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OGH vom 29.03.2011, 5Ob200/10p

OGH vom 29.03.2011, 5Ob200/10p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Roch als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Hermine R*****, vertreten durch Sluka Hammerer Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, gegen die Antragsgegner 1. Eva Maria F*****, 2. Susanne F*****, 3. Heimo E*****, 4. Charlotte W*****, 5. Charlotte Annemarie Franziska B*****, 6. Mag. Robert Wolfgang Felix W*****, 7. Heidemarie W*****, 8. Ilse M*****, 9. Elke E*****, 10. Dr. Heidelinde R*****, 11. Claus W*****, 12. Dr. Bernd M*****, 13. Eveline M*****, ebendort, 14. Dr. Karoline G*****, 15. Benno W*****, 16. Pedro Silvio W*****, 17. Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft *****, alle vertreten durch Dr. Michael Wonisch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 54 R 53/10y 15, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Auf der Liegenschaft EZ 108 der ***** mit der Liegenschaftsadresse ***** besteht Stockwerkseigentum. Die 1. bis 7. Antragsgegner sind schlichte Miteigentümer des materiellen Anteils B, wozu auch die Wohnung der Antragstellerin gehört, wobei der 1. Antragsgegnerin an der von der Antragstellerin gemieteten Wohnung das ausschließliche Benützungsrecht zusteht. Die 8. bis 16. Antragsgegner sind Wohnungseigentümer des materiellen Anteils A dieser Liegenschaft. Mietzins wird von der Antragstellerin ausschließlich an die 1. Antragsgegnerin entrichtet.

Die Außenfenster der Wohnung der Antragstellerin sind infolge vorhandener Schäden erneuerungsbedürftig.

Mit ihrem verfahrenseinleitenden Antrag auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten iSd §§ 3, 6 MRG begehrte die Antragstellerin, sämtliche 17 Antragsgegner zur Durchführung der Arbeiten, nämlich zur Erneuerung der Fenster ihrer Wohnung, zu verpflichten.

Das Erstgericht gab dem Begehren lediglich hinsichtlich der 1. Antragsgegnerin als „eigentlicher Vermieterin“ Folge und wies das Begehren hinsichtlich sämtlicher übriger Antragsgegner ab. Die Antragstellerin ließ diese Abweisung unbekämpft.

Über Rekurs der Erstantragsgegnerin änderte das Gericht zweiter Instanz die Entscheidung dahin ab, dass es das Begehren hinsichtlich sämtlicher Antragsgegner abwies. Der von der 1. Antragsgegnerin (aufgrund der dieser aus einer Benützungsregelung zukommenden Rechtsstellung) abgeschlossene Hauptmietvertrag sei mit sämtlichen Miteigentümern zustande gekommen. Diese bildeten im Verfahren nach den §§ 3 Abs 2, 6 Abs 1 MRG, jedenfalls soweit davon Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft betroffen seien, eine einheitliche Streitpartei, sodass eine Antragsstattgebung nur hinsichtlich der 1. Antragsgegnerin nicht in Betracht komme.

Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs strebt die Antragstellerin eine Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses an.

Zentrales Argument des Revisionsrekurses ist das angebliche Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur notwendigen Streitgenossenschaft sämtlicher Miteigentümer. Insbesondere wenn der Mietzins vertraglich nur einem Miteigentümer geschuldet werde, sei nur dieser zur Bildung einer Rücklage für Erhaltungsarbeiten und zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten verpflichtet. 2. bis 17. Antragsgegner hätten hingegen keine Verpflichtung, Arbeiten zu finanzieren.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs erweist sich als nicht zulässig, weil die aufgeworfenen Rechtsfragen durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind:

1. Der zum Alleingebrauch bestimmter Räumlichkeiten der gemeinschaftlichen Liegenschaft berechtigte Miteigentümer ist zum Abschluss eines Bestandvertrags allein legitimiert, begründet jedoch durch Vermietung des ihm zugewiesenen Objekts ein Mietverhältnis mit allen Miteigentümern (vgl RIS Justiz RS0107642; RS0013607; RS0013398; RS0107643). Die Erträgnisse daraus darf der Miteigentümer dennoch allein vereinnahmen (RIS Justiz RS0042537 [T2; T 4]).

2. Auch im Verfahren Außerstreitsachen ergibt sich aus der Rechtsnatur des geltend gemachten Anspruchs, also aus dem materiellen Recht, ob Dispositionen über den Verfahrensgegenstand der Einstimmigkeit der Parteien bedürfen oder ob eine Partei allein tätig werden darf und was bei widersprechenden Erklärungen gilt (5 Ob 103/09x; RIS Justiz RS0125593).

3. Die Durchsetzung seiner mietvertraglichen Rechte steht einem Mieter gegenüber allen Miteigentümern zu. Sämtliche Mit und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft sind an einen Auftrag zur Durchführung von Erhaltungsarbeiten als vollstreckbaren Exekutionstitel nach § 6 Abs 2 MRG gebunden (RIS Justiz RS0021160). Dem Mieter stehen diesfalls alle Miteigentümer als Träger der ihm gegenüber zu erfüllenden Pflichten gegenüber. Er muss sich deshalb auch an alle Miteigentümer halten (vgl RIS Justiz RS0106931; RS0113763; RS0021201; 5 Ob 3/05k = SZ 2005/24 = wobl 2005/82).

4. Die aus einem Mietverhältnis erfließenden Rechte und Pflichten können grundsätzlich nur einheitlich zum Gegenstand eines Leistungsbefehls gemacht werden (vgl RIS Justiz RS0105977), was im Besonderen für die das gesamte Mietverhältnis erfassende rechtsgestaltende Wirkung eines Auftrags nach den §§ 3, 6 MRG gilt. Vom Antragsrecht eines Mieters auf Durchführung von Erhaltungs und Verbesserungsarbeiten betreffend allgemeine Teile der Liegenschaft ist das gesamte Gebäude betroffen, was sich schon aus der Verschränkung der Bestimmungen des § 6 MRG mit § 18 MRG ergibt (5 Ob 96/93 = EvBl 1994/93).

4.1. Im Besonderen gilt das für die Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses. Solche können schon begrifflich nicht gegen einzelne Miteigentümer durchgesetzt werden, weil insofern eine mangelnde Verfügungs und Entscheidungsfähigkeit des einzelnen Miteigentümers zu beachten ist (vgl 5 Ob 243/05d).

4.2. Weil die aus einem Mietverhältnis erfließenden Rechte und Pflichten immer nur einheitlich gegenüber allen Vertragsparteien festgestellt bzw zum Gegenstand eines Leistungsbefehls gemacht werden können, bilden die Vermieter eine einheitliche Streitpartei (vgl RIS Justiz RS0105977). Weil ein einzelner Miteigentümer ohne Zustimmung der übrigen Erhaltungspflichten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft nicht bewirken kann (vgl 5 Ob 243/05d), kann ohne Zusammenwirken aller Mit und Wohnungseigentümer die geschuldete Leistung nicht erbracht werden, weshalb die Leistungserbringung auch bloß von allen gemeinsam verlangt werden kann (5 Ob 163/08v = JBl 2009, 306 = wobl 2009/43).

5. Es wurde auch schon ausgesprochen, dass die Frage, wem Mietzinserträgnisse zufließen, für die Erhaltungspflicht des Vermieters nach dem MRG rechtlich bedeutungslos ist (5 Ob 111/92).

6. Weil die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs die Durchsetzung ihres Anspruchs nur mehr gegen die 1. Antragsgegnerin anstrebt, erübrigt es sich, darauf einzugehen, dass schon das Erstgericht hinsichtlich der gesamten einheitlichen Streitpartei der Teilhaber des materiellen Anteils B einheitlich entscheiden hätte müssen (vgl RIS Justiz RS0035701 [T5]; 4 Ob 548/91; 5 Ob 2309/96m). Auch darauf, dass 1. bis 7. Antragsgegner nicht allein, sondern nur mit den Wohnungseigentümern des Anteils A zusammen über ideelles Eigentum an allgemeinen Liegenschaftsteilen verfügen (vgl 5 Ob 236/07b = wobl 2008/70; RIS Justiz RS0009864 [T2]; RS0013412; RS0015574 [T1]) und daher zur Durchsetzung des Erhaltungsanspruchs ein Tätigwerden auch der 8. bis 16. Antragsgegner vorausgesetzt ist (vgl 5 Ob 243/05d; 5 Ob 161/92), muss in Anbetracht der oben dargestellten Umstände nicht mehr eingegangen werden.

7. Die Frage, ob die Antragstellerin allein die 1. Antragsgegnerin zur Durchsetzung von Erhaltungspflichten an allgemeinen Teilen der Liegenschaft in Anspruch nehmen kann, begründet in Anbetracht der dargestellten Rechtsprechung keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG.

Das hatte zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu führen.