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OGH vom 27.11.2008, 2Ob166/08p

OGH vom 27.11.2008, 2Ob166/08p

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingo H*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagte Partei DI Wolfgang K*****, vertreten durch Mag. Andreas Germann, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 13.150 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 30/08s-37, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 9 Cg 78/06i-32, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 906,48 EUR (darin enthalten 151,08 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Der Kläger hatte im Jahre 1997 die ***** K***** Gesellschaft m.b.H. (im Folgenden „GmbH") mit der Planung und Bauleitung eines Umbaus seines Wohnhauses beauftragt. Der Kläger behauptet, beim Hausumbau seien Mängel, deren Behebung den Klagsbetrag erfordere, aufgetreten, wofür die GmbH wegen mangelhafter Bauaufsicht hafte. Die GmbH sei inzwischen infolge beendeter Liquidation im Firmenbuch gelöscht worden. Da im Zuge der vorangegangenen Liquidation keine Rückstellungen für den streitgegenständlichen Schaden gebildet worden seien, sei die GmbH vermögenslos und habe durch die Löschung im Firmenbuch zu existieren aufgehört. Der Beklagte habe als Liquidator der GmbH gegen die Gläubigerschutznormen des § 91 GmbHG verstoßen, da er keine Rückstellung für die klägerische Forderung gebildet bzw den entsprechenden Betrag nicht gerichtlich hinterlegt habe. Der Beklagte bestritt und brachte ua vor, er habe die Liquidation der GmbH ordnungsgemäß durchgeführt. Die streitgegenständliche Forderung sei dem Haftpflichtversicherer der GmbH bekannt gewesen, der Haftpflichtversicherer habe eine Deckungszusage für einen allfälligen Schaden erteilt. Deshalb und wegen Verjährung der vom Kläger gegen die GmbH behaupteten Forderung sei eine Rückstellung oder Hinterlegung eines entsprechendes Betrags bei Gericht nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe den behaupteten Schaden gegenüber der GmbH nicht gerichtlich geltend gemacht. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, der Haftpflichtversicherer der GmbH habe noch vor deren Löschung die Deckung des vom Kläger behaupteten Schadens in voller Höhe (ohne Selbstbehalt) bestätigt. Die gelöschte GmbH besitze mit Ausnahme dieser Deckungszusage kein weiteres Vermögen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und vertrat die Ansicht, auch der versicherungsrechtliche Anspruch des Versicherungsnehmers gegen den Haftpflichtversicherer, der aufgrund der Deckungszusage des Haftpflichtversicherers feststehe, sei ein Vermögen, das der Vollbeendigung und somit dem Verlust der Rechts- und Parteifähigkeit der GmbH entgegenstehe. Dem Beklagten sei kein Verstoß gegen die in § 91 Abs 1 bis 3 GmbHG normierten Pflichten des Liquidators vorzuwerfen. Sollten die Forderungen des Klägers gegen die nach wie vor partei- und prozessfähige GmbH zu Recht bestehen, stehe ihm zur Deckung seiner Ansprüche die Forderung der GmbH gegen ihren Haftpflichtversicherer zur Verfügung.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zu den Fragen, ob ein Anspruch gegen den Haftpflichtversicherer bzw eine Deckungszusage desselben ein Vermögen darstelle, das der Beendigung der GmbH entgegenstehe, und ob der Liquidator im Hinblick auf eine solche Deckungszusage zur Verteilung des gesamten Liquidationserlöses berechtigt sei, oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorhanden sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im klagsstattgebenden Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt in der Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Vermögen, das einerseits Erfordernis einer Nachtragsliquidation ist und andererseits der Vollbeendigung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Rechtsfolge des Verlustes der Rechtsfähigkeit entgegensteht (RIS-Justiz RS0059984; RS0050186), ist nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung alles, was bei kaufmännisch wirtschaftlicher Betrachtungsweise verwertbar, was zur Gläubigerbefriedigung oder gegebenenfalls zur Ausschüttung an die Gesellschafter geeignet ist, somit verteilungsfähige Aktiva (RIS-Justiz RS0060128). Als solches Vermögen können beispielsweise Ansprüche gegen frühere Gesellschafter, Geschäftsführer oder Liquidatoren als auch gegen andere Dritte angesehen werden. Dazu gehören auch Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche, offene Haftrücklässe, Bankgarantien, Einlageansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter (RIS-Justiz RS0060134) und Nutzungsrechte als Bestandnehmer (RIS-Justiz RS0050186 [T15]).

Nach dieser Rechtsprechung kann nicht zweifelhaft sein, dass auch ein Anspruch der Gesellschaft gegen den Haftpflichtversicherer oder eine Deckungszusage des Haftpflichtversicherers ein Vermögen im Sinne des § 93 Abs 5 GmbHG darstellt, das der Vollbeendigung der Gesellschaft entgegensteht. Insoweit ist die Rechtslage klar und daher die erste vom Berufungsgericht bezeichnete Rechtsfrage nicht erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0042656 [T32]). Die zweite vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage, ob ein Liquidator im Hinblick auf eine Deckungszusage des Haftpflichtversicherers zur Verteilung des gesamten Liquidationserlöses berechtigt ist, stellt sich im vorliegenden Fall nicht: Wie schon die Vorinstanzen ausgeführt haben, hätte der Kläger die gelöschte GmbH, die wegen der Deckungszusage ihres Haftpflichtversicherers nicht vermögenslos und daher weiterhin parteifähig ist, klagen und im Fall des Prozesserfolges (notfalls exekutiv) auf den Deckungsanspruch der gelöschten Gesellschaft gegen den Haftpflichtversicherer greifen können. Da dem Kläger somit durch allfällige Verstöße des Beklagten gegen die in § 91 GmbHG normierten Pflichten kein Schaden entstanden ist, müssen solche Pflichtverletzungen nicht geprüft werden.

Auch der Revisionswerber zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Der Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.