OGH vom 01.10.2002, 5Ob201/02y

OGH vom 01.10.2002, 5Ob201/02y

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, 1041 Wien, Prinz Eugen-Straße 20-22, vertreten durch Dr. Walter Reichholf, Rechtsanwalt, 1090 Wien, Universitätsstraße 6/2, gegen die beklagte Partei und zugleich Gegnerin der gefährdeten Partei W***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9, wegen Unterlassung gemäß §§ 28 ff KSchG und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren EUR 21.801,85), über den Revisionsrekurs der beklagten Partei (Gegnerin der gefährdeten Partei) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 4 R 112/02y-10, womit die Einstweilige Verfügung des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 39 Cg 153/01w-6, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Die klagende und gefährdete Partei beantragte zur Sicherung ihres gleichzeitig eingeklagten, auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger Klauseln gemäß §§ 28 ff KSchG und Urteilsveröffentlichung gerichteten Anspruchs folgende einstweilige Verfügung:

"Zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei wider die Gegnerin der gefährdeten Partei auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger Klauseln gemäß §§ 28 ff KSchG, worauf die Klage gerichtet ist, wird der Gegnerin der gefährdeten Partei ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie den von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt und/oder in hiebei verwendeten Vertragsformblättern nachstehende Klauseln

-] Ich ermächtige die W***** GesmbH, *****, den pauschalierten Kostenanteil von ATS 7.500,-- für Schätzgutachten und Verfahrenskosten mittels Einziehungsermächtigungsverfahren von meinem

O der Wohnbaugesellschaft bekanntgegebenen Girokonto

O von meinem Konto Nr. .................... bei der

.................... (Bank) einmalig abzubuchen. Von dieser Einziehungsermächtigung wird nur dann Gebrauch gemacht, wenn ich das Kaufanbot rechtsverbindlich annehme oder aus Gründen, die alleine in meiner Sphäre liegen, nicht annehme:

-] Ich verzichte auf die Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildender Umstand

oder sinngleiche Klauseln zu verwenden oder sich auf eine der vorstehend genannten Klauseln zu berufen, soweit diese bereits vereinbart worden ist.

Diese einstweilige Verfügung wird bis zur rechtskräftigen Erledigung der auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger Klauseln gemäß § 28 ff KSchG gerichteten Klage erlassen."

Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, sie sei gemäß § 29 KSchG berechtigt, einen Unterlassungsanspruch nach § 28 Abs 1 KSchG geltend zu machen. Die Beklagte sei als Gesellschaft mbH Unternehmerin und trete bei der von ihr ausgeübten Geschäftstätigkeit mit Verbrauchern in ganz Österreich in geschäftlichen Kontakt.

Die Beklagte sei gemäß § 20 WGG (als eine ursprünglich Gemeinnützige Bauvereinigung im Sinne des WGG) bei nachträglicher Übertragung des Eigentums an die Mieter zur Anwendung des § 15c WGG und zur Einhaltung des dort vorgesehenen Verfahrens verpflichtet. Die Beklagte habe in einem Rundschreiben vom Juni 2001 tausende Mieter eingeladen, einen Antrag auf Übertragung in das Wohnungseigentum zu stellen.

Dem Einladungsschreiben sei ein als "Erklärung" bezeichnetes Formular angeschlossen gewesen, das nachfolgende gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßende Klauseln enthalten habe:

1.) Ich ermächtige die W***** GesmbH, *****, den pauschalierten Kostenanteil von ATS 7.500,-- für Schätzgutachten und Verfahrenskosten mittels Einziehungsermächtigung von meinem

O der Wohnbaugesellschaft bekanntgegebenem Girokonto

O von meinem Konto Nr. .......................... bei der

............................. (Bank) einmalig abzubuchen. Von dieser Einziehungsermächtigung wird nur dann Gebrauch gemacht, wenn ich das Kaufanbot rechtsverbindlich annehme oder aus Gründen, die alleine in meiner Sphäre liegen, nicht annehme.

2.) Ich verzichte auf die Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildender Umstand.

Diese Klauseln verstießen gegen §§ 15b, c und 21 WGG. Die klagende Partei habe die Beklagte gemäß § 28 Abs 2 KSchG abgemahnt. Die Beklagte habe jedoch keine Bereitschaft gezeigt, die von der Klägerin geforderte Unterlassungserklärung abzugeben, sondern habe die Ansicht vertreten, dass die von ihr verwendeten Klauseln rechtlich zulässig seien.

Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus und brachte im Wesentlichen vor:

Das Rundschreiben der Beklagten vom Juni 2001 stelle kein Einladungsschreiben gemäß § 14c WGG dar, sondern ein verbindliches Anbot. Das Verfahren gemäß § 15c WGG sei daher nicht einzuleiten gewesen und mangels Gesetzwidrigkeit sei § 21 WGG nicht anwendbar. Darüber hinaus sei die Vorgangsweise der Beklagten, selbst wenn man von einem Einladungsschreiben nach § 15c ausgehen sollte, nicht gesetzwidrig.

Die Klausel über den pauschalierten Kostenanteil sei nach der Klarstellung in ihrem Schreiben vom nicht mehr unklar iSd § 6 Abs 3 KSchG und auch nicht den Konsumenten gröblich benachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB.

Die Klausel über den Verzicht auf Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Mietverhältnisses verstoße ebenfalls nicht gegen §§ 15b, c und 21 WGG, da der Mieter zu keinem Zeitpunkt ein durchsetzbares Recht habe, die Wohnung zu erwerben, und es eine freie Wahlmöglichkeit der Beklagten gebe, ob sie überhaupt oder nur unter Bedingungen verkaufen wolle.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab.

Es ging von folgendem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt aus:

Die klagende und gefährdete Partei, die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte, ist zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches wie hier (§ 28 KSchG) gemäß § 29 KSchG aktiv klagslegitimiert. Die beklagte und gefährdete Partei ist eine mit Sitz in Wien eingetragene Gesellschaft mbH, welche bis unter der Bezeichnung "W*****, gemeinnützige Gesellschaft mbH" firmierte. Der Unternehmensgegenstand der Beklagten liegt primär in der Errichtung und Verwaltung von Wohnbauten und der Vermietung selbiger an Privatpersonen. Die Gesellschafterinnen der Beklagten sind die Republik Österreich sowie die Stadtgemeinde M***** und B*****. Ursprünglich war die Beklagte eine als gemeinnützig anerkannte Bauvereinigung iSd Bestimmungen des Wohnungsgemeinnutzungsrechtes (WGG). Da sie keine gegenteilige schriftliche Erklärung bis spätestens abgegeben hat, gilt die Beklagte gemäß § 39 Abs 6a WGG ab nun nicht mehr als gemeinnützig anerkannt. Mit einem Rundschreiben lud die Beklagte im Juni 2001 Mieter ihrer Wohnung ein, einen Antrag auf sonstige nachträgliche Übertragungen in das Eigentum gemäß § 15c WGG innerhalb einer Frist von 6 Monaten zu stellen. Dieses Rundschreiben, welches an tausende Mieter und potentielle Kaufinteressenten versendet wurde, enthielt ein Formblatt mit der Bezeichnung "Erklärung zur Antragstellung auf sonstige nachträgliche Übertragung der Mietwohnung in das Eigentum". Als wesentlicher Bestandteil dieser Erklärung des Kaufinteressenten sind darin die im Spruch der beantragten einstweiligen Verfügung wiedergegebenen Klauseln enthalten.

Trotz mehrfacher Kontakte und Gespräche im Vorfeld ließ sich keine Einigung über die zulässige Textierung des Formblatts erreichen. Nach erfolgter Abmahnung der Beklagten im Sinn des § 28 Abs 2 KSchG am reichte die Klägerin die vorliegende Klage samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Zuvor hatte die Beklagte versichert, den pauschalierten Kostenbeitrag lediglich von jenen Mietern einzuheben, die einen Antrag auf Preisfestsetzung stellen und in der Folge die Wohnung nicht kaufen, obwohl sie von der Beklagten zum Kauf eingeladen wurden und sich der Preis innerhalb einer Bandbreite von 25 % des bekanntgegebenen Richtpreises bewegt. Außerdem war von der Beklagten erklärt worden, dass sie den Verkehrswert des Objektes sowohl unter als auch ohne Berücksichtigung des aufrechten Mietverhältnisses feststellen werde, wobei jedoch eine Veräußerung nur zum Verkehrswert in Frage komme.

Die anfallenden Verfahrenskosten setzen sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen: Die Beklagte benötigt ein Nutzwertgutachten für alle Wohnungen des Hauses, welches ca ATS 2.500,-- pro Wohnung kostet, weiters eine Verkehrswertermittlung die auf ca ATS 3.500,-- pro Wohnung kommt, und schließlich bei Objekten, die älter als 20 Jahre sind, ein Bauzustandsgutachten, welches auf das gesamte Haus bezogen ist und etwa ATS 20.000,-- bis 30.000,-- kostet. Die betriebswirtschaftliche Kalkulation der Beklagten, der 25 % Kaufinteressenten zugrunde liegen, nimmt sohin die Kosten des Außerstreitverfahrens mit ca ATS 17.000,-- an, was sich aus der Summierung der Schätzungskosten - umgelegt auf eine Einzelwohnung - und einem kleinen Anteil an internen Bearbeitungs- bzw Abwicklungskosten ergibt. Diesen abgezogen, errechnet sich (halbiert) wiederum ein Betrag von ca ATS 7.500,--.

Rechtlich führte das Erstgericht im Wesentlichen aus:

Trotz Verlust der Gemeinnützigkeit auf Seiten der Beklagten seien gemäß § 20 Abs 1 Z 3 WGG die Bestimmungen der §§ 13 bis 22 WGG weiters sinngemäß anzuwenden. Dies normiere eine zwingende Verpflichtung der Beklagten zur Anwendung des § 15c WGG und zur Einhaltung des dort vorgesehenen Verfahrens bei der nachträglichen Übertragung des Eigentums an Mieter ihrer Wohnungen. Der Gesetzgeber habe gewisse Verfahrensrechte zum Schutz der Kaufinteressenten vorgesehen, grundsätzlich aber der Privatautonomie keine allzu großen Einschränkungen auferlegt. Das Rundschreiben der Beklagten sei als Angebot und nicht bloß als Einladung zur Anbotstellung zu werten. Dieses Anbot stehe jedoch unter mehreren Bedingungen, unter denen sich die Beklagte zum Verkauf bereit erklärt habe. Die Beklagte verkaufe ihre Wohnungen ua nur, wenn eine Einziehungsermächtigung unter bestimmten Voraussetzungen für einen pauschalierten Kostenanteil von S 7.500,-- abgegeben werde (Klausel 1) und auf die Berücksichtigung des Vorliegens eines aufrechten Mietverhältnisses als wertbildenden Umstandes verzichtet wird (Klausel 2). Die Klausel 1 sei weder gesetz- noch sittenwidrig. Im Rahmen des § 15c WGG bestünden während des Verfahrens zur Preisfestsetzung gesetzliche Besonderheiten, die Tragung der Kosten dieses Verfahrens bleibe jedoch den Parteienvereinbarungen vorbehalten. Der Verkäufer einer Wohnung außerhalb des WGG-Regimes könne die Kosten der Gutachten auf seine Vertragspartner im Wege des Preises überwälzen, was der Beklagten nach dem WGG nicht möglich sei. Eine vorherige Klärung der Kostentragung wäre daher sinnvoll, da die im Preisfestsetzungsverfahren nach dem WGG entstehenden Kosten das Doppelte des Betrages von S 7.500,-- übersteigen, könne von einer gröblichen Benachteiligung des Konsumenten im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB nicht die Rede sein. Dies auch deshalb, weil dieser Kostenanteil als vertragliche Konventionalstrafe angesehen werden könnte. Auch die Klausel 2 sei nicht zu beanstanden. Der erklärte Verzicht des Mieters auf die Berücksichtigung des aufrechten Mietverhältnisses sei, da ihm ein Rechtsanspruch zur Übertragung des Wohnungseigentums ohnehin nicht zustehe, sachlich begründet und unbedenklich. Über Rekurs der klagenden und gefährdeten Partei erließ das Gericht zweiter Instanz die beantragte einstweilige Verfügung. Es ging dabei von folgenden rechtlichen Erwägungen aus:

Zunächst sei die Frage zu prüfen, ob das Schreiben der Beklagten vom Juni 2001 unter die Bestimmungen des § 15c WGG fällt. Die Beklagte vermeine, dass sie mit diesem Schreiben den Mietern ein verbindliches Anbot gestellt habe und dieses daher nicht als Einladung der Mieter zur Antragstellung auf nachträgliche Einräumung des Wohnungseigentums im Sinne des § 15c Abs 1 WGG anzusehen sei. Dieser Meinung könne nicht gefolgt werden.

Nach § 21 Abs 1 seien Vereinbarungen ua dann rechsunwirksam wenn sie zum Nachteil des Vertragspartners der Bauvereinigung von den Bestimmungen der §§ 13 bis 20 und 22 (also auch § 15c) abweichen. § 15c WGG sehe ein bestimmtes Verfahren vor, wenn die Bauvereinigung nach insgesamt 10-jähriger Überlassung in Miete die nachträgliche Einräumung des Wohnungseigentums beabsichtigt. Von diesem Verfahren dürfe die Bauvereinigung aufgrund der Bestimmung des § 21 Abs 1 WGG zum Nachteil des Mieters nicht abweichen. Dies bedeute aber, dass dem Mieter keine über das Gesetz hinausgehende (nachteilige) Bedingungen auferlegt werden dürfen. Stünde es der Bauvereinigung frei, durch Änderung der Bezeichnung des Einladungsschreibens oder auch durch eine zusätzliche Selbstbindung in Form eines verbindlichen Anbotes die Bestimmungen des § 15c WGG für diese Vorgangsweise unwirksam zu machen, stünde der Umgehung der vom Gesetzgeber ausdrücklich für zwingend erklärten Bestimmung des § 15c WGG Tür und Tor offen. Die Meinung der Beklagten, dass es ihr jederzeit freistehe von einem Verkauf Abstand zu nehmen und die Mieter daher durch allfällige Bedingungen in Anbotschreiben nicht belastet würden, weil ein Verkauf (eine Einräumung von Wohnungseigentum) von der Bauvereinigung möglicherweise ohnehin nicht durchgeführt werde, überzeugen nicht. Stellt der Mieter nämlich nach einer wie immer bezeichneten Einladung einen Antrag auf Einräumung von Wohnungseigentum innerhalb einer Frist von 6 Monaten, so habe die Bauvereinigung das Verfahren nach § 15c Abs 2 WGG über die gerichtliche Festsetzung des Preises für die nachträgliche Übertragung des Wohnungseigentums einzuleiten, ohne dass sie das von weiteren für den Mieter nachteiligen Bedingungen abhängig machen könne.

Es sei daher weiters zu prüfen, ob die inkriminierten Klauseln im Schreiben der Beklagten, die jedenfalls von § 15c abwichen, den Mietern zum Nachteil gereichen.

Die Klausel über die Ermächtigung der Beklagten, einen pauschalierten Verfahrenskostenbeitrag von S 7.500,-- unter bestimmten Voraussetzungen von den Mietern einzubeziehen, benachteilige diese schon deshalb, weil nicht sicher sei, ob Kosten in dieser Höhe anfallen. Zutreffend zeige die klagende Partei auf, dass von den in den Feststellungen des Erstgerichtes genannten Beträgen lediglich die Kosten von S 3.500,-- auf die Verkehrswertermittlung, also das Preisfestsetzungsverfahren, entfallen. Die Festsetzung einer Konventionalstrafe, wie es das Erstgericht erwägt, wäre aber ebenfalls eine benachteiligende Bedingung.

Die Klausel über den Verzicht auf Berücksichtigung des Vorliegens des aufrechten Miet- oder sonstigen Nutzungsverhältnisses als wertbildenden Umstand stehe im Widerspruch zu § 15b Abs 3 WGG, der dem Mieter die Berechtigung einräumt, auf die Berücksichtigung des Vorliegens eines aufrechten Mietverhältnisses zu verzichten, ihm also ein Wahlrecht einräume. Es bedürfe keiner weiteren Erörterung, dass die Beseitigung dieses Wahlrechtes einen Nachteil für den Mieter darstellt. Die abweichende Meinung von Puhr/Schuster (Schuster sei Geschäftsführer der beklagten Partei) in Schwimann ABGB III, Rz 28 zu § 15c WGG werde nicht näher begründet.

Da der Unterlassungsanspruch der klagenden Partei gemäß § 28 KSchG daher bestehe sei die einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen. Gegen den rekursgerichtlichen Beschluss hat die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Revisionsrekurs mit dem Antrag erhoben, ihn so abzuändern, dass der Antrag der klagenden und gefährdeten Partei auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abgewiesen wird. Die klagende und gefährdete Partei hat hingegen in einer Revisionsrekursbeantwortung die Bestätigung des rekursgerichtlichen Beschlusses beantragt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Vorauszuschicken ist, dass das Rekursgericht - worauf dieses selbst hingewiesen hat - und der Oberste Gerichtshof bereits mit einem vergleichbaren Fall befasst waren (OLG Wien 4 R 33/02f = 5 Ob 149/02a). Es geht - mit lediglich quantitativen Abweichungen in den jeweiligen Unterlassungs- und Sicherungsbegehren - um praktisch idente Vertrags- bzw Anbotsklauseln.

Schon damals hat der Oberste Gerichtshof die auch jetzt vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht in allen Punkten teilt und dazu noch (im Wesentlichen) ausgeführt:

Für die Beurteilung der Gesetz- oder Sittenwidrigkeit der inkriminierten Klauseln seien die Vorschriften des WGG (insbesondere die §§ 7 Abs 3 Z 6a, 15b und 15c) idF der WRN 2000, BGBl I 36/2000, und des Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl I 142/2000, maßgeblich. Der Unterlassungs- und Sicherungsanspruch der Klägerin beziehe sich nämlich (wie im jetzt zu beurteilenden Fall) auf ein Rundschreiben der Beklagten vom Juni 2001. Die Änderungen des WGG durch die WRN

2002, BGBl 162/2001, seien auf diesen Sachverhalt noch nicht

anwendbar oder erfassten ihn inhaltlich nicht (§ 39 Abs 21b und Abs 21c, Art IV Abs 1i WGG idF der WRN 2); dazwischen liegende Novellierungen des WGG hätten andere Themen zum Gegenstand gehabt. Auch die Beklagte habe nicht in Abrede gestellt, einzelne der inkriminierten Klauseln könnten mit den zwingenden gesetzlichen Vorgaben zur Einladung ihrer Mieter zum Erwerb von Mit- und Wohnungseigentum iSd §§ 7 Abs 3 Z 6a, 15c Abs 1 WGG kollidieren. Sie vertrete jedoch den Standpunkt, ohnehin keine solche Einladung ausgesprochen, sondern ihren Mietern ein verbindliches Angebot zum Kauf "ihrer" Wohnungen gelegt zu haben. Dem daran anknüpfenden Argument der Beklagten, dass es gar keinen Rechtsanspruch der angeschriebenen Mieter auf den Erwerb der von ihnen genutzten Wohnungen gebe (sie selbst also keinem Verkaufszwang unterliege), weshalb es ihr auch freistehe, die Bedingungen eines freiwilligen Verkaufsanbots festzulegen, sei jedoch nicht zu folgen. Richtig sei, dass die Beklagte (nach der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Sach- und Rechtslage: die Voraussetzungen des § 15b Abs 1 WGG in den verschiedenen Fassungen könnten gar nicht erfüllt sein; zu § 15d WGG idF der WRN 2000 siehe Würth/Zingher, Wohnrecht 2000, Anm 1 zu § 15b WGG) nicht gezwungen werden kann, ihre Wohnungen den Mietern zu verkaufen, und zwar auch dann nicht, wenn diese zu einer entsprechenden Antragstellung eingeladen wurden oder von sich aus einen solchen Antrag stellen und die gerichtliche Preisfestsetzung erzwingen. Einem mittelbaren Druck zum Verkauf der Wohnungen an die Mieter seien gemeinnützige Bauvereinigung allerdings insofern ausgesetzt, als sie gemäß § 7 Abs 3 Z 6a WGG (in der hier maßgeblichen Fassung) die Wohnungen an Dritte nur nach vorheriger Einladung der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu einer Antragstellung gemäß § 15c WGG verkaufen dürfen. Der Gesetzgeber habe dies als Teil eines Plans für den „vorrangigen" Verkauf von Wohnhäusern gemeinnütziger Bauvereinigungen an die jeweiligen Mieter deklariert (AB in 369 BlgNR 21. GP zu Art 87 des Budgetbegleitgesetzes 2001), was zumindest als Auslegungsmaxime zu

beachten sei (so auch Call, Mit den Budgetbegleitgesetzen 2001 und

2002 im Zusammenhang stehende Fragen des Wohnungsgemeinnützigkeitsrechts, WoBl 2001, 341 ff [349], dem allerdings in anderen Punkten nicht gefolgt werde). Für Einladungen zur Antragstellung der Mieter nach § 15c WGG gelt, dass die Vorschriften des § 15b Abs 3 bis 7 WGG zu beachten sind (Abs 3 leg cit). Dass es sich dabei um Vorschriften handelt, die eine GBV nicht zum Nachteil ihrer Vertragspartner abändern kann, ergebe sich eindeutig aus § 21 Abs 1 Z 1 WGG. Aus diesem einseitig zwingenden Charakter der dort angeführten §§ 13 bis 15, 15b bis 20 und 22 WGG folge aber auch, dass eine gemeinnützige Bauvereinigung auch im Fall eines Verkaufs nicht von den zwingenden Vorgaben des § 15b Abs 3 bis 7 WGG abgehen darf. Dass eine GBV keinem Verkaufszwang ausgesetzt ist, bedeute also, dass sie in der Entscheidung frei ist, ob sie das Kaufanbot eines Mieters annimmt oder ob sie ihren Mietern selbst ein verbindliches Verkaufsanbot stellt; tut sie dies aber, habe sich ihre Vertragserklärung an die zwingenden Vorgaben des § 15b Abs 3 bis 7 WGG zu halten (vgl zu den Aspekten der Preisgestaltung WoBl 1999/56 mit Anm Call; WoBl 2000/180). Es habe daher nicht nur eine Einladung iSd § 15c Abs 1 WGG, sondern auch ein verbindliches Verkaufsanbot der GBV diesen zwingenden Normen zu entsprechen.

Zur bestrittenen konkreten Nachteiligkeit der inkriminierten Klauseln für die angesprochenen Verbraucher - die Mieter der zum Verkauf angebotenen Wohnungen - sei auszuführen, dass der Unterlassungsanspruch nach § 28 KSchG schon dann bestehe, wenn die dort beschriebenen Bedingungen (Vertragsbestimmungen: Krejci in Rummel2, Rz 10 zu §§ 28 - 30 KSchG) gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Kollidieren sie mit einer zwingenden Gesetzesbestimmung, sei daher die Nachteiligkeit für die angesprochenen Verbraucher gar nicht zu untersuchen, umgekehrt aber auch nicht, ob ihnen der Wegfall der beanstandeten Klausel überhaupt einen Vorteil verschaffen könnte, weil feststehe, dass der andere Teil gar nicht bereit ist, zu gesetzeskonformen Bedingungen zu kontrahieren.

Damit erweise sich zunächst einmal jene Vertragsklausel als gesetzwidrig, mit der die angesprochenen Mieter auf ihr Recht verzichten (sollen), das bestehende Miet- oder sonstige Nutzungsverhältnis als wertbildenden Umstand für den Kaufpreis der jeweiligen Wohnung zu berücksichtigen. Dass es sich dabei um eine zwingende Preisbildungsvorschrift handelt, auf deren Anwendung der Mieter verzichten kann, aber nicht muss, sei nämlich nach der Gesetzeslage eindeutig. Das Wahlrecht dürfe dem angesprochenen Kaufinteressenten nicht von vornherein genommen werden (vgl WoBl 2000/180).

Ähnlich verhalte es sich mit der Übernahme pauschalierter Kosten, die sich die Beklagte ausbedungen hat. Zu Recht hat das Rekursgericht in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gar nicht feststehe, ob überhaupt Kosten in der Höhe von S 7.500,-- anfallen. Inwieweit die kaufwillligen Mieter die Pflicht zum Ersatz von Kosten eines Preisfestsetzungsverfahrens trifft, werde gemäß § 22 Abs 4 WGG iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG erst vom Gericht - letztlich nach Billigkeit - zu entscheiden sein. Die Rechtsansicht der Beklagten, die Mieter hätten dann, wenn es trotz Durchführung eines Preisfestsetzungsverfahrens nicht zum Verkauf der Wohnungen kommt, weil die GBV ihr Kaufangebot nicht zu akzeptieren bereit ist, die gesamten Kosten des Preisfestsetzungsverfahrens zu tragen, weil es nicht zum Erfolg führte und - rückschauend - nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war, ignoriere nicht nur die dem Gericht durch § 37 Abs 3 Z 19 MRG aufgetragene Anwendung billigen Ermessens, sondern auch das im Kostenersatzrecht der ZPO geltende Erfolgsprinzip, das sich am Ausgang des konkreten Verfahrens und nicht an den damit verbundenen außerprozessualen Konsequenzen orientiere. Das Rechtsschutzziel eines Verfahrens nach § 22 Abs 1 Z 2a WGG sei schon mit der Preisfestsetzung erreicht. Stehen aber die Kosten gar nicht fest, die ein kaufwilliger Mieter im Fall des Eigentumserwerbs zu ersetzen hat, dann sei eine ausbedungene fixe Kostenbeteiligung nichts anderes als ein Teil des geforderten Entgelts, das den durch § 15b Abs 3, 4, 5 und 6 WGG zwingend vorgegebenen Rahmen sprenge. Ein Nebeneffekt des solcherart ausbedungenen Kostenersatzes sei eine von der GBV zumindest in Kauf genommene Dämpfung der Nachfrage von Seiten der Mieter, die sich nicht mit dem bereits angesprochenen gesetzgeberischen Ziel eines vorrangigen Verkaufs der Wohnungen an die jeweiligen Mieter vereinbaren lasse. Dass aus budgetären Gründen der Verkauf von Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen (gezielt jener, an denen der Bund beteiligt ist) gefördert werden soll, sei andererseits durch die mit dem Budgetbegleitgesetz 2001 eingeleitete Rechtsentwicklung eindeutig belegbar. Das einem kaufwilligen Mieter vorweg abverlangte Versprechen einer fixen Kostenbeteiligung stehe daher eindeutig im Widerspruch mit dem gesetzgeberischen Konzept des nachträglichen Erwerbs von Wohnungseigentum durch die Mieter gemeinnütziger Bauvereinigungen.

Der nunmehr zu behandelnde Revisionsrekurs enthält kein Argument, zu dem der Obersten Gerichtshof in der zitierten Entscheidung nicht schon Stellung bezogen hätte. Es kann daher auf die daraus wiedergegebenen Rechtsausführungen verwiesen werden; sie führen zum Schluss, dass die angefochtene Entscheidung zu bestätigen war. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 393 EO bzw §§ 78, 402 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.