OGH vom 09.02.1988, 6Ob508/86
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier, Dr. Angst, Dr. Bauer und Dr. Kellner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, 1010 Wien, Am Hof 2, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien A (34 Cg 171/84) 1. Dipl.Ing. Hans H. H*** & Co.KG, 2. Dipl.Ing. Hans H. H***, persönlich haftender Gesellschafter der Erstbeklagten, beide 1070 Wien, Neubaugasse 36, beide vertreten durch Dr. Heinrich Orator, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 20.142,89 s.A. und B (34 Cg 172/84) 3. SKF Kugellager Gesellschaft mbH, 1030 Wien, Mohsgasse 1, vertreten durch Dr. Heinrich Orator, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 26.975,-- s.A., infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 4 R 139/85-42, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 34 Cg 171/84-37, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die erst- und drittbeklagte Partei reichten als Aussteller und Indossanten die von der E*** Gesellschaft mbH (in der Folge nur Fa. E*** genannt) akzeptierten Wechsel vom bzw. mit den Verfallstagen bzw. auf Zahlung der Wechselsummen von S 20.142,89 bzw. S 26.975,-- bei der klagenden Partei zum Diskont ein. Die klagende Partei diskontierte die beiden Wechsel am bzw. und zahlte die vollen Wechselsummen, welchen Warenlieferungen an die Fa. E*** zugrundelagen, ohne jeden Abzug an die Einreicher aus.
Im Herbst des Jahres 1978 zeigte die Bilanz der Fa. E*** erstmals Verluste, jene die in den Monaten April und Mai 1979 erstellt wurde, wies bereits erhebliche Ausfälle auf. Es stand zu befürchten, daß das Unternehmen nicht vor drei bis vier Jahren aus den roten Zahlen käme. Eine Sanierung, so stand damals fest, würde beträchtliche Finanzmittel erfordern. Diese Schwierigkeiten bestimmten die klagende Partei als Hausbank der Fa. E***, diese in eine Kapitalgesellschaft umzuwandeln. Walter E*** wirkte als Kontaktmann der klagenden Partei in den Verhandlungen, die zunächst zur Bestellung eines neuen Managements, dann im Herbst 1979 zu der per 1. Jänner dieses Jahres rückwirkenden Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung führten. Mit diesen Maßnahmen setzte eine ständig sich verschärfende, aber immer diskrete Aufsicht der klagenden Partei über das gefährdete Unternehmen ein, das schon damals ein bedeutendes Obligo bei der klagenden Partei hatte. Diese entsandte Dr. Stefan B*** mit Dirimierungsrecht in die Geschäftsführung. Sie ließ Gutachten zur Lage der Fa. E*** erstellen und Sanierungskonzepte erarbeiten, die ihrerseits den Finanzierungsplänen zugrundegelegt wurden, die alle drei Monate zur Genehmigung vorgelegt werden mußten. Die folgenden Berichte zeigten jedoch keine Besserung. Die klagende Partei verstärkte daraufhin ihre Kontrolle über die Fa. E***. Am erfolgte die Übernahme der Geschäftsanteile des gefährdeten Unternehmens durch die klagende Partei. Am 21. Juli desselben Jahres fand eine Besprechung zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Fa. E*** und dem Vorstand der klagenden Partei statt, bei der es zu weiteren personellen Veränderungen und zur Erstellung eines neuen Sanierungskonzeptes kam. Dkfm. Helmut Z***, der der Gesellschaft schon länger als Konsulent von Hilfe gewesen war, wurde mit der Geschäftsführung betraut und sollte vor allem Finanzierungen, Rechnungswesen und Materialwirtschaft leiten. Den damaligen Plänen entsprechend sollte in der zweiten Hälfte des Jahres 1981 kein zusätzlicher Finanzbedarf entstehen, ab 1983 sollten wieder Gewinne erwirtschaftet werden. Im oezember 1980 kam es zur direkten Übernahme der Gesellschaftsrechte durch die klagende Partei. Im folgenden Jahr wurde eine Kapitalerhöhung im Gesamtwert von S 550,000.000,-- beschlossen, mit der ein Ausgleich der Aktiva und Passiva bezweckt wurde.
Im Frühjahr 1981 hatte sich die Situation der Fa. E*** weiter in rascher Folge verschlechtert. Die japanische Konkurrenz entwickelte modernere Technologien, Videosysteme mit magnetischer Aufzeichnung, die jenen des österreichischen Unternehmens überlegen waren. Dazu kam eine Veränderung der Währungsparität. Ein neuer Finanzierungsplan mußte erarbeitet werden, der der Länderbank Ende Juni 1981 zur Genehmigung vorgelegt wurde und eine Erweiterung des Kreditrahmens um S 50 Mill. vorsah. Die klagende Partei hielt zu diesem Zeitpunkt eine Sanierung noch nicht für gänzlich ausgeschlossen, sah aber ihre eigenen Möglichkeiten mit einem solchen Projekt weithin überspannt. Am wurde der Vorstand dey klagenden Partei abgelöst. Der Markt für die von der Fa. E*** erzeugten Produkte brach im Juni 1981 kurzfristig zusammen. Dr. B*** und Dipl.Ing. N*** reisten über Wunsch des Vorstandes der klagenden Partei noch Ende Juni/Anfang Juli 1981 nach Japan und verhandelten mit der Firma S***. Dort wurde vereinbart, daß die Firma S*** am eine Delegation nach Wien schicken werde, um über eine Zusammenarbeit mit der Fa. E*** zu verhandeln. Noch bis Juni konnte Dr. B*** seitens der klagenden Partei vernehmen, ein Insolvenzverfahren wäre in keiner Weise zu besorgen, nicht einmal ein Ausgleich, da die Fa. E*** eine Tochtergesellschaft der klagenden Partei sei.
Mit Aktennotiz vom , eingelangt bei der klagenden Partei am , brachte Dkfm. Z*** dieser zur Kenntnis, daß mit der geplanten und erbetenen Liquiditätszufuhr von S 95,000.000,-
- bis zum Ende des dritten Quartales nicht das Auslangen gefunden werden könne. Eine auch nur annähernd genaue Berechnung des tatsächlichen Liquiditätsbedarfes sei allerdings derzeit mangels aktueller Umsatzprognosen und wegen der faktischen Unmöglichkeit, die weitere Entwicklung auf der Lieferantenseite zu präzisieren, nicht möglich. Mit Schreiben vom legte Dkfm. Z*** der klagenden Partei den Finanzplan für das zweite Halbjahr 1981 vor. Er teilte ihr darin mit, daß die Umsatzziffern dieses Finanzplanes in der am Tag zuvor stattgefundenen Geschäftsführersitzung völlig in Frage gestellt worden seien und daß mit starken Umsatzrückgängen zu rechnen sei, eine ausreichend genaue Quantifizierung könne nicht gegeben werden. Aufgrund dieser Mitteilung entschloß sich der Vorstand der klagenden Partei die Sanierung der Fa. E*** abzubrechen. Die Entscheidung dazu erfolgte jedenfalls nach dem , der formelle Vorstandsbeschluß wurde am gefaßt. Dispositionen für die Fa. E***
wurden von der klagenden Partei noch bis durchgeführt. Die Geschäftsführer der Fa. E*** wurden am vom Vorstandsbeschluß der klagenden Partei vom in Kenntnis gesetzt.
Zwischen der klagenden Partei und der Fa. E*** gab es keinen formellen Vertrag, in welchem sich die klagende Partei zur Diskontierung von Wechseln, die von der Fa. E*** zur Abdeckung ihrer Lieferantenverpflichtungen akzeptiert wurden, verpflichtet hätte, aber die angespannte Liquiditätssituation des gefährdeten Unternehmens bestimmte es, ihre hohen Verbindlichkeiten im Jahre 1980 waren es S 300 Mill., im August 1981 sollten es noch S 110 Mill. sein wenn irgend möglich und im Einverständnis mit der klagenden Partei auf diese Weise zu begleichen. Die Fa. E*** übersandte einfach akzeptierte Wechsel über den jeweiligen Rechnungsbetrag an ihre Lieferanten. Die Wertpapiere waren mit einem Widmungsschreiben versehen, in dem es hieß: "Zum Ausgleich der nebenstehend angeführten Rechnung überreiche(n) ich (wir) ihnen o.a. Akzept, das Sie nach ordnungsgemäßer Ausfertigung und Girierung zur Diskontierung Ihrer Länderbankstelle oder falls Sie keine Länderbankverbindung haben, der auf dem Wechsel angegebenen Zahlstelle senden wollen. Die Österreichische Länderbank wird Ihnen den Wechselbetrag in voller Höhe zur Verfügung stellen, da sie die Verrechnung der Diskontspesen direkt mit mir (uns) vornehmen wird. Zwecks Auftragserteilung an die Österreichische Länderbank zur Vornahme des Diskontes wollen Sie bitte die anhängende Wechselallonge vervollständigen und unterfertigen". Diese Allonge
trug den Text: "An die Österreichische Länderbank..... anhängenden
Wechsel über S......per..... überreiche(n) ich (wir) Ihnen für meine
(unsere) Rechnung zum Diskont. Die Diskontspesen sind mit dem Bezogenen zu verrechnen. Den vollen Wechselbetrag überweisen Sie auf mein (unser) Konto Nr. .....(Stempel und Unterschrift des Einreichers)". Nach einer kurzen Prüfung der Bonität des Einreichers wurde diesem der gesamte Betrag ohne Spesenabzug überwiesen und dem Kreditkonto der Fa. E*** angelastet. Auch die beiden Wechselgeschäfte, die den Gegenstand dieses Verfahrens darstellen, wurden so durchgeführt. Da die Fa. E*** bei der klagenden Partei über einen entsprechenden Kreditrahmen verfügte, wurden manche Lieferantenrechnungen aber auch bar bezahlt.
Die genehmigten Finanzierungspläne legten der Fa. E*** zwar einen engen Handlungsrahmen auf, an den sie sich imperativ zu halten hatte, in ihrer Materialbeschaffung war sie aber jeweils bis etwa S 30.000,-- nicht zur Rückfrage verhalten. Die Hälfte der Warenlieferungen wurde mit Wechseln abgedeckt.
Mit ihren beiden (zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen) Wechselklagen begehrt die klagende Partei von den beklagten Parteien als Aussteller und Indossanten der von der Fa. E*** akzeptierten Wechsel die Wechselsummen samt Anhang. Die beklagten Parteien erhoben gegen die beiden Wechselzahlungsaufträge vom Einwendungen: Die Wechsel seien nicht im Rahmen eines üblichen Diskontgeschäftes zur klagenden Partei gekommen. Vielmehr habe die Fa. E*** als Akzeptantin im Einvernehmen mit der klagenden Partei und unter Verwendung eines von dieser mit ausdrücklicher Zustimmung aufgelegten Formulares den beklagten Parteien die Übergabe bzw. Einlösung der unaufgefordert übersandten Wechsel durch die klagende Partei angeboten, wobei entgegen dem Handelsbrauch und den kreditgeschäftlichen Gepflogenheiten die Diskontspesen von der klagenden Partei zu Lasten der Akzeptantin übernommen und nicht den beklagten Parteien in Rechnung gestellt worden seien. Es liege daher kein handelsübliches Wechseldiskontgeschäft vor, sondern eine besondere Form der Kreditgewährung der klagenden Partei an die Akzeptantin, deren Zweck ausschließlich eine verschleierte Ausweitung des der Fa. E*** eingeräumten Kreditrahmens gewesen sei. Deshalb sei zwischen den Streitteilen keine Wechselbegebung zustande gekommen. Eine solche wäre auch wegen Verstoßes gegen die guten Sitten des Geschäftsverkehrs nichtig.
Der klagenden Partei stünden auch deshalb keine wechselmäßigen Rückgriffsansprüche gegen die beklagten Parteien zu, weil sie durch die geschilderte Vorgangsweise schlüssig auf die Inanspruchnahme solcher Rechte verzichtet habe. Der Mangel der Rückgriffsberechtigung ergebe sich weiters daraus, daß die klagende Partei die beklagten Parteien wider besseres Wissen die damals bereits bestehende Überschuldung bzw. Zahlungsunfähigkeit der Fa. E*** nicht bekanntgegeben habe. Die beklagten Parteien hätten jedenfalls ohne Rückgriffsverzicht der klagenden Partei die Wechselausstellung und Indossierung abgelehnt und auf der sofortigen Zahlung ihrer Forderung gegenüber der Fa. E*** bestanden. Diese Zahlung hätten sie damals erhalten, weil gegen die Fa. E*** noch keine Klagen anhängig gewesen seien und ein entsprechender Kreditrahmen der klagenden Partei bestanden habe.
Die klagende Partei habe mit der Übernahme der Wechsel eigene Interessen verfolgt. Sie habe nämlich, nachdem die Fa. E*** im Herbst 1979 in Zahlungsschwierigkeiten geraten sei, als deren Hausbank die Geschäftsanteile von den bisherigen Gesellschaftern übernommen, Geschäftsführer bestellt, diesen alle Weisungen gegeben, ihnen aber auch die Bereitstellung aller notwendigen Mittel zur Betriebsfortführung zugesagt. Das Ausmaß der Kreditgewährung habe bei weitem das denkmögliche Maß wirtschaftlicher Vernunft und rechtlicher Vertretbarkeit überstiegen. Spätestens im Mai 1980 sei für die klagende Partei vorhersehbar und einsichtig gewesen, daß die Sanierungskosten ihre eigene Finanzkraft überstiegen. Sie sei jedenfalls in voller Kenntnis der Überschuldung der Fa. E*** und der ohne Kreditgewährung sofort eintretenden Zahlungsunfähigkeit gewesen. Dennoch habe sie durch die gegenständlichen Wechselübernahmen, aber auch durch planmäßige (positive) Auskunftserteilungen wider besseres Wissen den Anschein der Zahlungsfähigkeit der Fa. E*** herbeigeführt bzw. aufrechterhalten. Andernfalls wäre der geschäftlichen Tätigkeit dieser Firma bereits im Mai 1980 der Boden entzogen gewesen, wodurch auch die den Wechseln zugrundeliegenden Liefervorgänge ausgeschlossen worden wären. Aufgrund des gesamten Verhaltens der klagenden Partei, das den Tatbildern der §§ 146, 158 und 159 StGB entspreche, stehe den beklagten Parteien gegen die klagende Partei ein Schadenersatzsanspruch zu, der den jeweils eingeklagten Betrag übersteige. Auch hafte die klagende Partei für die Zahlung der der Wechselsumme zugrundeliegenden Forderung aus dem Konzernverhältnis, aus den von ihr vorgenommenen Eingriffen in die Geschäftsführung der nach außen rechtlich selbständigen Fa. E*** und aus der ausdrücklichen Zusage der Bereitstellung der für die Geschäftsführung erforderlichen Mittel, weil die Geschäftsführer der Fa. E*** ausschließlich im Vertrauen darauf die den Wechselausstellungen zugrundeliegenden Bestellungen bei den beklagten Parteien vorgenommen hätten.
Die klagende Partei habe zu den Zeitpunkten der Wechseldiskontierung gewußt, daß bei Fälligkeit der Wechsel diese nicht von der Fa. E*** als Annehmerin eingelöst werden könnten.
Diesem Wissen sei es gleichzuhalten, daß die klagende Partei die Zahlungsfähigkeit der Fa. E*** nur aufgrund eigener Willensentschließung, nämlich zur Kreditgewährung an die Fa. E***, aufrechterhalten habe. Die Kenntnis der Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit der Einstellung der Finanzierung und damit die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit der Fa. E*** sei schon Monate vor dem Vorstandsbeschluß der klagenden Partei vom gegeben gewesen.
Die klagende Partei replizierte, sie habe anläßlich der Wechseldiskonte, die durchaus im üblichen Geschäftsrahmen gelegen seien, nie auf Rückgriffsansprüche gegenüber den beklagten Parteien verzichtet und diesen auch keine Bankauskünfte über die Fa. E*** erteilt. Sie sei sich zwar selbstverständlich der wirtschaftlichen Lage der E*** bewußt, aber nach Einholung mehrerer Sachverständigengutachten der Meinung gewesen, die Firma sei sanierungsfähig und sanierungswürdig. Auf die Geschäfte der Fa. E*** habe sie keinen direkten Einfluß genommen. Zum Zeitpunkt der Wechseleinreichungen sei nicht erkennbar gewesen, daß die Sanierungsversuche scheitern würden. Erst der abnormal verschlechterte Finanzplan Ende Juni 1981 sei von ihr nicht mehr genehmigt und finanziert worden. Erst am sei der klagenden Partei der neue Finanzplan für das zweite Halbjahr 1981 vorgelegt worden, in welchem auch nur annähernd genaue Prognosen nicht enthalten gewesen seien, so daß am der Vorstand der klagenden Partei den Beschluß gefaßt habe, keine weitere Finanzierung der Fa. E*** mehr vorzunehmen.
Das Erstgericht hielt im zweiten Rechtsgang die beiden Wechselzahlungsaufträge aufrecht. Aufgrund der ihm überbundenen Rechtsansicht des Berufungsgerichtes kam es zu dem Ergebnis, daß in der bankgeschäftlichen Praxis das Instrument des Wechseldiskontes durchaus auch zum Zwecke der Kreditgewährung an den Wechselakzeptanten - aufgrund einer mit diesem bestehenden Vereinbarung - eingesetzt werde. Die zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Diskontverträge seien daher nicht sittenwidrig. Aufgrund der zumindest schlüssig getroffenen Vereinbarung der klagenden Partei mit der Fa. E*** über eine Kreditierung in Form von Wechseldiskonten mit Direktverrechnung der Diskontspesen könne nicht auf einen Verzicht der klagenden Partei auf wechselmäßige Rückgriffsrechte geschlossen werden. Ein solcher Verzichtwille der klagenden Partei sei den Wechseleinreichern gegenüber in keiner Weise zum Ausdruck gebracht worden. Die beklagten Parteien hätten nach den Gepflogenheiten des Bankverkehrs und der Interessenlage und auch nach dem Wortlaut der Begleitschreiben zu den Wechseln vielmehr davon ausgehen müssen, daß die klagende Partei nur bei Übernahme einer wertpapierrechtlichen Haftung durch sie überhaupt zum Diskont bereit sei. Auch ein Diskontgeschäft sei nach allgemeinen Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen des bürgerlichen Rechtes bei arglistiger Unterlassung einer nach der Verkehrsanschauung erforderlichen Aufklärung anfechtbar. Weil aber das Geschäftsverhältnis zwischen Kreditunternehmung und Kunden ein Vertrauensverhältnis sei und demnach ein Interessenkonflikt für das Kreditunternehmen bestehe, werde dieses in der Regel auch beim Ankauf eines Wechsels keine besonderen Aufklärungspflichten über die Bonität des Akzeptanten treffen. Jeder Aussteller oder Indossant eines Wechsels müsse damit rechnen, daß der spätere Inhaber des Wechsels bei Nichtzahlung der Wechselsumme durch den Akzeptanten als Hauptschuldner an ihm nach Art. 43 Abs. 1 WG Rückgriff nehme. Es obliege vor allem daher ihm, vor der Diskontierung eines Wechsels sich selbst über die Bonität des Akzeptanten zu vergewissern. Die klagende Partei hätte nur dann gegen die Grundsätze des redlichen Bankverkehrs verstoßen und schuldhaft die ihr obliegende vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt, wenn sie die Wechsel in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Fa. E*** ohne jeden Hinweis diskontiert hätte, dies umso mehr, als die klagende Partei nicht nur Hausbank der Fa. E***, sondern deren Alleingesellschafterin gewesen sei. Entscheidend sei aber nur die positive Kenntnis, daß sie zum Zeitpunkt der Diskontierung bloß hätte wissen müssen, daß die Akzeptantin die Wechsel bei Fälligkeit nicht mehr einlösen könne, reiche für die Anfechtung des Diskontgeschäftes nicht aus. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Parteien keine Folge, sprach aber aus, daß die Revision zulässig sei. Es billigte (die im ersten Rechtsgang überbundene) Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß nur eine positive Kenntnis, nicht auch bloßes "Wissenmüssen" (von der Unfähigkeit der Wechseleinlösung durch den Akzeptanten) zur Anfechtung des Diskontgeschäftes und auch für eine Verletzung von Aufklärungspflichten ausreiche. Den beklagten Parteien sei weder der Beweis ihrer früheren Überschuldung noch der Zahlungsunfähigkeit der Fa. E*** gelungen, weil diese noch im Jänner 1981 eine Kapitalerhöhung durchgeführt habe. Damit sei eine allenfalls bestehende Zahlungsunfähigkeit durch die Kreditfinanzierung der klagenden Partei zunächst aufgeschoben worden. Eine Haftung der klagenden Partei wegen Konkursverzögerung durch Aufrechterhaltung der Kreditgewährung könnte nur Schadenersatzansprüche der beklagten Partei auslösen, solche aber seien gegen die eingeklagte Wechselregreßforderung weder aufrechnungsweise eingewendet noch sei eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung behauptet worden.
In ihrer Revision machen die beklagten Parteien Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragen, in Abänderung des Berufungsurteils die Wechselzahlungsaufträge aufzuheben und stellen hilfsweise einen Aufhebungsantrag. Die beklagte Partei sprach sich gegen die Zulässigkeit der Revision aus und beantragte, der Revision nicht Folge zu geben. Die Revision ist zulässig, weil die Frage, in welchem Umfang eine Aufklärungspflicht der Bank, die Eigentümerin der Akzeptantin eines bei ihr zum Diskont eingereichten Wechsels ist, gegenüber dem Einreicher des Wechsels über die wirtschaftliche Lage der Akzeptantin besteht, bisher noch nicht ausdrücklich entschieden wurde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision kommt auch Berechtigung zu.
Richtig haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß auch ein Wechseldiskontgeschäft den allgemeinen Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen des bürgerlichen Rechtes unterliegt und der diskontierenden Bank dann keine Wechselrechte zustehen, wenn sie dolos ihre nach der Verkehrsanschauung erforderliche Aufklärung über die Zahlungsunfähigkeit des Akzeptanten unterläßt. Die beklagten Parteien haben den Diskontvertrag aber auch wegen eines von der klagenden Partei veranlaßten Irrtums angefochten. Für eine solche Anfechtung nach § 871 Abs. 2 ABGB ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes ein Verschulden der klagenden Partei nicht erforderlich (Rummel ABGB I Rz 15 zu § 871; SZ 55/2; SZ 55/51 ua). Könnten die beklagten Parteien den Diskontvertrag wegen List oder eines von der klagenden Partei veranlaßten Irrtums erfolgreich anfechten, dann wäre der Titel für die Übertragung des Eigentumsrechtes am Wechsel und der in ihm verbrieften Rechte weggefallen (Canaris Großkommentar HGB3 III/2 845 Anm. 562; JBl. 1981, 425 = SZ 53/13 ua).
Schon die Aufnahme von Vertragsverhandlungen verpflichtet die Beteiligten unabhängig von einem späteren Vertragsabschluß zu erhöhter Sorgfalt und Rücksichtnahme auf die Interessen des späteren Vertragspartners. Zu den vorvertraglichen Verpflichtungen gehört insbesondere auch die Wahrnehmung von Aufklärungspflichten. Solche Aufklärungspflichten, die auch durch Schweigen verletzt werden können, bestehen auch für Kreditinstitute gegenüber ihren Kunden. Bei Unterlassung einer nach der Verkehrsanschauung erforderlichen Aufklärung kann der als Folge dieser Handlungsweise geschlossene Vertrag auch nach § 870 ABGB wegen Nichtigkeit oder nach § 871 Abs. 2 ABGB wegen eines vom anderen Teil veranlaßten Irrtums angefochten werden (Baumbach-Hefermehl Wechsel- und Scheckgesetz13 187 Anm. 44; SZ 47/148; SZ 53/13 mwN). Es trifft zwar durchaus zu, daß das Geschäftsverhältnis zwischen Kreditunternehmung und Kunden ein Vertrauensverhältnis ist und die Bank im Rahmen einer Geschäftsverbindung sowohl ihre eigenen Interessen als auch jene aller ihrer Kunden zu berücksichtigen und das Bankgeheimnis zu wahren hat. Grundsätzlich kann eine Bank daher nicht verpflichtet werden, geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, die einen anderen Kunden betreffen, zu offenbaren, weil sie damit in einen Interessenkonflikt geraten kann, bei dessen Lösung die Wichtigkeit der Diskretion im Bankgeschäft nicht übersehen werden darf. In der Regel muß daher ein Kreditunternehmen ohne besonderes Verlangen ihren Kunden nicht über die Vermögensverhältnisse eines anderen Kunden unterrichten und ihm allfällige Bedenken gegen dessen Kreditwürdigkeit mitteilen (Schinnerer-Avancini Bankverträge3 I 22 f, 173; SZ 53/13 ua). Dies bedeutet, daß ein Kreditunternehmen in der Regel beim Ankauf eines Wechsels keine besondere Aufklärungspflicht über die Bonität des Akzeptanten trifft. Jeder Aussteller oder Indossant eines Wechsels muß nämlich damit rechnen, daß der spätere Inhaber des Wechsels bei Nichtzahlung der Wechselsumme durch den Akzeptanten als Hauptschuldner an ihm nach Art. 43 Abs. 1 WG Rückgriff nimmt. Im vorliegenden Fall waren allerdings besondere Umstände gegeben, die keineswegs einem üblichen Wechseleskomptgeschäft und den darauf anzuwendenden dargelegten Grundsätzen entsprachen.
Zunächst bestand zwischen der Fa. E*** und den beklagten Parteien - und dies war der klagenden Partei aus der Vielzahl gleichgelagerter Fälle und ihren erteilten Weisungen bekannt - bei Vertragsabschluß kein Einvernehmen darüber, daß die Warenlieferungen durch Wechsel bezahlt werden sollten. Die Fa. E*** übersandte ihren Lieferanten vielmehr kommentarlos von ihr akzeptierte Wechsel, die bereits mit einem als Allonge angefügten vorgedruckten Widmungsschreiben versehen waren, das unter anderem den Passus enthält "Die österreichische Länderbank wird Ihnen den Wechselbetrag in voller Höhe zur Verfügung stellen, da sie die Verrechnung der Diskontspesen direkt mit uns vornehmen wird." Diese Vorgangsweise und Formulierung mußte bei den Lieferanten unter Berücksichtigung der jedem wirtschaftlich interessierten Zeitungsleser bekannten, weil öffentlich erörterten Sanierungsmaßnahmen für die Fa. E*** (vgl. Zeitschrift "Profil" Beilage 20) den Eindruck erwecken, daß die Einlösung des Wechsels aufgrund bestehender Kreditvereinbarungen zwischen der klagenden Partei und der Fa. E*** ohne jeden Zweifel sichergestellt sei. Dazu kommt aber noch, daß die klagende Partei nicht nur die Funktion einer Hausbank und eines Kreditgebers der Fa. E*** hatte, sondern deren gesamte Geschäftsanteile erworben hatte, so daß die Fa. E*** zum Konzern (§ 115 Abs. 2 GmbHG) zählte. Durch die damit ermöglichte und ausgeübte faktische Beherrschung des Tochterunternehmens, die zu einer Verlagerung der wesentlichen Geschäftsführerentscheidungen zur Konzernleitung und zur alleinentscheidenden Kontrolle führte, war die Fa. E*** nur mehr nach der juristischen Konstruktion, nicht aber wirtschaftlich gesehen, ein selbständiges Unternehmen. Die klagende Partei konnte sich bei dieser Sachlage jedenfalls nicht auf das gegenüber einem anderen Kunden, hier der Akzeptantin Fa. E***, bestehende Bankgeheimnis berufen, sondern wäre vor Abschluß des Wechseldiskontvertrages zur Aufklärung des Einreichers nicht nur verpflichtet gewesen, wenn ihr schon damals bekannt war, daß die Finanzierung der Fa. E*** eingestellt werde, sie hätte auch, weil keine bindenden Kreditzusagen zumindest für die Laufzeit der Wechselvorlagen - wenn dies der Fall gewesen wäre - darauf hinweisen müssen, daß die Fa. E*** überschuldet und die Einlösung der Wechsel nur solange möglich sei, als sie selbst weiterhin Kredit gewähre, sie also durch eigene Willensentscheidung die Zahlungsunfähigkeit auslösen könne. Die klagende Partei durfte unter diesen Umständen ohne eine solche vorherige Aufklärung Wechsel der Fa. E*** nicht zum Diskont hereinnehmen und damit das Risiko der Sanierung dieser ihr gehörigen Firma teilweise auf deren Gläubiger überwälzen. Die beklagten Parteien haben in diesem Zusammenhang ausdrücklich eingewendet, sie hätten ohne das Verhalten der klagenden Partei die Ausstellung der Wechsel und deren Indossierung abgelehnt und auf sofortiger Zahlung ihrer Forderungen durch die Annehmerin bestanden, wobei sie im damaligen Zeitpunkt die Forderungen auch erhalten hätten, weil noch keine Klagen gegen die Fa. E*** anhängig gewesen seien und diese noch einen entsprechenden Kreditrahmen bei der beklagten Partei (richtig bei der klagenden Partei) gehabt habe. Wäre dies der Fall gewesen und hätte die klagende Partei ihre Aufklärungspflicht verletzt, so wäre der durch sie bewirkte Irrtum auch wesentlich gewesen (SZ 53/13 mwN). In diesem Fall wäre der Titel für die Übertragung des Eigentumsrechtes an den Wechseln und der in ihnen verbrieften Rechte weggefallen. Der klagenden Partei stünden daher keine Wechselrechte zu. Das Begehren auf Zurückstellung der Vorteile aus dem Vertrag könnte aber nicht im Wechselmandatsverfahren geltend gemacht werden !SZ 53/13 mwN. Ist aber die Anfechtung des Diskontvertrages wegen Verletzung von vorvertraglichen Aufklärungspflichten nicht berechtigt, kann aus diesem Sachverhalt auch kein Schadenersatzanspruch abgeleitet werden.
Ob eine Verletzung von Aufklärungspflichten vorliegt, kann derzeit noch nicht beurteilt werden.
Den Feststellungen ist zwar zu entnehmen, daß die wirtschaftliche
Situation der Fa. E*** sich immer mehr verschlechterte, der Finanzbedarf zunehmend höher veranschlagt wurde und die Möglichkeit, wieder Gewinne zu erzielen, in immer weitere Ferne rückte. Es fehlen aber klare Aussagen zur Überschuldung und zur Zahlungsfähigkeit der Fa. E*** für den Fall der Aufkündigung oder Nichtausweitung der bestehenden Kredite. Aus der Feststellung, daß im Jahr 1981 eine Kapitalerhöhung um S 550 Mio. beschlossen und damit ein Ausgleich der Aktiven und Passiven bezweckt wurde, läßt sich jedenfalls der vom Berufungsgericht daraus gezogene Schluß, damit sei den beklagten Parteien weder der Beweis einer "früheren" Überschuldung noch einer Zahlungsunfähigkeit gelungen, nicht ziehen.
Selbst wenn die Überschuldung durch die Kapitalerhöhung zunächst beseitigt gewesen wäre, wird festzustellen sein, ob diese in der Folgezeit nicht neuerlich eingetreten ist. Denn maßgebend sind für die Anfechtung der Wechseldiskontgeschäfte die Zeitpunkte der Wechseleinreichung. Die Feststellung des Erstgerichtes, daß die Kreditverbindlichkeiten im Jahr 1980 S 300 Mio., im August 1981 noch immer S 110 Mio. betrugen, läßt vielmehr eher den Schluß zu, daß auch durch die Kapitalerhöhung die Überschuldung nicht beseitigt werden konnte, sondern immer noch in so hohem Maß gegeben war, daß ohne die Kredite sofort Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre. Darüber hinaus wäre aber selbst bei Verneinung der Verletzung von Aufklärungspflichten eine Haftung der klagenden Partei wegen verspäteter Konkursanmeldung und daher das Bestehen von Gegenforderungen denkbar.
Es trifft keineswegs zu, daß die beklagten Parteien, wie das Berufungsgericht ausführt, Schadenersatzforderungen wegen verspäteter Konkursanmeldung nicht eingewendet haben. Schon in ihren Einwendungen gegen die Wechselzahlungsaufträge (ON 2 S. 7 und 9) und auch im zweiten Rechtsgang (ON 24 S. 212 und ON 34 S. 247 f) haben die beklagten Parteien ausdrücklich vorgebracht, das Ausmaß der Kreditgewährung der klagenden Partei an die Fa. E*** habe bei weitem das denkmögliche Maß wirtschaftlicher Vernunft und rechtlicher Vertretbarkeit überschritten und sei rechtswidrig gewesen. Um das eigene Kreditengagement nicht durch eine deklarierte Insolvenz des Annehmers zu gefährden, habe sie in Kenntnis der Überschuldung ein Insolvenzverfahren verzögert. Das Verhalten der klagenden Partei entspreche den Tatbildern der §§ 146, 158 und 159 StGB. Den beklagten Parteien stehe gegenüber der klagenden Partei ein Schadenersatzanspruch zu, der die Höhe des Klagsbetrages überschreite. Der klagenden Partei falle wegen ihres starken faktischen Einflusses auf die Geschäftsführung eine Verletzung eigener Sorgfaltspflichten und Mittäterschaft auch beim Fahrlässigkeitsdelikt des § 159 StGB zur Last. Durch die Weiterführung der Sanierungsversuche trotz Konkursreife hafte die klagende Partei für die von den beklagten Parteien geltend gemachten Gegenforderungen und für die Zahlung der der Wechselannahme zugrundeliegenden Forderung aus dem Konzernverhältnis, aus dem Schadenersatzgrund gemäß § 1295 ABGB sowie aus jedem anderen denkbaren Rechtsgrund. Die beklagten Parteien haben sich daher mehrfach und ausdrücklich auf eine Haftung der klagenden Partei nach Schadenersatzgrundsätzen berufen. In der Berufung wurde auch ausdrücklich das Fehlen von Feststellungen zu ihren Behauptungen über die Konkursverschleppung gerügt. Damit machten die beklagten Parteien inhaltlich auch geltend, daß ihre Schadenersatzansprüche nicht für berechtigt erkannt wurden.
Der Oberste Gerichtshof hat sich in jüngster Zeit mehrfach und ausführlich mit dem Überschuldungsbegriff, mit der rechtlichen Zulässigkeit von Sanierungsversuchen und der Direkthaftung des die Sanierung versuchenden Kreditgebers beschäftigt, der der zu sanierenden Firma nicht als außenstehender Geschäftspartner gegenübersteht, sondern als Eigentümer im Konzernverhältnis einen so maßgebenden Einfluß auf die Willensbildung der Gesellschaft nimmt, daß seine Stellung stärker ist als jene der formell bestellten Geschäftsführer des Unternehmens (GesRZ 1984, 218;
RdW 1987, 126 = EvBl. 1987/104 = WBl. 1987, 74; JBl. 1986, 713). Danach ist eine insolvenzrechtlich bedeutsame Überschuldung nicht schon beim Überwiegen der Passiven über die Aktiven anzunehmen. Ein derartiges Verständnis des Überschuldungstatbestandes ist auf dem Gebiet der Unternehmensinsolvenz praktisch nicht anwendbar, weil bei einer solchen Beurteilung auch gesunde, aber fremdfinanzierte Unternehmen überschuldet wären. Die rechnerische Überschuldung zwar eine notwendige, aber noch keineswegs hinreichende Bedingung für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens, weil in dieser Phase der Überschuldungsprüfung noch keine Aussage darüber möglich ist, ob eine Kapitalgesellschaft ihren Verpflichtungen nicht im Rahmen ihrer laufenden Betriebstätigkeit wird nachkommen können. Die Überschuldungsprüfung ist daher durch eine Unternehmensprognose zu ergänzen, in deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplanes sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit und damit der Liquidation der Gesellschaft zu prüfen ist. Solange daher noch eine künftige positive Unternehmensentwicklung erwartet werden kann und die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft erhalten bleibt, fehlt es an einer konkursrechtlich relevanten Überschuldung. In diesem Rahmen sind bei der Prüfung der Überschuldung auch Sanierungsversuche miteinzubeziehen. Wenn daher Sanierungsversuche unternommen werden, ist zu untersuchen, ob die Organe bei Anwendung jener objektiv zu beurteilenden Sorgfalt, die den Fähigkeiten und Kenntnissen, die von einem Unternehmensleiter in dem betreffenden Geschäftszweig üblicherweise erwartet werden können, entspricht und die ein im kaufmännischen Leben erforderliches Eingehen wirtschaftlicher Risken nicht ausschließt (Reich-Rohrwig GmbH-Recht 134), überzeugt sein durften, daß das Sanierungskonzept aussichtsreich und seine Verwirklichung ernsthaft möglich sein werde. Nur wenn die Sanierung von vornherein keine Aussicht auf Erfolg haben kann oder die Fortsetzung zwar zunächst aussichtsreich beurteilt, in der Folge aber wegen geänderter Umstände, auf die zunächst nicht Bedacht genommen werden konnte, abgebrochen hätte werden müssen, fällt den verantwortlichen Organen ein Verschulden zur Last, das persönliche Haftung begründet. Eine solche Haftung wegen Verletzung spezifischer Sorgfaltspflichten, wie es für die Verwirklichung des Tatbildes nach § 159 Abs. 1 Z 2 StGB erforderlich ist, trifft aber nicht nur die Organe der Gesellschaft selbst, sondern auch die klagende Partei als Eigentümerin aufgrund ihres starken faktischen Einflusses auf die Geschäftsführung. Die Repräsentanten der klagenden Partei mußten, wenn das Unternehmen überschuldet oder ohne weitere Kreditzufuhr zahlungsunfähig war - dazu werden noch Feststellungen zu treffen sein - die Aussichten und Vorteile eines begonnenen oder fortzusetzenden Sanierungsversuches gegen die Nachteile abwägen, die anderen Gläubigern bei einem Scheitern des Versuches durch zwischenzeitige Vermögensbewegungen entstehen konnten. Mußten ernste Zweifel am Gelingen des Sanierungsversuches bestehen und war deshalb damit zu rechnen, daß der Zusammenbruch des Unternehmens nur verzögert, aber nicht verhindert werden konnte, durfte die Fortführung des Betriebes nicht erfolgen.
Die klagende Partei hat sich darauf berufen, daß sie aufgrund der ihr vorliegenden Gutachten von in- und ausländischen Experten davon habe ausgehen können, daß die Fa. E*** sanierungsfähig und sanierungswürdig sei. Die näheren Rahmenbedingungen, unter denen die Sanierung von den Gutachten als aussichtsreich erachtet wurden, sind aber nicht erörtert worden, insbesonders wurde nicht geklärt, ob die im Gutachten genannte Bedingungen für eine Sanierung tatsächlich realisiert werden sollten und konnten. Auch Sanierungsversuchen müssen zeitliche Grenzen gesetzt werden. Stellt sich daher nach angemessener Frist heraus, daß bei Beachtung jeder kaufmännischer Sorgfalt ein zunächst aussichtsreiches Konzept nicht verwirklicht werden kann und sind immer weitere Modifikationen erforderlich, die die Gefahr einer Schlechterstellung der Gläubiger des Unternehmens befürchten lassen, wäre die Weiterführung des Unternehmens durch die klagende Partei als Verstoß gegen die strafrechtlichen Vorschriften der §§ 12, 159 Abs. 1 Z 2 StGB zu werten. Eine solche Haftung der klagenden Partei bestünde auch dann, wenn man der die Entscheidung JBl. 1986, 713 ablehnenden Meinung von Koppensteiner (Zur Haftung des GmbH-Gesellschafters, WBl. 1988, 1) folgt. Denn auch er vertritt die Ansicht (aaO 8), der Alleingesellschafter, der den Geschäftsführer dazu veranlaßt, den gebotenen Konkursantrag nicht zu stellen, hafte nach § 1301 ABGB. Es steht aber fest, daß die klagende Partei den Geschäftsführer Dr. B*** noch bis Juni 1981 wissen ließ, ein Insolvenzverfahren sei in keiner Weise zu besorgen, nicht einmal ein Ausgleich, da die Fa. E*** eine Tochtergesellschaft der klagenden Partei sei. Darin konnten die Geschäftsführer der Fa. E*** nur die Zusicherung verstehen, die klagende Partei werde durch entsprechende Zuführung von Mitteln den Bestand der Fa. E*** sichern, so daß ein Konkursantrag nicht notwendig sei. Hätte nach diesen Gesichtspunkten zum Zeitpunkt der Warenlieferungen das Unternehmen nicht mehr fortgesetzt werden dürfen und schon früher das Insolvenzverfahren eingeleitet werden müssen, stünde der Wechselregreßforderung der klagenden Partei die Schadenersatzforderung der beklagten Parteien entgegen. Ob die Fa. E*** zur Zeit der Warenlieferungen durch die beklagten Parteien - die Zeitpunkte wären noch festzustellen - überschuldet war und ohne das Eingreifen der klagenden Partei zahlungsunfähig gewesen wäre und ob weitere Sanierungsversuche in diesem Zeitpunkt bereits unzulässig waren, kann jedoch nach den derzeitigen Feststellungen noch nicht beurteilt werden.
Im fortgesetzten Verfahren werden daher die erforderlichen Feststellungen zur Überschuldung und Zahlungsfähigkeit der Fa. E*** und zur Ermittlung des Zeitpunktes des notwendigen Abbruches der Sanierungsbemühungen nachzutragen sein. Dazu wird die Verwertung der Aussagen der leitenden Organe der klagenden Partei sowie der Fa. E*** und der vorliegenden Urkunden, insbesonders der Beilagen C, D und 21 wesentlich beitragen können. Es darf auch auf den für das Verwaltungsjahr 1981 erstatteten Tätigkeitsbericht des Rechnungshofes verwiesen werden.
Sollten die Wechselzahlungsaufträge aufrechterhalten werden und daher ein Ausspruch über die eingewendeten Gegenforderungen notwendig sein, müßte die Fassung des Urteilsspruches entsprechend § 545 Abs. 3 GeO erfolgen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.