OGH vom 29.12.2006, 5Ob198/06p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Höllwerth und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Sandra M*****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1) Monika M*****, und 2) Thomas M*****, beide vertreten durch Dr. Heinz Meller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 159/05w-51, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Die Klägerin und die Erstbeklagte sind jeweils Hälfteeigentümerinnen der Liegenschaft EZ 686 Grundbuch *****. Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein Doppelwohnhaus. Ursprünglich war Thomas M***** sen. Alleineigentümer der Liegenschaft; dieser hatte zwei Söhne, nämlich Viktor M***** und den Zweitbeklagten. Thomas M***** sen. schenkte das Grundstück mit Schenkungsvertrag vom seinen beiden Enkelinnen, nämlich der Klägerin, der Tochter seines zwischenzeitig verstorbenen Sohnes Viktor M*****, und der Erstbeklagten, der Tochter des Zweitbeklagten. Beabsichtigt war, dass die beiden Brüder Viktor M***** und der Zweitbeklagte jeweils ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ob dieser Liegenschaft im Grundbuch eingetragen erhalten. Bei Abschluss des Schenkungsvertrags war die - am geborene - Erstbeklagte aber noch nicht 18 Jahre alt und konnte daher der Eintragung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie eines Fruchtgenussrechtes ob dem ihr zufallenden Liegenschaftsanteil nicht zustimmen. Erst als dann die Beklagten von der Klägerin die Aufforderung erhielten, der Teilung der Liegenschaft bzw der Begründung von Wohnungseigentum zuzustimmen, erfolgte die Verbücherung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie des Fruchtgenussrechtes zu Gunsten des Zweitbeklagten ob dem Liegenschaftsanteil der Erstbeklagten.
Die Errichtung des Gebäudes hat der Zweitbeklagte zunächst mit seinem Bruder und seit dessen Tod der Zweitbeklagte allein die restlichen Ausbauarbeiten bezahlt. Die Klägerin hat jegliche Beteiligung an den Kosten mit der Begründung abgelehnt, die Arbeiten nicht angeschafft zu haben.
Das Erstgericht hat dem Begehren der Klägerin auf Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft der Streitteile an der Liegenschaft EZ 686 Grundbuch ***** durch Begründung von Wohnungseigentum - inzwischen rechtskräftig - stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat das Ersturteil infolge Berufung des Zweitbeklagten dahin abgeändert, dass es das weitere Begehren der Klägerin, der Zweitbeklagte sei schuldig, alle Erklärungen abzugeben, die zur Begründung von Wohnungseigentum erforderlich seien, abwies.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin, in welcher dieser keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag:
1.1. Die Klägerin führt aus, dass abgesehen von den Fällen des § 9 Abs 2 Z 1 bis 3 WEG 2002, in denen die Einverleibung des Wohnungseigentums durch unmittelbare Berichtigung des Grundbuchs unter Anwendung des § 136 Abs 1 GBG vollzogen werde und sich bücherliche Rechte Dritter ohne weiteres auf den berichtigten Mindestanteil beziehen würden, die Zustimmung des Buchberechtigen zur Wohnungseigentumsbegründung erforderlich sei. Die Abweisung ihres Begehrens, den Zweitbeklagten zur Abgabe aller zur Begründung von Wohnungseigentum erforderlichen Erklärungen zu verpflichten, sei daher unzutreffend und widerspreche höchstgerichtlicher Judikatur. Diese Ansicht des Berufungsgerichts würde dazu führen, dass die Wohnungseigentumsbegründung, die im Zuge des Exekutionsverfahrens nach § 351 EO zu erfolgen habe, unterbrochen werden müsste, um den Zweitbeklagten auf Zustimmung zu klagen, was aber dem Ziel und Zweck des Gesetzgebers zuwiderlaufe, solle doch das Verfahren nach § 351 EO rasch und effizient durchgeführt werden, um die Rechte des betreibenden Gläubigers durchzusetzen.
1.2. Die durch das 3. WÄG (BGBl 1993/800) geschaffene Möglichkeit, nach § 2 Abs 2 Z 2 WEG 1975 - nunmehr § 3 Abs 1 Z 3 WEG 2002 - zur Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft Wohnungseigentum durch gerichtliche Entscheidung einzuräumen, stellt eine Sonderform der Naturalteilung dar (3 Ob 259/03i = ecolex 2004, 789 = EvBl 2004/183,
815 = immolex 2004/175, 346 = MietSlg 56.832; 3 Ob 52/02x = EvBl
2002/201 = RpflSlgE 2002/147 = immolex 2003/95, 177 mwN).
Teilungsklage und -urteil brauchen nur auf Teilung durch Begründung
von Wohnungseigentum zu lauten und müssen keine bestimmte Art der
Teilung enthalten (vgl RIS-Justiz RS0013835; 5 Ob 126/06z mwN; 3 Ob
52/02x = SZ 2002/90 = EvBl 2002/201 = RpflSlgE 2002/147 = immolex
2003/95, 177). In diesem Fall hat die Durchführung der Teilung im
Exekutionsverfahren gemäß § 351 EO zu erfolgen (5 Ob 2059/96x =
ecolex 1996, 594, Kletecka = SZ 69/111 = MietSlg 48/21; 5 Ob 23/00v =
bbl 2000, 237 = NZ 2001, 340; 5 Ob 17/01p = immolex 2002/185, 337,
Kletecka = wobl 2003/87, 183). In diesem Exekutionsverfahren ist die
nähere Art der Teilung mit den Beteiligten kontradiktorisch zu verhandeln und ein rechtsgestaltender Teilungsbeschluss zu fassen, wobei die konkrete Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum auch eine Parifizierung der Liegenschaft erfordert (RIS-Justiz RS0118839). Wenn es auch zutreffen mag, dass ein guter Teil der Regeln der §§ 841 bis 853 ABGB auf die Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum nicht anwendbar ist, so gilt jedoch - nach bereits vorliegender Judikatur - das Gegenteil ua für die Verpflichtung zur Berücksichtigung allfälliger Rechte Dritter nach §§ 847 f ABGB (3 Ob
259/03i = ecolex 2004, 789 = EvBl 2004/183, 815 = immolex 2004/175,
346 = MietSlg 56.832).
1.3. Mit dem Schutz der Rechte Dritter bei der Begründung von Wohnungseigentum beschäftigt sich auch die von der Klägerin selbst angezogene - in einem Grundbuchsverfahren ergangene - Entscheidung 5 Ob 7/82 = SZ 55/91 = MietSlg 34/22 = RPflSlgG 1961. Hatte der Pfandgläubiger, dessen Pfandrecht nur auf einzelnen Anteilen der Liegenschaft haftet, bereits bei Erwerb des Pfandrechts Kenntnis, dass die Begründung von Wohnungseigentum beabsichtigt und eine Änderung der zunächst nicht den späteren Nutzwerten entsprechenden Anteile vorgesehen ist, und hat er dieser zugestimmt, oder wird seine Sicherheit nicht gefährdet, weil nur eine unbedeutende Änderung erfolgt oder durch Begründung von Wohnungseigentum höhere Sicherheit entsteht, so wird nach dieser Entscheidung eine dann unberechtigt verweigerte Zustimmung des Pfandgläubigers im streitigen Verfahren erzwungen werden können.
Schon aus diesen Entscheidungsgründen wird deutlich, dass - ganz unabhängig von Erwägungen zur gebotenen Verfahrensbeteiligung des Zweitbeklagten im Teilungsexekutionsverfahren - dem Begehren der Klägerin - hier und jetzt - kein Erfolg beschieden sein kann:
Das Aufhebungsbegehren der Klägerin und folgend auch das Teilungserkenntnis des Erstgerichts haben keine Teilungsregelung enthalten. Die Modalitäten der Teilung werden erst im Exekutionsverfahren festzulegen sein. Den bücherlich berechtigen Zweitbeklagten bereits jetzt pauschal zur Abgabe aller für die Begründung von Wohnungseigentum erforderlichen Erklärungen zu verpflichten, hieße gerade die auch bei der Teilung durch Begründung von Wohnungseigentum notwendige Berücksichtigung der Rechte Dritter nach §§ 847 f ABGB zu missachten; vor Kenntnis der Teilungsmodalitäten ist nämlich nicht beurteilbar, ob durch die im Detail erst festzulegende Begründung von Wohnungseigentum eine Beeinträchtigung der bücherlichen Rechte des Zweitbeklagten erfolgen könnte und ihm gegebenfalls abverlangt werden kann. Eine bereits zuvor ausgesprochene Verpflichtung des Zweitbeklagten, der Teilung zuzustimmen, würde gerade die Gefährdung seiner Rechtsstellung ermöglichen; dass dies unzulässig ist, folgt einerseits bereits aus dem gesetzlichen Gebot des § 847 ABGB, wonach die Teilung „einem Dritten nicht zum Nachteile gereichen" darf, und andererseits ua aus den aus 5 Ob 7/82 = SZ 55/91 = MietSlg 34/22 = RPflSlgG 1961 ableitbaren Erwägungen, sodass sich insoweit keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt.
2.1. Die Klägerin stützte ihr gegen den Zweitbeklagten gestütztes Begehren auch darauf, dass dieser durch die - erst nach der Aufforderung, der Teilung zuzustimmen, erfolgte - Einverleibung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes sowie eines Fruchtgenussrechtes ob dem Hälfteanteil der Erstbeklagten bewusst in ein fremdes Forderungsrecht, nämlich den Teilungsanspruch der Klägerin, eingegriffen habe und er ihr deshalb in Form der Naturalrestitution schadenersatzpflichtig sei; auch dies führe dazu, dass der Zweitbeklagte im Fall der vom Erstgericht angeordneten Teilung durch Wohnungseigentumsbegründung verpflichtet sei, sämtliche dazu erforderlichen Erklärungen abzugeben.
2.2. Es trifft zu, dass auch eine bloß schuldrechtliche Beziehung zwischen zwei Personen gegen Eingriffe Dritter zu schützen ist und ein Dritter schon dann in das Forderungsrecht des Gläubigers eingreift, wenn er in Kenntnis desselben die schlichte Leistungsbewirkung vereitelt. Es genügt die bewusste Durchsetzung des eigenen Rechtsstandpunkts unter bewusster Übergehung der dagegen sprechenden triftigen Argumente (1 Ob 125/05x mwN = Zak 2006/134, 77).
Im vorliegen Fall war allerdings die Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbots zugunsten des Zweitbeklagten schon von Anfang an vorgesehen, der Zweitbeklagte hat wesentliche Beiträge zur Errichtung des Objekts geleistet, die eine gewisse wirtschaftliche Absicherung nicht ungebührlich erscheinen lassen, und die zu seinen Gunsten einverleibten Rechte standen auch - was nicht zuletzt der Verfahrensausgang zeigt - dem von der Klägerin verfolgten Teilungsbegehren durch Begründung von Wohnungseigentum nicht entgegen. Wenn das Berufungsgericht unter diesen Umstände kein zur Schadensersatzpflicht des Zweitbeklagten führendes Verhalten erkannte, dann liegt darin jedenfalls keine Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufgegriffen werden müsste.
Da die Klägerin somit insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend macht, ist deren außerordentliche Revision unzulässig und zurückzuweisen.