OGH vom 27.03.2007, 1Ob269/06z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ. Doz. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sonderunterstützungsgesellschaft der Kreditwirtschaft GesmbH, *****, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen EUR 100.000 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 65/06s-11, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 30 Cg 8/05z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.926,72 (darin EUR 321,12 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Eine österreichische Bank geriet durch Malversationen und kriminelle Verhaltensweisen ihrer Vorstandsmitglieder in Konkurs. Die Malversationen wurden dadurch begünstigt, dass die vorgeschriebene interne Kontrolle der Bank nicht ordnungsgemäß eingerichtet war. Der von der Bank bestellte Abschluss- und Bankprüfer erkannte die Ordnungswidrigkeit der internen Kontrolle, bestätigte aber dennoch in seinen Prüfberichten jahrelang deren Ordnungsmäßigkeit. Dadurch unterblieben Maßnahmen der Bankenaufsicht, die zur Verbesserung der internen Kontrolle, dadurch zur rechtzeitigen Aufdeckung der Malversationen und somit zur Vermeidung der Insolvenz der Bank geführt hätten.
Durch den Konkurs der Bank wurden zahlreiche Einleger geschädigt. Um ihnen über die gesetzliche Einlagensicherung nach § 93 Abs 2 BWG hinaus einen möglichst weitgehenden Ersatz ihrer Verluste zu gewährleisten, beschlossen die österreichischen Kreditinstitutsverbände auf Anregung des Nationalrates, die Forderungen jener natürlichen Personen, die auch von der Einlagensicherung erfasst waren, bis zu einem Höchstbetrag von ATS 1 Mio einzulösen und in deren Rechte einzutreten. Zu diesem Zweck gründeten sie die Klägerin, die mit einer entsprechenden Bekanntmachung an den betroffenen Personenkreis herantrat. Diese Bekanntmachung enthielt unter anderem nachstehende Passagen:
„I. Gegenstand:
Die von den Verbänden der österreichischen Kreditwirtschaft getragene Sonderunterstützungsgesellschaft der Kreditwirtschaft GmbH beabsichtigt Forderungen der in Punkt II. bezeichneten Gläubiger im Konkurs der [Bank] einzulösen. Diese Bekanntmachung stellt rechtlich kein Angebot dar und begründet als solche keinen wie immer gearteten Rechtsanspruch.
...
IV. Durchführung:
Gegen Übergabe sämtlicher Unterlagen insbesondere der Sparurkunde und nach Bestätigung der Einlagensicherungseinrichtung über die Anmeldung und die Anspruchsberechtigung gemäß § 93 BWG wird die Forderung gemäß § 1422 ABGB durch Zahlung eingelöst.
Der betreffende Gläubiger erhält den auf ihn entfallenden Betrag (abzüglich S 200.000 = Leistung der Einlagensicherung), sodass die Zahlung zuhöchst S 800.000 zuzüglich der von 1. 1. bis aufgebuchten Zinsen, abzüglich den der KESt entsprechenden Betrag, abzüglich der Teilausschüttungen betragen kann bzw bei Kapitalsparbüchern den Buchungsstand.
....
V. Auswirkungen auf das Konkursverfahren:
Die eingelösten Forderungen gehen abzüglich des bereits abgebuchten Teilbetrages von S 200.000 (Legalzession an die Einlagensicherung) sowie allfällige Teilausschüttungen mit Zahlung auf die Sonderunterstützungsgesellschaft über. Falls die zur Einlösung angemeldete Forderung vom Masseverwalter bestritten wurde, erfolgt keine Auszahlung.
....
VII. Ausschluss des Rechtsweges:
Da die gegenständliche Bekanntmachung rechtlich kein Angebot darstellt und keinerlei Rechte begründet, ist im Hinblick auf die Freiwilligkeit der beabsichtigten Aktion die Geltendmachung von Ansprüchen im Rechtsweg ausgeschlossen."
Die Klägerin legte ein Antragsformular auf, das von den angesprochenen Gläubigern der Bank bis zu einem Stichtag ausgefüllt vorgelegt werden sollte. Darin sind unter anderem nachstehende Klauseln enthalten:
„1. Ich habe bei der [Bank] folgende Guthaben auf Privatkonten:
....
2. Ich habe hinsichtlich dieser Guthaben bei der Einlagensicherung der Banken und Bankiers GesmbH einen Antrag auf Auszahlung gemäß § 93 Abs 2 BWG gestellt. Ich ersuche darum, dass Sie die angeführten Guthaben, soweit sie den Voraussetzungen der Bekanntmachung der Sonderunterstützungsgesellschaft mbH der Kreditwirtschaft entsprechen, mit Übergabe eines Rektaschecks an mich gemäß § 1422 ABGB einzulösen. Ich werde die entsprechende Sparurkunde an Sie im Original übergeben.
....
4. Mit der Unterfertigung habe ich zur Kenntnis genommen, dass
....
- es sich um eine einmalige und freiwillige Maßnahme im Interesse der Reputation der österreichischen Kreditwirtschaft handelt und mir aus diesem Antrag kein Rechtsanspruch erwächst;
...
5. Ich ziehe eine bereits erfolgte Anmeldung im Konkurs hinsichtlich des eingelösten Guthabens hiermit zurück."
Darüber hinaus hatten die Antragsteller eine „Quittung über gemäß § 1422 ABGB eingelöste Forderungen" zu unterfertigen, in der festgehalten wurde, dass die Klägerin bei der Zahlung die Abtretung der Rechte gemäß § 1422 ABGB verlangt hat. Weiters erklärt der Antragsteller darin, zur Kenntnis zu nehmen, dass in Höhe des ausbezahlten Betrags seine Forderung gegenüber der Bank auf die Klägerin übergegangen ist.
In der Folge leistete die Klägerin unter Anrechnung der aus der Konkursmasse der Bank getätigten Zahlungen einen Gesamtbetrag von zumindest EUR 4,506.885,49 an natürliche Personen, die dem von § 93 BWG geschützten Personenkreis angehörten, darunter an vier namentlich genannte Einlegerinnen und einen Einleger, auf die zusammen ein Betrag von mehr als EUR 100.000 entfiel.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten aus dem Titel der Amtshaftung nun die Zahlung von EUR 100.000 samt Zinsen. Die Anleger hätten durch das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des als Organ des Bundes anzusehenden Bankprüfers Vermögensschäden erlitten, die durch die geleisteten Zahlungen auf die Klägerin - allenfalls als Nebenrecht des eingelösten Anspruchs - übergegangen seien. Das Einlösungsverlangen habe auch keine Beschränkung enthalten. Zwischen der Bank und der Beklagten liege ein unechtes Solidarschuldverhältnis vor, weshalb dem Einleger sowohl die Gemeinschuldnerin als auch die Beklagte für den Ausfall hafteten. Es sei auch nie Sinn und Zweck der Einlösung durch die Klägerin gewesen, Dritte zu entlasten, denen eine Verantwortung für die Insolvenz zukomme.
Die Beklagte wandte im Wesentlichen ein, sie habe für das Fehlverhalten der Bankprüfer amtshaftungsrechtlich nicht einzustehen. Eine Qualifikation der Bankprüfer als Organe des Bundes stünde auch mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben in Widerspruch. Allenfalls dennoch bestehende Amtshaftungsansprüche seien nicht auf die Klägerin übergegangen. Amtshaftungsansprüche würden erst aus dem Ausfall resultieren, der den Gläubigern nach Abschluss des Konkursverfahrens verbleibe; ein derartiger Schaden sei aber bei den Gläubigern nicht eingetreten. Auch nach dem Wortlaut des Antragsformulars der Klägerin seien Amtshaftungsansprüche nicht Gegenstand der Einlösung gewesen. Allfällige Amtshaftungsansprüche der geschädigten Bankgläubiger seien nicht als Nebenrechte zu den Sparbuchforderungen anzusehen. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs seien Bankprüfer als Organe des Bundes anzusehen, weshalb die Anleger ihren Ausfall aus dem Titel der Amtshaftung geltend machen könnten. Die Klägerin habe unzweifelhaft die Ansprüche der geschädigten Gläubiger gemäß § 1422 ABGB eingelöst. Dabei gehe das Schuldverhältnis mit allen Vorrechten, Nebenrechten, Einwendungen und Einschränkungen auf den Zahler über und bleibe inhaltlich unverändert. Selbst wenn man Schadenersatz- bzw Amtshaftungsansprüche nicht als Nebenrechte qualifizieren wollte, gelange man im Wege ergänzender Vertragsauslegung zum Ergebnis, dass der Schadenersatzanspruch an die Klägerin abgetreten worden sei. Die Berücksichtigung der typischen Interessenslagen der Vertragsparteien führe im vorliegenden Fall dazu, dass eine Abtretung sämtlicher denkbarer Ansprüche gegen Dritte auf die Klägerin erfolgen sollte. Die Abtretungsvereinbarung zwischen der Klägerin und den Gläubigern der Bank sei vernünftigerweise so zu verstehen, dass damit auch ein allfälliger Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte zediert sein sollte. Diese Lösung stehe mit gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht im Widerspruch. Die EU-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme verstehe sich als Mindestharmonisierung der Einlagensicherung und beziehe sich in erster Linie auf die von den Banken gebotene Einlagensicherung. Amtshaftung sei aber zweifellos keine „Einlagensicherung" im Sinne der Richtlinie. Darüber hinaus erkläre die Richtlinie ausdrücklich auch höhere bzw umfassendere Sicherungssysteme für zulässig.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es bestehe kein Anlass, von der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Organstellung eines Bankprüfers und zur Haftung des Bundes für das Fehlverhalten eines solchen Prüfers abzugehen. Die Annahme einer Amtshaftung in solchen Fällen widerspreche auch nicht dem Gemeinschaftsrecht. Wenn der Europäische Gerichtshof entschieden habe, dass ein Mitgliedstaat keinen (Amts-)Haftungsanspruch einzelner Geschädigter gegen ihn vorsehen müsse, solange die in der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme vorgesehene Entschädigung gewährleistet sei, könne daraus keineswegs der Umkehrschluss gezogen werden, dass die Gewährung solcher Amtshaftungsansprüche gemeinschaftsrechtswidrig wäre. Der Europäische Gerichtshof treffe über die Zulässigkeit innerstaatlicher Regelungen, die über die vorgeschriebene Einlagensicherung hinaus auch eine unmittelbare Haftung des Staates vorsehen, keine Aussage. Ebensowenig liege in einer nationalen Regelung, die Amtshaftung auch für Fehler von Bankprüfern vorsehe, eine wettbewerbsverzerrende Beihilfe iSd Art 87 Abs 1 EGV. Das Berufungsgericht teile nicht die Ansicht des Erstgerichts, ein auf einem eigenständigen Verpflichtungsgrund beruhender Amtshaftungsanspruch wäre ein mit einer Bürgschaft oder Garantie vergleichbares Nebenrecht zu einer Konkursforderung, das durch die Einlösung mit übergegangen wäre. Ebensowenig könne die Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Bankgläubigern als Forderungskauf qualifiziert werden. Es liege vielmehr ein einseitiges Rechtsgeschäft vor, nämlich Zahlung, verbunden mit dem Verlangen nach Abtretung der Gläubigerrechte, woran auch der Umstand nichts ändere, dass die Einleger zuerst auf Grund der Auslobung der Klägerin um Zahlung ersucht und anschließend den damit verbundenen Rechtsübergang schriftlich zur Kenntnis genommen haben. Mangels Vertrags bestehe kein Raum für die vom Erstgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung. Dennoch habe das Erstgericht im Ergebnis zu Recht einen Übergang der Amtshaftungsansprüche auf die Klägerin angenommen. Durch die Einlösung übernehme der Einlösende die Forderung so, wie sie dem bisherigen Gläubiger zugestanden sei. Damit könne sich im vorliegenden Fall auch nicht ihr Charakter als unechte Solidarschuld verändern. Die Argumentation der Beklagten liefe aber auf eine solche Änderung hinaus, käme es doch zu einer Auflösung der Solidarhaftung, indem die Konkursforderung auf die Klägerin übergegangen, der Amtshaftungsanspruch aber bei den einzelnen Anlegern verblieben wäre. Dieses „Splitting" könnte theoretisch sogar zur Folge haben, dass die Einleger doppelt entschädigt würden, nämlich einmal durch die Zahlung der Klägerin und einmal im Wege der Amtshaftung. Ein solches Ergebnis könne nicht der Absicht des Gesetzes entsprechen, auch wenn im Zuge der Einlösung die Amtshaftungsansprüche von der Klägerin nicht ausdrücklich erwähnt worden seien. Es sei daher davon auszugehen, dass die Amtshaftungsansprüche durch Einlösung auf die Klägerin übergegangen seien. Mit dem Argument, der Schaden sei nicht bei der Klägerin, sondern bei deren Gesellschaftern eingetreten, übersehe die Beklagte, dass es sich hier nicht um die Geltendmachung eines eigenen Schadens, sondern eines fremden, durch Einlösung übergangenen Anspruchs handle. Die Revision sei zulässig, weil das Berufungsgericht zu den gemeinschaftsrechtlichen Aspekten der Bankprüferhaftung und zur Frage, ob im Fall der Einlösung einer (unechten) Solidarschuld auch dann die Forderung gegen sämtliche Solidarschuldner auf den Einlösenden übergehe, wenn dieser in seiner Einlösungserklärung nur auf einen von ihnen Bezug nimmt, keine Rechtsprechung aufgefunden habe.
Die dagegen erhobene Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Der Auffassung der Revisionswerberin, die Anwendung des AHG auf die Bankenaufsicht bzw die Behandlung des Bankprüfers als deren Organ sei gemeinschaftsrechtswidrig, weshalb Amtshaftungsansprüche der Anleger gar nicht zur Entstehung gelangen könnten, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt, der auch keinen Anlass sieht, die in der Revision formulierten Fragen zum Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens an den Europäischen Gerichtshof zu machen. In der zu 1 Ob 188/02g ergangenen Entscheidung hat der erkennende Senat die auf Amtshaftung gestützten Ersatzansprüche mehrerer Anleger gegen die Republik Österreich im Zusammenhang mit der Insolvenz jener Bank bejaht, für die die hier klagende Partei „in Vorlage getreten" ist. Seine Auffassung, die Beklagte habe als Rechtsträger der Bankenaufsicht für die - auch in diesem Verfahren festgestellten - Fehler des Bankprüfers nach dem AHG einzustehen, wurde in mehreren nachfolgenden Entscheidungen (1 Ob 226/05z; 1 Ob 286/05a) bekräftigt und ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine Veranlassung bestehe, von der bisherigen Rechtsansicht abzugehen, auch nicht im Hinblick auf die danach geäußerten Lehrmeinungen.
Auch die nunmehrigen Ausführungen der Revisionswerberin bieten keinen Anlass zu einem Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung. Aus dem Umstand, dass der Bankprüfer nach den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben „unabhängig" zu sein hat, lässt sich schon deshalb für die Rechtsansicht der Beklagten nichts gewinnen, weil damit nur eine Unabhängigkeit von der zu prüfenden Bank gemeint ist, wogegen es keineswegs ausgeschlossen ist, den Bankprüfer in bestimmten Bereichen als Organ der Aufsichtsbehörde zu qualifizieren. Ebensowenig kann die Zuerkennung von Amtshaftungsansprüchen als unerlaubte staatliche Beihilfe oder gar eine staatliche „Garantie" angesehen werden, die mit dem gemeinschaftsrechtlichen Regime der Einlagensicherung unvereinbar wäre. Anders als die (gemeinschaftsrechtlich gebotene) verschuldensunabhängige Einlagensicherung stellt die Gewährung von Amtshaftungsansprüchen in bestimmten Ausnahmefällen eine (schadenersatzrechtliche) Sanktion für schuldhaftes und rechtswidriges Verhalten dar. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kann somit keine Rede davon sein, dass Einlagen bei einer österreichischen Bank - wegen der Amtshaftung - „praktisch risikolos", nämlich regelmäßig durch eine staatliche Haftung abgesichert wären. Soweit sich die Beklagte unter anderem auf eine Ausführung des EuGH beruft, nach der die Richtlinien keinen Anspruch darauf gewährleisteten, dass die zuständigen Behörden im Interesse der Einleger Aufsichtsmaßnahmen treffen (Rs C 222/02) übersehen sie, dass damit eine nationale gesetzliche Verpflichtung zu Aufsichtsmaßnahmen, durch die auch Einleger geschützt werden sollen, keineswegs unzulässig ist. In der zitierten Entscheidung betont der EuGH auch, dass ein Koordinierung der nationalen Vorschriften über die Haftung der nationalen Behörden gegenüber den Einlegern im Falle einer unzureichenden Aufsicht nicht notwendig erscheine, um die von den Richtlinien verfolgten Ziele zu erreichen; der Gemeinschaftsgesetzgeber habe einen Mindestschutz der Einleger für den Fall der Nichtverfügbarkeit ihrer Einlagen eingeführt, der auch in den Fällen garantiert sei, in denen die Einlagen möglicherweise deshalb nicht verfügbar sind, weil die Aufsicht der zuständigen Behörden unzureichend war (Rn 43 ff).
Im Zusammenhang mit der Frage, ob allfällige Amtshaftungsansprüche der Einleger auf die Klägerin übergegangen sind, verweist die Revisionswerberin grundsätzlich zutreffend darauf, dass das Berufungsgericht einen solchen Forderungsübergang zwar angenommen, aber nicht ausreichend begründet hat. Das Berufungsgericht meinte im Wesentlichen nur, es könne nicht der Absicht des Gesetzes entsprechen, dass nur die im Zusammenhang mit dem Einlösungsbegehren genannten Ansprüche (gegen die Bank) auf die Klägerin übergegangen seien, nicht aber auch die Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagte, weil ein solches „Splitting" zur Folge haben könnte, dass die Einleger doppelt entschädigt würden. Der Auffassung des Berufungsgerichts, dieses Ergebnis, nämlich ein Forderungsübergang, könne mangels Vertrags nicht durch die vom Erstgericht vorgenommene ergänzende Vertragsauslegung gewonnen werden, vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Auch wenn der dem Gesetz (§ 1422 ABGB) vorschwebende „Normalfall" wohl in der Regel das einseitige Einlösungsverlangen des Zahlenden sein wird, kann eine Forderungseinlösung jedoch auch einvernehmlich erfolgen (SZ 66/81; Koziol in KBB § 1422 Rz 4; Mader/W. Faber in Schwimann ABGB3 §§ 1422 f Rz 9 ua), wobei dann die der Einlösung zugrundeliegende Vereinbarung auch einer (ergänzenden) Vertragsauslegung zugänglich ist. Im hier zu beurteilenden Fall lud die Klägerin die in Betracht kommenden Einleger dazu ein, die Einlösung bestimmter Forderungen gegen die Bank durch die Klägerin zu begehren. Nicht nur die ursprüngliche „Einladung" enthielt zahlreiche Detailbestimmungen, auch das von der Klägerin aufgelegte Antragsformular sowie die vorformulierte Quittung gehen über den notwendigen Mindestinhalt einer Einlösungserklärung weit hinaus. Auch wenn die Klägerin in diesen Urkunden wiederholt erklärt hat, dass kein Angebot vorliege und den Einlegern aus einem von ihnen gestellten Antrag kein Rechtsanspruch erwachse, kann doch kein Zweifel daran bestehen, dass in jenen Fällen, in denen die Klägerin dem Antrag des betreffenden Sparers entsprochen hat, eine Forderungseinlösung auf vertraglicher Grundlage zustande gekommen ist.
Angesichts der der Klägerin auf der einen und den Einlegern auf der anderen Seite zu unterstellenden typischen Interessen stellt sich nun die Frage, ob sich die Einlösung auf die ausdrücklich angesprochene Forderung des Einlegers gegen die Bank beschränkt hat oder ob auch die Amtshaftungsansprüche der Einleger übergegangen sind, die zu diesem Zeitpunkt ja bereits bestanden, der Höhe nach aber noch nicht genauer beurteilt werden konnten. Auch die Beklagte bezweifelt nicht, dass weder die Klägerin noch die Einleger an das Bestehen derartiger Amtshaftungsansprüche gedacht haben, sodass sich bei der gebotenen ergänzenden Vertragsauslegung nach dem hypothetischen Parteiwillen die Frage stellt, was die Vertragsparteien im Hinblick auf diese Amtshaftungsansprüche vereinbart hätten, wenn sie an deren Existenz gedacht hätten. Berücksichtigt man, dass die Einleger durch die Zahlung der gesamten Forderung voll befriedigt wurden, ist redlichen und vernünftigen Vertragsparteien jedenfalls zu unterstellen, sie hätten vereinbart, dass die einlösende Klägerin auch zur Geltendmachung allfälliger Schadenersatzansprüche berechtigt sein soll. Da jedenfalls nicht daran gedacht war, einen allfälligen Schadenersatzschuldner zu entlasten, hätte ein Verbleib von Ersatzansprüchen bei den Einlegern diesen erlaubt, die Summe (weitgehend) doppelt zu lukrieren, woran aber ersichtlich kein schutzwürdiges Interesse bestanden hat und was redliche Einleger auch keineswegs verlangt hätten.
Ergibt sich nun im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Übergang auch der Amtshaftungsansprüche auf die Klägerin, erweisen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen (im Ergebnis) als zutreffend. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, die Zahlungen seien als „wesentlicher Beitrag des österreichischen Kreditapparats" gewidmet worden, weshalb es nicht angehe, dass diese nunmehr im Ergebnis zu einem „wesentlichen Beitrag des österreichischen Steuerzahlers" mutierten. Dieser Auffassung liegt offenbar das grundsätzliche Missverständnis zugrunde, die Beklagte könne aus der Vereinbarung zwischen der Klägerin und den Einlegern das Recht ableiten, von ihrer Ersatzpflicht befreit zu werden. Dies war aber - wie bereits dargelegt - von den Vertragsparteien in keiner Weise intendiert; diese haben ja an das Bestehen von Amtshaftungsansprüchen gar nicht gedacht. Auch wenn die Vertragsteile seinerzeit der Ansicht gewesen sind, die Klägerin wäre mit den im Konkurs nicht einbringlich zu machenden Beträgen endgültig belastet, kann dies doch nicht zu Gunsten der Beklagten wirken, die ja erst nachträglich als für den Ausfall Ersatzpflichtige bekannt wurde.
Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin kann letztlich auch an der Aktivlegitimation der Klägerin kein Zweifel bestehen, auch wenn bei dieser selbst ein Schaden nicht originär entstanden ist. Da sie den Ersatzanspruch der Einleger gegen die Beklagte durch Einlösung erworben hat, kann sie diesen zweifellos im eigenen Namen geltend machen. Woher sie die Mittel für die anlässlich der Einlösung zu leistenden Zahlungen hatte, ist für ihre Forderungsberechtigung ohne Bedeutung.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.