Suchen Hilfe
OGH vom 24.11.2005, 3Ob216/05v

OGH vom 24.11.2005, 3Ob216/05v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Inge W*****, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr. S***** Rechtsanwaltspartnerschaft, 2.) Dr. Bernhard S 3.) Mag. Bedros I*****, und 4.) Dr. Gerald M*****, wegen 12.951,75 EUR sA und Feststellung (Streitwert 8.000 EUR), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 5 R 115/05a-5, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 31 Cg 87/05m-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung von 12.951,75 EUR sA sowie die Feststellung ihrer Haftung für Schäden aus der anwaltlichen Vertretung in einem bestimmten Verfahren.

Die erstbeklagte Partei ist eine offene Erwerbsgesellschaft mit dem Geschäftszweig der Ausübung der Rechtsanwaltschaft; die Zweit- und Drittbeklagten sind deren persönlich haftende Gesellschafter. Der Viertbeklagte hat nach dem Klagsvorbringen früher gemeinsam mit dem Zweitbeklagten die Rechtsanwaltskanzlei betrieben, die nunmehr - nach Emeritierung des Viertbeklagten - von der erstbeklagten Partei fortgeführt wird.

Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück, weil die beklagten Parteien als OEG bzw Rechtsanwälte nicht Kaufmann gemäß § 1 Abs 2 HGB seien und auch nicht behauptet werde, dass sie Kaufmann nach anderen gesetzlichen Bestimmungen wären. Das Erstgericht sei aber nur zuständig, wenn die Klage gegen einen Kaufmann gerichtet werde (§ 51 Abs 1 Z 1 JN).

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil sich die konkrete Lösung des vorliegenden Falls nicht ohne weiteres aus der bereits vorliegenden Rsp (6 Ob 65/01d, 7 Ob 159/04i) ergebe.

Die zweite Instanz führte in rechtlicher Hinsicht aus, die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts sei keineswegs für Streitigkeiten aus bzw gegen eingetragene Erwerbsgesellschaften schlechthin gegeben. Vielmehr müsse auch bei einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft ein handelsrechtlicher Bezug bestehen, als diese eben minderkaufmännische Geschäfte betreibe; dies gelte sowohl für die sachliche Zuständigkeit nach § 51 Abs 1 Z 1 JN als auch für diejenige nach § 51 Abs 1 Z 6 JN. Die erstbeklagte OEG betreibe hier das „Rechtsanwaltsgewerbe" und führe somit keine (minder-)kaufmännischen Tätigkeiten (§ 1 HGB) durch, weshalb für sie - und die weiteren, als solidarisch Haftende bezeichneten Beklagten - die handelsgerichtliche Zuständigkeit fehle.

Der zugelassene Revisionsrekurs der Klägerin ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 51 Abs 1 Z 1 JN gehören vor das Handelsgericht, falls der Streitgegenstand an Geld oder Geldeswert den Betrag von 10.000 EUR übersteigt, „Streitigkeiten aus Handelsgeschäften, wenn die Klage gegen einen Kaufmann, eine Handelsgesellschaft oder eine registrierte Genossenschaft gerichtet ist und das Geschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft ist".

Eine eingetragene Erwerbsgesellschaft (EEG) besitzt nicht als solche Kaufmannseigenschaft; ihre Kaufmannseigenschaft kann sich aber daraus ergeben, dass sie ein minderkaufmännisches Grundhandelsgewerbe (§ 1 Abs 2 HGB) betreibt. Die Geschäfte einer solchen EEG sind nach Maßgabe der §§ 343 f HGB Handelsgeschäfte. Für Klagen gegen eine minderkaufmännisch tätige EEG aus solchen Geschäften ist somit die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts nach § 51 Abs 1 Z 1 JN gegeben (7 Ob 159/04i = ecolex 2005/59 = GesRZ 2004, 386 = RdW 2004/620 = wbl 2005/42 [U. Torggler].

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, weil die erstbeklagte EEG die Rechtsanwaltschaft ausübt und kein minderkaufmännisches Grundhandelsgewerbe (§ 1 Abs 2 HGB) betreibt. Für eine analoge Anwendung des § 51 Abs 1 Z 1 JN auch für eine EEG, die kein minderkaufmännisches Grundhandelsgewerbe betreibt, besteht keine Veranlassung (U. Torggler in Glosse zu wbl 2005/42).

Die Kaufmannseigenschaft der Zweit- bis Viertbeklagten als Rechtsanwälte bzw ehemalige Rechtsanwälte ist aus diesem Grund ebenfalls nicht gegeben.

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

Fundstelle(n):
WAAAD-52957