OGH vom 20.09.2005, 5Ob204/05v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1.) Rudolf V*****, 2.) A*****gesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Dr. Werner Ungeringer und Dr. Anton Ullmann, Rechtsanwälte in Mattighofen, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom , AZ 6 R 191/05p, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom , TZ 1952/05, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Antragsteller begehrten die Einverleibung des Unterbaurechtes bis im Lastenblatt einer Baurechtseinlage (Bauberechtigter ist der Erstantragsteller) sowie die Einverleibung des Unterbaurechtes für die Zweitantragstellerin im Eigentumsblatt der zu eröffnenden eigenen Unterbaurechtseinlage sowie weitere damit in Zusammenhang stehende Grundbuchseintragungen.
Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, dass ein „Unterbaurecht" in der erschöpfenden Aufzählung der zur Eintragung ins Grundbuch tauglichen Rechte des § 9 GBG nicht enthalten sei. Ob die Einräumung eines Baurechtes an einem Baurecht überhaupt möglich sei, habe der Oberste Gerichtshof bisher noch nie entschieden. In der Literatur werde die Begründung eines Unterbaurechtes grundsätzlich für zulässig erachtet, jedoch müsse das Errichten und/oder Haben eines Bauwerkes als Hauptzweck im Vordergrund stehen, sei es dadurch, dass der Unterbauberechtigte zusätzlich zum Bauwerk des Bauberechtigten ein weiteres Bauwerk errichten solle, oder im zeitlichen Anschluss an den Bauberechtigten das vom Letzteren errichtete Bauwerk erwerbe. Da im gegenständlichen Fall der Bauberechtigte dem Unterbauberechtigten das Unterbaurecht am gesamten Grundstück einräumen würde, bliebe vom ursprünglichen Baurecht lediglich die Hülle übrig.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner nicht Folge, sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und führte im Wesentlichen Folgendes aus:
Aus § 9 GBG ergebe sich nicht zwingend die Unzulässigkeit der Eintragung eines Unterbaurechtes in Grundbuch. Das Baurecht sei gemäß § 1 Abs 1 BauRG ein dingliches Recht. Dingliche Rechte könnten laut § 9 GBG in das Grundbuch eingetragen werden. Zutreffend sei auch, dass die Eintragung eines Unterbestandrechtes im Grundbuch möglich sei, obwohl ein solches in § 9 GBG nicht explizit angeführt sei. Dennoch könne aus diesem Vergleich nicht abgeleitet werden, dass ein Unterbaurecht in das Grundbuch eingetragen werden könne, weil grundsätzlich fraglich sei, ob die Belastung eines Baurechts mit einem weiteren Baurecht möglich sei. Dass ein Unterbestandrecht begründet werden könne, sei hingegen nicht strittig, normiere doch § 1093 ABGB, dass Rechte in Bestand gegeben werden könnten, demnach auch das Bestandrecht selbst. Im Gegensatz dazu sei die Einräumung eines Baurechtes an einem Baurecht im BauRG nicht vorgesehen. § 1 BauRG bestimme, dass ein Grundstück mit dem dinglichen, veräußerlichen und vererblichen Recht, auf oder unter der Bodenfläche ein Bauwerk zu haben, belastet werden könne (Baurecht). Ebenso normiere § 5 Abs 1 BauRG, dass das Baurecht durch die bücherliche Eintragung als Last des Grundstückes - und nicht des Baurechtes, für das immerhin eine besondere Grundbuchseinlage zu eröffnen sei - entstehe. Das Baurechtsgesetz spreche demnach dezidiert und ausschließlich von der Einräumung eines Baurechtes an einem Grundstück. Die Belastung eines Baurechtes mit einem weiteren Baurecht sei demnach nicht möglich, folglich könne auch eine dementsprechende Grundbuchseintragung nicht erfolgen. Dem stehe auch die von den Rekurswerbern zitierte (einen Rechtsstreit über eine Exszindierungsklage betreffende) Entscheidung zu 3 Ob 284/99g nicht entgegen, in der der Oberste Gerichtshof einmal den Begriff des „Unterbaurechtes" verwendet habe. Dass das Höchstgericht die Einräumung eines Unterbaurechtes im hier gegenständlichen Sinn für zulässig erachte, könne daraus nicht erschlossen werden.
Da zur Frage der Zulässigkeit der Belastung des Baurechtes mit einem weiteren Baurecht („Unterbaurecht") noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege und dieser Frage auch eine über den bloßen Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme (Stichwort „Immobilienleasing"), sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen gewesen.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass das Grundbuchsgesuch bewilligt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber machen im Wesentlichen geltend, die Baurechtseinlage sei wie eine Liegenschaft zu behandeln, sodass die bücherliche Eintragung eines Baurechtes auf einer Baurechtsliegenschaft der Belastung eines Grundstückes durchaus entspreche; auch in der Literatur werde die Möglichkeit der Begründung eines Unterbaurechtes bejaht.
Hiezu wurde erwogen:
Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, ist die Begründung eines Baurechtes an einem Baurecht (Unterbaurecht) im Baurechtsgesetz nicht vorgesehen. Nach dem gesetzlichen Modell bezieht sich das Baurecht vielmehr auf das Grundstück selbst.
Richtig ist, dass in der österreichischen Lehre im Anschluss an die in Deutschland herrschende Meinung die Zulässigkeit eines Unterbaurechtes von Kletecka in Kletecka/Rechberger/Zitta, Bauten auf fremdem Grund2 Rz 35, bejaht wird (weniger eindeutig Urbanek/Rudolph, Baurechtsgesetz § 1 Rz 25, und Schaffgotsch, Grundeigentum und Baurecht 106). Spruzina in Schwimann IV2 § 6 BauRG Rz 8 lehnt eine solche Konstruktion hingegen unter Hinweis auf § 1 Abs 1 und 2 sowie § 6 Abs 2 BauRG ab.
In Deutschland wird ein Untererbbaurecht (Erbbaurecht am Erbbaurecht) nunmehr überwiegend als grundsätzlich zulässig angesehen (von Oefele in Münch Komm z BGB Band 6 § 1 ErbbauVO Rz 31 ff mwN; Rapp in Staudinger [2002; vor § 1018 BGB] § 11 ErbbauVO Rz 11 f mwN). Die in Deutschland aufgetretenen Folgeprobleme (vgl ausführlich Rapp aaO Rz 12) und vorgenommenen (und wohl auch im vorliegenden Fall vorzunehmenden; vgl die Begründung des Erstgerichtes) Einschränkungen (vgl von Oefele aaO Rz 34) sprechen nicht dafür, ein solches Rechtsinstitut ohne ausdrückliche Anordnung des Gesetzgebers in die österreichische Rechtsordnung einzuführen. Dies ist auch mit der Entscheidung 3 Ob 284/99g = SZ 74/126, in welcher der Begriff des Unterbaurechtes bloß am Rande erwähnt wurde, nicht geschehen. Zu bemerken bleibt, dass der erkennende Senat etwa auch in der Frage der Zulässigkeit der Begründung eines Eigentümerbaurechts der deutschen Rechtsentwicklung nicht gefolgt ist (vgl 5 Ob 145/98 = SZ 68/239).
Was die Möglichkeit zur Fremdfinanzierung der Bauführung anlangt, so steht hiefür ohnehin das Pfandrecht am Baurecht zur Verfügung. Dass bei jeglicher Rechtsgestaltung auch jegliches Finanzierungsinstrument (wie Immobilienleasing) nutzbar sein muss, versteht sich nicht von selbst. Ein unabweislicher wirtschaftlicher Bedarf an einem Unterbaurecht ist nicht erkennbar.
Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.