OGH 02.10.2007, 5Ob208/07k
Rechtssatz
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Normen | |
RS0122787 | Das Einlangen der Anerkenntnisurkunde beim Standesbeamten ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anerkenntnisses. Bis dahin ist das auch in einer öffentlich beglaubigten Privaturkunde abgegebene Anerkenntnis nur aufschiebend bedingt. Nicht zustandegekommenen Anerkenntnissen in diesem Sinn fehlt es an der Bindungswirkung; sie können daher auch nicht Gegenstand einer rechtsgestaltenden Unwirksamerklärung in einem außerstreitigen Verfahren nach § 164 ABGB sein. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solè als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Adam Alexander G*****, vertreten durch Dr. Helmut Valenta, Dr. Gerhard Gferer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Antragsgegner Alexander P*****, vertreten durch Dr. J. Buchmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Rechtsunwirksamkeit eines Anerkenntnisses der Vaterschaft, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 15 R 247/07k, 15 R 248/07g-14, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung:
Mit Notariatsakt vom hat der Antragsteller die Vaterschaft zum Beklagten anerkannt.
Am wurde ein blutgruppenseriologisches Gutachten erstellt, aus dem der Antragsteller schloss, nicht der Vater des Antragsgegners zu sein.
Am brachte der Antragsteller eine Klage mit dem Begehren ein, das Anerkenntnis der Vaterschaft des Klägers, abgegeben mit Notariatsakt vom , für rechtsunwirksam zu erklären. Im Klagsvorbringen stützte sich der nunmehrige Antragsteller darauf, dass er nach dem Gutachten vom nicht der Vater sei. Von der Kindesmutter sei ihm zugesagt worden, die Rückgängigmachung des Vaterschaftsanerkenntnisses zu bewerkstelligen. Nunmehr werde aber - beginnend mit - von ihm Unterhalt begehrt. Erst durch die Zustellung der Ladung im Unterhaltsverfahren am habe er erfahren, dass die Kindesmutter entgegen ihrer Zusage das Vaterschaftsanerkenntnis nicht rückgängig gemacht habe. Das Erstgericht überwies die Rechtssache gemäß § 44 JN ins Außerstreitverfahren und behandelte es in der Folge als Abstammungssache (§ 82 AußStrG).
Beide Vorinstanzen wiesen den Antrag wegen Verfristung ab. Für einen Antrag nach § 164 Abs 2 ABGB sei eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist von zwei Jahren normiert, die mit der Entdeckung der Täuschung, des Irrtums oder der gegen die Vaterschaft sprechenden Umstände durch den Anerkennenden beginne. Keinen Einfluss auf den Fristenlauf habe ein von dritter Seite veranlasster Irrtum über die Antragsfrist. Die Antragsfrist habe für den Antragsteller mit dem Gutachten vom zu laufen begonnen, sofern man nicht davon ausgehe, es wäre ihm objektiv schon früher die Einholung eines Gutachtens mit Aussicht auf Erfolg möglich gewesen. Der erst 14 Jahre später eingebrachte Antrag nach § 164 ABGB sei somit jedenfalls verfristet.
Soweit sich der Antragsteller darauf berufe, das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Erstgericht den Notariatsakt über seinen Widerruf des Anerkenntnisses weder von Amts wegen beigeschafft habe noch einem solchen Beweisantrag nachgekommen sei, verneinte das Rekursgericht eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Zum einen gehe der Untersuchungsgrundsatz nicht derart weit, zum anderen ändere der im Notariatsakt abgegebene Widerruf nichts an der Rechtsgültigkeit des Anerkenntnisses. Nach der anzuwendenden Rechtslage hätte der Antragsteller eine Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Anerkenntnisses gemäß § 164b ABGB a.F. binnen einem Jahr ab Kenntnis der Umstände, die die Vermutung seiner Vaterschaft entkräften, einbringen müssen. Im Zeitpunkt des Widerrufs des Anerkenntnisses () wäre eine solche Klage bereits verfristet gewesen. In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Antragsteller nun erstmals - in Form einer Rüge sekundärer Feststellungsmängel - geltend, dass festgestellt hätte werden müssen, dass sein in Notariatsaktsform abgegebenes Anerkenntnis, das der zuständigen Standesbehörde nicht übermittelt worden sei, ohnedies nicht rechtswirksam geworden sei. Hätten die Vorinstanzen ein mängelfreies Verfahren abgeführt, nämlich die Urkunden über das Anerkenntnis und dessen Widerruf von Amts wegen oder zumindest über Antrag des Antragstellers beigeschafft, hätte sich daraus ergeben, dass das vorliegende Vaterschaftsanerkenntnis niemals rechtswirksam geworden bzw rechtzeitig widerrufen worden sei. Der Antragsteller habe nämlich den Notar niemals ermächtigt, das Anerkenntnis den zuständigen Behörden vorzulegen. Dies sei auch nicht geschehen, sodass die am notariell aufgenommene Widerrufserklärung für die Aufhebung des Anerkenntnisses jedenfalls ausreichend gewesen sei. Im Weiteren rügt der Revisionsrekurswerber die unrichtige Berechnung der Anfechtungsfrist des § 164 ABGB, indem er neuerlich auf die Irreführung durch die Kindesmutter verweist und seinen daraus resultierenden Rechtsirrtum über die Notwendigkeit einer Anfechtung.
Rechtliche Beurteilung
Mit diesen Ausführungen im außerordentlichen Revisionsrekurs werden keine relevanten Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG dargetan (§ 65 Abs 3 Z 6 AußStrG):
Das Einlangen der Anerkenntnisurkunde beim Standesbeamten ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Anerkenntnisses( § 163c ABGB). Bis dahin ist das auch in einer öffentlich beglaubigten Privaturkunde abgegebene Anerkenntnis nur aufschiebend bedingt (vgl LGZ Wien EFSlg 66.016 mwN; Stabentheiner in Rummel Rz 12 und 14 zu § 163c; Schwimann in Schwimann ABGB3 Rz 10 zu § 163c). Der Notar, der zur Beurkundung eines Anerkenntnisses als Notariatsakt nach den Bestimmungen der §§ 1 Abs 1, 2, 52 ff NO berufen ist, darf diese Urkunde nur über Auftrag des Erklärenden der Personenstandsbehörde übermitteln (§ 54 Abs 3 PStG; 4 Ob 501/96 = SZ 69/2; Stabentheiner aaO Rz 9c zu § 163 ABGB). Das entspricht auch der hier maßgeblichen Rechtslage des Jahres 1987 (vgl 4 Ob 501/96 = SZ 69/2). Nicht zustandegekommenen Anerkenntnissen in diesem Sinn fehlt es aber an der Bindungswirkung und damit am Substrat für ihre Beseitigung in einem Verfahren nach § 164 ABGB. Eine Entscheidung im Verfahren über die Rechtsunwirksamerklärung eines Anerkenntnisses ist nämlich eine Rechtsgestaltungsentscheidung, die naturgemäß ein wirksames Anerkenntnis voraussetzt, das beseitigt werden soll (vgl Stabentheiner in Rummel³ Rz 1 und 2 zu § 164 ABGB). Das ergibt sich schon aus den Bestimmungen des § 163c ABGB bzw seiner Rechtsvorgängerbestimmung, die die Übermittlung des Anerkenntnisses an die zuständige Personenstandsbehörde als Wirksamkeitsvoraussetzung normieren, und dem Wortlaut des § 164 ABGB.
Die im außerordentlichen Revisionsrekurs vorgetragenen Neuerungen dienen daher nicht der Unterstützung der Revisionsrekursgründe, mit denen eine Stattgebung des Antrags angestrebt wird. Soweit mit dem außerordentlichen Revisionsrekurs eine unrichtige rechtliche Beurteilung im Sinne einer unrichtigen Fristberechnung geltend gemacht wird, ist auf die schon vom Rekursgericht herangezogene höchstgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die materielle Ausschlussfrist nicht durch einen durch dritte Personen veranlassten Irrtum beseitigt wird (RIS-Justiz RS0048296; 7 Ob 653/82 = ÖA 1984, 43).
Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war daher der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solè als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Adam A*****, vertreten durch Dr. Helmut Valenta, Dr. Gerhard Gferer, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Antragsgegner Alexander P*****, vertreten durch Dr. J. Buchmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Rechtsunwirksamkeit eines Anerkenntnisses der Vaterschaft, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revisionsrekursbeantwortung des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Langt - wie hier - die nicht freigestellte und daher gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO keinesfalls zu honorierende Revisionsrekursbeantwortung des Rechtsmittelgegners erst nach Beschlussfassung über die Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses beim Obersten Gerichtshof ein, so ist sie wegen inzwischen endgültig erledigter Streitsache zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0043690 [T4]).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Kennung XPUBL Diese Entscheidung wurde veröffentlicht in iFamZ 2008/7 S 10 - iFamZ 2008,10 XPUBLEND |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2007:0050OB00208.07K.1002.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAD-54049