbots die Absicht verfolgt habe, weiteren Gläubigern einen Zugriff auf die Liegenschaftshälfte zu verwehren, und dass die Kollisionskuratorin von dieser Absicht Kenntnis gehabt habe.

3. Auch bei Anfechtung eines vertraglichen Belastungs und Veräußerungsverbots muss die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung vorliegen (anstatt vieler 10 Ob 1586/95). Die Anfechtung ist befriedigungstauglich, wenn sie die Befriedigungsaussichten des Anfechtungsklägers zu fördern imstande ist (RIS Justiz RS0050591 [T4]), dies wegen der Eignung der Anfechtung, die Befriedigung des Gläubigers zu erleichtern oder zu beschleunigen (1 Ob 10/01d; 2 Ob 95/05t). Es genügt schon, dass die damit bewirkte Verbesserung der Befriedigungsaussichten des Gläubigers wahrscheinlich ist (1 Ob 617/93 = SZ 66/149; RIS Justiz RS0050591 [T3]; RS0064645 [T1]). Daher ist grundsätzlich jede Erweiterung der Möglichkeiten des Gläubigers zum Zugriff auf Vermögen des Schuldners aufs Erste als befriedigungstauglich zu qualifizieren (vgl RIS Justiz RS0050483 [T1]; 3 Ob 216/10a). Im Zweifel ist zugunsten der Anfechtung zu entscheiden (RIS Justiz RS0050667 [T2]; zuletzt 3 Ob 207/12f). Gerade bei der Beseitigung der Wirkungen eines Belastungs und Veräußerungsverbots liegt der Schluss auf die Befriedigungstauglichkeit nahe, wird doch auf diese Weise der Zugriff auf das Liegenschaftseigentum des Schuldners überhaupt erst möglich. Hat der Anfechtungskläger einen solchen Sachverhalt dargetan, ist er damit dem ihm obliegenden Beweis der wahrscheinlichen Verbesserung seiner Befriedigungsaussichten nachgekommen (RIS Justiz RS0086614). Es liegt dann am Anfechtungsgegner, Tatsachen zu behaupten, aufgrund derer die Anfechtung aus besonderen Gründen dennoch nicht befriedigungstauglich ist, und diese Tatsachen unter Beweis zu stellen.

Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass sich die vom Erstgericht getroffene Negativfeststellung zur Frage der Befriedigungs (un )tauglichkeit zu Lasten der Beklagten auswirkt, entspricht der dargestellten höchstgerichtlichen Rechtsprechung: Nachdem die Klägerin dargelegt hat, dass ihr durch das zugunsten der Beklagten eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot jeglicher Zugriff auf die Liegenschaft des Schuldners verwehrt ist, wäre es an den Beklagten gelegen, den Nachweis zu führen, warum die Anfechtung entgegen des dargestellten Anscheins doch nicht befriedigungstauglich ist. Dieser Nachweis wurde angesichts der Negativfeststellung nicht erbracht.

4. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision der beklagten Parteien als unzulässig zurückzuweisen.