OGH vom 15.12.1992, 4Ob553/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Julius P*****, vertreten durch Dr.Gerald Kleinschuster und andere Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Hermann Anton W***** und 2. S***** GmbH, ***** beide vertreten durch Dr.Hans Peter Benischke und Dr.Edwin Anton Payr, Rechtsanwälte in Graz, wegen S
105.180 sA, infolge außerordentlicher Revision der Zweitbeklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 282/91-22, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz vom , GZ 12 Cg 27/90-15, hinsichtlich der Zweitbeklagten abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Zweitbeklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 6.789,60 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 1.131,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die gemeinnützige Alpenländische Gesellschaft für Wohnungsbau und Siedlungswesen mbH (GWS) errichtete als Werkunternehmerin der Universität Graz (AS 148) das Institutsgebäude III dieser Universität. Sie beauftragte die Zweitbeklagte mit der Lieferung und Montage der Stahlkonstruktion für dieses Gebäude. Mit den Baumeisterarbeiten war eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus der Bauunternehmung Dipl.Ing.E.F***** GmbH KG und der P***** Bau-GmbH & Co KG betraut; den für die Hebearbeiten erforderlichen Kran stellte die P***** Bau-GmbH & Co KG zur Verfügung. Da die Zweitbeklagte auf der Baustelle keinen eigenen Kran zur Verfügung hatte, benützte sie mit Zustimmung des Poliers der Arbeitsgemeinschaft nach jeweiliger Absprache deren Kran gegen Entgelt. Am ereignete sich bei solchen Hebearbeiten ein Unfall. Der Erstbeklagte, welcher bei der Zweitbeklagten als Schlosserhelfer beschäftigt war, befestigte in deren Auftrag am Kranhaken ein 500 kg schweres Schutzgitter. Dieses löste sich aus seiner Verankerung und stürzte auf den Parkplatz neben der Baustelle. Hiebei wurde ein Universitätsbediensteter verletzt; am PKW des Klägers, welcher ebenfalls Universitätsbediensteter ist, entstand Totalschaden. Der Erstbeklagte wurde wegen dieses Unfalls mit Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz vom gemäß § 88 Abs 1 und Abs 4 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt.
Der Kläger begehrte zuletzt vom Erstbeklagten S 103.180 sA (PKW Totalschaden von S 103.000 abzüglich Wrackwert, Anmeldekosten für ein neues Fahrzeug, Kreditkosten, abzüglich eines Zuspruchs von S 1.000 im Strafverfahren) und von der Zweitbeklagten S 104.180 sA (hievon 103.180 zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten). Die Zweitbeklagte habe als Arbeitgeberin für ihren habituell untüchtigen Besorgungsgehilfen gemäß § 1315 ABGB einzustehen. Da der Kläger Angehöriger der Universität Graz sei, zu der die Zweitbeklagte als Auftragnehmerin in vertraglicher Beziehung stehe, hafte sie für den Schaden auch nach § 1313a ABGB, weil dieser Vertrag Schutzwirkungen zugunsten des Klägers entfalte.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Der Unfall habe sich nicht in der Sphäre der Zweitbeklagten, sondern im Bereich der mit der Ausführung der Baumeisterarbeiten beauftragten Arbeitsgemeinschaft abgespielt; daran ändere auch nichts, daß Arbeitnehmer der Zweitbeklagten als Hilfspersonen der Arbeitsgemeinschaft verwendet worden seien. Die Zweitbeklagte stehe nur zur GWS, nicht aber zur Universität Graz in unmittelbaren vertraglichen Beziehungen. Der Kläger habe sein Fahrzeug auf öffentlichem Grund abgestellt. Ein Naheverhältnis des Klägers zu den Bauarbeiten auf dem Universitätsgelände bestehe nicht. Wegen eines einmaligen Versehens sei der Erstbeklagte nicht habituell untüchtig im Sinne des § 1315 ABGB. Den Kläger treffe ein Mitverschulden, weil er sein Fahrzeug auf einem Parkplatz im Schwenkbereich des Krans abgestellt habe, obwohl er wissen mußte, daß dort auf längere Zeit eine Baustelle eingerichtet war.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegen den Erstbeklagten - insoweit rechtskräftig - statt und wies das Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte ab. Es traf folgende weitere Feststellungen:
Am war der Kranführer Johann K***** für die Zweitbeklagte tätig. Er sollte eine Stahlrahmenkonstruktion mit einem Gewicht von rund 500 kg mit dem Kran aufheben. Der Erstbeklagte befestigte die Konstruktion am Kran an vier Punkten, und zwar an zwei Stellen mit Gurten am Stahlrahmen und an zwei weiteren Stellen mit Ketten und Karabinern nur am Gittergeflecht. Hiebei unterlief ihm ein entscheidende Fehler, weil das Stahlgitter zu schwach war, um die Last der Konstruktion ordnungsgemäß auf die Karabiner zu übertragen. Beim Anheben der Last versagten zuerst die Befestigung an einem Karabiner und dann auf Grund der Überlastung auch die zweite Befestigung; in der Folge schnellte die unbelastete Kette nach. Wegen der dadurch verursachten Pendelbewegung rutschten die Gurten aus dem Kranhaken. Die Last wurde frei und fiel auf den PKW des Klägers.
Das Fahrzeug des Klägers stand außerhalb der eingezäunten Baustelle auf einem öffentlichen, nicht abgesperrten Parkplatz. Der Zweitbeklagte entlud ihren PKW von dort aus, weil das Fahrzeug wegen der Größe nicht in den Baustellenbereich einfahren konnte. Der Kran mußte daher über den eingezäunten Bereich hinausschwenken.
Das Erstgericht war der Ansicht, daß zwischen der Zweitbeklagten und der Firma P***** (über die gelegentliche Benützung des Krans) kein Mietvertrag, sondern ein Werkvertrag zustande gekommen sei. Für das Heben der Lasten sei allein der Kranführer verantwortlich gewesen, während die Befestigung der Last durch den Erstbeklagten nur eine untergeordnete Hilfstätigkeit gewesen sei. Die Firma P***** habe gegenüber der Zweitbeklagten die Verpflichtung zum Heben von Lasten übernommen und sei daher für den Unfall verantwortlich. Den Kläger treffe kein Mitverschulden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und verurteilte die Zweitbeklagte zur Zahlung von S 104.180 sA (hievon S 103.180 sA zur ungeteilten Hand mit dem Erstbeklagten); es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Die zweite Instanz traf folgende ergänzende Feststellungen:
Der Erstbeklagte ist "an und für sich" ein sehr tüchtiger Arbeiter. Bis zum Unfall gab es mit ihm keine Probleme. Er hatte vor dem Unfall (am Kran) Lasten anzuhängen, die wesentlich schwieriger zu befestigen waren (als die gegenständliche).
Das Herausrutschen der Gurten aus dem Kranhaken war nicht vorhersehbar; unter normalen Bedingungen hätten die Gurten die Last noch auf zwei Aufhängepunkten halten müssen. Auf Grund der konstruktiven Einzelheiten des aufzuhebenden Stahlrahmens handelte es sich um einen komplizierten Befestigungsvorgang, aber wegen der vierfachen Verankerung um eine verhältnismäßig geringe Last. Der Erstbeklagte hatte offensichtlich ein trügerisches Bild von der Funktionstüchtigkeit der Verankerung; hätte er die Aufhängevorrichtungen (Ketten, Gurte) an allen vier Punkten am Rahmen der Stahlkonstruktion befestigt, statt sie an zwei Punkten in das zu schwache Gitter einzuhängen, dann wäre die Last nicht abgestürzt.
Die Universität Graz habe als Bestellerin mit der GWS als Werkunternehmerin einen Werkvertrag geschlossen. Auch zwischen der GWS und ihrer Subunternehmerin bestehe ein Werkvertrag. Ein unmittelbares Rechtsverhältnis zwischen dem Subunternehmer und dem ersten Besteller entstehe aber nicht. Im Wege objektiver Vertragsauslegung sei für den regelmäßig nicht vorbesprochenen Fall von Störungen aus Anlaß von Erfüllungshandlungen anzunehmen, daß die Parteien des (Werk-)Vertrages einander zum Schutz und der Sorgfalt auch gegenüber jenen dritten Personen und Sachen vertreten wollten, deren räumlicher Kontakt mit der vertraglich zu erbringenden Hauptleistung bei Vertragsabschluß voraussehbar war, die also der vertraglichen Leistung nahestanden und an denen der Vertragspartner (Besteller) ein sichtbares eigenes Interesse hatte oder denen er zur Vorsorge verpflichtet war. Habe jedoch der Dritte ohnehin gegen einen der beiden Kontrahenten vertragliche Ansprüche, dann sei die Annahme erweiterter Schutz- und Sorgfaltspflichten gegen seinen Erfüllungsgehilfen nicht geboten. Die Lehre von den Schutz- und Sorgfaltspflichten diene nicht dazu, dem Erfüllungsgehilfen - auch wenn es sich um einen selbständigen Unternehmer handle - die Vertragshaftung mit den Folgen der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB aufzubürden. Danach käme zwar eine Haftung der GWS gegenüber dem Kläger als Dienstnehmer der Bestellerin auf Grund erweiterter Schutz- und Sorgfaltspflichten in Betracht; die Zweitbeklagte als Erfüllungsgehilfin der GWS könne aber nur aus dem Rechtsgrund der deliktischen Haftung in Anspruch genommen werden. Dazu komme, daß sich das Fahrzeug des Klägers außerhalb der eingezäunten Baustelle auf einem öffentlichen, nicht abgesperrten Parkplatz befunden habe, so daß der PKW des Klägers mit der vertraglich zu erbringenden Hauptleistung nicht in räumlichem Kontakt gestanden sei. Auch ein sichtbares eigenes Interesse der Bestellerin an der Unversehrtheit des Fahrzeuges des Klägers bestehe nicht; die Bestellerin habe auch keine Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger getroffen.
Das Verhältnis zwischen der Zweitbeklagten und der über den Kran verfügungsberechtigten Arbeitsgemeinschaft sei als Sachmiete, verbunden mit einem Dienstverschaffungsvertrag, zu qualifizieren.
Die Zweitbeklagte habe sich in der Person des Erstbeklagten eines untüchtigen Besorgungsgehilfen bedient. Bei einem einmaligen Versehen könne Untüchtigkeit nur angenommen werden, wenn sich aus der Art des Versagens im konkreten Fall schlüssig ergibt, daß dem Besorgungsgehilfen die für seine Tätigkeit notwendigen Kenntnisse überhaupt fehlen oder ihm ein auffallender Mangel an Gewissenhaftigkeit vorzuwerfen ist, der Gehilfe also nicht geeignet ist, entsprechend fundamentalen Erkenntnissen seines Tätigkeitsbereiches zu arbeiten. Ein solcher Fall liege hier vor. Der Erstbeklagte sei für die sichere Befestigung der Stahlkonstruktion am Kranhaken verantwortlich gewesen. Er habe hiebei § 68 Abs 3 der Bauarbeiterschutzverordnung mißachtet, wonach sperrige Gegenstände so anzubinden sind, daß ein Herabfallen sicher vermieden wird; insbesondere hätte er auf die Gefahr des Auspendelns oder Kippens der Last achten müssen. Auch einem technisch durchschnittlich begabten Laien sei erkennbar gewesen, daß das Befestigen der Last an der Gittermatte der Stahlkonstruktion mit der Gefahr des Ausreißens des Geflechtes verbunden war. Aus diesem Grund habe der Beklagte zuerst auch versucht, die Karabiner der Ketten unmittelbar am Rahmen zu befestigen. Da ihm dies nicht gelang und er die Karabiner an der Gittermatte befestigte, anstatt eine taugliche Verbindung mit dem Rahmen herzustellen, sei ihm ein Mangel an Gewissenhaftigkeit vorzuwerfen, der auf einen habituellen Hang zur Nachlässigkeit schließen und ihn als untüchtige Person zumindest für die vorliegende Tätigkeit erscheinen lasse.
Die Zweitbeklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, die Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte zur Gänze abgewiesen werde; hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision der Zweitbeklagten nicht Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Voraussetzungen der habituellen Untüchtigkeit und der Haftung von Subunternehmern bei Verletzung von Schutzpflichten zugunsten Dritter unrichtig beurteilt hat.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen, unter denen Lehre und Rechtsprechung habituelle Untüchtigkeit des Besorgungsgehilfen allenfalls schon aus einem einmaligen Versagen ableiten (Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 4 zu § 1315; SZ 25/84; SZ 34/111; SZ 48/110; SZ 60/49 uva), richtig wiedergegeben; es setzt sich aber mit der Annahme habitueller Untüchtigkeit im vorliegenden Fall zu ihren eigenen ergänzend getroffenen Feststellungen in auffallenden Widerspruch. Nach diesen Feststellungen ist nämlich der Erstbeklagte "an und für sich" ein sehr tüchtiger Arbeiter; er hat schon schwieriger zu befestigende Lasten angehängt, ohne daß es Zwischenfälle gab, was darauf schließen läßt, daß ihm die grundlegenden Kenntnisse zur ordentlichen Verrichtung einer solchen Arbeit nicht fehlen. Unfallsursache war, daß der Erstbeklagte die Last an zwei Stellen nicht in den Rahmen sondern in das Stahlgeflecht eingehängt hatte, das dafür zu schwach war; daraus auf einen (besonderen) Mangel an Gewissenhaftigkeit, also auf grobe Fahrlässigkeit, zu schließen, ist aber verfehlt, weil der Erstbeklagte die Last an zwei weiteren Stellen sachgemäß befestigt hat und weil die Last wegen der vierfachen Verankerung (im Hinblick auf die Gewichtsverteilung) verhältnismäßig gering war. Im übrigen ließe nicht einmal grobfahrlässiges Verhalten allein schon auf Untüchtigkeit schließen (Reischauer in Rummel aaO; SZ 48/110 uva). Vor allem war aber nach der vom Berufungsgericht übernommenen Ansicht des Sachverständigen das Herausrutschen der Gurten aus den Kranhaken nicht vorhersehbar. Das Berufungsgericht geht von einer unzulässigen ex post-Betrachtung aus, wenn es dem Erstbeklagten vorwirft, daß er das Kippen der Last hätte voraussehen müssen. Im vorliegenden Fall besteht daher kein Anlaß, aus dem einmaligen schuldhaften Versagen des Zweitbeklagten auf seine habituelle Untüchtigkeit zu schließen.
Die Zweitbeklagte haftet aber wegen Verletzung von Schutzpflichten gegenüber Dritten. Es ist heute allgemein anerkannt, daß die Schutz- und Sorgfaltspflichten aus Schuldverhältnissen nicht nur zwischen den Vertragsparteien, sondern auch gegenüber bestimmten Dritten bestehen (Koziol, Haftpflichtrecht2, 85 mwN FN 110). Hiebei treffen den Schuldner Schutzpflichten nicht nur bezüglich der körperlichen Unversehrtheit Dritter, sondern auch gegenüber Sachen, die dritten Personen gehören (Koziol aaO mwN FN 118). Auch Sachen, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung voraussehbar war und an denen ein offensichtliches eigenes Interesse des Vertragspartners besteht oder die der Vertragspartner kraft eigener Sorgfaltspflicht gegenüber einem Dritten zu bewahren verpflichtet ist, sind vertraglich geschützt (Bydlinski, Vertragliche Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter, JBl 1960, 359 [364 f]; Koziol aaO mwN FN 119; zuletzt etwa SZ 59/51 = JBl 1986, 381; SZ 59/189 = JBl 1987, 40; SZ 62/173).
Schutzwirkungen zugunsten Dritter treten vor allem dann ein, wenn jemand einem anderen rechtlich zur Fürsorge verpflichtet ist. Zum geschützten Personenkreis gehören auch die Angestellten des Vertragspartners, da ihm diesen gegenüber besondere Fürsorgepflichten auferlegt sind (Koziol aaO 89 mwN FN 130; vgl auch Reischauer in Rummel, ABGB2, Rz 32 zu § 1295). Die Voraussehbarkeit (eines Kontaktes mit der vertraglichen Hauptleistung) darf nicht zu eng verstanden werden; es muß genügen, daß dem Vertragspartner generell erkennbar ist, daß möglicherweise dritte Personen (oder deren Sachen) im Gefahrenbereich sein werden. Wer dies im Einzelfall ist, muß bei Abschluß des Vertrages noch nicht feststellbar sein (Koziol aaO 86 f; 5 Ob 565/81; JBl 1985, 295 = EvBl 1985/63).
Derartige Schutzpflichten treffen auch den Subunternehmer, der im Auftrag des Hauptunternehmers (regelmäßig nur) einen Teil jener Leistungen erbringt, zu denen sich der Hauptunternehmer gegenüber dem Besteller verpflichtet hat, weil sich durch diese Delegierung die Interessenlage nicht ändert. Der Oberste Gerichtshof hat zwar ausgesprochen, daß die Annahme erweiterter Schutz- und Sorgfaltspflichten aus fremdem Vertrag nicht geboten ist, wenn der Dritte gegen einen der beiden Kontrahenten ohnehin Ansprüche aus eigenem Vertrag hat, weil die Lehre von den Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht dazu diene, den Erfüllungsgehilfen - auch wenn es sich dabei um einen selbständigen Unternehmer handelt - die Vertragshaftung mit den Folgen der Beweislastumkehr des § 1298 ABGB aufzubürden (SZ 51/176 = EvBl 1979/101; SZ 62/173; 5 Ob 674/81). Die Berufung der zweiten Instanz auf diesen Rechtssatz ist aber hier verfehlt, weil der Kläger weder Vertragspartner der Hauptunternehmerin (GWS) noch der Subunternehmerin (Zweitbeklagte) ist.
Nach den dargestellten Grundsätzen löst dieser Vertrag Schutzwirkungen zugunsten des Klägers aus. Die Zweitbeklagte war - ebenso wie auch die als Arbeitsgemeinschaft beteiligten Bauunternehmen - verpflichtet, bei der Ausführung der ihr übertragenen Bauarbeiten darauf zu achten, daß die Universitätsbediensteten, die beim Betreten und Verlassen ihrer Arbeitsplätze im unmittelbaren Nahebereich der Baustelle vorbeikamen, durch die Bauarbeiten nicht gefährdet und verletzt wurden; das gleiche traf auch für Sachen dieser dritten Personen zu, deren Kontakt mit der vertraglichen Hauptleistung voraussehbar war. Für die unmittelbar neben der Baustelle vor anderen Universitätsgebäuden (siehe Lichtbilder im Strafakt) geparkten Kraftfahrzeuge war der Kontakt mit der (hier in Betracht kommenden) vertraglichen Hauptleistung (Heben von Lasten mit dem Kran) voraussehbar, befanden sich doch diese Fahrzeuge, wenn Lasten von Lieferfahrzeugen mit Hilfe des Krans entladen wurden, im unmittelbaren Gefahrenbereich (Schwenkbereich des Krans). Daß das Grundstück, auf dem Universitätsbedienstete ihre Kraftfahrzeuge parkten kein Privatgrundstück, sondern ein außerhalb der eingezäunten Baustelle liegender öffentlicher Parkplatz war (den auch Dritte, die nicht zum Universitätspersonal gehörten, benützen durften), ändert an der Voraussehbarkeit des Kontaktes der Fahrzeuge von Universitätsbediensteten mit der Hauptleistung nichts, weil es nahe lag, daß diese Parkflächen vorwiegend von den den dort Beschäftigten benützt werden würden.
Am Schutz der dort parkenden Fahrzeuge von Universitätsbediensteten vor Beschädigung durch Bauarbeiten bestand aber auch ein offensichtliches eigenes Interesses des Bestellers, der seinen Dienstnehmern zur Fürsorge verpflichtet war. In der österreichischen Lehre und Rechtsprechung (Krejci in Rummel aaO Rz 39 zu § 1157) ist der Gedanke der vermögensorientierten Fürsorgepflicht anerkannt. Der Dienstgeber hat dafür zu sorgen, daß die vom Dienstnehmer allenfalls mitgebrachten Sachen vor Schaden bewahrt bleiben (Spielbüchler in Floretta-Spielbüchler-Strasser, Arbeitsrecht3 I 238). Sofern sich durch das Abstellen von Kraftfahrzeugen der Dienstnehmer auf betriebseigenen Parkplätzen die Beschädigungsgefahr gegenüber sonstigem Parken spezifisch erhöht, treffen den Dienstgeber auch entsprechende zusätzliche Sicherungspflichten (Krejci aaO Rz 40 zu § 1157 ABGB). Eine ähnliche Verpflichtung bestand aber auch im vorliegenden Fall, da die Organe der Universität damit rechnen mußten, daß die im unmittelbaren Nahebereich der Universitätsinstitute liegenden Parkplätze vorwiegend von den dort Beschäftigten benützt würden. Als Dienstgeberin war daher die Universität Graz verpflichtet, die Beschäftigten vor der Benützung jener Parkplätze, die im Gefahrenbereich der Baustelle lagen, zu warnen oder gemeinsam mit den bauausführenden Firmen für entsprechende Schutzmaßnahmen (Absperrungen etc) zu sorgen. Infolge dieser Fürsorgepflichten bestand aber ein eminentes Interesse des Werkbestellers daran, daß auch die bauausführenden Unternehmer tunlichst dafür sorgten, daß die im unmittelbaren Gefahrenbereich parkenden Kraftfahrzeuge von Universitätsbediensteten bei den Bauarbeiten nicht beschädigt wurden. Der dem Kläger zugefügte Schaden liegt daher im Schutzbereich des zwischen der Zweitbeklagten und ihrer Auftraggeberin geschlossenen Vertrages. Damit haftet aber die Zweitbeklagte für das Verschulden ihres Erfüllungsgehilfen, des Erstbeklagten, nach § 1313a ABGB (SZ 54/65; SZ 59/189; JBl 1991, 453 uva).
Das Urteil des Berufungsgerichtes ist daher, wenngleich aus anderen Gründen, zu bestätigen.