OGH 17.12.2013, 5Ob197/13a
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** B*****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei P***** T*****, vertreten durch Mag. Claudia Fahrner, Rechtsanwältin in Zell am See, wegen Zivilteilung (48.770,93 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 125/13i-47, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 1 Cg 14/12v-42, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind zu je 188/2094-Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum an der Wohnung Top 2 verbunden ist, sowie zu je 6/2094-Anteilen, mit welchen Wohnungseigentum am Carport-Abstellplatz Top 12 verbunden ist, Miteigentümer der EZ 530 GB *****, mit der Liegenschaftsanschrift *****.
Die Lebensgemeinschaft der Streitteile, aus der drei Kinder entstammen, ist seit Herbst 2010 aufgehoben. Die Beklagte wohnt nach wie vor in der Wohnung Top Nr 2. Die drei Kinder sind minderjährig, wobei bei dem am geborenen M***** aufgrund eines Geburtsfehlers das Schienbein am linken Fuß fehlte. Aus diesem Grund musste am eine Unterschenkelamputation mit Knieexartikulation durchgeführt werden. Seitdem wird M***** mit einer Prothese versorgt. Ab der Anpassung der Prothese im August 2012 war aus orthopädischer Sicht eine Gewöhnungsphase von etwa einem bis maximal eineinhalb Jahren nötig. Jedenfalls seit Herbst 2012 ist M***** fähig, mit der Prothese relativ gut zu gehen. Zwischenzeitig hat er seine Mobilität soweit wiedererlangt, dass er am bei einem Schüler-Skirennen in der zweiten Klasse für Knaben den ersten Platz belegen konnte. Er ist auch in der Lage mit dem Fahrrad frei und sicher zu fahren; mit einer sogenannten Badeprothese kann er den Schwimmsport ausüben. M***** geht in T*****, einem Ortsteil von Z*****, zur Schule und ist dort sozial integriert.
Die Wohnung Top Nr 2 ist ca 147 m² groß und hat einen Verkehrswert von jedenfalls 300.000 EUR. Sie wurde von den Streitteilen zu einem Kaufpreis von 284.000 EUR erworben, der großteils fremdfinanziert wurde. Von den hypothekarisch gesicherten Darlehen haften ca 263.000 EUR (ca 56.800 EUR und 206.400 EUR) offen aus. Derzeit leisten die Streitteile auf das höhere der beiden Darlehen keine Zahlungen.
Der Kläger verdient als Baupolier durchschnittlich ca 2.400 EUR netto monatlich (14 mal jährlich). Für seine drei Kinder leistet er 1.050 EUR monatlich an Unterhalt. Seine Lebenshaltungskosten betragen 500 EUR im Monat. Hinzu kommt eine Kreditbelastung von 178 EUR im Monat. Sein Arbeitgeber stellt ihm eine Betriebswohnung zur Verfügung, für die er aus Kulanzgründen derzeit lediglich die Betriebskosten von monatlich 311 EUR zahlen muss.
Hätte sich die Beklagte nach der im Februar 2012 eingetretenen Streitanhängigkeit des vorliegenden Verfahrens bei der Stadtgemeinde Z***** als wohnungssuchend vormerken lassen, hätte sie bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz eine Wohnung zugewiesen erhalten, die die für eine Wohnversorgung von M***** erforderlichen besonderen Kriterien erfüllt. Auch am (freien) Miet- und Wohnungsmarkt werden im Stadtgebiet von Z***** - auch im Gebiet des Ortsteils T***** - zahlreiche Eigentums- und Mietwohnungen angeboten, die diesen Anforderungen entsprechen. Die Beklagte hat sich bislang nicht als wohnungssuchend gemeldet.
Der Kläger begehrt die Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums an den Mindestanteilen für die Wohnung Top 2 und den Carport-Abstellplatz Top 12 durch gerichtliche Feilbietung unter Zugrundelegung eines Mindestgebots von 300.000 EUR. Die Beklagte habe eine außergerichtliche Aufhebung der Eigentümergemeinschaft durch Veräußerung der Sache und die Suche einer entsprechenden Mietwohnung für sich und die Kinder abgelehnt. Eine weitere Belastung aus den für die Anschaffung der Wohnung offen aushaftenden Darlehen sei ihm nicht zumutbar. Teilungshindernisse würden nicht vorliegen.
Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, das Teilungsbegehren werde zu Unzeit bzw zum Nachteil der Übrigen erhoben. Dazu führte sie vor allem ins Treffen, bei der Anschaffung der Wohnung hätten beide Streitteile Wert auf eine behindertengerechte Ausstattung der Wohnung gelegt, weil M***** mit einer Fehlbildung auf die Welt gekommen sei. Wegen der Amputation sei der Verbleib von M***** in der streitgegenständlichen Wohnung zumindest bis zu seiner Eingewöhnung (Anm: offensichtlich gemeint an die Prothese) erforderlich. Eine örtliche Veränderung, insbesondere der Besuch einer anderen Volksschule, würde in Anbetracht der einschneidenden Veränderung durch die Amputation eine massive Belastung von M***** bedeuten. Sowohl aus physischer als auch aus psychischer Sicht sei ein Verbleib von M***** in der Wohnung zumindest über einen Zeitraum von zwei Jahren notwendig.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zwar werde Unzeit bejaht, wenn die von einem geschiedenen Ehegatten angestrebte gerichtliche Feilbietung eines gemeinsamen Hauses für die ehelichen Kinder den Verlust der Unterkunft mit sich bringen würde, jedoch könne ein mit der Teilung verbundener Nachteil von Angehörigen im Regelfall nicht berücksichtigt werden. Bei M***** sei die Mobilität nach der Amputation derart wiederhergestellt, dass er problemlos an Spiel und Sport teilnehmen könne und sozial integriert sei, weswegen von einer erfolgreichen Anpassung und Gewöhnung nach der Amputation ausgegangen werden könne; jedenfalls werde aber eine solche bis Ende des Jahres 2013 eingetreten sein. Eine Wohnung, die den besonderen Anforderungen für M***** gerecht werde, könnte durch die Gemeinde Z***** innerhalb weniger Monate zur Verfügung gestellt werden.
Drohende wirtschaftliche Nachteile eines Teilhabers an der Gemeinschaft könnten dem Teilungsbegehren grundsätzlich nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies das Teilungsbegehren ab. Dabei führte es aus, dass der Beklagten der Umstand, dass sie sich bei der Gemeinde Z***** nicht als wohnungssuchend gemeldet habe, nicht als Nachteil angelastet werden könne. Nach der Aktenlage habe sie sich jedenfalls bis um eine einvernehmliche Lösung des Konflikts bemüht. Vergleichsverhandlungen mit dem Kläger wären aber allenfalls einer Wohnungszuweisung durch die Stadtgemeinde Z***** entgegengestanden, wobei für die Beklagte die Gefahr bestanden habe, dass sie im Fall einer Ablehnung durch das Wohnungsamt von der Wohnungsvergabe für die Dauer von drei Jahren ausgeschlossen gewesen wäre. Auch bedürfe es keines speziellen Fachwissens aus dem Bereich der Kinderpsychologie, um beurteilen zu können, dass ein mit dem Verlust der gewohnten Umgebung verbundener Wohnungswechsel dem Wohl eines siebenjährigen Kindes, das mit einer Amputation belastet sei, nicht entspreche. Das Vorliegen eines Teilungshindernisses sei daher nicht schon deshalb zu verneinen, weil sich die Beklagte nach Zustellung der Klage nicht als wohnungssuchend gemeldet habe. Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz habe die Beklagte über keine adäquate Wohnmöglichkeit verfügt, um sich und ihre Kinder ausreichend wohnversorgen zu können. Als Vater sei auch der Kläger verpflichtet, das Wohl der gemeinsamen Kinder zu fördern. Der Mangel an der Wohnversorgung sei ein vorübergehender Umstand, der längstens binnen eines Jahres behoben werden könne. Der Kläger habe sich daher einen Teilungsaufschub gefallen zu lassen.
Dieser Umstand trage auch den Wohnungsvergaberichtlinien der Stadtgemeinde Z***** Rechnung, nach deren Punkt II Z 2 lit d der Besitz einer Eigentumswohnung oder eines eigenen Hauses der Anerkennung als Wohnungswerber entgegenstehe.
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Berufungsurteil dahin abzuändern, dass seinem Begehren stattgegeben werde; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte begehrt in ihrer Revisionsbeantwortung, dass die Revision zurückgewiesen werde, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; sie ist im Sinn des Aufhebungsantrags auch berechtigt.
1. Nach § 13 Abs 1 WEG gelten für die Eigentümerpartnerschaft grundsätzlich die Bestimmungen des 16. Hauptstücks des zweiten Teils des ABGB. Daher kann jeder Partner die Aufhebung der Eigentümerpartnerschaft im Klageweg nach § 830 ABGB begehren. Einen vertraglichen Ausschluss einer solche Klage iSd § 13 Abs 6 WEG hat die Beklagte nicht geltend gemacht. Auch die übrigen einer Teilungsklage entgegenstehenden Umstände des § 13 Abs 6 WEG liegen nicht vor.
2. Nach § 830 zweiter Satz ABGB kann jeder Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, jedoch nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der Übrigen. Er muss sich einen den Umständen angemessenen, nicht vermeidlichen Aufschub gefallen lassen.
3. Der Anspruch eines Teilhabers auf Aufhebung ist ein schuldrechtlicher, der wegen seines unbedingten Charakters (RIS-Justiz RS0013249) in der Regel keiner Begründung aus der Interessenlage des Klägers bedarf (RIS-Justiz RS0013247; Sailer in KBB³ § 830 Rz 4). Dem unbedingten Aufhebungsanspruch sind nur durch die Teilungshindernisse der Unzeit und des Nachteils für die Übrigen Schranken gesetzt. Diese Teilungshindernisse konkretisieren die nach Treu und Glauben bestehende Verpflichtung der Miteigentümer zur gegenseitigen Rücksichtnahme (5 Ob 32/11h = MietSlg 63.076; RIS-Justiz RS0013246). Als Teilungshindernisse kommen dabei nur vorübergehende Umstände in Betracht, die in Bälde wegfallen oder beseitigt werden können (RIS-Justiz RS0013287 [T13]). Sie führen dazu, dass sich der Teilungswillige zwar einen angemessenen unvermeidlichen Aufschub gefallen lassen muss (§ 830 Satz 2 ABGB), gehen aber nicht so weit, dass er auf den Aufhebungsanspruch für unabsehbare Zeit verzichten müsste. Daher bilden allein vorübergehende Ausnahmezustände, die in absehbarer Zeit aufhören oder beseitigt werden können, einen Hinderungsgrund. Dauernde oder nicht behebbare Nachteile, die notwendig mit der Aufhebung der Gemeinschaft verbunden sind, können nicht mit Erfolg eingewendet werden (RIS-Justiz RS0013287; RS0013321; RS0013336; Sailer aaO Rz 6 mwN). Die Behauptungs- und Beweislast hiefür trifft den Beklagten, der sich auf das Vorliegen eines Teilungshindernisses beruft (RIS-Justiz RS0013247). Der Beklagte muss daher konkrete Umstände dartun, die ein Teilungshindernis begründen können. Nur im Rahmen solcher Tatsachenbehauptungen ist zu prüfen, ob ein der Teilung entgegenstehendes Hindernis vorliegt (5 Ob 2399/96x).
4. Der Kläger macht als Mangel des Berufungsverfahrens geltend, das Berufungsgericht führe Teilungshindernisse ins Treffen, die die Beklagte im Verfahren erster Instanz gar nicht geltend gemacht habe.
4.1 Es trifft zu, wie der Kläger in seiner Revision ausführt, dass sich die Beklagte nicht ausdrücklich darauf berufen hat, sich um eine alternative Wohnversorgung für sich und die gemeinsamen Kinder deshalb noch nicht bemüht zu haben, weil sie wegen der mit dem Kläger geführten Vergleichsgespräche befürchtet habe, im Fall der Ablehnung durch das Wohnungsamt der Gemeinde Z***** für die Dauer von drei Jahren von einer Wohnungsvergabe ausgeschlossen zu sein. Dazu finden sich auch keine Feststellungen durch das Erstgericht.
4.2 Mit diesen Ausführungen begegnet das Berufungsgericht erkennbar den Feststellungen des Erstgerichts, dass der Beklagten, hätte sie sich als wohnungssuchend gemeldet (also um eine alternative Wohnversorgung bemüht), bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eine adäquate Wohnung auch zugewiesen worden wäre. Dem Kern nach geht es dabei um die Frage, ob der Beklagten diese Untätigkeit während des Verfahrens als Verstoß gegen die aus dem Gemeinschaftsverhältnis nach Treu und Glauben geschuldete Rücksichtnahme auf die Interessen des Partners vorgeworfen werden kann. Aufgrund dieser Interessensabwägung gelangte das Berufungsgericht zur Ansicht, dass sich der Kläger einen Aufschub der Teilung gefallen lassen müsse, soweit dies zur Sicherung des Wohnbedürfnisses der gemeinsamen Kinder unvermeidlich sei. Damit spricht das Berufungsgericht eine im Fall der Klagestattgebung drohende Obdachlosigkeit der gemeinsamen Kinder an, auf die sich die Beklagte als Teilungshindernis so nie berufen hat.
5. Die von der Beklagten dem Teilungsbegehren des Klägers entgegengesetzten Einwände lassen sich dahin zusammenfassen, dass die beim gemeinsamen Sohn M***** im Juni 2012 erfolgte Amputation eine physische und psychische Gewöhnung erforderlich mache, was einem Wohnungswechsel entgegenstehe, zumal - so die Beklagte - damit auch ein Wechsel der Schule, an der M***** sozial integriert sei, verbunden wäre.
5.1 Damit hat die Beklagte einen subjektiven, in der Sphäre des gemeinsamen Sohnes der Streiteile liegenden Nachteil geltend gemacht. Grundsätzlich sind Nachteile von Angehörigen nicht als Teilungshindernis zu berücksichtigen. Als Nachteile der Übrigen im Sinne des § 830 ABGB sind nämlich regelmäßig nur die Nachteile für die Teilhaber an der gemeinsamen Sache, nicht aber deren nahe Angehörige gemeint (6 Ob 183/59 SZ 32/112; Gruber/Sprohar-Heimlich aaO § 830 Rz 107). Das Berufungsgericht hat aber bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass nach § 137 Abs 2 ABGB idF BGBl I 2013/15 (KindNamRÄG 2013) die Eltern das Wohl ihrer minderjährigen Kinder zu fördern und ihnen Fürsorge, Geborgenheit sowie eine sorgfältige Erziehung zu gewähren haben. In allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten ist das Wohl des Kindes als leitender Gesichtspunkt zu berücksichtigen und bestmöglich zu gewährleisten. Dazu zählt unter anderem eine angemessene Wohnversorgung (§ 138 Z 1 ABGB idF KindNamRÄG 2013). Diese Pflichten treffen beide Elternteile gleichermaßen.
5.2 In der Judikatur des Obersten Gerichtshofs wurde bereits vertreten, dass Unzeit vorliegt, wenn die Feilbietung die Obdachlosigkeit der [ehelichen] minderjährigen, noch nicht selbsterhaltungsfähigen Kinder zur Folge hätte, sofern dem beklagten Ehegatten die Pflege und Erziehung zukommt (RIS-Justiz RS0013312; insb 7 Ob 644/79 = MietSlg 31.057). Die in dieser Rechtsprechung zum Ausdruck gebrachte Wertung gilt auch hier, ohne dass auf die Ehelichkeit der Kinder abzustellen wäre, wie der Kläger meint. Die von ihm insoweit vertretene Auffassung hat bereits vor dem KindNamRÄG 2013 keine Deckung im Gesetz gefunden. Mit dieser Novelle hat der Gesetzgeber die Regelungen für eheliche und uneheliche Kinder aber endgültig zusammengeführt und diese Begriffe aus dem Gesetz weitgehend beseitigt. Der Grundsatz von Treu und Glauben bedingt daher im vorliegenden Kontext eine besondere Rücksichtnahme des geldunterhaltspflichtigen Klägers auf die Bedürfnisse seines mit einer Amputation belasteten Sohnes, dessen Wohl er nach Kräften zu fördern hat. Nach einem objektiven Maßstab läge eine Zivilteilung daher dann nicht im wohlverstandenen Interesse redlicher Eltern, wenn die Beklagte als der Elternteil, bei der sich das Kind zumindest überwiegend aufhält, für absehbare Zeit nicht in der Lage wäre, eine Wohnung zu finanzieren, die den besonderen Bedürfnissen des minderjährigen M***** gerecht wird.
5.3 Dass sie aus finanziellen Aspekten nicht in der Lage wäre, eine Wohnung anzumieten, die den besonderen Bedürfnissen des gemeinsamen Sohnes entspräche, oder sie aus finanziellen Gründen überhaupt nicht in der Lage wäre, eine Wohnung von ausreichender Größe für sich und ihre Kinder anzumieten und den Kindern insoweit die Obdachlosigkeit drohte, hat die Beklagte dem Teilungsbegehren des Klägers nicht entgegengehalten. Die offensichtlich auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhenden Ausführungen des Berufungsgerichts zu einer allfälligen Wohnungszuweisung durch die Gemeinde des Wohnorts der Beklagten sind daher nicht von ihrem Vorbringen gedeckt. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass entsprechende Wohnungen auch im Nahebereich der Schule ihres Sohnes grundsätzlich verfügbar sind.
5.4 Unbestritten ist, dass der Umgang und das Leben mit einer Prothese eine Gewöhnungsphase erfordert. Diese sollte bei M***** nach orthopädischer Prognose ein bis eineinhalb Jahre betragen, gerechnet ab deren Anpassung im August 2012. Betrachtet man dazu aber die Feststellungen zu den sportlichen Aktivitäten des Kindes, lässt sich zwanglos der Schluss ziehen, dass die körperliche Gewöhnung an die Prothese bereits vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingetreten war. Dass im April 2013 eine weitere Operation stattgefunden habe, erachtete das Erstgericht - von der Mutter unbekämpft - als nicht belegt. Die rasche Gewöhnung an die Prothese und der gute Umgang damit zeigt, dass M***** mit der psychischen Belastung durch die Amputation gut umzugehen versteht, und erlaubt die Annahme, dass mit einer Übersiedlung keine solche zusätzliche Beeinträchtigung verbunden ist, die dem Begehren auf Zivilteilung mit Erfolg entgegengesetzt werden könnte. Jede Übersiedlung bringt ein gewisses Maß an psychischer und physischer Belastung mit sich (vgl 5 Ob 564/81 MietSlg 33.061), die als notwendige Folge hingenommen werden muss.
6. Als Zwischenergebnis kann daher festgehalten werden, dass die Beklagte dem Begehren des Klägers keine Teilungshindernisse entgegensetzten kann. Dennoch kommt die Wiederherstellung des Ersturteils nicht in Betracht.
6.1 Nach der Rechtslage vor der EO-Novelle 2000, BGBl I 2000/59, billigten die Rechtssprechung und Lehre, dass der Teilungskläger bereits in der Teilungsklage angeben konnte, nach welchen Versteigerungsbedingungen die Feilbietung erfolgen sollte (1 Ob 188/74 SZ 47/119; 5 Ob 48/75 SZ 48/41 je mwN; Heller/Berger/Stix, EO4 III 2538). Auch das Teilungsurteil konnte daher, musste aber keine Versteigerungsbedingungen enthalten. Im Titel enthaltene Bedingungen waren für den Exekutionsrichter bindend (vgl Höllwerth in Burgstaller/Deixler, EO § 352a Rz 1 mwN). Sowohl die - auch ausdrücklich als nicht abschließend bezeichnete - Stellungnahme des Berufungsgerichts zur Aufnahme eines Mindestverkaufspreises in das Teilungsbegehren als auch die dazu vom Kläger vertretene Ansicht beruhen offensichtlich auf dieser Rechtslage.
6.2 Nach § 352a Abs 1 EO idF der EO-Novelle 2000 kann die betreibende Partei mit dem Exekutionsantrag, die verpflichtete Partei innerhalb von 14 Tagen nach Zustellung der Exekutionsbewilligung von den gesetzlichen Bestimmungen bei der Zwangsversteigerung abweichende Versteigerungsbedingungen vorlegen. Hierüber ist eine Tagsatzung abzuhalten, zu der alle Miteigentümer zu laden sind. Diese Versteigerungsbedingungen hat das Gericht zu genehmigen, wenn alle übrigen Miteigentümer zustimmen und sie keine unerlaubten oder ungültigen Bestimmungen enthalten. Daraus wird in der Lehre zum Teil abgeleitet, dass die von den gesetzlichen abweichenden Versteigerungsbedingungen notwendig der Genehmigung des Exekutionsrichters bedürfen und daher keine Kompetenz des Streitgerichts zur Entscheidung über solche Bedingungen mehr gegeben ist. Eine das Exekutionsgericht bindende Aufnahme abweichender Versteigerungsbedingungen in das Teilungsurteil sei mit dem Gesetz nicht vereinbar (Fischer/Pochmarski, Urteil ohne Klage - eine Anomalie des Gesetzes? Die Verteilung des Erlöses aus einer Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft nach § 352a EO, JBl 2008, 638). Nach Höllwerth (aaO) soll die Aufnahme abweichender Versteigerungsbedingungen in das Teilungsbegehren auch nach der EO-Nov 2000 unter der Voraussetzung zulässig sein, dass sich alle Miteigentümer bereits im Erkenntnisverfahren auf diese Bedingungen verständigen. An dieser Stelle muss die Frage, ob die Entscheidung über abweichende Versteigerungsbedingungen eine ausschließliche Kompetenz des Exekutionsrichters darstellt oder diese unter der von Höllwerth genannten Prämisse auch Gegenstand der Entscheidung des Streitgerichts sein können, nicht abschließend untersucht werden. Nach dem klaren Wortlaut des § 352a Abs 1 EO sind abweichende Versteigerungsbedingungen, die nicht die Zustimmung aller Miteigentümer finden, nicht genehmigungsfähig und können schon aus diesem Grund keinesfalls als Bedingung in das Teilungserkenntnis aufgenommen werden.
6.3 Für die Versteigerung einer gemeinschaftlichen Liegenschaft sieht § 352a Abs 3 EO eine Abweichung von den gesetzlichen Versteigerungsbedingungen (§ 147 ff EO) vor. Geringstes Gebot ist danach der (volle) Schätzwert. Eine Abweichung davon ist möglich, nach unten ist der Rahmen für das geringste Gebot aber mit drei Viertel des Schätzwerts begrenzt. Im Zusammenspiel mit dem ersten Absatz des § 352a EO folgt daher, dass die Forderung nach einem Mindestgebot, das nicht dem Schätzwert entspricht, als eine von den gesetzlichen Vorgaben abweichende Versteigerungsbedingung der Zustimmung aller Miteigentümer bedarf.
6.4 Der Kläger begehrt die Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums unter Zugrundelegung eines Mindestgebots von 300.000 EUR. Nach den Feststellungen liegt der Verkehrswert der Wohnung zumindest in dieser Höhe. Daraus lässt sich nicht entnehmen, dass der künftig im Exekutionsverfahren zu ermittelnde Schätzwert der Liegenschaft dem vom Kläger geforderten Mindestgebot entspricht, insoweit also eine dem § 352a Abs 3 EO entsprechende Versteigerungsbedingung vorliegt. Auch liegt die Zustimmung der Beklagten, die sich im Verfahren erster Instanz gegen die Aufnahme eines solchen Mindestgebots in das Begehren ausgesprochen hat, zu der vom Gesetz abweichenden Bedingung nicht vor. Damit kommt eine Genehmigung der vom Kläger in sein Teilungsbegehren aufgenommenen Bedingung keinesfalls in Betracht, weswegen die oben (Punkt 6.2) aufgeworfene Kompetenzfrage nicht mehr näher erörtert werden muss. Eine Stattgebung des Teilungsbegehrens unter der vom Kläger aufgenommenen Bedingung scheidet jedenfalls aus.
7. Der erkennende Senat schließt sich der bereits in der Entscheidung 1 Ob 188/74 geäußerten Meinung an, wonach ein Klagebegehren, das bereits Versteigerungsbedingungen enthält, im Regelfall nicht als Einheit in dem Sinn anzusehen ist, dass es gegenüber dem bloßen Teilungsbegehren durch Feilbietung ein Aliud darstellt. Auch nach der EO-Nov 2000 gilt, dass grundsätzlich jeder Teilhaber einen unbedingten Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft hat, sodass die Aufnahme von - hier mangels Zustimmung der Beklagten nicht genehmigungsfähigen - Versteigerungsbedingungen in das Teilungsbegehren im Allgemeinen nicht ein eingeschränktes, sondern ein zusätzliches Begehren des Klägers begründet, das, auch wenn es unzulässig ist, der Aufhebung der Gemeinschaft grundsätzlich nicht entgegensteht. Eine Stattgebung des Klagebegehrens unter Abweisung des Begehrens auf Festsetzung bestimmter Versteigerungsbedingungen wird daher im Regelfall nicht als Verstoß gegen § 405 ZPO angesehen werden können. Anders läge der Fall nur, wenn der Kläger die Aufhebung der Gemeinschaft ausschließlich unter der von ihm angegebenen Bedingung anstrebt, er also ohne die von ihm genannte Prämisse am Miteigentum festhalten will.
Die Vorinstanzen haben sich mit dieser Frage bislang nicht auseinandergesetzt und dem Kläger keine Gelegenheit gegeben, darzulegen, ob er die Gemeinschaft auch ohne die in sein Begehren aufgenommen Bedingung aufgelöst wissen will. Das wird vom Erstgericht im fortgesetzten Verfahren nachzuholen sein.
8. In Stattgebung der Revision sind die Entscheidungen der Vorinstanzen daher aufzuheben.
9. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** B*****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei P***** T*****, vertreten durch Mag. Claudia Fahrner, Rechtsanwältin in Zell am See, wegen Zivilteilung (48.770,93 EUR), aus Anlass der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 125/13i-47, mit dem infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 1 Cg 14/12v-42, abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , 5 Ob 197/13a, wird in seiner Begründung in Punkt 7., erster Satz, gemäß § 419 ZPO dahingehend berichtigt, dass das vorletzte Wort dieses Satzes „Aliud“ anstelle von „Minus“ lautet.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Berichtigung beruht auf einem offensichtlichen Schreib- bzw Übertragungsfehler. Aus dem Sinnzusammenhang der rechtlichen Beurteilung ergibt sich unzweifelhaft, dass es richtig „Aliud“ anstelle von „Minus“ lauten muss. Diese offenkundige Unrichtigkeit war daher von Amts wegen zu korrigieren (§ 419 ZPO), wobei eine Abforderung der Ausfertigungen der Parteien nicht erforderlich ist (Abs 2 letzter Satz leg cit: nur „nach Tunlichkeit“).
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
Schlagworte | Streitiges Wohnrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00197.13A.1217.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAD-52225