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OGH vom 30.11.2006, 3Ob222/06b

OGH vom 30.11.2006, 3Ob222/06b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Hon. Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** Inc., ***** USA, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon und Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die verpflichtete Partei P***** GmbH, ***** vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Unterlassung (§ 355 EO; Streitwert 36.336,41 EUR), infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , GZ 2 R 162/06k-17, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Villach vom , GZ 13 E 7069/05f-9, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Der verpflichteten Partei ist mittels einstweiliger Verfügung (EV) verboten, das Zeichen Manpower, in welcher Form auch immer, und/oder dazu ähnliche Zeichen als Firmenschlagwort oder Etablissementbezeichnung, in welcher Schreibweise auch immer, in Zusammenhang mit Dienstleistungen, die unter den Unternehmensgegenstand der betreibenden Partei, nämlich Unterlassung und/oder Bereitstellung von Arbeitskräften, Leiharbeit, Personalleasing, Personalvermittlung, Zeitarbeitsvermittlung oder ähnliche Unternehmensgegenstände in jedweder Betriebsform, fallen, zu verwenden oder bei derartigen Handlungen mitzuwirken. Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei über deren Antrag wider die verpflichtete Partei die Exekution nach § 355 EO, weil die verpflichtete Partei dadurch, dass sie a) am unter Nennung der Firma Manpower Austria unter einer bestimmten Internetadresse eine Stellenanzeige, in der um HTL- oder FH-Absolventen geworben wurde, eingeschaltet hatte; b) am in der „Kleinen Zeitung" unter Nennung der Firma Manpower Austria ein Job-Inserat geschaltet hat; c) am in der „Kleinen Zeitung" unter Nennung der Firma Manpower Austria ein Job-Inserat geschaltet hat und d) am Standort ihrer Filiale in Villach vom 24. November bis durch die Verwendung der Aufschrift Manpower am Geschäftslokal sich aktiv um Kunden bemüht hat, gegen den Unterlassungstitel verstoßen habe und verhängte eine Geldstrafe von 3.600 EUR. Den Antrag der betreibenden Partei, die verpflichtete Partei nach § 355 Abs 2 EO zum Erlag einer Sicherheit von 33.000 EUR für den Zeitraum eines Jahres zu verpflichten, wies es hingegen ebenso ab wie einen Strafantrag der betreibenden Partei, wegen behaupteten neuerlichen Zuwiderhandelns gegen die EV eine weitere Geldstrafe zu verhängen.

Das Rekursgericht bestätigte die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung sowie die Verhängung der Geldstrafe von 3.600 EUR. Über Rekurs der betreibenden Partei verpflichtete es die verpflichtete Partei zum Erlag einer Sicherheitsleistung von 16.351,39 EUR für den Zeitraum eines Jahres ab und verhängte wegen Zuwiderhandelns gegen das eingangs angeführte Unterlassungsgebot dadurch, dass die verpflichtete Partei an ihrer Adresse in V***** weiterhin unter dem Firmenschild Manpower auftritt (dies zumindest bis zum ) eine weitere Geldstrafe von 5.000 EUR. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Bescheinigung der voraussichtlichen Höhe des Schadens bei einem Antrag auf Erlag einer Sicherheit im Zusammenhang mit der Verletzung von Markenrechten zulässig sei.

Die betreibende Partei habe durch Vorlage von einschlägigen Publikationen die marktübliche Berechnung der Lizenzgebühr in Ansehung des Bruttoerlöses oder des Nettoumsatzes schlüssig und nachvollziehbar bescheinigt. Der im vorgelegten Franchise-Lizenzvertrag der betreibenden Partei zugrundegelegte Nettoumsatz ermögliche im Hinblick auf die Identität des Unternehmensgegenstands dieses Vertragspartners der betreibenden Partei mit dem der verpflichteten Partei durchaus die - lediglich annähernde - Schätzung des voraussichtlichen Schadens. Der Beweis der Schadenshöhe durch Vorlage einer Bilanz der verpflichteten Partei sei für einen Antrag nach § 355 Abs 2 EO nicht erforderlich, sondern allenfalls Gegenstand eines Schadenersatzprozesses nach § 53 MSchG. Der von der betreibenden Partei behauptete Schaden durch Entgang einer Lizenzgebühr von 16.351,39 EUR sei daher ausreichend konkretisiert. Die Abweisung der Verhängung einer weiteren Geldstrafe wegen weiterer Verwendung des Firmenschilds sei zu Unrecht erfolgt, weil die betreibende Partei das Zuwiderhandeln der verpflichteten Partei auch in zeitlicher Hinsicht ausreichend beschrieben habe. Die erforderliche zeitliche Abgrenzung (Beginn der Vollzugstufe) ergebe sich aus dem Wort „weiterhin". Für die verpflichtete Partei sei eindeutig, in welchem Zeitraum oder zu welchem Zeitpunkt sie welche Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel begangen haben solle. Der Revisionsrekurs der verpflichteten Partei, mit dem sie die Abweisung des Exekutionsantrags, des weiteren Strafantrags sowie des Antrags auf Erlag einer Sicherheit anstrebt, ist nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, der gemäß § 78 EO als allgemeine Bestimmung der ZPO über das Rechtsmittel des Rekurses auch im Exekutionsverfahren gilt (stRsp; RIS-Justiz RS0012387, RS0002321), ist der Revisionsrekurs gegen bestätigende Beschlüsse des Rekursgerichts jedenfalls unzulässig. Wenn ein Beschluss zwei oder mehrere voneinander getrennte Gegenstände erledigt, die nicht in einem so engen, unlösbaren sachlichen Zusammenhang stehen, dass sie nicht auseinander gerissen werden könnten, sie also nicht als Einheit zu behandeln sind, gilt der Revisionsrekursausschluss bei Konformatsbeschlüssen auch für den vom Rekursgericht bestätigten Teil eines Beschlusses (stRsp; RIS-Justiz RS0044257, RS0044238). So hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass mehrere Strafanträge nach § 355 EO ebenso gesondert zu beurteilen sind wie zusammengefasste Entscheidungen zweiter Instanz über die Aufschiebung der Exekution in Ansehung der Exekutionsbewilligung einerseits und weiterer Strafbeschlüsse andererseits (3 Ob 90/95, 3 Ob 195/04d, 3 Ob 256/04z) oder Exekutionsanträge nach § 353 Abs 1 EO und nach § 353 Abs 2 EO zum Erlag eines Kostenvorschusses (3 Ob 86/01w). Da die Exekutionsbewilligung und Verhängung einer Geldstrafe - in diesem Punkt bestätigte das Rekursgericht die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung und Verhängung einer Geldstrafe vollinhaltlich - mit dem weiteren Begehren auf Verpflichtung zum Erlag einer Sicherheitsleistung nach § 355 Abs 2 EO und Verhängung einer weiteren Geldstrafe (neuerlicher Strafantrag) in keinem so engen rechtlichen Zusammenhang stehen, dass sie kein eigenes rechtliches Schicksal haben könnten, liegt in Ansehung der Exekutionsbewilligung und Verhängung einer Geldstrafe von 3.600 EUR eine unanfechtbare Konformatsentscheidung vor.

2. Ob die in einem Exekutionsantrag nach § 355 EO enthaltene konkrete Behauptung des Zuwiderhandelns ausreichend ist oder nicht, bildet - von hier nicht vorliegenden, im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilungen abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO (stRsp, zuletzt 3 Ob 151/05k; RIS-Justiz RS0004745; vgl. dazu auch RS0042828).

3. Welche Geldstrafe im Einzelfall tatsächlich zu verhängen ist, kommt immer auf die konkreten Umstände an. Die Bemessung von Geldstrafen nach § 355 EO wirft wegen der darin angeordneten Bedachtnahme auf Art und Schwere des jeweiligen Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und das Ausmaß von dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung, also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (stRsp, zuletzt 3 Ob 50/06h; RIS-Justiz RS0012388), sofern keine eklatanten - hier nicht vorliegenden - im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifenden Fehlbeurteilungen vorliegen.

4. Der Oberste Gerichtshof hat in jüngster Zeit wiederholt ausgesprochen, dass das Exekutionsbewilligungs-/Strafantragsverfahren in erster Instanz jedenfalls einseitig ist; in zweiter Instanz gleichfalls weiterhin einseitig bleibt, soweit die Herstellung der Waffengleichheit im Rekursverfahren durch Anhörung des Rekursgegners nicht aus besonderen - nur von der zweiten Instanz im Einzelfall im Rahmen ihres pflichtgemäßen rechtlichen Ermessens beurteilbaren - Gründen für geboten erscheint (etwa dann, wenn eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls unzulässig ist) und in dritter Instanz gleichfalls einseitig ist, sofern nicht der Oberste Gerichtshof im Einzelfall eine Rechtsmittelbeantwortung für geboten hält (stRsp, insbes. 3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26; RIS-Justiz RS0118686).

5. Wird der Antrag gestellt, dem Verpflichteten eine Sicherheit für den durch ferneres Zuwiderhandeln entstehenden Schaden gemäß § 355 Abs 2 EO aufzuerlegen, so muss der Betreibende nicht nur die Umstände vorbringen, aus denen sich der drohende Schaden ergibt, sondern auch Angaben über die voraussichtliche Höhe des Schadens machen. Das Vorbringen zur Sicherheitsleistung ist lediglich dann entbehrlich, wenn nach der Sachlage kein Zweifel über Art und Höhe des drohenden Schadens besteht (3 Ob 136/76 = SZ 49/155 u.a.; RIS-Justiz RS0002074).

Nach § 53 Abs 1 MSchG idF der Markenrechts-Nov 1999 hat der durch unbefugte Nutzung einer Marke Verletzte gegen den Verletzer Anspruch auf ein angemessenes Entgelt. Eine inhaltsgleiche Regelung enthält § 150 Abs 1 PatG für Patentverletzungen; diese Bestimmung war vor Inkrafttreten der Markenrechts-Nov 1999 gemäß § 56 MSchG auch bei Markenverletzungen anzuwenden. Der Oberste Gerichtshof hat zu § 150 Abs 1 PatG ausgesprochen, dass sich das angemessene Entgelt regelmäßig nach dem Wert der Nutzung des Patents richte und damit einer angemessenen Lizenzgebühr gleichzusetzen sei. Das angemessene Entgelt könne daher nach den Grundsätzen bemessen werden, die für die Berechnung einer vertraglichen Lizenzgebühr herangezogen werden. Dabei sei vor allem die allgemeine wirtschaftliche Bedeutung des Patents zu berücksichtigen und es sind die Vor- und Nachteile abzuwägen, die der Verletzer gegenüber einem Lizenznehmer hat (4 Ob 246/97y = ÖBl 1998, 307 mwN). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn das angemessene Entgelt für die Verletzung des Markenrechts zu bemessen ist (4 Ob 243/01s = ÖBl 2002, 237; 4 Ob 119/04k = RdW 2005, 26). Der Anspruch auf angemessenes Entgelt nach § 53 Abs 1 MSchG ist ein aus dem § 1041 ABGB erwachsender Vergütungsanspruch für die ungerechtfertigte Verwendung eines Immaterialgüterrechts. Die Höhe der Vergütung entspricht dem Wert der Nutzung des Immaterialgüterrechts, also in der Regel einer angemessenen Lizenzgebühr (4 Ob 36/05f = WBl 2005, 592 = RdW 2005, 750 = ecolex 2005, 928 [Schönherr/Adocker]; RIS-Justiz RS0108478). Das angemessene Entgelt kann daher nach den Grundsätzen bemessen werden, die für die Berechnung einer vertraglichen Lizenzgebühr herangezogen werden. Dabei ist vor allem die allgemeine wirtschaftliche Bedeutung des Rechts zu berücksichtigen und es sind die Vor- und Nachteile abzuwägen, die der Verletzer gegenüber einem Lizenznehmer hat. Bei der Bemessung des angemessenen Entgelts ist darauf abzustellen, was redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten. Maßgebend ist, welche Nutzung tatsächlich erfolgt, weil auszuschließen ist, dass redliche und vernünftige Parteien ein Entgelt vereinbaren, dass einen Nutzen abgibt, der gar nicht entstehen kann (4 Ob 36/05f mwN). Die Lizenz wird üblicherweise als Stücklizenz berechnet. Sie beträgt im Regelfall zwischen ein bis fünf Prozent des Bruttoerlöses; bei sehr bekannten Marken mit überragender Bedeutung für den Absatz kann die Lizenz bis zu fünfzehn Prozent betragen (4 Ob 36/05f mwN). Da sowohl die Voraussetzungen für die Verpflichtung zum Erlag einer Sicherheitsleistung nach § 355 Abs 2 EO, was die Behauptungslast des Antragstellers anlangt, ebenso von der Rsp des Obersten Gerichtshofs geklärt sind wie die Grundsätze der Bemessung des angemessenen Entgelts im Falle der Markenverletzung, bedarf es diesbezüglich keiner weiteren Rsp des Obersten Gerichtshofs. Die Anwendung dieser Grundsätze auf den konkret zu beurteilenden Einzelfall wirft aber in der Regel keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf. Eine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung der zweiten Instanz vermag die Revisionsrekurswerberin nicht aufzuzeigen.

Das Rechtsmittel ist zurückzuweisen.