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OGH vom 13.07.2007, 6Ob153/07d

OGH vom 13.07.2007, 6Ob153/07d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz W*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Stolz, Rechtsanwalt in Radstadt, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei Bernhard W*****, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl und Dr. Hans Jörg Fuchs, Rechtsanwälte in Schladming, wegen Widerrufs einer Schenkung (Streitwert 33.000 EUR), über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 194/06d-58, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 1 Cg 172/04t-45, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache selbst das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 2.263,80 EUR (darin 377,30 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 3.676,36 EUR (darin 543,06 EUR Umsatzsteuer und 418 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte ist einer der Söhne des Klägers. Dieser übergab dem Beklagten mit Übergabsvertrag vom die Liegenschaft EZ 50, Grundbuch *****M*****. Nach der Übergabe verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Parteien und mündete in gegenseitige Provokationen und Anzeigen.

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass der Übergabsvertrag aufgehoben sei, die Einwilligung des Beklagten in die Löschung seines Eigentumsrechts im Grundbuch bei gleichzeitiger Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers, die Räumung der Liegenschaft von den Fahrnissen des Beklagten und die Herausgabe näher bezeichneten Viehs und Geräts. Der Übergabsvertrag stelle tatsächlich eine gemischte Schenkung dar, der unentgeltliche Teil habe aufgrund des Wertes der Liegenschaften, Baulichkeiten und des Viehs die Gegenleistungen des Beklagten wesentlich überwogen. Dies sei dem Beklagten bekannt gewesen; er sei auch damit einverstanden gewesen, dass ein Großteil der Zuwendung unentgeltlich erfolge. Zwischen den Parteien sei es nicht nur zu verbalen Auseinandersetzungen gekommen; der Beklagte habe den Kläger auch vorsätzlich schwer am Körper verletzt. Der Beklagte kümmere sich nicht um die Ehegattin des Klägers, die bereits 1992 einen Schlaganfall gehabt habe; vielmehr habe er am die Einleitung eines Sachwalterbestellungsverfahrens hinsichtlich des Klägers und seiner Ehegattin angeregt. Der Kläger widerrufe daher die Schenkung wegen groben Undanks.

Der Beklagte strebt die Abweisung der Klage an. Eine gemischte Schenkung liege aufgrund der von ihm zu erbringenden Gegenleistungen nicht vor. Im Übrigen seien die Beschimpfungen und Bedrohungen immer vom Kläger ausgegangen, der den Beklagten und seine Ehegattin außerdem mehrfach - und sogar mit Mord - bedroht habe. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Kläger habe dem Beklagten einen Erbhof übergeben. Daher sei dessen Wohlbestehenswert den Leistungen des Beklagten gegenüber zu stellen. Es bestehe jedoch kein krasses Missverhältnis, weil eine Differenz von lediglich rund 4.000 EUR bestehe. Im Übrigen hätten die Parteien bei Abschluss des Übergabsvertrags nicht beabsichtigt, Vermögenswerte zu schenken bzw anzunehmen, was einen Widerruf des Geschäfts wegen groben Undanks unmöglich mache.

Das Berufungsgericht trug dem Erstgericht unter Aufhebung des Ersturteils eine Verfahrensergänzung auf und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei; es bestehe keine Rechtsprechung des Höchstgerichts zur Rechtsfrage, ob die analoge Anwendung der anerbenrechtlichen Grundsätze für die Bemessung eines den Übernehmer begünstigenden Übernahmspreises die Einholung eines Gutachtens zweier bäuerlicher Sachverständiger voraussetzt. Eine Bewertung seines Entscheidungsgegenstands nahm das Berufungsgericht nicht vor. In der Sache selbst führte es aus, der Beklagte habe sich nicht auf eine Erbhofeigenschaft der übergebenen Bauernsache berufen; gemäß § 1 Abs 1 LBG komme es daher auf den Verkehrswert der Sache an, um feststellen zu können, ob eine gemischte Schenkung vorlag. Allerdings hätte das Erstgericht den Beklagten anzuleiten gehabt, „sein Vorbringen für die Qualifikation der übergebenen Liegenschaft als Erbhof und den daraus resultierenden günstigen (niedrigen) Übernahmswert zu ergänzen". Sollte sich der Beklagte im fortgesetzten Verfahren auf die Erbhofeigenschaft berufen, werde das Erstgericht gemäß § 11 Abs 1 AnerbenG einen zweiten bäuerlichen Sachverständigen beizuziehen haben.

Die Rekurse der Parteien sind zulässig; jener des Beklagten ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat es zwar unterlassen auszusprechen, ob der Entscheidungsgegenstand 4.000 EUR übersteigt (vgl E. Kodek in Rechberger, ZPO³ [2006] § 519 Rz 20). Im Hinblick auf die von den Vorinstanzen festgestellten Werte der übergebenen Sache und die vom Beklagten erbrachten Gegenleistungen kann davon aber zwanglos ausgegangen werden, sodass sich eine Ergänzung der Entscheidung des Berufungsgerichts erübrigt.

2. Die Parteien haben einen bäuerlichen Übergabsvertrag geschlossen. Der Kläger strebt dessen Rückabwicklung an und stützt sich auf sein Recht, diesen wegen groben Undanks zu widerrufen; tatsächlich habe es sich um eine gemischte Schenkung gehandelt. Das Berufungsgericht hat sich ausschließlich mit der Frage des jeweiligen Wertes der erbrachten Leistungen und Gegenleistungen auseinandergesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine gemischte Schenkung nicht nur ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung voraus, sondern auch eine Schenkungsabsicht (RIS-Justiz RS0019356, RS0012959, RS0019322). Daher hat auch der erkennende Senat erst in jüngster Zeit ausgeführt, es komme auf den Parteiwillen an, ob ein Teil der Leistung als geschenkt angesehen werden kann; eine gemischte Schenkung könne keinesfalls schon dann angenommen werden, wenn die Leistung der einen Seite objektiv wertvoller ist als die der anderen Seite, die Partner sich des objektiven Missverhältnisses jedoch bewusst waren (6 Ob 128/05z = SZ 2005/103); für die Annahme einer gemischten Schenkung sei also der Parteiwille maßgeblich (6 Ob 154/06z = RZ-EÜ 2007/102; ebenso Welser in Rummel, ABGB³ [2000] § 785 Rz 10; Eccher in Schwimann, ABGB³ [2006] § 785 Rz 5). Den Bestand der Schenkungsabsicht hat dabei derjenige zu beweisen, der darauf seinen Anspruch gründet (5 Ob 603/90; 9 Ob 134/00x = immolex 2002/32), hier also der Kläger, der den Widerruf der Schenkung anstrebt. Nach den - insofern unbekämpft gebliebenen - Ausführungen des Erstgerichts beabsichtigten die Parteien bei Abschluss des Übergabsvertrags nicht, Vermögenswerte zu schenken bzw anzunehmen; sie hatten also keinerlei Schenkungsabsicht (dabei handelt es sich um eine Sachverhaltsfeststellung, deren Überprüfung dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist [6 Ob 128/05z]). Dass ihnen das objektive Missverhältnis jedoch bewusst war, hat der Kläger selbst vorgebracht (AS 3: „Auch dem Beklagten war bei Übergabe bekannt und war er damit einverstanden, dass ein Großteil der Zuwendung unentgeltlich erfolgte."). Damit kann von einer gemischten Schenkung, die der Kläger allenfalls wegen groben Undanks widerrufen könnte, von vorneherein nicht ausgegangen werden. Auf die vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzungen kommt es nicht an.

3. Der Oberste Gerichtshof kann gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen, wenn die Sache zur Entscheidung reif ist. Dem Rekurs des Beklagten war daher Folge zu geben, der angefochtene Beschluss aufzuheben und in der Sache selbst im Sinn einer Wiederherstellung des abweisenden Urteils des Erstgerichts zu erkennen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Für den Rekurs an den Obersten Gerichtshof und die Rekursbeantwortung gebühren jeweils nur 50 % Einheitssatz (§ 23 RATG).