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OGH vom 23.05.2002, 2Ob177/01w

OGH vom 23.05.2002, 2Ob177/01w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Erich F*****, vertreten durch Mag. DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in Wien, als bestellter Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei Adele H*****, vertreten durch Mag. Alexander Stolitzka, Rechtsanwalt in Wien, und des der beklagten Partei beigetretenen Nebenintervenienten Mag. Walther S*****, vertreten durch Dr. Herbert Salficky, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 135.186,73 (= ATS 1,860.209,93) und Feststellung, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 39 R 354/00y-31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom , GZ 7 C 1732/99a-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Revision wird zurückgewiesen.

2. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.917,60 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 394,32) sowie dem Nebenintervenienten die mit EUR 1.917,60 (darin enthalten Umsatzsteuer von EUR 394,32) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann sich der Oberste Gerichtshof bei Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Der Kläger begehrte mit der am beim Erstgericht eingelangten Klage von der Beklagten, die ihm die Zustimmung zum Einbau einer WC-Anlage verweigert habe, den Ersatz eines ihm daraus entstandenen Schadens in der Höhe von S 1,860.209,93 samt kapitalisierter Zinsen von S 1,223.752,21 sowie die Feststellung der Haftung für künftige Schäden.

Die Beklagte wendete ein, dass die Verweigerung der Zustimmung zu den Umbauarbeiten nicht mutwillig oder rechtswidrig gewesen sei. Die behaupteten Schäden, die vor dem entstanden seien, seien verjährt. Der Nebenintervenient trug für die Beklagte zusätzlich vor, dass sämtliche Ansprüche verjährt seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab und führte rechtlich aus, dass in Anbetracht der Klagseinbringung am die vor dem eingetretenen Schäden verjährt seien, da dem Kläger bei Auflösung des Pachtvertrages mit Abdul R***** im Dezember 1994 sowohl der Schaden als auch die Person des Schädigers bekannt gewesen seien. Die nach dem entstandenen Schäden seien durch die Verweigerung der Genehmigung durch die Beklagte nicht verursacht.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und führte rechtlich aus, dass sämtliche geltend gemachten Ansprüche verjährt seien. Im Fall zeitlich gedehnter Entstehung mehrerer voraussehbarer Teilschäden beginne der Lauf der Verjährungsfrist auch für die vorhersehbaren Folgeschäden mit dem Eintritt des Primärschadens. Der Gefahr der Verjährung solcher Folgeschäden müsse durch die Erhebung einer Feststellungsklage begegnet werden. Demzufolge sei auch erst nach Ablauf der Verjährungsfrist des Erstschadens erhobene Feststellungsbegehren verjährt.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur "Vorhersehbarkeit von Folgeschäden, die auf neue Wirkungen eines Schadensfalles bzw bisher nicht wahrgenommene Zwischenursachen zurückzuführen sind, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung, was eine fortdauernde Vertragsverletzung anlangte und bei Veranlassung der Zwischenursache durch den Geschädigten, fehlt."

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte sowie der Nebenintervenient haben Revisionsbeantwortungen erstattet und beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - nicht zulässig.

In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes hat das Berufungsgericht dargelegt, dass die kurze Verjährungsfrist des § 1489 ABGB auch für vorhersehbare Folgeschäden mit Eintritt des Primärschadens zu laufen beginnt und zum Zwecke der Unterbrechung der Verjährungsfrist für solche Folgeschäden die Erhebung einer Feststellungsklage geboten und zumutbar ist (RIS-Justiz RS0034618, RS0034711, RS0097976, RS0083144). Nur nicht vorhersehbare neue Wirkungen eines Schadenfalles beginnt vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme die Verjährungsfrist neu zu laufen (RIS-Justiz RS0034527). Die Frage der Vorhersehbarkeit künftiger Schäden ist stets nach den Gegebenheiten des Einzelfalles unter Zugrundelegung objektiver Kriterien zu beurteilen (1 Ob 246/01k, 1 Ob 82/00s). Die Vorhersehbarkeit ist zu verneinen, wenn es zum Eintritt des späteren Schadens neben dem den Erstschaden verursachenden Ereignis noch weiterer Voraussetzungen bedarf, der Folgeschaden nicht von gleicher Beschaffenheit wie der Primärschaden ist und nicht abzusehen ist, ob in Zukunft tatsächlich ein Schaden eintreten werde (8 Ob 270/75; 5 Ob 333/98a, beide in RIS-Justiz RS0034527).

Die Kenntnis des Klägers vom Erstschaden schädigendem Ereignis undvon der Person des Schädigers ist nach den getroffenen Feststellungen mit der Auflösung des ersten Pachtvertrages Ende Dezember 1994 eingetreten. Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass künftige gleichartige Schäden mit Eintritt dieses Erstschadens vorhersehbar gewesen seien, entspricht der dargelegten Rechtsprechung. Es war für den Kläger damals bereits auch hinreichend erkennbar, dass die Verweigerung der Zustimmung der Beklagten rechtswidrig erfolgte und dass eine erfolgreiche Verpachtung unter diesen Umständen nicht möglich sein werde. Das gleichartige Scheitern eines später abgeschlossenen Pachtvertrages mit einem neuen Interessenten, dem die Streitigkeiten hinsichtlich der Toilettenanlage verschwiegen worden waren, ist daher keine (neue) Zwischenursache für das Entstehen künftiger Folgeschäden. Da im vorliegenden Fall somit keine über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls hinausreichende Bedeutung beizumessen ist, liegen die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich - unter Zugrundelegung eines Streitwertes von EUR 171.523,14 - auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte und ihr Nebenintervenient haben auf die Unzulässigkeit der Revision mit Erfolg hingewiesen.

Fundstelle(n):
OAAAD-53748