OGH vom 19.03.1980, 6Ob529/80
Norm
Kopf
SZ 53/46
Spruch
Dient die beantragte Sicherung eines Anfechtungsanspruches einer GesmbH nach der AnfO der Verfolgung von Ansprüchen dieser Gesellschaft gegen deren Geschäftsführer, so ist dieser wegen offenkundiger Interessenkollision von der Vertretung der Gesellschaft im Verfahren über die beantragte einstweilige Verfügung ausgeschlossen
Wurde durch die nach der AnfO anfechtbare Rechtshandlung dem Schuldner ein Geldbetrag entzogen, kann der Anfechtungsgläubiger vom Anfechtungsgegner Geld beanspruchen; ein solcher Anspruch ist nur mit den Mitteln des § 378 EO sicherungsfähig
(LG Innsbruck 1 R 611, 612/79; BG Innsbruck 17 C 1128/79)
Text
Die gefährdete Partei, eine GesmbH, beantragte zur Sicherung eines auf §§ 2, 3 AnfO gestützten Anspruches auf Duldung der Zwangsvollstreckung in eine Liegenschaft der nach den Antragsbehauptungen in A wohnhaften Antragsgegnerin zur Hereinbringung einer Forderung gegen R, den Ehemann der Antragsgegnerin, dieser im Sinne des § 382 Z. 6 EO die Veräußerung und Belastung der Liegenschaft zu verbieten. Sie behauptete, daß ihr der Gatte der Antragsgegnerin (der einer der Geschäftsführer der gefährdeten Partei ist) für Lieferungen und Leistungen aus den Jahren 1977 und 1978 einen fälligen Betrag von mindestens 1 450 420.93 S schulde, sie habe diese Forderung bereits beim Landesgericht Innsbruck geltend gemacht; der Schuldner sei vermögenlos; seine Ehefrau, die Antragsgegnerin, habe im Jänner 1978 eine Liegenschaft in A um den Kaufpreis von 450 000 S erworben und seither darauf ein Landhaus errichtet. Hiezu habe der Schuldner der Antragsgegnerin durch unentgeltliche Verfügungen Geldmittel zur Verfügung gestellt, u. a. auch den Betrag, den er der gefährdeten Partei schulde. Die Antragsgegnerin biete in Zeitungsanzeigen über ein Realitätenbüro ihre Liegenschaft zum Kauf an. Daher bestehe für die Durchsetzung des behaupteten Anfechtungsanspruches auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft der Antragsgegnerin in A die Gefahr der Vereitelung oder der erheblichen Erschwerung.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung durch Veräußerungs- und Belastungsverbot, machte sie aber gemäß § 390 Abs. 2 EO vom Erlag einer Sicherheitsleistung in der Höhe von 200 000 S abhängig. Nach dem Nachweis des Erlages dieser Sicherheit verfügte das Erstgericht den grundbücherlichen Vollzug der Anmerkung im Rang des Einlangens des Vollzugsauftrages () und nicht im Rang des Einlangens des Provisorialantrages ().
Das Rekursgericht änderte über Rekurs der Antragsgegnerin die einstweilige Verfügung im Sinne einer Abweisung des Provisorialantrages ab und verwies die gefährdete Partei mit ihrem Rekurs auf diese Entscheidung.
Das Erstgericht ging in der Zuständigkeitsfrage von der Antragsbehauptung aus, daß die Antragsgegnerin in seinem Sprengel wohnhaft sei.
Das Erstgericht nahm in der Sache selbst als bescheinigt an, daß der gefährdeten Partei eine fällige und auch bereits klageweise geltend gemachte, aber eben noch nicht vollstreckbare Forderung in der Höhe von 1 450 420.93 S samt Nebenforderungen gegen den Ehemann der Antragsgegnerin zustehe, daß die Antragsgegnerin durch unentgeltliche Verfügungen ihres Ehemannes Geldmittel, insbesondere auch den eingeklagten Forderungsbetrag, erhalten und zum Erwerb der am gekauften Liegenschaft in A und in der Folge zu deren Ausbau verwendet habe, daß die Antragsgegnerin diese Liegenschaft aber zu veräußern beabsichtige. Als nicht ausreichend bescheinigt nahm das Erstgericht hingegen die behauptete Vermögenslosigkeit des Schuldners und damit die Aussichtslosigkeit seiner Durchsetzung der derzeit noch nicht vollstreckbaren Forderung in dessen Vermögen an.
Das Erstgericht erachtete sowohl den Anfechtungsanspruch der gefährdeten Partei gegen die Antragsgegnerin - allerdings in Ansehung der Undurchsetzbarkeit der Geldforderung gegen den Schuldner in dessen Vermögen nicht voll - als auch eine Gefährdung im Sinne des § 381 Z. 1 EO als bescheinigt.
Das Rekursgericht legte in der Zuständigkeitsfrage auf Grund der aus Anlaß der Rekursausführungen gepflogenen Erhebungen zugrunde, daß die Antragsgegnerin schon vor Einleitung des Sicherungsverfahrens ihren Wohnsitz aus dem Sprengel des Erstgerichtes nach I verlegt hat. Es verneinte aber im Sinne der von ihm zitierten Rechtsprechung (SZ 25/309; RZ 1966, 102) eine aus der Unzuständigkeit des nach § 387 Abs. 2 EO angerufenen Gerichtes abgeleitete Nichtigkeit und eigene Unzuständigkeit zur Sachentscheidung über die erhobenen Rekurse.
In der Sache selbst erachtete das Rekursgericht allerdings den Sicherungsantrag als unschlüssig: Nach dem Antragsvorbringen seien der Antragsgegnerin durch anfechtbare Rechtshandlungen des Schuldners nur Geldbeträge zugekommen. Der Anfechtungsanspruch selbst bestehe daher im Gegensatz zu den Fällen, die den Entscheidungen SZ 8/143, SZ 12/259 und JBl. 1974/210, zugrunde lagen, nicht in einem Anspruch auf Duldung der Zwangsvollstreckung zur Hereinbringung der zu schützenden Forderung in eine Liegenschaft als Gegenstand der anfechtbaren Rechtshandlung, sondern in einer Geldforderung. Ein solcher Anspruch aber sei nur mit den im § 379 Abs. 3 EO angeführten Sicherungsmitteln, nicht aber mit dem beantragten Sicherungsmittel nach § 382 Z. 6 EO sicherbar. Davon abgesehen sei aber auch die Wahrung der Anfechtungsfrist und damit der zu sichernde Anfechtungsanspruch nicht zu beurteilen. Auch habe die gefährdete Partei mit der von ihr behaupteten Veräußerungsabsicht der Antragsgegnerin keine konkrete Gefährdung des zu sichernden Anfechtungsanspruches geltend gemacht.
Gegen diese Entscheidung erhob die gefährdete Partei, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B. mit einer vom Geschäftsführer K unterfertigten Vollmacht Revisionsrekurs.
Nach der Vorlage dieses Rechtsmittels an den OGH langte ein namens der gefährdeten Partei verfaßter Schriftsatz mit der Erklärung der Rückziehung des Revisionsrekurses und des Widerrufes der von der gefährdeten Partei dem seit Verfahrensbeginn einschreitenden Rechtsanwalt Dr. B. erteilten Vollmacht ein. Dieser Schriftsatz war von Rechtsanwalt Dr. A verfaßt, der sich mit einer namens der gefährdeten Partei vom Ehemann der Antragsgegnerin in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der gefährdeten Partei ausgestellten Vollmachtsurkunde auswies.
Mit Beschluß vom 20. Feber 1980 trug der OGH der gefährdeten Partei auf, zur Beseitigung des dem Einschreiter durch Rechtsanwalt Dr. A anhaftenden Vertretungsmangels binnen 14 Tagen entweder mittels eines beim OGH einzubringenden Schriftsatzes durch einen vom Geschäftsführer K namens der gefährdeten Partei bevollmächtigten Rechtsanwalt die Genehmigung der durch Rechtsanwalt Dr. A vorgenommenen Verfahrenshandlungen zu erklären oder eine vom Geschäftsführer K namens der gefährdeten Partei gefertigte, Rechtsanwalt Dr. A bevollmächtigende und dessen bisherige Erklärungen ausdrücklich genehmigende Urkunde vorzulegen.
Der OGH führte dazu aus, die Geltendmachung des Anfechtungsanspruches und dessen Sicherung stellten Verfahrenshandlungen zur Verfolgung des Anspruches gegen den Schuldner, also gegen den Geschäftsführer R dar. Dieser sei wegen offenkundiger Interessenkollision von der Vertretung der Gesellschaft im Verfahren über den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausgeschlossen (vgl. Gellis, GesmbHG, 112 in Z. 9 zu § 32).
In der Folge erklärte die gefährdete Partei durch den vom Geschäftsführer K bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. B, daß sie die vom Rechtsanwalt Dr. A in ihrem Namen gesetzten Verfahrenshandlungen nicht genehmige und beantrage, über den Revisionsrekurs zu entscheiden.
Der Oberste Gerichtshof wies die Erklärung der Rückziehung des Revisionsrekurses zurück und gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Ehemann der Antragsgegnerin ist, wie der OGH bereits in seinem Verbesserungsauftrag vom 20. Feber 1980 dargelegt hat, in diesem Verfahren wegen offenkundiger Interessenkollision von der Vertretung der gefährdeten Partei ausgeschlossen. Die gefährdete Partei hat durch den von ihrem zweiten Geschäftsführer bevollmächtigten Rechtsanwalt Dr. B ausdrücklich erklärt, die durch den Rechtsanwalt Dr. A in ihrem Namen gesetzten Verfahrenshandlungen nicht zu genehmigen. Es ist daher die Erklärung der Rechtsmittelrücknahme zurückzuweisen und über den vorgelegten Revisionsrekurs zu entscheiden.
Das Rekursgericht hat die Zuständigkeitsfrage zutreffend beurteilt, daraus aber auch im Sinne der von ihm zitierten Rechtsprechung die richtigen verfahrensrechtlichen Folgerungen gezogen. Die Annahme des Rekursgerichtes über die Wohnsitzverlegung der Antragsgegnerin widerspricht keinesfalls den Denkgesetzen und beruht auf keiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung des Wohnsitzbegriffes. Die Revisionsrekurswerberin hat ihren Sicherungsantrag beim Bezirksgericht nach § 387 Abs. 2 EO angebracht. Dieser Gerichtsstand richtet sich nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Gesetzesstelle in erster Linie nach dem inländischen Wohnsitz des Antragsgegners zur Zeit der ersten Antragstellung. Vor welchem Gericht der Anfechtungsanspruch selbst klageweise geltend zu machen sei (und nur über die örtliche Zuständigkeit von Klagen handeln die im Revisionsrekurs zitierten Bestimmungen der §§ 81 und 91 JN), ist für die Zuständigkeit zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung vor Anhängigkeit des Rechtsstreites über den zu sichernden Anspruch unerheblich.
In der Sache selbst trifft die rekursgerichtliche Beurteilung über den Inhalt des aus dem Antragsvorbringen abzuleitenden Anfechtungsanspruches und seiner Rechtsnatur als Geldforderung im Sinn des § 379 EO zu.
Wenn durch die anfechtbare Rechtshandlung dem Schuldner ein Geldbetrag entzogen wurde, kann der Anfechtungsgläubiger vom Anfechtungsgegner selbst Geld beanspruchen (SZ 10/17; Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht, 389; Bartsch in Bartsch - Pollak II, 572 in Anm. 9 zu §§ 13, 14 AnfO). Ein solcher Anspruch ist aber nur unter den Voraussetzungen und mit den Mitteln des § 379 EO einer Sicherung zugänglich. Ob der Anfechtungsanspruch nach §§ 379 ff. EO oder nach §§ 381 ff. EO sicherbar ist, hängt immer von seinem Inhalt im Einzelfall ab (vgl. Bartsch in Bartsch - Pollak II, 582).
Schon aus diesem Grund erweist sich die Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung im Sinne des § 382 Z. 6 EO als gerechtfertigt, weil nach dem Antragsvorbringen vom Nichtbestand eines zu sichernden Anspruches auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die Liegenschaft der Antragsgegnerin in A auszugehen ist, ein Anfechtungsanspruch mit dem Inhalt einer Geldforderung aber darf durch das Sicherungsmittel der Einstweiligen Verfügung gemäß § 382 Z. 6 EO nicht gesichert werden.