OGH vom 29.11.1961, 6Ob410/61
Norm
Kopf
SZ 34/177
Spruch
Kein Recht der - ehelichen oder außerehelichen - leiblichen Eltern zum Besuch des adoptierten Kindes.
Entscheidung vom , 6 Ob 410/61.
I. Instanz: Bezirksgericht Steyr; II. Instanz: Kreisgericht Steyr.
Text
Das Pflegschaftsgericht räumte dem außerehelichen Vater der am geborenen Minderjährigen - die von den Ehegatten Ludwig und Anna A. am , also bereits nach neuem Adoptionsrecht, rechtsgültig adoptiert worden war - auf seinen Antrag ein entsprechend geregeltes Recht zum Besuch seiner außerehelichen Tochter ein.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag des außerehelichen Vaters auf Einräumung eines Besuchsrechtes abwies.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des außerehelichen Vaters nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Rekursgericht ist darin vollkommen beizustimmen, daß die neue Regelung des Adoptionsrechtes durch das Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 58, den Grundsatz der Volladoption insoweit verwirklicht hat, als es sich um familienrechtliche Beziehungen nicht vermögensrechtlicher Art handelt. Darunter fallen die väterliche Gewalt und deren Ausflüsse, also die gesetzliche Vertretung, die Vermögensverwaltung, das Erziehungsrecht, die Gehorsams- und Folgepflicht. Diese Beziehungen erlöschen insoweit, als der betreffende leibliche Elternteil durch einen Wahlelternteil ersetzt wird. Durch dieses Erlöschen der familienrechtlichen Beziehungen nicht vermögensrechtlicher Art zu den leiblichen Eltern erhalten die Wahleltern und das Wahlkind das Gefühl der Geborgenheit und Sicherheit vor rechtlich durchsetzbaren Einmischungsversuchen der leiblichen Eltern (vgl. den Aufsatz Ents in ÖStA. 1960 S. 55). Auch aus den Gesetzesmaterialien (s. die erläuternden Bemerkungen zu den §§ 182,182a und 182b, Nr. 107 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, IX. GP., S. 20) geht als Zweck des Gesetzes hervor, das Wahlkind rechtlich aus seiner bisherigen Familie ausscheiden und als vollberechtigtes Mitglied in die neue Familie der Wahleltern eintreten zu lassen. Hiedurch solle bewirkt werden, daß Störungen der Erziehung des Kindes durch Einflußversuche der früheren Familie, die auf verbleibende Rechte gestützt würden, nicht möglich seien. Nur dadurch könne eine gedeihliche Entwicklung des Wahlkindes erreicht werden. Das Rekursgericht hat daher mit Recht angenommen, daß nach der neuen Regelung des Adoptionsrechtes für irgendwelche Besuchs- oder Kontrollrechte der bisherigen Eltern keine gesetzliche Grundlage gegeben ist.
Nun verweist allerdings § 182 Abs. 2 ABGB. - in der Fassung des Bundesgesetzes vom , BGBl. Nr. 58 -, laut welchem bei Annahme eines Wahlkindes durch Wahleltern mit dem Wirksamwerden der Annahme die nicht bloß in der Verwandtschaft an sich bestehenden familienrechtlichen Beziehungen zwischen dem Wahlkind und seinen leiblichen Eltern erlöschen, zum Begriff der Verwandtschaft ausdrücklich auf § 40 ABGB., der den Begriff der Verwandtschaft ausdrücklich mit dem Begriff der Familie in Zusammenhang bringt, woraus sich in Verbindung mit den §§ 44 und 161 ABGB. ergibt, daß der dort verwendete Begriff der Verwandtschaft sich grundsätzlich auf die eheliche Verwandtschaft bezieht (Wolff in Klang 2. Aufl. I/1 279 zu §§ 40 f. ABGB.), wenn auch von der Rechtsordnung in anderen Fällen (z. B. § 32 KO., § 4 AnfO.) die außereheliche Verwandtschaft der ehelichen gleichgestellt wird. Was aber gemäß § 182 Abs. 2 ABGB. hinsichtlich der leiblichen ehelichen Eltern anzunehmen ist, muß - im Wege des Schlusses vom Größeren auf das Kleinere (arg. a maiori ad minus) - um so mehr hinsichtlich der außerehelichen Eltern und daher auch hinsichtlich des Rechtsmittelwerbers als des außerehelichen Vaters des minderjährigen Wahlkindes gelten.
Daher kommt auch ein Besuchsrecht des außerehelichen Vaters - das übrigens im Gesetz überhaupt nicht geregelt ist (EvBl. 1957 Nr. 225) und ihm auch sonst nur, falls das Wohl des Kindes hiedurch nicht gefährdet würde, in analoger Anwendung der Bestimmung des § 142 ABGB. gewährt wird - nach erfolgter Adoption des Kindes überhaupt nicht mehr in Frage; denn dadurch würde der Zweck der Adoption, die dem Kind das Gefühl der Geborgenheit in der Familie der Wahleltern geben soll, vereitelt, und das erst im 7. Lebensjahr befindliche Mädchen würde in seinen- Gefühlen zwischen dem außerehelichen Vater und den Wahleltern hin- und hergerissen werden.
Nur wenn die Wahleltern als alleinige Erziehungsberechtigte damit einverstanden wären, daß der außereheliche Vater - etwa im Weg eines Besuches bei ihnen - das Kind fallweise sehen könnte, wäre dagegen dann nichts einzuwenden, wenn der außereheliche Vater gewillt wäre, sich im Interesse des Kindes gegenüber diesem zurückhaltend zu benehmen, sich nicht ein ihm als außerehelichem Vater gar nicht zustehendes Erziehungsrecht an dem Kinde anzumaßen und auch ein rechthaberisches Auftreten gegenüber den Wahleltern deshalb zu vermeiden, weil diese ansonsten in den Augen des Kindes herabgesetzt würden und das ruhige Heranwachsen des Kindes in der Familie der Wahleltern gefährdet würde. Hierüber haben aber allein die Wahleltern zu bestimmen, und irgend ein Recht darauf steht dem außerehelichen Vater auf Grund des Gesetzes in keiner Weise zu.