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OGH vom 25.10.2018, 6Ob158/18f

OGH vom 25.10.2018, 6Ob158/18f

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl.-Ing. C***** O***** M*****, 2. Mag. A***** G***** S*****, beide *****, vertreten durch Blum, Hagen & Partner Rechtsanwälte GmbH in Feldkirch, gegen die beklagte Partei A***** P*****, vertreten durch Mag. Bernhard Schwendinger, Rechtsanwalt in Dornbirn, als Verfahrenshelfer, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 113/18t-17, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG kann der Vermieter den Mietvertrag aus wichtigem Grund unter anderem kündigen, wenn der Mieter durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet, wobei für die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Mieters als unleidlich anzusehen ist, die Umstände des Einzelfalls in ihrer Gesamtheit maßgeblich sind (vgl 6 Ob 87/13g; 9 Ob 51/06z); der Frage, ob es sich bei einem konkreten Verhalten um ein unleidliches Verhalten nach § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG handelt, kommt somit keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu (RIS-Justiz RS0042984).

Die Vorinstanzen haben diese Frage im vorliegenden Fall durchaus vertretbar bejaht, kam es doch seit Mitte des Jahres 2016 immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen der beklagten Mieterin und zwei im selben Haus lebenden Familien; es handelte sich dabei um lautstarke Streitereien samt wechselseitiger Beschimpfungen, Äußerungen, die an Respektlosigkeit schwer zu überbieten sind, Erniedrigungen und Ankündigungen, sich gegenseitig das Leben schwer zu machen.

2. Das Erstgericht führte im Rahmen seiner Beweiswürdigung aus, es sei bei ihm der Eindruck entstanden, die beiden anderen Familien hätten ein Interesse daran, dass die Beklagte aus dem Wohnhaus auszieht, „sodass sie keine Gelegenheit zu einem Streit auslassen“. Daraus zieht die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision den Schluss, sie sei von den beiden Familien provoziert worden; ihr Verhalten sei eine verständliche Reaktion „auf ihr widerfahrenes Unrecht“ gewesen. Die Vorinstanzen hätten deshalb auch prüfen müssen, inwieweit die Kläger die Möglichkeit gehabt hätten, die anderen Familien als Mieter zu kündigen.

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können zwar Provokationen des Mieters nach den Umständen des Einzelfalls einem an sich dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG zu unterstellendes Verhalten den Charakter eines Kündigungsgrundes nehmen (RIS-Justiz RS0070421). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf Provokationen durch den Vermieter und nicht auch auf solche durch Mitbewohner (7 Ob 191/17i). Darüber hinaus lässt sich den Feststellungen der Vorinstanzen auch nicht entnehmen, dass die Streitereien (ausschließlich) von den beiden anderen Familien ausgegangen wären, also (ausschließlich) diese provoziert hätten. Diese ließen bloß keine Gelegenheit zu einem Streit aus. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte im Zuge eines Streits im März 2017 als „Hure“ beschimpft wurde; die Beschimpfungen, Äußerungen, die an Respektlosigkeit schwer zu überbieten sind, und Erniedrigungen erfolgten wechselseitig.

2.2. Im Übrigen hat bereits das Berufungsgericht im Zusammenhang mit Provokationen durch einen anderen Mieter zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 3 2. Fall MRG nicht nur den ruhigen Mieter vor dem unleidlichen schützen soll, sondern auch das wichtige Interesse des Vermieters, im Haus Ruhe und Ordnung zu wahren. Die gegenteilige Ansicht würde dazu führen, dass bei beiderseitigem unleidlichen oder grob ungehörigen Verhalten keiner der Mieter gekündigt werden könnte und der Vermieter dauernd Unruhe in seinem Haus dulden müsste. Auch bei einem ungehörigen Verhalten des Mieters, das durch einen anderen Mieter provoziert wurde, steht dem Vermieter daher das Recht zu, beide Mieter oder auch nur einen von ihnen zu kündigen (LGZ Wien MietSlg 60.331 [2008], 66.385 [2014]).

3. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen sind beide Kläger Hälftemiteigentümer der an die Beklagte vermieteten Wohnung. Im schriftlichen Mietvertrag scheint zwar lediglich der Erstkläger als Vermieter auf, der Zweitklägerin ist jedoch der Mietvertrag bekannt und hat sie auch ihr Einverständnis zur Fertigung durch den Erstkläger erteilt. Mit dem Berufungsgericht ist damit davon auszugehen, dass der Erstkläger bei Vertragserrichtung als Vertreter der Zweitklägerin tätig wurde und dass dies nichts daran ändert, dass als Partei des Räumungsverfahrens nicht der Erstkläger allein, sondern alle Miteigentümer als Bestandgeber anzusehen sind (vgl jüngst 2 Ob 109/14i); diese sind als Bestandgeber eine einheitliche Streitpartei im Sinn des § 14 ZPO (stRsp, siehe bloß 10 Ob 47/11a).

Was die Beklagte mit dem Argument, sie habe bei Vertragsabschluss nicht gewusst, dass auch die Zweitklägerin Miteigentümerin sei, sodass nicht von einem Mietverhältnis mit allen Miteigentümern ausgegangen werden könne, gewinnen will, ist nicht erkennbar, würde sie doch dann gegenüber der Zweitklägerin überhaupt titellos benützen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00158.18F.1025.000

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