OGH vom 23.03.1999, 1Ob264/98z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Cäcilie C*****, vertreten durch Dr. Roland Gabl, Dr. Josef Kogler und Mag. Harald Papesch, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Peter C*****, vertreten durch Dr. Klaus Fürlinger, Rechtsanwalt in Linz, wegen Teilung (Streitwert S 800.000,--) und Herausgabe (Streitwert S 5.000,--) infolge Revision der klagenden Partei (Revisionsstreitwert S 800.000,--) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 12 R 64/98p-38, womit infolge von Berufungen beider Parteien das Urteil des Landesgerichts Linz vom , GZ 1 Cg 166/96v-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 22.185,-- (darin S 3.697,50 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile waren stets und sind auch derzeit deutsche Staatsangehörige. Am schlossen sie vor dem Standesamt Nürnberg die Ehe. Am errichteten sie vor einem Notar in Linz in Form eines Notariatsakts einen Ehepakt, mit dem sie eine besondere Gütergemeinschaft über eine im Eigentum des Beklagten stehende Liegenschaft in Österreich begründeten. Sie verfügten in diesem Notariatsakt weiters, daß das übrige, jedem der beiden Parteien sonst gehörige Vermögen Vorbehaltsgut des bisherigen Eigentümers bleibe. Dieser Ehepakt wurde grundbücherlich durchgeführt; auf der Liegenschaft wurde das Hälfteeigentum für die Klägerin und die Beschränkung des Eigentumsrechts durch das „wechselseitig zustehende Recht der Gütergemeinschaft“ eingetragen. Mit Urteil des Amtsgerichts Nürnberg vom wurde die Ehe ohne Verschuldensausspruch geschieden. Im Zuge des Scheidungsverfahrens wurde zwar der Hausrat geteilt, über die gütergemeinschaftliche Liegenschaft wurde hingegen keine Regelung getroffen.
Die Klägerin begehrte die Aufhebung des Miteigentums an der gemeinschaftlichen Liegenschaft durch Zivilteilung in Form gerichtlicher Feilbietung und die Herausgabe eines Schlüsselbunds mit bestimmt bezeichneten Schlüsseln zu verschiedenen Räumen in dem auf der Liegenschaft errichteten Haus. Zum Teilungsbegehren führte sie aus, die Aufrechterhaltung des Miteigentums sei untunlich und eine Realteilung der Liegenschaft nicht möglich. Die Klägerin ging dabei davon aus, daß deutsches Recht angewendet werden müsse.
Der Beklagte wendete ein, anzuwenden sei österreichisches Recht und danach der Ehepakt gemäß § 1266 erster Satz ABGB aufgrund der Scheidung für beide Teile erloschen bzw „von selbst aufgehoben“. Demnach habe er Anspruch auf Rückübereignung der an die Klägerin übertragenen Liegenschaftshälfte. Im übrigen seien die Streitteile bei Errichtung des Notariatsakts vom dauerhaften Bestand der Ehe ausgegangen, weshalb nach nunmehr erfolgter Scheidung die Anfechtung des Ehepakts wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und wegen Irrtums berechtigt sei, was der Beklagte mit Widerklage geltend machte.
Das Erstgericht wies das Teilungsbegehren ab (Punkt 1), gab aber dem Begehren auf Herausgabe des Schlüsselbunds statt (Punkt 2). Mangels ausdrücklicher Rechtswahl sei auf den Ehepakt das zur Zeit der Eheschließung bestehende Ehewirkungsstatut des § 18 IPRG und damit deutsches Recht anzuwenden. § 32 IPRG käme nicht zum Tragen, weil keine sachenrechtliche, sondern eine ehegüterrechtliche Frage zu lösen sei. Für die allgemeinen Wirkungen der Ehe sei gemäß Art 14 Z 1 EGBGB das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, maßgeblich. Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe bestimmten sich gemäß Art 15 EGBGB nach dem für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblichen Recht. Die Streitteile hätten zwar das Recht des Lageorts für unbewegliches Vermögen wählen können, doch sei eine solche Rechtswahl nicht getroffen worden. Die Gütergemeinschaft habe durch das Scheidungsurteil ihr Ende gefunden. Eine Beendigung der Gütergemeinschaft wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage sei dem deutschen Recht fremd. Es sei auch eine richterliche (gestaltende) Teilung des Gesamtguts nach Beendigung der Gütergemeinschaft nicht vorgesehen, im Streitfall sei nur eine Klage auf Zustimmung zu einem Teilungsplan zulässig. Der Beklagte habe darüber hinaus das ihm gemäß § 1477 Abs 2 BGB zustehende Übernahmerecht, wonach er den in die Gütergemeinschaft eingebrachten Gegenstand gegen Wertersatz übernehmen könne, ausgeübt. Es sei daher - auch aus diesem Grund - der Klägerin verwehrt, auf Zivilteilung der Liegenschaft, an der die Gütergemeinschaft begründet worden war, zu klagen. Das Begehren auf Herausgabe des Schlüsselbunds sei aber berechtigt, weil der Klägerin bis zur endgültigen Beendigung der Auseinandersetzung ein Mitverwaltungsrecht zustehe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands „betreffend das Herausgabebegehren“ S 52.000 nicht übersteige und die Revision insoweit jedenfalls unzulässig sei; in Ansehung des Teilungsbegehrens übersteige hingegen der Wert des Entscheidungsgegenstands S 260.000 und die ordentliche Revision sei zulässig. Es führte aus, der Vertrag über die Liegenschaft sei eine ehegüterrechtliche Vereinbarung (Ehevertrag) und der Wille der Vertragsparteien sei darauf gerichtet gewesen, tatsächlich eine (besondere) Gütergemeinschaft zu begründen. Wenngleich der Vertragsgegenstand eine in Österreich gelegene Liegenschaft sei, sei gemäß § 19 IPRG deutsches Ehegüterrecht anzuwenden, weil beide Vertragspartner deutsche Staatsangehörige seien und auch in Deutschland die Ehe geschlossen hätten. Eine Rechtswahl im Sinne des Art 15 EGBGB sei weder ausdrücklich noch schlüssig vorgenommen worden. Die Auseinandersetzungsansprüche nach Auflösung einer Gütergemeinschaft infolge Scheidung einer Ehe stellten keine dinglichen Ansprüche im Sinne des § 31 IPRG dar, sodaß österreichisches Recht auch nicht nach dieser Gesetzesbestimmung angewendet werden könne. Die Auseinandersetzungsregeln der §§ 1471 ff BGB sähen einen Aufteilungsanspruch in der von der Klägerin begehrten Form nicht vor. Demnach sei das auf Aufhebung des Miteigentums an der Liegenschaft gemäß § 843 ABGB durch Zivilteilung in Form der gerichtlichen Feilbietung gerichtete Klagebegehren zu Recht abgewiesen worden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin gegen den Ausspruch über die Abweisung des Teilungsbegehrens ist zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
Mit Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Streitteile, deren Wohnsitz und den Ort der Eheschließung und -scheidung liegt ein Sachverhalt mit Auslandsberührung vor. Gemäß § 19 IPRG ist das Ehegüterrecht nach dem Recht zu beurteilen, das die Parteien ausdrücklich bestimmen, mangels einer solchen Rechtswahl nach dem zur Zeit der Eheschließung für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Wenn auch im Rahmen des Güterrechts gemäß § 32 IPRG dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen nach dem Liegenschaftsstatut des § 31 IPRG (Recht des Lageorts) gesondert anzuknüpfen sind, beschränkt sich diese Ausnahme vom Güterrechtsstatut auf den Modus (sachenrechtlichen Erwerb und Verlust des dinglichen Rechts und Registereintragung), gilt also nicht für das einer grundbücherlichen Eintragung zugrundeliegende Titelgeschäft (ZfRV 1993, 123; vgl dazu auch JBl 1969, 501 [Schwind]; Schwimann in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 19 und Rz 2 zu § 32 IPRG; derselbe, Das neue internationale Eherecht Österreichs, in JBl 1979, 341 [351]).
Eine Rechtswahl haben die Streitteile bei Errichtung des Ehepakts weder ausdrücklich noch - sollte diese überhaupt zulässig sein (dies verneinend Schwimann in Rummel aaO Rz 2 zu § 19 IPRG; derselbe in JBl 1979, 350; Heldrich in Palandt, BGB58 Rz 23 zu Art 15 EGBGB) - schlüssig vorgenommen. Die Tatsachen, daß der Ehepakt vor einem österreichischen Notar errichtet wurde und eine Liegenschaft in Österreich zum Gegenstand hatte, reichen angesichts der starken Beziehung der Vertragsteile zum deutschen Recht (beide Parteien waren und sind deutsche Staatsangehörige, Eheschließung und Wohnsitz in Deutschland) in der Tat nicht aus, um auf eine (schlüssig vorgenommene) Rechtswahl schließen zu können; im übrigen wird die schlüssige Rechtswahl für das Güterrecht mit dem Schrifttum wohl im Interesse der Rechtsklarheit nicht zuzulassen sein.
Zum Anknüpfungsgegenstand „Ehegüterrecht“ gehören allgemeine Regelungen spezifisch wirtschaftlicher Folgen des Eheverhältnisses während und nach der Ehe, namentlich im Hinblick auf die Ehe getroffene Dauerregelungen über Vermögensmassen (SZ 49/160; Schwimann in Rummel aaO Rz 1 zu § 19 IPRG; derselbe in JBl 1979, 350; vgl auch Diederichsen in Palandt aaO Rz 4 zu § 1408). Eine solche Dauerregelung, wenngleich nur für einen einzelnen Gegenstand - was zulässig ist (EvBl 1962/263; Petrasch in Rummel aaO Rz 5 zu § 1217;Diederichsen aaO) - , liegt hier vor, sodaß das Güterrechtsstatut maßgeblich ist.
Nach § 19 IPRG wäre das Recht anzuwenden, das zur Zeit der Eheschließung für die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe maßgeblich war. Ist die Ehe - wie hier - aber schon vor dem Inkrafttreten des IPRG () geschlossen worden, ist das Güterrechtsstatut des zuvor in Geltung gestandenen IPR anzuwenden (7 Ob 2390/96p; SZ 49/160; Schwimann in Rummel aaO Rz 3 zu § 19 IPRG). Die Anknüpfung hängt demnach davon ab, zu welcher Rechtsordnung die engste Beziehung und die meisten Anknüpfungspunkte bestanden haben. Dies führt zur Berufung deutschen Rechts, wird in Rechnung gestellt, daß beide Streitteile stets deutsche Staatsangehörige waren und noch immer sind, ihre Ehe in Deutschland geschlossen und dort auch aufgelöst haben und schließlich auch ihren gemeinsamen Wohnsitz in Deutschland hatten. Demgegenüber tritt der Umstand, daß sie den Ehepakt in Österreich über eine Liegenschaft in Österreich errichteten, deutlich in den Hintergrund (vgl 7 Ob 2390/96p; SZ 49/160).
Für die hier zu beurteilende Liegenschaft haben die Streitteile durch Ehevertrag (Ehepakt) den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft zulässigerweise (§ 1363 BGB) abbedungen (Diederichsen aaO Rz 2 und 4 zu § 1363 sowie Rz 1 zu § 1408 und Rz 5 zu § 1408). Bei Abschluß des Ehevertrags wurde die gemäß § 1410 BGB erforderliche Form, deren Mangel Nichtigkeit der Ehepakte bewirkt hätte (Diederichsen aaO Rz 3 zu § 1410), eingehalten: Der nach § 1410 BGB gebotenen Form der „Niederschrift eines Notars“ kommt der Notariatsakt nach österreichischem Recht gleich, sodaß ein Formverstoß zu verneinen ist (vgl die Nachweise bei Schwimann in Rummel aaO Rz 8 zu § 8 IPRG). Infolge Aufhebung des gesetzlichen Güterstands durch die von den Streitteilen im Ehepakt vereinbarte Gütergemeinschaft entstand in Gestalt der Liegenschaft gemeinschaftliches Vermögen, doch endete diese Gütergemeinschaft mit der Scheidung der Ehe (Diederichsen aaO Rz 1 zu der bei § 1414 erörterten Gütergemeinschaft). Nach dem Ende einer Gütergemeinschaft kommt es zu einer Auseinandersetzung der Ehegatten nach den §§ 1471 ff BGB, wobei bis zur Auseinandersetzung über das Gesamtgut die Gemeinschaft zur gesamten Hand mit gemeinsamer Verwaltung bestehen bleibt und Teilung nicht verlangt werden kann (§ 1471 Abs 2 iVm § 1419 BGB; Diederichsen aaO Gütergemeinschaft Rz 1 zu § 1414 und Rz 2 zu § 1419). Die Auseinandersetzung erfolgt - mangels anderer Vereinbarung - gemäß § 1474 BGB nach den §§ 1475 bis 1481 BGB. Nach Scheidung einer Ehe hat jeder Ehegatte das Recht zur Gestaltung der Auseinandersetzung gemäß § 1478 BGB und dieses Wahlrecht kann bis zur Beendigung der Auseinandersetzung ausgeübt werden. Es geht auch durch eine anders gerichtete Klage nicht verloren (Diederichsen aaO Rz 2 zu § 1478). Er könnte also den Wert dessen verlangen, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat. Das Übernahmerecht gemäß § 1477 Abs 2 BGB wird aber durch § 1478 BGB nicht berührt (Diederichsen aaO Rz 1 zu § 1478). Gegenstände, die ein Ehegatte in die Gütergemeinschaft eingebracht hat, kann dieser demnach - grundsätzlich gegen Ersatz des Wertes - übernehmen; die Ausübung dieses Gestaltungsrechts geschieht durch formlose, empfangsbedürftige Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten (Diederichsen aaO Rz 2 und 3 zu § 1477). Die Abgabe einer solchen Übrenahmeerklärung kann hier nicht zweifelhaft sein, wenngleich der Beklagte aus verschiedensten rechtlichen Erwägungen und (offensichtlich wegen § 1478 BGB) ohne Anbot eines Wertersatzes die Rückübereignung der Liegenschaftshälfte forderte (vgl S 3 der Klagebeantwortung). Damit ist es der Klägerin in der Tat verwehrt, auf Zivilteilung der Liegenschaft zu klagen (siehe S 10 des Urteils der ersten Instanz).
Soweit die Klägerin schließlich moniert, „bei Anwendung der deutschen Rechtsordnung“ wäre die Klage gemäß § 235 AußStrG an das zuständige Außerstreitgericht zu übertragen gewesen, ist ihr entgegenzuhalten, daß die Kollisionsnorm des § 20 IPRG lediglich die materiellrechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen der Ehescheidung erfaßt, wogegen die Verfahrensart und die Zuständigkeit dem Recht des Gerichtsorts anheimgestellt sind (1 Ob 2386/96f mwN). Für die Auseinandersetzung gemäß den §§ 1471 ff BGB ist jedoch das Verfahren außer Streitsachen nicht vorgesehen, soweit es dabei um die Folgen der Beendigung der Gütergemeinschaft geht.
Der Revision der Klägerin ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.