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OGH vom 17.12.2019, 3Ob220/19b

OGH vom 17.12.2019, 3Ob220/19b

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Hofrat Dr.

Roch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Priv.Doz. Dr. Rassi und Mag. Painsi und die Hofrätinnen Dr. WeixelbraunMohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei I*****, vertreten durch Mag. Klaus Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die verpflichtete Partei H*****, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Verteilung des Meistbots nach § 352c EO, über die Revision der betreibenden Partei (Revisionsinteresse 44.087,08 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 182/19h69, womit das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom , GZ 13 E 691/17a63, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das erstgerichtliche Urteil einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 2.890,17 EUR (hierin enthalten 147,91 EUR USt und 2.002,70 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Streitteile waren je zur Hälfte Miteigentümer einer Liegenschaft, die der Betreibende im Jahr 2002 um 226.676 EUR gekauft hatte. Die Parteien wollten diese Liegenschaft an sich schon damals gemeinsam erwerben, allerdings war der Verpflichtete damals noch nicht österreichischer Staatsbürger. Zur Finanzierung des Ankaufs der Liegenschaft nahmen die Parteien im Jahr 2002 gemeinsam einen Fremdwährungskredit im Gegenwert von maximal 203.000 EUR auf. Der Betreibende erteilte in der Pfandurkunde vom die Zustimmung zur Einverleibung einer Höchstbetragshypothek von 262.600 EUR ob der Liegenschaft. Neben der Darlehenssumme wendete der Betreibende außerdem Eigenmittel von 24.000 EUR für die Finanzierung des Kaufpreises auf. Außerdem beglich er aus Eigenmitteln die Grunderwerbssteuer und die Eintragungsgebühr in Höhe von insgesamt 10.125 EUR. Der Verpflichtete brachte damals Eigenmittel von „jedenfalls“ 10.000 EUR ein.

Die Parteien waren sich bei der Darlehensaufnahme im Jahr 2002 einig, dass die zugezählte Kreditsumme von ihnen je zur Hälfte „beglichen“ (gemeint: zurückgezahlt) werden solle. Sie vereinbarten weiters, sämtliche im Zusammenhang mit der Liegenschaft stehenden Zahlungen jeweils zur Hälfte zu tragen. Zunächst trugen sie die monatlich fälligen Kreditraten auch tatsächlich jeweils zur Hälfte. Im November 2005 haftete noch eine Darlehenssumme von ca 272.000 CHF aus. Diese Summe wurde damals von den Parteien „untereinander dahingehend aufgeteilt“, dass (im Innenverhältnis) der Betreibende noch 123.159 CHF und der Verpflichtete ca 149.000 CHF zurückzuzahlen hatte. Mit Kreditvertrag vom nahm der Betreibende einen (weiteren) Fremdwährungskredit mit dem Verwendungszweck „Teilabdeckung [des gemeinsamen Kredits]“ auf und zahlte den Darlehensbetrag von 123.149 CHF auf das gemeinsame Kreditkonto ein.

Erst mit – in der Folge verbüchertem – Schenkungsvertrag vom übertrug der Betreibende seinem Bruder, dem Verpflichteten, einen Hälfteanteil der Liegenschaft.

Der Verpflichtete leistete die vereinbarten monatlichen Kreditraten jedenfalls bis einschließlich Mai 2018; jedenfalls seit September 2018 hat er keine Zahlungen mehr auf das gemeinsame Kreditkonto geleistet. Ob er die Raten für den Zeitraum Juni bis August 2018 gezahlt hat, kann nicht festgestellt werden. Per haftete der gemeinsame Kredit noch mit 64.049,18 EUR aus.

Aufgrund eines Zivilteilungsurteils vom wurde dem Betreibenden mit Beschluss vom die Exekution durch Versteigerung der gemeinschaftlichen Liegenschaft gemäß § 352 EO bewilligt. In der Versteigerungstagsatzung vom wurde die Liegenschaft dem Betreibenden als Meistbietendem um das Meistbot von 555.000 EUR zugeschlagen. Der Betreibende hat das gesamte Meistbot samt 4 % Meistbotszinsen vom 19. September bis (2.372,05 EUR) erlegt.

Das Erstgericht beraumte daraufhin die Tagsatzung zur Meistbotsverteilung an und forderte die Parteien zur Äußerung zur beabsichtigten Verteilung entsprechend den Miteigentumsanteilen auf.

Der begehrte letztlich den Zuspruch von 360.872,72 EUR aus dem Meistbot. Er habe seinerzeit zur Finanzierung des Ankaufs der Liegenschaft 35.125 EUR aus Eigenmitteln aufgewendet. Zuzüglich des Meistboterlags einschließlich Zinsen ergebe sich ein Betrag von 592.848,05 EUR, von dem ihm die Hälfte (296.424,03 EUR) zuzüglich des vom Verpflichteten im Innenverhältnis allein zu tragenden Kreditrests von 64.448,69 EUR, insgesamt daher 360.872,72 EUR zustehe. Die in § 352a Abs 2 EO angeordnete Übernahme der Hypotheken betreffe ausschließlich das Rechtsverhältnis des Erstehers zum Hypothekargläubiger, nicht aber auch das Rechtsverhältnis zwischen den bisherigen Miteigentümern. Über deren wechselseitige Ansprüche aufgrund getroffener Vereinbarung sei in diesem Verfahren zu entscheiden.

Der wendete ein, das Meistbot sei entsprechend den Miteigentumsanteilen zuzuweisen. Nach den Versteigerungsbedingungen seien die Hypothekarlasten vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen.

Das verteilte das Meistbot samt Meistbots- und Fruktifikatszinsen dahin, dass es dem Betreibenden 310.710,61 EUR und 55,75 % der Fruktifikatszinsen und dem Verpflichteten 246.661,44 EUR und 44,25 % der Fruktifikatszinsen zuwies. Das Mehrbegehren des Betreibenden wies es ab. Nach der Rechtsprechung sei weder darauf abzustellen, wer das Inventar ursprünglich finanziert habe, noch darauf, welcher Teilungsgenosse welche Aufwendungen auf die Liegenschaft getätigt habe. Insofern sei auch irrelevant, wer in welcher Höhe Eigenmittel zur Finanzierung des Ankaufs der Liegenschaft eingebracht und wer welche sonstigen Aufwendungen in Bezug auf die Anschaffung der Liegenschaft (Grundsteuer, Eintragungsgebühr etc) getätigt habe. Dies müsse hier auch schon deshalb gelten, weil der Verpflichtete damals noch gar nicht Miteigentümer der Liegenschaft gewesen sei. Diese Forderungen stellten rein obligatorische Ansprüche dar, die in keinem Zusammenhang mit einer dinglichen Belastung des Versteigerungsobjekts stünden und in einem gesonderten Verfahren gegenüber dem Verpflichteten geltend zu machen wären. Grundsätzlich habe jeder Miteigentümer Anspruch auf einen seinem Liegenschaftsanteil entsprechenden Teil des Meistbots. Eine vom Ersteher zu übernehmende Last mindere den erzielbaren Erlös, auch wenn sie nur einen Miteigentumsanteil betreffe. Die hier vom Ersteher zu übernehmende Höchstbetragshypothek belaste zwar beide Miteigentumsanteile gleichermaßen, allerdings habe der Betreibende aufgrund der im Innenverhältnis getroffenen Vereinbarung noch vor Einleitung des Versteigerungsverfahrens den auf ihn entfallenden Anteil am Kredit beglichen. Diese vorzeitige Tilgung des auf den Betreibenden entfallenden Anteils am Kredit habe faktisch zu einer ungleichen Belastung der Miteigentumsanteile geführt und sei daher durch einen Wertausgleich zu korrigieren. Die aus der gemeinsamen Kreditaufnahme der Parteien resultierende Hypothekarbelastung habe ihre Wurzeln im Miteigentum an der Liegenschaft. Die vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmende Last sei auch abstrakt geeignet (gewesen), die Höhe des Meistbots zu beeinflussen. Der Wertausgleich sei so vorzunehmen, dass dem Meistbot samt Meistbotszinsen der restliche Kreditsaldo von 64.049,18 EUR zuzuschlagen sei. Von dem sich daraus ergebenden Betrag seien 50 %, also 310.710,61 EUR dem Betreibenden zuzuweisen und der Restbetrag von 246.661,44 EUR dem Verpflichteten.

Das gab der Berufung des Betreibenden gegen die Abweisung seines Mehrbegehrens nicht Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil über Berufung des Verpflichteten dahin ab, dass das Meistbot samt Meistbots- und Fruktifikatszinsen den Parteien je zur Hälfte zugewiesen wurde. Im vorliegenden Fall könne von einer ungleichmäßigen Belastung der Miteigentumsanteile nicht gesprochen werden. Das Höchstbetragspfandrecht, das noch mit 64.049,18 EUR forderungsbekleidet sei, betreffe die gesamte Liegenschaft und habe damit beide Miteigentumsanteile gleichermaßen belastet. Ungeachtet der im Innenverhältnis zwischen den ehemaligen Miteigentümern getroffenen Vereinbarung über Art und Weise der Tilgung des gemeinsam aufgenommenen Kredits, der diesem Höchstbetragspfandrecht zugrunde gelegen sei, und der daran anschließenden „ungleichen“ Kreditrückzahlungen der Parteien habe keine ungleiche und damit durch einen Wertausgleich zu korrigierende Belastung der Miteigentumsanteile bestanden. Die vom Kläger behaupteten Umstände seien auch nicht geeignet, zu einer Erhöhung oder Verringerung des abstrakt erzielbaren Meistbots zu führen. Die Entscheidung von Rechtsverhältnissen, die in keinem Zusammenhang mit dem Meistbot stünden, könne jedenfalls nicht Gegenstand der Verteilung sein. Sowohl die Kreditaufnahme als auch die Kredittilgungsvereinbarung, auf die sich der Betreibende berufe, seien erfolgt, als der Verpflichtete noch nicht Miteigentümer gewesen sei. Die im Zusammenhang mit der Kreditabdeckung zwischen den Parteien bestehende vermögensrechtliche Beziehung begründe damit ihren Ursprung nicht im Miteigentum, sodass sich die Aufteilung des Meistbots an objektiven Kriterien, nämlich am Verhältnis der Miteigentumsanteile zu orientieren habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob bei einer Belastung der versteigerten Liegenschaft mit einer Höchstbetragshypothek ein Wertausgleich im Hinblick auf die von den Miteigentümern unterschiedlich vorgenommenen Kreditrückzahlungen zu erfolgen habe.

Der Betreibende strebt mit seiner eine Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dahin an, dass ihm insgesamt 322.773,11 EUR sA zugesprochen würden; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Verpflichtete beantragt in seiner , die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage und .

1. Gemäß § 352a Abs 2 EO bleiben die Rechte dinglich Berechtigter von der Versteigerung unberührt; diese Lasten sind vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmen, auch wenn sie durch das Meistbot nicht gedeckt sind. Gegenstand und Ziel des Verteilungsverfahrens nach § 352c EO ist die Aufteilung des durch die gerichtliche Versteigerung der vormals gemeinschaftlichen Liegenschaft erzielten Erlöses auf die Miteigentümer (3 Ob 70/14m). Grundsätzlich hat jeder Miteigentümer – vorbehaltlich einer vom Exekutionsgericht primär anzustrebenden Einigung der Parteien – Anspruch auf einen seinem Anteil entsprechenden Teil des Meistbots (

RISJustizRS0004316 [T2]).

2. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nach gesicherter Rechtsprechung bei ungleicher Belastung der Miteigentumsanteile, weil eine vom Ersteher zu übernehmende Last den erzielbaren Erlös auch dann mindert, wenn sie nur einen (einzigen) Miteigentumsanteil betrifft. Diesem den anderen Miteigentümer belastenden Nachteil ist deshalb nach der Versteigerung durch Gewährung eines Wertausgleichs zu begegnen (RS0004347 [T2]); die Berücksichtigung erfolgt derart, dass bei ungleicher Belastung der Miteigentumsanteile dem Versteigerungserlös zunächst der Wert der Last zuzuschlagen und sodann dem Miteigentümer des unbelasteten Anteils von dem so errechneten Betrag der seinem Anteil entsprechende Erlös zuzuweisen ist, während der Rest dem Miteigentümer zufällt, dessen Anteil belastet ist (RS0004605). Eine solche ungleiche bücherliche Belastung der Miteigentumsanteile liegt hier allerdings gerade nicht vor.

3. Ansonsten sind nach der Rechtsprechung im Verteilungsverfahren lediglich Umstände zu berücksichtigen, die mit dem vormaligen Miteigentum in Zusammenhang stehen und zu einer Erhöhung oder Verringerung des abstrakt erzielbaren Meistbots führen können. Sonstige wechselseitige Ansprüche der Miteigentümer sind hingegen außerhalb des Verteilungsverfahrens geltend zu machen (3 Ob 70/14m mwN).

4. Der Betreibende strebt in dritter Instanz nach wie vor sowohl die – von beiden Vorinstanzen abgelehnte – Berücksichtigung seiner anlässlich des Ankaufs der Liegenschaft geleisteten „Überzahlungen“ als auch die – nur vom Berufungsgericht verneinte – Einrechnung seiner höheren Darlehensrückzahlungen an.

4.1. Welchen Betrag die einzelnen Miteigentümer seinerzeit für den Erwerb der Liegenschaft aufgewendet haben, hat bei Verteilung des Meistbots außer Betracht zu bleiben (3 Ob 63/06w). Daran ist schon deshalb festzuhalten, weil die Berücksichtigung der von den Miteigentümern jeweils – regelmäßig zu unterschiedlichen Zeitpunkten und damit allenfalls auch unter abweichenden Marktgegebenheiten – für den Erwerb ihrer Anteile aufgewendeten Mittel im Rahmen der Meistbotsverteilung unter Umständen kaum handhabbar wäre. Die Vorinstanzen haben daher völlig zu Recht davon abgesehen, die unterschiedliche Höhe der Aufwendungen der Parteien im Zusammenhang mit dem Ankauf der Liegenschaft im Jahr 2002 („Eigenmittel“, Grunderwerbssteuer etc) in die Meistbotsverteilung einfließen zu lassen.

4.2. Der in der Revision hervorgestrichene Umstand der pfandrechtlichen Belastung der Liegenschaft an sich ist ebenso wie deren Höhe zweifellos abstrakt geeignet, die Höhe des erzielbaren Meistbots zu beeinflussen. Für einen Ersteher der Liegenschaft, der die dinglichen Lasten, hier also die Hypothek, ohne Anrechnung auf das Meistbot – somit zusätzlich – übernehmen muss, kommt es bei der Abwägung, welchen Betrag er maximal zu bieten bereit ist, bei wirtschaftlich vernünftiger Vorgangsweise entscheidend darauf an, mit welchem Betrag das Darlehen, für das die Hypothek einverleibt wurde, im Zeitpunkt der Zuschlagserteilung aushaftet, weil diese Summe den von ihm für das Versteigerungsobjekt insgesamt aufzubringenden Betrag erhöht. Hätte der Betreibende im vorliegenden Fall nicht deutlich höhere Rückzahlungen als der Verpflichtete geleistet, wäre die Aushaftung des Darlehens entsprechend höher, was wiederum abstrakt geeignet wäre, die Höhe des erzielbaren Meistbots entsprechend zu verringern. Dass diese Umstände im Zusammenhang mit dem (vormaligen) Miteigentum stehen, kann auch nicht zweifelhaft sein.

5. Der Revision ist daher (nur) dahin stattzugeben, dass das Ersturteil wiederhergestellt wird.

6. Die Kostenentscheidung hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens beruht auf § 43 Abs 1, 50 ZPO. Da die Berufungen beider Parteien (jeweils mit einem Berufungsinteresse von 32.024,59 EUR) letztlich erfolglos blieben, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gegeneinander aufzuheben. In dritter Instanz hat der Betreibende zu rund 70 % obsiegt, sodass der Verpflichtete ihm 40 % der Vertretungskosten und 70 % der Pauschalgebühr für die Revision zu ersetzen hat. Bei einer Bemessungsgrundlage von 44.087,08 EUR beträgt der Ansatz nach TP 3C RATG nur 1.231,20 EUR.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00220.19B.1217.000

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