OGH vom 30.10.2018, 2Ob169/18v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der ***** 2018 verstorbenen H***** W*****, über den Revisionsrekurs der Gläubigerin S***** L*****, vertreten durch Kreissl & Pilcher & Walther Rechtsanwälte GmbH in Liezen, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben vom , GZ 2 R 142/18h-26, womit der Rekurs der Gläubigerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Liezen vom , GZ 3 A 79/18a-21, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Im Verlassenschaftsverfahren nach der ***** 2018 verstorbenen Erblasserin wurde keine Erbantrittserklärung abgegeben.
Das überließ die im Wesentlichen aus Bankguthaben und einem Pkw bestehenden Aktiva der mit 5.126,16 EUR überschuldeten Verlassenschaft im Wert von insgesamt 5.833,46 EUR der Tochter der Erblasserin aufgrund deren Antrags auf Abschlag ihrer Forderung für die von ihr bezahlten Begräbniskosten (5.723,76 EUR zuzüglich 1.000 EUR Grabpflegekosten) gegen Bezahlung der Gebühr des Gerichtskommissärs (277,22 EUR) gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt. Die von der Gläubigerin angemeldete Forderung für die stationäre Betreuung in einer von ihr betriebenen Pflegeeinrichtung von 3.958,64 EUR wurde unter die Passiva aufgenommen, fand jedoch letztlich keine Berücksichtigung.
Das wies den Rekurs der Gläubigerin zwar mangels materieller Beschwer zurück, behandelte ihn in Wahrheit aber meritorisch: Da die Forderung unter § 330a ASVG falle, wonach ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen sowie auf jenes ihrer Angehörigen, Erben und Geschenknehmer im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig sei, könne die Gläubigerin keinen Anspruch gegen den Nachlass geltend machen. Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht geprüft habe, ob die Bestimmung über die Abschaffung des Pflegeregresses auch in jenen Fällen anzuwenden sei, in denen der stationär Untergebrachte verstirbt, bevor ein Bescheid über seinen Antrag auf (Teil)Kostenübernahme im Rahmen der Sozialhilfe ergehe.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene der Gläubigerin ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 1 AußStrG nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Eine erhebliche, für die Entscheidung auch präjudizielle Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG wird weder in der zweitinstanzlichen Zulassungsbegründung noch im Rechtsmittel dargetan:
1. Die Gläubigerin strebt die Befriedigung ihrer angemeldeten Forderung im Rang des § 154 Abs 2 Z 3 AußStrG an. Vorrangig ist jedoch – was die Rechtsmittelwerberin ohnehin nicht bezweifelt – das Verlassenschaftsvermögen denjenigen zu überlassen, die im Fall eines Insolvenzverfahrens Massegläubiger wären (§ 154 Abs 2 Z 1 AußStrG iVm § 46, 47 Abs 1 IO). Das betrifft im vorliegenden Fall die Kosten des Verlassenschaftsverfahrens (§ 46 Z 1 IO) von 277,22 EUR (Gerichtskommissionsgebühren) und die Kosten eines einfachen Begräbnisses (§ 46 Z 7 IO).
2. Die Entscheidung darüber, in welcher Höhe die – mit fixen Wertgrenzen nicht bestimmbaren – Bestattungskosten im Einzelfall als einem einfachen Begräbnis angemessen anzusehen sind, richtet sich nach den im zu beurteilenden Fall jeweils gegebenen Umständen. Sie hat demnach keine über diesen Einzelfall hinausgehende Bedeutung (6 Ob 309/98d).
Die Behauptung der Gläubigerin, die vom Erstgericht anhand detaillierter Rechnungen berücksichtigten Begräbniskosten seien über die von ihr „anerkannte“ Höhe von 5.500 EUR hinaus nicht mehr angemessen, blieb im Rechtsmittelverfahren – von den Grabpflegekostenabgesehen – unsubstanziiert, weshalb darauf nicht eingegangen werden kann.
3. Auch eine Erörterung, ob die von der Rechtsmittelwerberin bestrittenen Grabpflegekosten für die Dauer von zehn Jahren in Höhe von 1.000 EUR zu den Begräbniskosten iSd § 154 Abs 2 Z 1 iVm § 46 Z 7 IO zu zählen sind, kann jedoch unterbleiben. Selbst wenn man an angemessenen Begräbniskosten lediglich 5.723,76 EUR veranschlagte, würden dadurch die Aktiva der Verlassenschaft von 5.833,46 EUR nach Abzug der Gerichtskommissionsgebühren von 277,22 EUR zur Gänze aufgezehrt, sodass eine Zuweisung an die Revisionsrekurswerberin im Rang des § 154 Abs 2 Z 3 AußStrG nicht mehr erfolgen könnte.
4. Entgegen der unbescheinigt gebliebenen Vermutung der Gläubigerin, eine Bestattungsvorsorgeversicherung decke möglicherweise die Begräbniskosten ab, handelt es sich dabei nach der Aktenlage um eine Lebensversicherung, deren Versicherungsleistung an den Empfangsberechtigten ausgezahlt worden ist. Es kann daher dahinstehen, ob diese erstmals im Rekurs erhobenen Ausführungen gegen das Neuerungsverbot verstoßen (§ 49 Abs 2 AußStrG).
5. Bei dieser Sach und Rechtslage käme der vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage nur theoretische Bedeutung zu. Ihre Beantwortung könnte der Gläubigerin nicht zu der von ihr angestrebten Befriedigung der angemeldeten Forderung verhelfen. Dasselbe gilt für die Rechtsmittelbehauptung, die angemeldete Forderung gründe sich auf ein Vertragsverhältnis, der Antrag auf Gewährung der Sozialhilfe sei „davon völlig unabhängig“ zu sehen.
Dem Rechtsmittel fehlt es daher an der für seine Zulässigkeit erforderlichen Präjudizialität (RISJustiz RS0088931). Es ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00169.18V.1030.000 |
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