OGH vom 16.02.2011, 7Ob237/10v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Adoptionssache der Antragsteller 1. E***** H*****, geboren am *****, österreichische Staatsbürgerin, *****, als Wahlmutter, und 2. D***** S*****, geboren am *****, türkischer Staatsbürger, *****, als Wahlsohn, beide vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 548/10m 11, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Voraussetzungen der Annahme an Kindesstatt sind nach § 26 Abs 1 Satz 1 IPRG kumulativ nach dem Personalstatut des Annehmenden und dem Personalstatut des erwachsenen Wahlkindes zu beurteilen ( Neumayr in KBB² § 26 IPRG Rz 4; Verschraegen in Rummel ³ IPRG § 26 Rz 3, 16; RIS Justiz RS0119783). Dem Obersten Gerichtshof kommt keine Leitfunktion bei der Anwendung fremden Rechts zu, es ist nicht seine Aufgabe, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu leisten (8 Ob 120/10w; RIS Justiz RS0042948 [T1]). Das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG wäre nur dann denkbar, wenn ausländisches Recht unzutreffend ermittelt oder eine im ursprünglichen Geltungsbereich des maßgeblichen fremden Rechts in Rechtsprechung und Lehre gefestigte Ansicht hintangesetzt worden wäre (8 Ob 120/10w mwN).
Gemäß Art 313 Z 3 des türkischen Zivilgesetzbuches kann eine mündige Person soweit hier relevant adoptiert werden, wenn wichtige Gründe vorliegen und die zu adoptierende Person mindestens fünf Jahre mit dem Adoptierenden in Hausgemeinschaft gelebt hat.
Die Revisionsrekurswerber behaupten gar nicht, dass der Begriff „Hausgemeinschaft“ entgegen seinem eindeutigen Wortlaut von der ständigen türkischen Rechtsprechung abweichend bloß als emotionale Verbundenheit ohne gemeinsames Wohnen ausgelegt werde. Entspricht aber die Auslegung des Rekursgerichts dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, so bildet das Fehlen einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs keine erhebliche Rechtsfrage (RIS Justiz RS0042948, RS0080958).
Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, der Begriff der fünfjährigen „Hausgemeinschaft“ sei jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn das Wahlkind fünf Jahre lang nicht im gemeinsamen Haushalt mit dem Adoptionswilligen, ja nicht einmal im selben Land gelebt habe, ist vom eindeutigen Wortlaut gedeckt.
Im Übrigen sind die Voraussetzungen für eine Erwachsenenadoption auch nach österreichischem Recht (§ 180a Abs 1 ABGB) nicht erfüllt, zog doch der die Adoption anstrebende Asylwerber erst ein paar Tage vor der Beschlussfassung durch das Erstgericht bei E***** H***** ein und hält sich erst seit Oktober 2008 in Österreich auf. Von einer engen, dauerhaften Eltern-Kindbeziehung im Sinn von § 180a Abs 1 ABGB kann selbst nach dem Vorbringen der Antragsteller keine Rede sein. Diese muss über einen längeren Zeitraum, wobei fünf Jahre als Richtschnur dienen kann (RIS Justiz RS0119844), dauern.
Es werden keine erhebliche Rechtsfragen geltend gemacht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).