zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 09.06.2009, 4Ob26/09s

OGH vom 09.06.2009, 4Ob26/09s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, *****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Ronald K*****, vertreten durch Mag. Matthias Böning, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, dieser vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 44.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 208/08b-33, womit das Teilurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 19 Cg 19/07a-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.180,36 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 363,39 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe :

Vereinszweck des Klägers ist die Bekämpfung aller Formen des unlauteren Wettbewerbs und von Wettbewerbsbeschränkungen sowie die Förderung und Vertretung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen im Sinn des § 14 UWG.

Der Beklagte ist Alleingeschäftsführer und alleiniger Gesellschafter einer Gesellschaft mbH, über deren Vermögen mit Beschluss des Landesgerichts St. Pölten vom , AZ 14 S 133/07k, der Konkurs eröffnet wurde. Die Gemeinschuldnerin betrieb das Gewerbe der „Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent". Sie führte im Sommer 2006, unter anderem am 7. und , Verkaufsveranstaltungen durch, bei denen sie Informationen über ein von ihr erarbeitetes „Bonusprogramm" erteilte und den Anwesenden das Blatt „Kundeninformation - Beratungsprotokoll - Anlegerprofil - unverbindliches Angebot" übergab. An Interessenten, die die Teilnahme am Bonusprogramm schriftlich bestätigten, übersendete sie überdies eine Konzeptbeschreibung. Der Beklagte war bei den Veranstaltungen nicht persönlich anwesend, sein Name wurde aber erwähnt. An der Veranstaltung vom nahmen 20 Personen teil.

Dem Kläger war das Informationsblatt über das „Bonusprogramm" bereits am bekannt. Am erhielt er weitere Informationen über die Gestaltung des Bonusprogramms, weshalb er an die Gemeinschuldnerin ein Abmahnschreiben richtete. Diese erachtete das Konzept allerdings nicht als wettbewerbswidrig.

Mit dem vom Beklagten unterfertigten Schreiben vom teilte die Gemeinschuldnerin Personen, die eine fondsgebundene Lebensversicherung bei einer bestimmten Gesellschaft abgeschlossen hatten, mit, dass nunmehr die rechtlichen Voraussetzungen für den Geschäftsbetrieb vorliegen. Allerdings sei die Lebensversicherung vom Vermittlungsvertrag zurückgetreten, sodass die Polizzen ab sofort gekündigt und rückabgewickelt werden könnten. Was die anderen fondsangemeldeten Kunden betreffe, könnten diese eine „Einverständnis- und Fortführungserklärung" übermitteln, mit der sie ihr Interesse, am hervorragenden Bonusprogramm der Gemeinschuldnerin teilzunehmen, bekundeten. Die Gemeinschuldnerin tue alles, um ihr großartiges Bonusprogramm weiter einzusetzen, wobei man insoweit auf Reaktionen der WKÖ und der AK-NÖ Rücksicht nehmen werde, als auch kleinere Sparbeträge vorgesehen würden. Die Verkaufsveranstaltungen würden durch öffentliche Informationsveranstaltungen ersetzt. Im Anschluss daran könne ein persönlicher Beratungstermin vereinbart werden.

Dass die Gemeinschuldnerin oder der Beklagte sämtliche Verträge über das Bonussystem rückabgewickelt haben und sich ihr neues Bonusprogramm in den wesentlichen Punkten davon unterschied, konnte nicht festgestellt werden. Das beworbene Bonusprogramm sah - laut verbreiteter Konzeptbeschreibung - zur Förderung des Verkaufs der fondsgebundenen Lebensversicherungen einer bestimmten Versicherungsgesellschaft vor, dass jeder Kunde, der zwei Neukunden für diese Lebensversicherung namhaft macht, die über die spätere Gemeinschuldnerin abschließen, von der Gemeinschuldnerin eine Vergütung in der Höhe einer Monatsprämie (350 EUR) erhält. Erst ab zwei direkten Kundenwerbungen ist man im Bonussystem teilnahmeberechtigt. Der Erstkunde darf aber auch nicht mehr als zwei weitere Kunden namhaft machen, weil ihm nur zwei Kunden direkt zugeordnet werden können. Die anderen Kunden können ihrerseits wieder jeweils zwei weitere Kunden namhaft machen, um am Bonussystem teilnahmeberechtigt zu sein. Die Teilnahme am Bonussystem setzt voraus, dass die eigene Lebensversicherung aufrecht besteht. Sollte der Kunde die Lebensversicherung vor Ablauf von fünf Jahren nicht bezahlen oder aufkündigen, so hat er kein Anrecht mehr auf weitere Bonuszahlungen. Bereits ausbezahlte Bonusse sind nicht zurück zu bezahlen.

Wenn jeder Kunde zwei neue Kunden wirbt, ergeben sich folgende Ebenen, wobei das Prämienrückvergütungssystem ausgehend von jedem Kunden nach fünf Ebenen endet (der erste Kunde ist dabei in der Ebene 0):

Ebene 0: erster Kunde;

Ebene 1: vom ersten Kunden angeworbene weitere Kunden (maximal 2);

Ebene 2: von den Kunden der Ebene eins angeworbene Kunden (maximal 4);

Ebene 3: von den Kunden der Ebene zwei angeworbene Kunden (maximal 8);

Ebene 4: von den Kunden der Ebene drei angeworbene Kunden (maximal 16);

Ebene 5: von den Kunden der Ebene vier angeworbene Kunden (maximal 32).

Wenn alle Neukunden weitere zwei Neukunden werben, erhält der erste Kunde für jede komplettierte Ebene eine weitere Monatsprämie gutgeschrieben. Sonst erhält er nur die erste Monatsprämie (Begrüßungsprämie) und die zweite Monatsprämie für seine beiden direkt geworbenen Kunden rückerstattet. Mit Komplettierung der fünften Ebene übernimmt die Gemeinschuldnerin die Bezahlung der noch zu leistenden Polizzenprämien des ersten Kunden für die ersten fünf Jahre der Laufzeit.

Ab der Komplettierung der dritten Ebene erhält der erste Kunde pro kompletter Ebene bis einschließlich der zwölften Ebene jeweils zusätzliche Prämien laut Tabelle. Diese Bonuszahlungen enden mit Komplettierung der zwölften Ebene. Die Auszahlung erfolgt jeweils am 15. Juni und 15. Dezember jedes Jahres, und zwar 70 % des jeweiligen Guthabens zu diesen Stichtagen. Die vollständige Auszahlung der restlichen 30 % erfolgt, nachdem alle Prämien für fünf Jahre bezahlt sind und der eigene Versicherungsvertrag fünf Jahre aufrecht bestanden hat, zum nächsten darauffolgenden Stichtag. Sollte der Versicherungsvertrag vor Ablauf von fünf Jahren nicht bezahlt oder gekündigt werden, so wird das jeweilige Guthaben zur Abdeckung von eventuellen Stornohaftungen gegenüber der Lebensversicherung verwendet.

Als Anreiz werden dem Kunden bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ab der ersten bis zur zwölften Ebene noch zusätzliche Sachprämien ausbezahlt. Diese zusätzlichen Prämien sind allerdings von zeitlichen Vorgaben abhängig und davon, dass sich das System in weiteren Ebenen fortsetzt.

Selbst wenn ein Kunde keine neuen Kunden namhaft macht, die bereit sind, solche Versicherungen abzuschließen, kommt er in den vollen Genuss der Lebensversicherung, ohne allerdings die dafür zu bezahlenden Prämien reduzieren zu können „Alle Prämien verstehen sich vorbehaltlich der wirtschaftlichen Liquidität der Vermittlerin und kann von ihr jederzeit an die wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden."

Eine angeschlossene Tabelle verweist auf einen „Linienbonus" ab der vierten bis zur zwölften Ebene von 1.000 bis 10.000 EUR sowie auf Sachprämien, die von Visitenkarten (Ebene 0) über verschiedene Gegenstände, unter anderem Kraftfahrzeuge (Ebene 7 bis 9), bis zu Bonusgutschriften von 50 bis 100.000 EUR (Ebene 10 bis 12) reichen.

Darüber hinaus enthält die Konzeptbeschreibung Rechtsmeinungen der späteren Gemeinschuldnerin zur Kompatibilität ihres Systems mit der österreichischen Rechtsordnung, welche sie in jeder Hinsicht als gegeben ansieht.

Der Kläger begehrte, dem Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Versicherungsverträge, insbesondere fondsgebundene Lebensversicherungsverträge, in der Form zu vermitteln und/oder vermitteln zu lassen, dass zum Zwecke der Verkaufsförderung einem Versicherungsnehmer in Aussicht gestellt wird, ihm bei der Anwerbung weiterer Versicherungsnehmer für solche Versicherungsverträge, welche angeworbenen ihrerseits jeweils weitere Versicherungsnehmer fortlaufend dem System zuführen sollen, Versicherungsprämien zurück zu erstatten und/oder ihm je nach Anzahl der angeworbenen weiteren Kunden je nach der Zahl erreichter Ebenen, in welchen solcherart angeworbene weitere Versicherungsnehmer ihrerseits jeweils wiederum neue Versicherungsnehmer angeworben haben, zusätzliche Bonifikationen (Sachprämien) nicht unbeträchtlichen Werts zu gewähren, insbesondere einem Versicherungsnehmer für den Fall der Empfehlung von zwei weiteren Versicherungsnehmern, die eine solche Lebensversicherung abschließen und ihrerseits jeweils zwei weitere zuführen sollen, in Aussicht zu stellen, eine entsprechende Anzahl der zu zahlenden Versicherungsprämien, insbesondere Monatsprämien ab 350 EUR bis zu mehrere Jahresprämien zurück zu erstatten, und/oder nach Maßgabe des Erreichens bestimmter Qualifikationsstufen des Bonusprogramms im Schneeball-System wertvolle Sachprämien, wie insbesondere Shirts, Reisen, Notebooks, Markenuhren, PKW/oder Geldleistungen, zu gewähren. Weiters stellte er ein Urteilsveröffentlichungsbegehren.

Die (spätere) Gemeinschuldnerin verleite private Versicherungsnehmer zum Abschluss von Versicherungen sowie dazu, ihrerseits weitere Versicherungsnehmer zu werben, indem sie ihnen Prämien nicht unbeträchtlichen Werts und die Rückerstattung bezahlter Versicherungsprämien in Aussicht stelle. Die Methoden der Gemeinschuldnerin und des Beklagten entsprächen dem verbotenen „Schneeball-System". Sie stelle potenziellen Versicherungsnehmern in Aussicht, ihnen im Fall der Anwerbung zweier weiterer Versicherungsnehmer die Versicherungsprämien zurück zu erstatten oder die Zahlung der Polizzenprämie ab einer bestimmten Anzahl angeworbener Neukunden überhaupt zu übernehmen. Darüber hinaus würden als zusätzlicher Anreiz noch Sachprämien nicht unerheblichen Werts in Aussicht gestellt, um die Versicherungsnehmer ihrerseits zur Anwerbung und zum Abschluss weiterer gleichartiger Verträge durch Verbraucher zu veranlassen. Durch die laufende Anwerbung neuer Kunden werde die monatliche Prämie eines jeden finanziert, sodass dem Versicherungsnehmer keine Kosten entstünden. Es handle sich um ein System, das „ihnen ihre Pension bezahlt". Es werde der unrichtige Eindruck erweckt, dass eine Zusammenarbeit mit namhaften Versicherungsunternehmen bestehe. Die Vorgangsweise der Beklagten stelle einen Verstoß gegen die §§ 1, 2, 27 UWG sowie den Anhang I Z 14 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken dar.

Der Beklagte wendete ein, das Bonusprogramm sei nicht gesetzwidrig und überdies gar nicht verwirklicht worden. Alle Verträge seien rückabgewickelt und das Bonusprogramm eingestellt worden. Die Wiederholungsgefahr sei weggefallen. Der Unterlassungsanspruch sei überdies verjährt, weil der Kläger das beanstandete Bonussystem seit gekannt habe; die letzte Werbeveranstaltung habe am stattgefunden. Seit Sommer 2006 sei infolge Einstellung des Bonusprogramms kein gesetzesverletzender Zustand mehr vorhanden.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren zur Gänze und dem Urteilsveröffentlichungsbegehren unter Abweisung eines geringfügigen Mehrbegehrens statt. Die Haftung des Beklagten ergebe sich aus seiner Stellung als Alleingeschäftsführer und -gesellschafter der Gemeinschuldnerin. Durch die Konkurseröffnung falle die Wiederholungsgefahr nicht weg, weil er das Klagebegehren nach wie vor bestreite und es durchaus möglich sei, dass er selbst oder unter Zwischenschaltung eines anderen Unternehmens wieder eine einschlägige Geschäftstätigkeit aufnehme.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision mangels Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Das beanstandete Bonussystem sei langfristig angelegt gewesen. Dadurch sei ein Dauerzustand geschaffen worden, der auch ohne Zutun des Beklagten noch andauere. Er hätte diesen Zustand beseitigen müssen, im Gegenteil habe er jedoch eine Fortsetzung in Aussicht gestellt. Da dem Beklagten der Beweis, dass der gesetzwidrige Zustand bereits mehr als 6 Monate vor Klageeinbringung zur Gänze beseitigt worden sei, nicht gelungen sei, sei der Unterlassungsanspruch des Klägers nicht verjährt. Das beanstandete Bonussystem könne zwar nicht unmittelbar § 27 UWG unterstellt werden, die Verwerflichkeit dieser Art der Werbung liege aber darin, dass sich die Gemeinschuldnerin zum Zweck der Erhöhung ihres Umsatzes der freiwilligen Vermittlungstätigkeit ausgedehnter Kreise des Publikums bediene, das durch die Aussicht, scheinbar leicht zu einem außerordentlich günstigen Geschäftsabschluss zu gelangen, zur Mitwirkung angelockt werde. Diese Hoffnung könne sich jedoch nur bei verhältnismäßig wenigen Personen erfüllen und dies ausschließlich auf Kosten anderer, die ihrerseits die gleichen Vorteile nicht mehr erlangen könnten. Die Kunden würden durch das System zu unüberlegten Abschlüssen verlockt. Auch wenn die Teilnahme am Bonussystem keine rechtliche Bedingung für die Versicherungsleistung sei, werde dadurch ein psychologischer und wirtschaftlicher Zwang zur Anwerbung weiterer Kunden ausgeübt. Seien diese Versicherungsnehmer letztlich nicht in der Lage, die Prämien aus eigenem zu finanzieren, so gingen sie der Versicherungsleistung verlustig, überdies drohe bei vorzeitiger Kündigung der gänzliche oder teilweise Verlust bereits geleisteter Prämien. Das Bonussystem enthalte wesentliche durch § 27 UWG verpönte Elemente eines Schneeball-Systems sowie einen übermäßigen Anlockeffekt. Das sei als Verstoß gegen § 1 UWG zu beurteilen. Gegen die Auffassung des Klägers, das beanstandete Bonussystem falle unter das per-se-Verbot in Z 14 des Anhangs, spreche, dass diese Bestimmung lex specialis zu § 27 UWG sei, dessen Tatbestand durch das Bonussystem nicht unmittelbar erfüllt werde. Das Bonussystem falle aber jedenfalls unter die Generalklausel des § 1 UWG. Das beanstandete Verhalten sei daher sowohl nach altem als auch nach neuem Recht lauterkeitswidrig.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels Rechtsprechung zu Z 14 des Anhangs zum UWG zulässig, aber nicht berechtigt.

Zur Verjährung:

Unterlassungsansprüche nach UWG verjähren sechs Monate, nachdem der Anspruchsberechtigte von der Gesetzesverletzung und von der Person des Verpflichteten erfahren hat; ohne Rücksicht darauf drei Jahre nach der Gesetzesverletzung (§ 20 Abs 1 UWG). Solange ein gesetzwidriger Zustand fortbesteht, bleibt der Anspruch auf seine Beseitigung und auf Unterlassung der Gesetzesverletzung gewahrt (Abs 2 leg cit). Die Verjährung eines Unterlassungsanspruchs nach UWG beginnt also erst, wenn der das Gesetz verletzende Zustand aufhört (RIS-Justiz RS0079953). Die Fortsetzung des lauterkeitsrechtswidrigen Verhaltens führt zur Verjährungshemmung (vgl 4 Ob 22/89 = ÖBl 1989, 162 - Jolly Kinderfest; 4 Ob 361, 362/76 = GesRZ 1977, 59), ohne dass es im Sinn der Argumentation des Beklagten darauf ankäme, ob es zur Beendigung des lauterkeitswidrigen Zustands eines „contrarius actus" bedürfe. Der Beklagte wies noch weniger als sechs Monate vor Klageeinbringung auf das beanstandete Bonussystem bzw dessen Fortführungsmöglichkeit hin. Dass er sämtliche Verträge über das Bonussystem rückabgewickelt hätte und sich sein neues Bonussystem in den wesentlichen Punkten vom beanstandeten unterschied, konnte nicht festgestellt werden. Dass die Vorinstanzen die Verjährungseinrede des Beklagten verwarfen, ist daher nicht zu beanstanden.

Zum Lauterkeitsverstoß:

Da das beanstandete Verhalten vor dem Inkrafttreten der UWG-Novelle 2007 BGBl I 79 gesetzt wurde, setzt ein Unterlassungsanspruch voraus, dass das beanstandete Verhalten sowohl gegen das alte als auch gegen das neue Recht verstieß/verstößt (stRsp, RIS-Justiz RS0123158).

Der Oberste Gerichtshof hielt wiederholt fest, dass der Einsatz nicht gewerbsmäßiger Kundenwerber nicht schon an sich unerlaubt ist, aber mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Einzelfalls unlauter werden kann (RIS-Justiz RS0077855). Ob eine Werbeankündigung geeignet ist, psychischen Kaufzwang auszuüben, ist eine Rechtsfrage (4 Ob 51/95).

Zu 4 Ob 380/77 (= SZ 50/139) hat der Oberste Gerichtshof - unabhängig von der konkreten Beurteilung des dort zu prüfenden Falls nach dem RabattG - die wesentlichen Argumente referiert, welche gegen den Einsatz der „Laienwerber" sprechen. Dass sich zum Vertrieb eingesetzte Laien überwiegend an Verwandte, Freunde und Bekannte wenden, die den Werber nicht so leicht abweisen können wie einen ihnen unbekannten Vertreter, trifft auf den Vertrieb von Lebensversicherungen durch private Versicherungsnehmer ebenso zu wie das Argument, die in Aussicht gestellte Werbeprämie gefährde die sachliche Auseinandersetzung mit dem konkreten Anbot sowie die Befürchtung, der die Minderung seiner eigenen Lebensversicherungsprämie anstrebende Werber werde besonders rücksichtslos vorgehen. Darüber hinaus handelt es sich bei fondsgebundenen Lebensversicherungen um komplizierte und in ihrer Risikoeinschätzung sehr anspruchsvolle Produkte, deren Vertrieb durch ungeschulte, möglicherweise selbst wenig sachkundige Personen für die Angesprochenen besonders gefährlich sein kann. Der Umstand, dass nach dem hier beanstandeten Bonussystem der angeworbene Kunde selbst nur zwei weitere Kunden anwerben sollte, ändert nichts daran, dass erhebliche Bedenken gegen den Vertrieb fondsgebundener Lebensversicherungen durch bloß auf den eigenen Prämienvorteil sehende Laienwerber bestehen. Die Gefahr rücksichtsloser Anwerbetätigkeit durch das Erfordernis, eine große Zahl von Kunden zu gewinnen, wird dadurch nicht beschränkt, werden die hohen Prämiennachlässe bzw wertvollen Sachzuwendungen doch erst in weiteren „Ebenen" erzielt, was eine Vielzahl von anzuwerbenden Interessenten bedeutet (2 hoch Anzahl der Ebenen). Von einer Beschränkung auf wenige Personen - so die Argumentation des Revisionswerbers - kann daher keine Rede sein.

Die Beurteilung des beanstandeten Vertriebssystems als sittenwidrig nach alter Rechtslage ist daher frei von Rechtsirrtum.

Z 14 des Anhangs zum UWG nennt die Einführung, Betrieb oder Förderung eines Schneeball-Systems (§ 27 UWG) zur Verkaufsförderung, bei dem der Verbraucher die Möglichkeit vor Augen hat, eine Vergütung zu erzielen, die überwiegend durch das Einführen neuer Verbraucher in ein solches System und weniger durch den Verkauf oder Verbrauch von Produkten zu erzielen ist, als irreführende Geschäftspraktik. Diese Bestimmung verweist auf die Definition des Schneeball-Systems in § 27 Abs 2 UWG, die ein vom Kunden unbedingt zu leistendes Entgelt für die Lieferung einer Ware oder die Verrichtung einer Leistung vorsieht, welche davon abhängig gemacht wird, dass der Kunde dem Unternehmen des zusichernden oder eines anderen weitere Abnehmer zuführt, die in ein gleiches Vertragsverhältnis treten. Die Voraussetzung der bedingten Leistungszusicherung ist im vorliegenden Fall insoweit nicht erfüllt, als die Leistung aus der Lebensversicherung für den erstgeworbenen Kunden nicht davon abhängig ist, dass dieser weitere Kunden dem System zuführt. Die weitere Kundenwerbung ermöglicht lediglich eine Entgeltminderung (Prämienrückgewähr). Da die Z 14 des Anhangs auf die Einführung, den Betrieb oder die Förderung eines Schneeball-Systems nach § 27 UWG verweist und ein solches - wie ausgeführt - nicht vorliegt, ist der Tatbestand hier nicht erfüllt. Daran ändert auch die Auffassung nichts, wonach auch sogenannte Pyramidensysteme nach der Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken erfasst werden sollten (Duursma/Duursma-Kepplinger in Gumpoldsberger/Baumann, UWG Ergänzungsband, Rz 59 zum Anhang mwN). Ob die Richtlinie gegen unlautere Geschäftspraktiken eine - allenfalls korrigierende - Auslegung der Bestimmung der Z 14 des Anhangs dahin erfordert, dass auch über das Schneeballsystem des § 27 UWG hinaus Laienwerbung umfassende Strukturvertriebe erfasst werden, braucht im Hinblick auf die gleichen Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Generalklausel des § 1 UWG nicht geprüft zu werden.

Da der Begriff der Unlauterkeit im Sinn des § 1 UWG idF der UWG-Novelle 2007 alle Handlungen erfasst, die bisher unter dem Sittenwidrigkeitstatbestand des § 1 UWG idF vor der UWG-Novelle 2007 erfasst wurden (4 Ob 37/08g = ÖBl 2009, 27 - Betriebsstätten) hat das Berufungsgericht seinerp Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt, dass das nach altem Lauterkeitsrecht als sittenwidrig zu beurteilende Bonussystem des Beklagten auch eine sonstige unlautere Handlung nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG idgF bildet. Der auf diese Bestimmung gestützte Unterlassungsanspruch ist daher berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO.