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OGH vom 17.10.2001, 7Ob250/01t

OGH vom 17.10.2001, 7Ob250/01t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Katharina B*****, vertreten durch Dr. Josef Lechner und Dr. Ewald Wirleitner, Rechtsanwälte in Steyr, gegen die beklagte Partei B***** , vertreten durch Dr. Günter Schmid, Rechtsanwalt in Linz, wegen (restlich) S 157.500,-- sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 25/01a-28, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Steyr vom , GZ 26 Cg 39/98z-22, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben und diesem im angefochtenen Umfange der Berufung der beklagten Partei die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Vom vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt ist folgender als für das Revisionsverfahren relevant hervorzuheben:

Die am geborene Klägerin hat bei der beklagten Partei zu Polizze Nr 2352/070297-0 eine Versicherung für dauernde Invalidität mit einer Versicherungshöchstsumme von S 1,5 Mio für dauernde Invalidität abgeschlossen, welcher die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallversicherung 1976 (AUVB 1976) zugrundeliegen. Nach Art 8 II 2 derselben ist "ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltage an geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes zu begründen."

Die Klägerin, die bis dahin von Seiten beider Kniegelenke beschwerdefrei gewesen war, verletzte sich bei zwei Vorfällen, die sie nunmehr zum Gegenstand ihrer Leistungsklage gegen die Beklagte macht:

Zunächst war sie Ende Mai 1994 im Rahmen des von ihr geführten landwirtschaftlichen Betriebes damit beschäftigt, 10 bis 15 kg Getreideschrot zur Fütterung der Rinder über eine Leiter herunterzutragen; dabei rutschte sie über die letzten ein oder zwei Sprossen der Leiter aus ca 1 m Höhe ab und kam mit dem rechten Bein etwas verdreht am Boden auf. Sie verspürte sofort einen stechenden Schmerz im rechten Kniegelenk (das bereits degenerative Veränderungen aufwies), knickte ein, taumelte und stürzte beinahe zu Boden, konnte jedoch einen Sturz mit der rechten Hand gerade noch abfangen. Sie konnte danach noch hinkend gehen, verspürte allerdings beim Gehen und bei Belastung Schmerzen. Da sie annahm, diese würden wieder (von selbst) abklingen, suchte sie keinen Arzt auf, sondern behandelte sich bloß mit Eisbeuteln und Topfenwickel. Die Schmerzen gingen tatsächlich zurück, sodass sie weiterhin Arbeiten in ihrer Landwirtschaft verrichtete und keinen Arzt aufsuchte. Tatsächlich hatte sie jedoch einen Meniskusriss erlitten. Die Klägerin erstattete über diesen Vorfall zunächst auch keine Schadensmeldung bei der beklagten Partei.

Der zweite Vorfall ereignete sich am . An diesem Tag lieferte die Klägerin mit einem Kleinbus Dinkel an einen Kunden. Zu diesem Zwecke hielt sie auf einer Anhöhe an, wo der Boden vor dem Bus etwas schräg abfiel. Die Klägerin wollte einen 30 kg schweren Sack bei der seitlichen Schiebetür des Busses ausladen, wozu sie sich zunächst ins Wageninnere begab, dort den Sack anhob und sodann mit dem Sack, den sie vor ihrem Körper hielt, ausstieg. Dabei trat sie mit dem rechten Fuß auf den etwas schräg abfallenden Boden auf; beim Auftreten und gleichzeitigen vollen Belasten des Beines verspürte sie wiederum einen heftig einschießenden, stechenden Schmerz im rechten Kniegelenk und knickte ein; einen Sturz konnte sie durch Nachsteigen mit dem zweiten Bein verhindern. Nach diesem Ereignis konnte sie nur mehr stark hinkend gehen und auch den Sack mit dem Dinkel nicht mehr allein tragen. Auch hier hoffte die Klägerin zunächst wiederum auf Besserung, tatsächlich nahmen die Schmerzen aber zu, sodass sie keine Arbeiten mehr verrichten konnte und letztlich den Hausarzt aufsuchte, der sie in das Landeskrankenhaus K***** einwies. Die dortige Diagnose lautete: eingeklemmter Riss des inneren Meniskus des rechten Kniegelenkes und fragliche Knorpelschädigung im rechten Kniegelenk. In Allgemeinnarkose wurde eine Kniespiegelung (Arthroskopie) durchgeführt; die stationäre Krankenhausbehandlung samt anschließendem Kuraufenthalt dauerte bis . Erst nach der Entlassung wurde zusätzlich eine (unfallkausale) Beinvenenthrombose diagnostiziert und mit blutverdünnenden Medikamenten sowie elastischem Gummistrumpf behandelt. Da die Kniegelenksbeschwerden unverändert blieben, wurde die Klägerin im Dezember 1994 wiederum stationär aufgenommen und am neuerlich eine Athroskopie durchgeführt, wobei im Hinterhornbereich des inneren Meniskus ein kleiner radiärer Riss festgestellt wurde. Hierauf wurde eine Meniskusteilressektion, eine Knorpelglättung und eine Resektion einer Synoviafalte vorgenommen sowie anschließend physikalische Therapien, Akupunktur- und Lympfhdrainagebehandlungen durchgeführt. Die Behandlung im LKH wurde am abgeschlossen. Bei der Klägerin besteht nunmehr eine dauernde Invalidität, welche auf den ersten Vorfall von Ende Mai 1994 zurückzuführen ist. Eine Begünstigung beider Vorfälle durch die degenerativen Vorschäden der Klägerin ist nicht anzunehmen. Allein auf Grund der degenerativen Beschwerden wäre bei ihr eine Gebrauchswertminderung des Beines von 15 % des gesamten Beinwertes anzunehmen. Die tatsächliche Gesamtgebrauchswertminderung (Unfallfolgen + unfallsfremde Veränderungen) ist mit 30 % anzunehmen.

Zu 24 Cgs 188/94g des Landesgerichtes Steyr brachte die Klägerin am gegen die Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine Klage auf Anerkennung des (zweiten) Vorfalles vom gemäß den Bestimmungen des ASVG als Arbeitsunfall - später modifiziert auf Leistung einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß ab Anfallstag - ein. Im Zuge dieses Verfahrens wurden mehrere unfallchirurgisch-orthopädische sowie ein hautärztliches Gutachten eingeholt; erst durch die Gutachtenserstattung des Sachverständigen Dr. H***** (dessen erstes Gutachten vom am beim Landesgericht Steyr einlangte) wurde der Klägerin bewusst, dass sie (bereits) beim Vorfall Ende Mai 1994 eine Schädigung im rechten Knie erlitten hatte, die eine Invalidität zur Folge hat. Mit (lediglich im Kostenpunkt bekämpftem, im Übrigen jedoch unbekämpft in Rechtskraft erwachsenem) Urteil vom wurde der Klägerin für die Folgen des Arbeitsunfalles vom eine gestaffelte Versehrtenrente zuerkannt, wobei (in den Entscheidungsgründen) von einem unfallkausalen Zustand mit zweimaliger Traumatisierung des rechten Kniegelenkes (im Mai sowie am ) mit Zerreissung des Innenmeniskus etc ausgegangen wurde. Die Klägerin leidet nach wie vor unter Schmerzen ua im rechten Kniegelenk.

Bereits am hatte die Klägerin bei der beklagten Partei Unfallmeldung über den zweiten Vorfall vom erstattet. Mit Schreiben vom lehnte die Beklagte (aus Gründen mangelnder Kausalität) das Leistungsbegehren verbunden mit dem Hinweis auf § 12 Abs 3 VersVG ab. Erst mit Schreiben vom erstattete die Klägerin (vertreten durch ihren späteren Prozessvertreter) unter Berufung auf das zitierte Gutachten des Sachverständigen Dr. H***** Meldung an die beklagte Partei auch über den ersten Vorfall vom Mai 1994 bei der beklagten Partei verbunden mit dem Begehren auf Leistungszuerkennung aus der bestehenden Invaliditätsversicherung. Die beklagte Partei reagierte mit Schreiben vom ablehnend, indem sie "auf unser Schreiben vom (Kopie beiliegend)" an die Klägerin verwies. Auf zwei Urgenzen des späteren Klagevertreters vom 20. und reagierte die Beklagte stets brieflich (27. 9. und ) durch Verweisung "auf unsere qualifizierte Leistungsablehnung vom ". Auf das vom Klagevertreter mit Schreiben vom übermittelte Ergänzungsgutachten des genannten Sachverständigen im Verfahren wegen der Versehrtenrente antwortete die Beklagte abermals mit Schreiben vom , indem sie "auf den bereits abgeführten Schriftverkehr" und "eingetretene Verfristung" verwies. Mit der am eingebrachten Klage begehrte die Klägerin die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von 20 % der vereinbarten Versicherungshöchstsumme, sohin S 300.000,-- sA, welches Begehren später auf S 225.000,-- sA eingeschränkt wurde. Die beklagte Partei bestritt das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach insbesondere unter Hinweis darauf, dass der Anspruch der Klägerin deshalb erloschen sei, weil sie die Invalidität aus dem Vorfall Ende Mai 1994 erstmals am , somit nach Ablauf der 15-Monatefrist des Art 8 II 2 AUVB 1976, erhoben habe. Weiters sei der Anspruch auch nach § 12 Abs 3 VersVG präkludiert, weil die beklagte Partei mit ihrem qualifizierten Ablehnungsschreiben vom auch den Vorfall Ende Mai 1994 erfasst habe. Schließlich habe die Klägerin auch eine Obliegenheitsverletzung zu vertreten, weil sie nach dem Vorfall Ende Mai 1994 keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen und keine unverzügliche Unfallmeldung mit dem entsprechenden Formular erstattet habe. Der Vorfall sei auch kein Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen und nicht kausal für eine allenfalls vorhandene Invalidität.

Das Erstgericht verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von S 157.500,-- samt 4 % Zinsen seit und wies das Mehrbegehren von S 67.500,-- sA (unangefochten und damit rechtskräftig) ab. Es beurteilte den eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass die beklagte Partei nur den zweiten Vorfall vom qualifiziert (im Sinne des § 12 VersVG) abgelehnt hat. Der AUVB-Vorschrift, wonach die außergerichtliche Geltendmachung eines Anspruches auf Versicherungsleistung für dauernde Invalidität innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag vorgeschrieben sei, komme keine rechtliche Verbindlichkeit zu, da gemäß § 12 Abs 1 VersVG (aF vor der Novelle BGBl 1994/509) Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag erst nach zwei Jahren verjähren (welche Frist gewahrt sei); diese Norm sei gemäß § 15a VersVG einseitig zwingend und könne nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abbedungen werden. Im Übrigen habe die Beklagte die Versicherungsleistungen auf Grund des Vorfalles vom Mai 1994 auch nicht qualifiziert im Sinne des § 12 Abs 3 und 4 VersVG abgelehnt; die Verweise auf die früheren Korrespondenzen (zum Vorfall vom Juni 1994) seien dafür nicht ausreichend. Die Klägerin habe auch keine Obliegenheitsverletzung zu vertreten; der Beweis, dass auf Grund der Eigenbehandlung (ohne Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe) eine Verschlechterung des Zustandes der Klägerin eingetreten wäre, sei nicht erbracht worden. Für die unfallskausale Invalidität der Klägerin habe die Beklagte 15 % von 70 % der Höchstversicherungssumme zu leisten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und wies das (eingeschränkte) Klagebegehren insgesamt ab. Es übernahm (mit Ausnahme der unbehandelt gelassenen Beweisrüge zur Feststellung der Gebrauchswertminderung des rechten Beines) die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus: Entgegen der Auffassung des Erstgerichtes sei die 15-monatige Ausschlussfrist des Art 8 II 2 AUVB 1976 abgelaufen und zu beachten. Dass die Berufung der beklagten Partei auf diesen Fristenablauf sittenwidrig oder gegen Treu und Glauben wäre, sei nicht hervorgekommen. Da es sich bei der genannten Frist um eine Ausschlussfrist handle, sei der eingeklagte Anspruch wegen dauernder Invalidität mangels rechtzeitiger Geltendmachung erloschen; §§ 12 Abs 1 und 15a VersVG stünden dem nicht entgegen.

Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision mit der Begründung zu, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage, ob die §§ 12 Abs 1 und 15a VersVG einer Berufung des Versicherers auf die 15-monatige Ausschlussfrist des Art 8 II 2 AUVB 1976 entgegenstehen, fehle.

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der beantragt wird, dem Rechtsmittel der Gegnerin den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Die Revisionswerberin wendet sich gegen die vom Berufungsgericht erfolgte Beurteilung der Rechtsnatur des Art 8 II 2 AUVB als Ausschlussfrist anstatt einer (bloßen) verhüllten Obliegenheit, sodass ihr die zweijährige (zwingende) Verjährungsregelung des § 12 Abs 1 VersVG zugute komme, wie dies auch von Geist, Zur befristeten Geltendmachung von Ansprüchen wegen dauernder Invalidität in der privaten Unfallversicherung, ZVR 1989, 300 ff - dessen Ausführungen sich auch die Rechtsmittelwerberin zu eigen macht - vertreten wird. Dem ist jedoch nur zum Teil zu folgen.

Auszugehen ist von der durch die Versicherungsbedingungen bestimmten Vertragslage zwischen den Streitteilen. Danach ist, wie festgestellt, eine Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an geltend zu machen (und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes auch zu begründen). Der zuständige Fachsenat des Obersten Gerichtshofes hat hiezu erstmals in der Entscheidung 7 Ob 48/81 (VersR 1983, 476) - damals zum wortgleichen Art 8 II 2 AUVB 1965 - ausgeführt, dass es sich hiebei um eine Ausschlussfrist handelt; wird sie versäumt, so erlischt der Entschädigungsanspruch. In der Entscheidung 7 Ob 9/85 (VersE 1228) hatte er sich erstmals mit der auch hier relevanten Bestimmung des Art 8 II 2 AUVB 1976 zu befassen, die er abermals als vertraglich vereinbarte Ausschussfrist qualifizierte; allerdings könne die Berufung auf die mangelnde Fristwahrung des Versicherungsnehmers treuwidrig sein, vor allem dann, wenn die Fristversäumnis durch ein Verhalten des Versicherers begründet worden ist (vgl hiezu auch Pürckhauer, AUB6 Rn 26 zu § 7 I [1]. Diese Rechtsauffassung wiederholte der Oberste Gerichtshof auch in der nachfolgenden Entscheidung 7 Ob 52/87 (VersE 1361).

In der chronologisch nächsten Entscheidung 7 Ob 3/88 (SZ 61/48) befasste sich der Senat (erstmals) ausführlich mit dem gesamten einschlägigen Fachschrifttum (so nunmehr auch BK/Schwintowski, § 6 VersVG Rn 31; weiters Prückhauer, aaO Rn 25) samt Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes (insbesondere BGH VersR 1982, 567; weitere Nachweise in Geist, aaO ZVR 1989, 301 FN 11 sowie Grimm, Unfallversicherung3 Rn 13 zu § 7 AUV) und kam abermals zum selben Ergebnis: Auch wenn in der relevanten Bestimmung (AUVB 1965) die Worte "bei sonstigem Verlust" fehlen, könne in der hierin vorgenommenen Befristung nur eine Ausschlussfrist erblickt werden, mit der die Leistungspflicht des Versicherers grundsätzlich objektiv zeitlich begrenzt wird; als Obliegenheit im Sinne des § 6 Abs 3 VersVG könnte die Bestimmung den angestrebten Zweck nicht erfüllen, denn in diesem Fall könnte selbst eine auf grober Fahrlässigkeit beruhende Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers den Versicherer nicht zuverlässig von seiner Leistungspflicht befreien und damit vor der Regulierung schwer aufklärbarer Spätfolgen bewahren. Obliegenheiten des Versicherungsnehmers würden demgegenüber im Art 13 der AUVB (1965 bzw 1976) geregelt; dass Art 8 II 2 eine bloß sanktionslose Obliegenheit festlege, könne schon deshalb nicht angenommen werden, da sich in diesem Fall die Bestimmung erübrigen würde.

Als nächstes folgte die Entscheidung 7 Ob 15/88 (SZ 61/130), in der der erkennende Senat ebenfalls an der bereits in den zitierten Vorentscheidungen vorgenommenen rechtlichen Beurteilung festhielt;

Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Sinne des § 6 Abs 3 VersVG

würden im Art 7 der AUVB (1976) statuiert, die Verletzung derselben

in Art 13 geregelt. Nur eine Ausschlussfrist könne dem Zweck des Art

8 II 2, zweifelhafte Spätschäden vom Versicherungsschutz auszunehmen,

gerecht werden. Dieselben Ausführungen folgten in den nächsten

Entscheidungen 7 Ob 11/89 (VersR 1990, 406 = VR 1990, 88) und 7 Ob

34/89 (VersR 1990, 1139 = ZVR 1991/19), welche Auffassung auch als

mit der Rechtsprechung des BGH und der deutschen Lehre in Einklang stehend befunden wurde.

Zu 7 Ob 29/90 (VersE 1487) und 7 Ob 1015, 1016/90 (unveröffentlicht) wurden jeweils Revisionen unter Hinweis auf diese ständige Rechtsprechung als unzulässig zurückgewiesen und noch ergänzend - dies allerdings ohne nähere Begründung - ausgeführt, dass Unkenntnis (von der Frist bzw der dauernden Invalidität) den Versicherungsnehmer nicht entschuldigen könne; allerdings könne die Berufung auf die Ausschlussfrist durch den Versicherer treuwidrig sein, wenn sie durch den Versicherer selbst verursacht wurde, wenn sich der Versicherer nach Ablauf der Frist noch in Verhandlungen einlässt und neue Gutachten anfordert oder wenn sich aus der Unfallanzeige ein Hinweis auf Dauerfolgen ergibt. Zum gleichen Ergebnis kam der 7. Senat - inzwischen war der auch hier für den Rechtsstandpunkt der Revisionswerberin herangezogene Aufsatz von Geist, aaO erschienen, ohne dass ihm das Höchstgericht jedoch inhaltlich näher getreten wäre - auch in den Entscheidungen 7 Ob 18/92 (JBl 1993, 462), 7 Ob 2167/96v (EvBl 1997/64) sowie 7 Ob 2362/96w (VR 1998, 172). In der (soweit überblickbar letzten) Entscheidung zu diesem Themenkomplex 7 Ob 370/97f (VersR 1999, 259) hatte der Oberste Gerichtshof die AUVB 1989 zu prüfen, welche - anders als Art 8 II 2 AUVB 1965, 1976 und 1984 - allerdings nicht mehr eine Bestimmung enthalten, dass ein Anspruch auf Leistung für dauernde Invalidität innerhalb von 15 Monaten vom Unfalltag an geltend zu machen und unter Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes zu begründen ist; mangels Anwendbarkeit einer dieser (früheren) Versicherungsbedingungen könne daher auch die Frage, ob Art 8 II 2 AUVB (1976 und 1984) im Sinne der herrschenden Rechtsprechung (weiterhin) eine Ausschlussfrist oder eine verhüllte Obliegenheit (so Geist, aaO) sei, ungeprüft bleiben. An der - wie gezeigt - vom Obersten Gerichtshof in rund zwei Jahrzehnten gefestigten Auffassung, dass Art 8 II 2 AUVB 1976 eine Präklusivfrist darstellt, ist auch weiterhin festzuhalten. Der Ablauf einer Ausschlussfrist vernichtet nach herrschender Meinung das Recht vollkommen, sodass es nicht einmal als Naturalobligation bestehen bleibt (RIS-Justiz RS0033651; Koziol/Welser I11 206; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 9 zu § 1451); dieser Rechtsverlust tritt auch dann ein, wenn die Geltendmachung des Rechtes während ihrer Laufzeit unverschuldet unterblieben ist (RIS-Justiz RS0034591). Obliegenheiten hingegen fordern gewisse Verhaltensweisen des Versicherungsnehmers und bestimmte Rechtsfolgen nur für ihre willkürliche und schuldhafte Verletzung (Petrasch, Obliegenheitsverletzung und Leistungsfreiheit in den Kfz-Versicherungen, ZVR 1985, 65 [66]; 7 Ob 6/87 = VersR 1988, 200; 7 Ob 47/00p); enthalten Versicherungsbedingungen eine Verhaltensanordnung, die ihrem Inhalt nach eine Obliegenheit ist, muss sie im Hinblick auf die Unabdingbarkeitsbestimmung des § 15a VersVG auch dann nach § 6 VersVG beurteilt werden, wenn sie als Risikoausschluss konstruiert ist ("verhüllte Obliegenheit"; SZ 57/78; RIS-Justiz RS0080144). Entscheidend für die Abgrenzung ist nicht die äußere Erscheinungsform (Formulierung) der Versicherungsklausel, sondern deren materieller Inhalt (RIS-Justiz RS0103965; Schwintowski, aaO Rn 25 zu § 6). In diesem Sinne kann in der Tat bloß den "Pflichten nach Eintritt eines Unfalles", wie sie in Art 7 der AUVB 1976 zusammengefasst werden, und bei denen es sich ausschließlich um Verhaltensanforderungen zu Gunsten des Versicherers zur zweifelsfreisen Klärung (im bejahenden oder verneinenden Sinne) eines behaupteten Versicherungsfalles handelt, der Charakter einer Obliegenheit zuerkannt werden - wobei auch Petrasch, aaO in seinem zitierten Aufsatz im Abschnitt über die "verhüllten" Obliegenheiten bezeichnenderweise die genannte Versicherungsbedingung gerade nicht aufzählt.

Steht aber dieses grundsätzliche Auslegungsergebnis fest, so liegt auch keine Kollision mit der zwingenden Norm des § 15a VersVG vor, wonach sich der Versicherer nicht auf eine Vereinbarung berufen kann, durch welche ua von den Vorschriften den § 6 Abs 1 bis 3 VersVG zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen wird. Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, von dieser in den zitierten Entscheidungen - welche auch (wenngleich nicht in dieser Vollständigkeit) in RIS-Justiz RS0082292 und 0082222 zusammengefasst wiedergegeben sind - vorgenommenen rechtlichen Beurteilung, von welcher das Berufungsgericht bei Beurteilung des vorliegenden Falles ebenfalls nicht abgewichen ist, abzugehen.

Im vorliegenden Fall steht nun fest, dass weder von der Klägerin persönlich noch von ihrem Vertreter über die ursprüngliche (unstrittig qualifiziert im Sinne des § 12 Abs 3 VersVG abgelehnte) Versicherungsmeldung zum Vorfall vom hinaus innerhalb von 15 Monaten nach dem ersten (und entscheidenden) Unfall vom Mai 1994 - sohin bis längstens - eine (schriftliche) Geltendmachung von Ansprüchen wegen dauernder Invalidität (samt Vorlage eines ärztlichen Befundberichtes) erfolgte. Der beklagte Versicherer ist damit seiner Beweispflicht für das Vorliegen des Ausschlusstatbestandes grundsätzlich nachgekommen (VR 1998, 172). Trotzdem ist die weitere vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung einer allein damit begründeten Klageabweisung verfehlt, wobei hiezu zunächst auf das Spannungsverhältnis zur (gemäß § 15a VersVG zwingenden) Verjährungsregel des § 12 VersVG einzugehen ist. Das Berufungsgericht vermeint hiezu - bloß -, "dass die Rechtseinrichtungen der Verjährung und der Präklusion rechtlich unabhängig voneinander zu sehen und zu verschiedenartig sind, als dass sie gleich behandelt werden könnten". Demgegenüber vertritt Geist aaO 303 f die Ansicht, diese Präklusion verstoße gegen die erwähnte zwingende (§ 15a VersVG) Verjährungsregelung des § 12 VersVG (idF vor der Novelle BGBl 1994/509): Danach (Abs 1) verjährten die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag in zwei Jahren; die Verjährung begann mit dem Schluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt werden kann. Diese kurze Verjährungsfrist wurde damit begründet, dass dadurch möglichst schnell Rechtssicherheit und Rechtsfrieden hergestellt, der verspätet in Anspruch genommene Schuldner vor Beweisschwierigkeiten infolge Zeitablaufes geschützt und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeigeführt werden könne (BK/Gruber § 12 VersVG Rn 1). Geist, aaO folgert nun, "dass alle vertraglichen Regelungen, nach denen der Anspruch schon zu einem früheren Zeitpunkt, als er sich aus der gesetzlichen Verjährungsregelung ergibt, nicht mehr erfolgreich gerichtlich erhoben werden könnten, jedenfalls insoweit unwirksam seien. Das gelte erst recht, wenn - wie bei den gegenständlichen Klauseln - der Anspruch vorher erlöschen soll."

Hiebei ist - wie bereits an mehreren Stellen kurz angedeutet - die Verjährungsregelung des § 12 Abs 1 VersVG idF vor der Novelle BGBl 1994/509 (Z 12 derselben) anzuwenden; § 12 VersVG nF ist nämlich nach § 191b Abs 2 Z 2 VersVG idF der zitierten Novelle (Z 59) nur dann anzuwenden, wenn die hierin genannten Fristen nicht vor dem zu laufen begonnen haben. Im hier zur Beurteilung anstehenden Fall liegen die maßgeblichen Fristen auslösenden Ereignisse jedoch allesamt vor diesem Stichtag, nämlich im Mai bzw Juni 1994. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Rechtsinstituten der Präklusion einerseits und der Verjährung andererseits besteht grundsätzlich darin, dass die Verjährung ein an sich unbefristetes Recht zum Erlöschen bringt, während die Präklusion die "Lebensdauer" eines Rechtes von vorne herein begrenzt (Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 5 zu § 1451; Koziol/Welser I11 206). Trotzdem ist eine scharfe Trennung zwischen beiden Rechtsinstituten weder im Gesetz vorgegeben noch sonst möglich, weshalb Rechtsprechung (ua SZ 64/91; EvBl 1991/123) und Lehre (Koziol/Welser aaO; Schubert aaO; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 10 zu § 1451) durchaus eine analoge Heranziehung von Verjährungsvorschriften auf Präklusivfristen (freilich nur im Zusammenhang mit Hemmung und Unterbrechung, allenfalls auch Fristbeginn) für möglich (und zulässig) erachten. Mader aaO (Rz 14) konzediert - unter Hinweis auf Beispiele aus der Rechtsprechung -, dass sich insoweit neuerdings sogar eine Tendenz der Angleichung von Verjährungs- und Präklusivfristen bemerkbar mache. Dass jedoch diese "Gleichschaltung" soweit gehen müsse, dass - in casu - die Ausschlussfrist der AUVB auf die zwei- (nunmehr sogar drei-)jährige (und vom Gesetzgeber auch in der Novelle BGBl 1994/509 ausdrücklich nur als Verjährungsfrist statuierte) Frist des § 12 Abs 1 VersVG zu verlängern sei, lässt sich daraus keineswegs ableiten, woraus jedoch folgt, dass die Bestimmung des § 12 Abs 1 VersVG auf die (weiterhin) als Ausschlussfrist zu qualifizierende Frist des Art 8 II 2 AUVB 1976 insoweit (entgegen der Auffassung der Revisionswerberin) tatsächlich nicht Anwendung zu finden hat.

Eine (generelle) Fristkorrektur nach Maßgabe des § 12 Abs 1 VersVG erscheint aber auch nicht sachgerecht. Der richtige Ansatz für die Kontrolle derartiger Risikoabgrenzungen durch Ausschlussfristen wie die hier verfahrensgegenständliche ist daher nicht in den Verjährungsvorschriften, sondern in der Inhalts-, Geltungs- und Transparenzkontrolle zu suchen (hiezu jüngst ausführlich Fenyves, Das Verhältnis von Auslegung, Geltungskontrolle und Inhaltskontrolle von AVB als methodisches und praktisches Problem, in FS F. Bydlinski [2201], 121 ff; vgl dazu auch die bereits zitierten Entscheidungen 7 Ob 29/90 und 7 Ob 1015, 1016/90, in denen darauf hingewiesen wurde, dass die Berufung auf die Ausschlussfrist durch den Versicherer unter Umständen treuwidrig sein kann; weiters VersE 1474). Die Zweckrichtung der genannten Regelung der Versicherungsbedingung liegt in der Herstellung von möglichst rascher Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, also den (verspätet in Anspruch genommenen) Schuldner (= Versicherer) vor Beweisschwierigkeiten infolge Zeitablaufes zu schützen und eine alsbaldige Klärung der Ansprüche herbeizuführen (vgl hiezu auch Gruber, aaO Rn 1 zu § 12 VersVG). Die durch Setzung einer Ausschlussfrist vorgenommene Risikobegrenzung soll damit im Versicherungsrecht (in aller Regel) eine Ab- und Ausgrenzung schwer aufklärbarer und unübersehbarer (Spät-)Schäden bezwecken. Wie Fenyves, aaO 129 zutreffend ausführt, kann dabei auch eine objektiv durchaus "gewöhnliche", also übliche Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) durch die konkreten Umstände des Einzelfalles für den Versicherungsnehmer subjektiv "ungewöhnlich" werden; so ist es anerkannt, dass § 864a ABGB zB etwa auch dann zur Anwendung kommt, wenn durch den Gang und den Inhalt der Verhandlungen mit dem Versicherer Erwartungen des Versicherungsnehmers erweckt wurden, die sodann durch den Inhalt der AVB enttäuscht werden (Fenyves, aaO mwN in FN 44). Als Kontrollmaßstab ist insoweit auf die "berechtigten Deckungserwartungen" der Versicherungsnehmers abzustellen (Fenyves aaO 131). Einen solchen, zur Unbeachtlichkeit der Ausschlussfristklausel führenden Fall erachtet der erkennende Senat auch hier auf Grund der besonderen Fallkonstellation gegeben:

Nach den Feststellungen erlangte die Klägerin erst durch die Gutachtenserstattung des medizinischen Sachverständigen im sozialgerichtlichen Verfahren zur Erlangung einer Versehrtenrente Ende August 1995 Kenntnis, dass die zur (Teil-)Invalidität führende Schädigung nicht auf den zweiten, sondern bereits auf den ersten Vorfall von Ende Mai 1994 zurückzuführen ist. Dieses Gutachten traf am Mittwoch, den , beim dortigen Erstgericht ein; die Zustellverfügung zur Zustellung dieses Gutachtens an die Klägerin datiert von Freitag, (ON 5 des bezogenen Aktes). Bereits am Donnerstag, den , erfolgte die Unfallmeldung (auch) zu diesem Vorfall. Erst am erfolgte die Ablehnung durch die beklagte Versicherung. Da (ausgehend von einem Zustelldatum dieses Sachverständigengutachtens sohin nicht vor Montag, ) die Klägerin sohin erst (rechnerisch knapp) außerhalb der 15-Monatefrist vom ersten Unfall (= Versicherungsfall) Ende Mai 1994 Kenntnis haben konnte, also dieser Versicherungsfall für sie erst durch dieses Gutachten für sie erkennbar geworden ist, ist auch auf die Bestimmung des § 33 Abs 1 VersVG Bedacht zu nehmen: Danach hat aber der Versicherungsnehmer den Eintritt des Versicherungsfalles, nachdem er von ihm Kenntnis erlangt hat, unverzüglich dem Versicherer anzuzeigen. Diese Verhaltenspflicht des Versicherungsnehmers, die für alle Versicherungszweige gilt (BK/Dörner § 33 VersVG Rn 4), stellt also auf die Kenntniserlangung desselben ab, dh er muss positiv wissen, dass ein die Leistungspflicht des Versicherers möglicherweise auslösendes Ereignis eingetreten ist. Dies setzt einerseits eine Information über die maßgebenden Tatsachen, andererseits das Bewusstsein voraus, dass diese Tatsachen unter Umständen einen Versicherungsfall konstituieren. Eine selbst grob fahrlässige Unkenntnis dieser Umstände - wovon hier ohnedies nicht ausgegangen werden kann - reicht zur Begründung der Anzeigepflicht nicht aus (Dörner, aaO Rn 9); ebensowenig trifft den Versicherer eine Nachforschungs- oder Erkundigungspflicht, selbst wenn Anhaltspunkte für eine Risikoverwirklichung gegeben wären (Dörner, aaO). Den dem Versicherer obliegende Beweis (Dörner, aaO Rn 38; Prölss/Martin, VersVG26 Rn 3 zu § 33) einer Kenntnis der Klägerin als Versicherungsnehmerin bereits vor dem Zeitpunkt hat die beklagte Partei weder angetreten noch erbracht. Dass damit aber die von ihr bereits am erstattete Schadensanzeige über diesen Vorfall "unverzüglich" war, kann wohl ernsthaft nicht in Zweifel gezogen werden. Damit erachtet aber der Senat die allein auf den "Unfalltag" als fristauslösenden Zeitpunkt abstellende Versicherungsbedingung des Art 8 II 2 AUVB im Lichte eines systemgerechten Verständnisses und im Zusammenhalt mit der Bestimmung des § 33 Abs 1 VersVG im konkret zur Beurteilung anstehenden Fall als tatsächlich für den Versicherungsnehmer objektiv wie subjektiv ungewöhnlich und damit auch unbeachtlich - wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass ja die nunmehr in Geltung stehenden (aber für die Klägerin hier nicht maßgeblichen) AUVB 1995 (abgedruckt in Fenyves/Koban, Öster. Versicherungsrecht3 481 ff) eine derartige anspruchsvernichtende Bestimmung wie jene der hier maßgeblichen AUVB 1976 nicht mehr kennen und damit (wohl) dem Zwiespalt zu § 33 Abs 1 VersVG ihrerseits bereits versicherungsnehmerfreundlich Rechnung getragen haben. Dessen ungeachtet ist es - zusammenfassend - im konkreten Fall der beklagten Partei daher auch hier nach dem Vorgesagten verwehrt, sich zur Geltendmachung ihrer Leistungsfreiheit auf Fristversäumung im Sinne des Art VIII II 2 AUVB 1976 zu berufen. Damit kann jedoch noch nicht abschließend im Sinne einer Wiederherstellung des (teil-)klagestattgebenden Ersturteiles entschieden werden. In der Berufung der beklagten Partei waren nämlich auch die Annahmen des Erstgerichtes zur prozentuellen Beinwertminderung als mit den Gutachten der Sachverständigen in Widerspruch stehend bekämpft worden. Das Berufungsgericht hat diese Beweisrüge aus den vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten rechtlichen Erwägungen ausdrücklich unbehandelt gelassen. Erst nach gesetzmäßiger Behandlung derselben kann daher auch über die Höhe des restlichen Klagebegehrens (die Abweisung von S 67.500,-- ist, wie bereits ausgeführt, unbekämpft in Rechtskraft erwachsen) entschieden werden. Auch die Ausführungen der Berufungswerberin zur behaupteten Obliegenheitsverletzung nach Art 7 AUVB 1976 blieben vom Berufungsgericht unbehandelt und werden daher in seine weitere Beurteilung miteinzubeziehen sein. Da die Sachverhaltsgrundlage für eine abschließende Beurteilung sohin noch strittig und offen ist, sind weitergehende Rechtsausführungen des Obersten Gerichtshofes hiezu im derzeitigen Verfahrensstadium nicht möglich - zumal auch das Berufungsurteil zu beiden Fragenkomplexen (ausgehend von seiner ausschließlich auf die Bejahung der Ausschlussfrist gestützten Klageabweisung) keinerlei Rechtsausführungen hiezu enthält. Mangels Spruchreife war daher die bekämpfte Entscheidung des Berufungsgerichtes wie aus dem Spruch ersichtlich aufzuheben und diesem eine neuerliche Entscheidung (nach allfälliger Verfahrensergänzung) unter Abstandnahme von dem für relevant erachteten Klageabweisungsgrund aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt ist im § 52 Abs 1 ZPO begründet.