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OGH vom 18.09.2009, 6Ob150/09s

OGH vom 18.09.2009, 6Ob150/09s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** AG, *****, vertreten durch Dr. Frank Riel, DDr. Wolfgang Grohmann, Dr. Josef Cudlin, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, gegen die beklagte Partei Franz R*****, vertreten durch Dr. Georg Hahmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 20.000 sA EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 16 R 202/08f-16, womit das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom , GZ 6 Cg 127/07x-10, bestätigt, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.189,44 EUR (darin 198,24 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:

Nach ständiger Rechtsprechung sind für die Annahme der Sittenwidrigkeit von Interzessionsverträgen naher Angehöriger das Vorliegen eines krassen Missverhältnisses zwischen der Vermögenssituation des Interzedenten und dem Umfang der eingegangenen Schuld, die Missbilligung des Zustandekommens des Interzessionsgeschäftes infolge verdünnter Entscheidungsfreiheit des Interzedenten sowie die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis dieser Faktoren durch den Kreditgeber wichtige Kriterien für die Inhaltskontrolle derartiger Geschäfte, wobei die Erfüllung dieser Voraussetzungen im Zeitpunkt der Haftungsübernahme erforderlich ist, um die Sittenwidrigkeit bejahen zu können (EvBl 2000/197; SZ 68/64; SZ 71/117 uva). Die Anwendung dieser Grundsätze auf den Einzelfall stellt in der Regel keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar, sofern die Vorinstanzen nicht den ihnen hier zukommenden Beurteilungsspielraum in einer im Interesse der Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof korrekturbedürftigen Weise überschritten haben (vgl ecolex 2001, 1999; 10 Ob 315/02z; RIS-Justiz RS0048300 [T2]).

Wenn die Vorinstanzen im Hinblick auf die vom Beklagten bezogene Abfertigung, sein Hälfteeigentum an Liegenschaften mit einer Gesamtfläche von 59.303 m2, worunter sich teilweise auch Bauland befindet, die eingehende Belehrung des Beklagten und die ausdrückliche Feststellung, dass der Beklagte weder von seiner Ehefrau noch von der Klägerin unter Druck gesetzt wurde, das Vorliegen einer Sittenwidrigkeit verneinten, so haben sie damit den ihnen hier zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

Der Umstand, dass der Beklagte 1995 die Bürgschaft aus Anlass einer Umschuldung übernahm, vermag daran nichts zu ändern, zumal nicht der geringste Hinweis dafür besteht, dass die seinerzeitig eingegangene Bürgschaft im Sinne der von der Judikatur entwickelten Grundsätze sittenwidrig war. Soweit der Beklagte nunmehr in der Revision behauptet, aus dem Umstand seiner früheren Bürgschaft für den ursprünglichen Kredit habe sich für ihn ein Druck ergeben, verstößt dies gegen das Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0041812). Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass nach den Feststellungen der Vorinstanzen der Beklagte gerade nicht unter Druck gesetzt wurde, wie dies im Übrigen auch seiner eigenen Angabe im Zuge der Parteienvernehmung entspricht.

Soweit sich der Beklagte auf Rechtsprechung des BGH beruft, wonach die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft gegen Treu und Glauben verstoße, wenn der Bürge innerhalb von fünf Jahren nicht in der Lage sei, zumindest ein Viertel der Hauptsumme aufzubringen, ist zunächst hervorzuheben, dass der BGH mit dieser „25 %-Formel" nicht die Sittenwidrigkeit, sondern nur einen Verstoß gegen Treu und Glauben begründet. Vor allem aber ist der österreichischen Rechtsordnung eine derartige starre Berechnungsformel fremd. In der Entscheidung 6 Ob 200/99a hat der erkennende Senat die 25 %-Formel lediglich als Kontrollrechnung zur Dartuung der im Anlassfall nicht gegebenen krassen Überforderung des Bürgen herangezogen, diese aber gerade nicht als alleinigen Maßstab für die Sittenwidrigkeitsprüfung übernommen (Th. Rabl, ecolex 2000/77 [Entscheidungsanmerkung] mN der Rsp des BGH).

Damit hängt die Entscheidung des vorliegenden Falls aber entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nicht von der Lösung einer Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung ab, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.