OGH vom 20.03.2002, 3Ob12/02i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der betreibenden Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei Dr. Gottfried I*****, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, wegen 12,968.640 S (= 942.467,82 EUR) sA infolge Revisionsrekurse der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 339/01d-291 und 4 R 396/01m-294, womit Rekurse des Verpflichteten gegen die Beschlüsse des Bezirksgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 51 E 189/99b-241, und vom , GZ 51 E 189/99b-268, zurückgewiesen wurden, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die betreibende Partei führt gegen die verpflichtete Partei Exekution durch Zwangsverwaltung einer Liegenschaft. Mit dem im Instanzenzug bestätigten Bewilligungsbeschluss vom ON 4 ordnete das Erstgericht ua an, dass der Zwangsverwalter alljährlich zum 31. August Rechnung zu legen habe. Die Einführung des Zwangsverwalters erfolgte am .
Mit seinem näher begründeten Beschluss vom ON 241 Punkt A wies das Erstgericht die Anträge des Verpflichteten ON 228 und 229 auf Enthebung des Zwangsverwalters ab. Mit seinem Beschluss ON 291 wies das Rekursgericht ua auch den gegen diesen Entscheidungsteil erhobenen Rekurs des Verpflichteten zurück.
Das Erstgericht ordnete weiters mit Beschluss vom ON 268 ua aus hier nicht relevanten Erwägungen an, dass der Zwangsverwalter - entsprechend seinem Antrag ON 246 - in Abänderung des Beschlusses ON 4 alljährlich zum 31. Dezember, erstmals am Rechnung zu legen habe (Punkt 1.) und wies den Antrag des Verpflichteten ON 265, den Zwangsverwalter seines Amtes zu entheben, ab (Punkt 3.). Mit seinem Beschluss ON 294 wies das Rekursgericht den gegen die genannten Teile des erstinstanzlichen Beschlusses gerichteten Rekurs des Verpflichteten zurück.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen die angeführten Teile der zweitinstanzlichen Entscheidungen gerichteten - jeweils von der zweiten Instanz zugelassenen - Revisionsrekurse des Verpflichteten ON 297 und 303 sind nicht berechtigt.
a) Zum Rekursrecht des Verpflichteten gegen die Änderung des Stichtags für die Rechnungslegung des Zwangsverwalters:
Das Erstgericht änderte auf Antrag des Zwangsverwalters den ursprünglich festgelegten Stichtag für die Rechnungslegung vom jeweils 31. August auf den jeweils 31. Dezember jedes Jahres ab. Die zweite Instanz verneinte dazu das Rekursrecht des Verpflichteten. Denn der Rechnungslegungszeitpunkt sei vom Gericht nach § 115 Abs 1 EO bereits im Ernennungsbeschluss festzulegen. Dieser Beschluss sei gemäß § 132 EO unanfechtbar. Auch die Abänderung des Rechnungslegungstermins könne als Entscheidung über die technische Abwicklung der Zwangsverwaltung und somit als Anweisung an den Verwalter "über die Art und Weise der Verwaltung" iSd § 132 Z 3 EO gesehen werden, weshalb auch sie unanfechtbar sei.
Zutreffend vertrat das Rekursgericht unter Berufung auf Angst (in Angst, EO, § 114 Rz 1) die Auffassung, der Beschluss über die Ernennung des Zwangsverwalters, der gemäß § 115 Abs 1 EO auch die Regelung der Rechnungslegung zu enthalten habe, sei gemäß § 132 Z 3 erster Halbsatz EO unanfechtbar. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb - wie offenbar dem Verpflichteten vorschwebt - zwar die eine Reihe von Rechten und Pflichten enthaltende Ernennung des Zwangsverwalters selbst unanfechtbar sein soll, jene verpflichtend zugleich zu treffende Entscheidung darüber, zu welchem Termin dieser Rechnung zu legen hat, jedoch schon. Die vom Rekursgericht vorgenommene Beurteilung des Umfangs des Rechtsmittelausschlusses steht auch im Einklang mit § 132 Z 6 EO, wonach auch die Bestimmung des Zeitpunkts der Verteilung der Ertragsüberschüsse nach § 122 EO unanfechtbar ist. Demnach hat zwar die Verteilung in der Regel nach Erledigung jeder einzelnen Verwaltungsrechnung stattzufinden, der Zeitpunkt kann aber aus Zweckmäßigkeitsgründen unter bestimmten Umständen anders festgelegt werden. Insbesondere für betreibende Gläubiger ist der Zeitpunkt der Verteilung wesentlich bedeutsamer als jener der mit dieser nicht in notwendigem zeitlichen Zusammenhang stehenden Rechnungslegung. Demnach hat Angst (aaO) zu Recht zum Ausdruck gebracht, auch die Regelung des Rechnungslegungsdatums durch das Exekutionsgericht sei unanfechtbar. Gehört aber die Festlegung dieses Termins zur Bestellung des Zwangsverwalters und ist, wenn sie im Zusammenhang damit vorgenommen wird, unanfechtbar, gibt es auch keinen Grund, für den Fall, dass versehentlich eine solche Festlegung des Termins der Rechnungslegeng im Bestellungsbeschluss unterbleibt oder nachträglich geändert wird, sie nunmehr als anfechtbar anzusehen, zumal sich generell aus § 132 EO ergibt, dass das Gesetz den Parteien kein Recht zubilligt, in den Gang der Zwangsverwaltung durch Rechtsmittel einzugreifen (vgl auch Heller/Berger/Stix, EO4 1013 f).
Überdies handelt es sich bei der Festlegung des Termins der Rechnungslegung bloß um eine Art prozessleitender Verfügung iSd § 78 EO iVm § 425 Abs 2 ZPO, an die das Gericht nicht gebunden ist. Abweichendes ergibt sich aus den Bestimmungen der EO über die Zwangsverwaltung nicht. Vielmehr zeigt gerade § 114 Abs 3 EO, wonach das Exekutionsgericht auch von Amts wegen die Entlassung des Verwalters anordnen und einen neuen Verwalter ernennen kann, dass es somit an die erstmals getroffene Auswahl nicht gebunden ist. Umso weniger besteht eine Bindung an die wesentlich weniger bedeutsame Festlegung des Rechnungslegungstermins für diesen Verwalter. Demnach ist die vom Exekutionsgericht verfügte Änderung des Termins der dem Zwangsverwalter obliegenden Rechnungslegung (§ 115 EO) jedenfalls zufolge § 132 Z 5 EO unanfechtbar. Die Frage, ob sich der Rechtsmittelausschluss auch aus § 132 Z 3 erster Halbsatz EO ableiten ließe, kann ungeprüft bleiben.
b) Zum Rekursrecht des Verpflichteten gegen die Ablehnung der Entlassung des Zwangsverwalters:
Die zweite Instanz begründete die Ablehnung der Enthebung des Zwangsverwalters mit dem Rechtsmittelausschluss nach § 132 Z 4 EO. Sämtliche vom Erstgericht erledigten Anträge des Verpflichteten seien als Begehren auf Überwachung der Geschäftsführung des Verwalters nach § 114 EO zu qualifizieren, weil auch die Entlassung des Zwangsverwalters gemäß § 114 Abs 3 EO wegen Pflichtverletzungen in letzter Konsequenz eine Form der Anordnung der Abstellung wahrgenommener Mängel und Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführung des Verwalters darstelle.
Der erkennende Senat hat dazu erwogen: § 132 Z 5 EO versagt den Rekurs gegen Beschlüsse, mit denen ein neuer Verwalter gemäß § 114 Abs 3 EO ernannt wird. Entgegen den Erwägungen des Rekursgerichts in der Begründung seines Zulässigkeitsausspruchs erachtet es der erkennende Senat als sinnwidrig, aus der Formulierung des genannten Rechtsmittelausschlusses zu schließen, bei Umbestellung des Verwalters wäre zwar die Ernennung des neuen Verwalters unanfechtbar, die zwingend damit verbundene Enthebung des alten Verwalters jedoch anfechtbar. Denn bei dieser Auslegung wäre es denkbar, dass der Rekurs gegen die Enthebung des alten Verwalters erfolgreich wäre und dann zwei Verwalter wirksam bestellt wären. Vor allem entspricht es aber der Lehre und Rsp (SZ 10/370 = ZBl 1929/83; RIS-Justiz RS0002682; Angst aaO § 114 Rz 4), dass die Umbestellung in einem einheitlichen Akt erfolgt (soweit nicht, wie in dem der Entscheidung des Obersten Gerichtshof zugrundeliegenden Fall die Enthebung durch das Rekursgericht - in Widerspruch zu § 132 Z 5 EO - ohne die erst dem Erstgericht aufgetragene Bestellung eines neuen Verwalters erfolgte). Diese Entscheidung, wonach auch der Beschluss über die Enthebung des Zwangsverwalters unter den Rechtsmittelausschluss des § 132 Z 5 EO fällt, ist auch in der Lehre auf Zustimmung gestoßen (Heller/Berger/Stix aaO 1073 f; Schreiber in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 132 Rz 1 und § 114 Rz 4; Angst aaO § 114 Rz 5). Es entspricht dem Sinn der Rechtsmittelbeschränkung des § 132 EO, den Parteien nicht nur das Rekursrecht gegen positive Maßnahmen des Exekutionsrichters, wie sie in den Z 3 bis 5 leg.cit. genannt sind, zu nehmen, sondern auch solche Maßnahmen ablehnende Beschlüsse miteinzubeziehen, weil eben die Parteien kein Recht haben sollen, in den Gang der Verwaltung, deren geordneter Betrieb nicht gestört werden soll, durch Rechtsmittel einzugreifen, soweit es sich um die in § 132 EO genannten Maßnahmen, mögen sie nun vorgenommen und bewilligt oder abgelehnt werden, handelt. Demgemäß wurde auch bereits erkannt, dass die Parteien (und die beteiligten Gläubiger) ua auch die Entscheidung, die das Vorhandensein von Mängeln und Unregelmäßigkeiten der Verwaltertätigkeit verneint und eine Abstellung ablehnt, nicht anfechten können (Heller/Berger/Stix aaO 1013; dem folgend 3 Ob 178/83 = SZ 57/6 mwN). Auch wenn der Revisionsrekurswerber zu Recht darauf hinweist, dass in der genannten Entscheidung auch die Rechtsmittellegitimation des Liegenschaftseigentümers (bei Zwangsverwaltung gegen den Fruchtnießer) abgelehnt wurde, hat doch der Oberste Gerichtshof ausdrücklich an seiner früheren entsprechenden Rsp festgehalten. Für die Enthebung des Zwangsverwalters können aber keine anderen Grundsätze gelten.
Es kann auch keineswegs gesagt werden, dass durch die vom Rekursgericht gefundene Auslegung, die Rechtsmittelbeschränkungen "bis zur äußersten Grenze des möglichsten Wortsinns ausgelegt und dadurch ganze Sachbereiche der Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs entzogen" würden (vgl dazu 3 Ob 102/92 = SZ 66/15), weil es nicht um Beschränkungen des Revisionsrekurses, sondern bereits jene des Rekurses gegen die erstinstanzliche Entscheidung geht. Zusammenfassend ist daran festzuhalten, dass zufolge § 132 EO dem Verpflichteten kein Rekursrecht gegen die eine Entlassung des Zwangsverwalters (§ 114 Abs 3 EO) ablehnende Entscheidung des Exekutionsgerichts zusteht. Auf Rechtsähnlichkeiten mit Maßnahmen gegenüber dem Masseverwalter im Konkursverfahren muss nicht mehr eingegangen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO.