OGH 12.06.1996, 3Ob2101/96h
Rechtssätze
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Normen | |
RS0106428 | Dem Unterhaltsberechtigten muß in jedem Monat der ihm nach dem Gesetz gebührende Unterhalt zur Verfügung stehen. Es kann von ihm nicht verlangt werden, daß er seine Bedürfnisse in einem bestimmten Monat nur deshalb verringert, weil er in einem früheren Zeitraum Unterhaltsleistungen erhalten hat, die seinen Unterhaltsanspruch überstiegen haben. Etwas anderes gilt nur, wenn er aus früheren Unterhaltsleistungen noch Nutzen zieht oder Nutzen ziehen könnte (hier Naturalunterhalt). |
Norm | |
RS0106430 | Die Ergänzung eines Beschlusses kommt nur dann in Betracht, wenn über einen Antrag einer Partei teilweise nicht erkannt wurde. Werden in einem Rechtsmittel enthaltene Rechtsausführungen vom Rechtsmittelgericht nicht behandelt, so bildet dies keinen Grund für die Ergänzung des über das Rechtsmittel ergangenen Beschlusses. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst, Dr.Graf, Dr.Pimmer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Eva K*****, vertreten durch Dr.Christoph Haffner, Rechtsanwalt in Amstetten, wider den Gegner der gefährdeten Partei Dr.Alois K*****, vertreten durch Dr.Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen einstweiligen Unterhalts, infolge Revisionsrekurses des Gegners der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom , GZ 2 R 249,250/95-19, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Steyr vom , GZ 3 Cg 113/95h-13, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
I. Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
1. Der angefochtene Beschluß, der im abweisenden Teil (lit b) als rechtskräftig und ferner im Kostenpunkt (lit c) unberührt bleibt, wird, soweit damit über die Zuerkennung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von S 11.100,- für die Zeit vom 1.5. bis abzüglich der erbrachten Teilleistungen entschieden wurde, dahin abgeändert, daß der Antrag auf Zuerkennung von Unterhalt für diese Zeit zur Gänze abgewiesen wird.
2. Im übrigen, also bezüglich des ab zu leistenden Unterhalts, wird der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe bestätigt, daß der vom Gegner der gefährdeten Partei für die Zeit vom 1.7. bis zu zahlende Unterhaltsrückstand S 100,- beträgt.
3. Der Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.
II. Die Revisionsrekursbeantwortung der gefährdeten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Streitteile leben in aufrechter Ehe. Die Klägerin und gefährdete Partei (im folgenden Klägerin genannt) brachte gegen den Beklagten eine Klage auf Leistung des Unterhalts ein und begehrte zugleich, ihrem Gegner (im folgenden Beklagter genannt) mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, ihr ab einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 17.000 zu bezahlen. Sie brachte zum Sicherungsantrag vor, daß sie immer den gemeinsamen Haushalt geführt habe, dem sie selbst und der Kläger sowie regelmäßig zwei Kinder und überdies zeitweise zwei weitere (studierende) Kinder angehörten. Der Beklagte stelle hiefür bloß ein Wirtschaftsgeld von S 22.500 monatlich zur Verfügung. Damit könne sie aber unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Bedürfnisse nicht auskommen. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage betrage S 68.510,29 im Monat. Der Beklagte habe demnach seine Unterhaltspflicht verletzt.
Der Beklagte widersprach dem Sicherungsantrag und wendete ein, es liege keine Verletzung der Unterhaltspflicht vor. Er habe der Klägerin unter Berücksichtigung seiner Einkommensverhältnisse immer ausreichend Natural- und Geldunterhalt geleistet.
Das Erstgericht trug dem Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens auf, der Klägerin für die Zeit vom 1.5. bis einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 12.600 und ab bis zur rechtskräftigen Erledigung des Rechtsstreits einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 12.250 unter Berücksichtigung bereits erbrachter Teilleistungen zu bezahlen. Es nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Der Ehe der Streitteile entstammen die am geborene Eva, die am geborene Martina, die am geborene Karin und der am geborene Alois. Die beiden älteren Töchter studieren in Wien. Eva erhält einen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 6.500, Martina einen solchen von S 6.600. Außerdem erbringt der Beklagte noch zusätzliche Leistung für fallweise entstehende Kosten. Insgesamt wendete der Beklagte im ersten Halbjahr des Jahres 1995 für seine Tochter Eva S 62.286 und für seine Tochter Martina, die an multipler Sklerose leidet, S 112.641 auf.
Bis zum lebten die Streitteile mit den Kindern Karin und Alois im gemeinsamen Haushalt, den die selbst nicht berufstätige Klägerin führte. Am zog die Klägerin mit den beiden Kindern in ein dem Beklagten gehörendes Haus. Der Beklagte war damit einverstanden, daß die Klägerin gesondert Wohnung nehme, jedoch nicht mit dem tatsächlich gewählten Aufenthaltsort.
Die Ehewohnung befindet sich in einem Haus, das je zur Hälfte dem Beklagten und seiner Mutter gehört. Sie hat ein Ausmaß von rund 150 m2. Außerdem stehen den Töchtern Eva und Martina noch eigene Räumlichkeiten im Ausmaß von etwa 50 m2 zur Verfügung. Der Beklagte gab der Klägerin für die Führung des Haushalts S 14.500 (im Monat). Dazu kamen noch S 8.000 im Monat, die aus der Vermietung von anderen Räumen im Haus erzielt wurden und die die Klägerin für sich behalten durfte und auch behielt. Von dem Gesamtbetrag von S 22.500 hatte sie nach den Weisungen des Beklagten an Bausparprämie S 2.301 sowie S 360 für eine hauptsächlich von ihm benützte Monatskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel und die Kosten des vom Beklagten nur selten benützten Telefons von rund S 1.300, die Rundfunkgebühren von S 240 und die Stromkosten für die den Töchtern Eva und Martina zur Verfügung stehenden Räume von S 380 jeweils im Monat zu bezahlen. Der Beklagte bezahlte die Betriebskosten dieser Räume und die Betriebs- und Stromkosten der von den übrigen Familienmitgliedern benützten Wohnung von zusammen rund S 5.000 im Monat, ferner die Kosten der Krankenzusatzversicherung aller Familienmitglieder von monatlich S 4.138; hievon entfallen S 1.129 auf die Klägerin. Er bestritt außerdem die Kosten eines Personenkraftwagens, den auch die Klägerin benützen durfte.
Der Beklagte vereinbarte mit seiner Mutter, daß diese nur die am Haus anfallenden kleineren Reparaturen zu bestreiten hat, während mittlere und größere Instandsetzungsarbeiten vom Beklagten zu finanzieren sind. Seit Beginn des Jahres 1995 legt er aus diesem Grund S 10.000 im Monat für die demnächst anstehenden Investitionen (Fenster und Fassaden) zurück. Er bezog einschließlich der Sonderzahlungen in der Zeit von Mai bis Juli 1995 ein durchschnittliches monatliches Einkommen von S 71.732,76. Seit August 1995 beträgt sein durchschnittliches monatliches Einkommen einschließlich der Sonderzahlungen S 69.641,33. Außerdem erhielt als Treuhänder einer Bank im Jahr 1995 S 75.600, wovon rund S 50.000 Einkommensteuer zu bezahlen sind, und überdies als Mitglied des Landesagrarsenates etwa S 3.000 netto im Jahr. Insgesamt beträgt sein zusätzliches Einkommen somit rund S 2.383 im Monat.
Der Beklagte überweist der Klägerin seit Juli 1995 für sie und die beiden Kinder einen monatlichen Betrag von S 23.360, wovon S 9.871 für den Unterhalt der Klägerin gewidmet sind. Weiters bezahlt er die Kosten der Zusatzversicherung für die Klägerin in der Höhe von S
1.129 (im Monat) und die Behandlungsbeiträge an die Versicherungsanstalt der öffentlichen Bediensteten für die gesamte Familie. Vom 1.1. bis hatte er deshalb S 7.145 zu bezahlen.
Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß die Klägerin gemäß § 94 Abs 2 ABGB Anspruch auf Unterhalt habe, der an sich mit 33 % des Nettoeinkommens des Beklagten zu bemessen wäre. Im Hinblick auf die Sorgepflichten für die vier Kinder verringere sich der Anspruch jedoch um 4 % je Kind und somit auf 17 % des Nettoeinkommens des Beklagten. Dies ergebe die festgesetzten Unterhaltsbeträge.
Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses des Beklagten die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes dahin ab, daß es unter Abweisung des Mehrbegehrens den von ihm für die Zeit vom 1.5. bis einstweilen zu leistenden Unterhalts mit S 11.100 und den ab zu leistenden Unterhalt mit S 10.800 bestimmte. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Höhe nach sei der Unterhaltsanspruch der Klägerin bloß mit 15 % des Nettoeinkommens des Beklagten zu bemessen, weil wegen der krankheitsbedingten überdurchschnittlichen Bedürfnisse der Tochter Martina für diese nicht bloß 4, sondern 6 % von den einer den gemeinsamen Haushalt führenden Ehefrau zustehenden 33 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen seien. Die Unterhaltsbemessungsgrundlage verringere sich aber entgegen der Meinung des Beklagten nicht um die Fixkosten der Ehewohnung, wenngleich es auch im Interesse der Klägerin liege, daß er sie vorerst weiter behalte. Seit die Klägerin gesondert Wohnung genommen habe, diene die Ehewohnung allein der Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Beklagten und komme der Klägerin nicht zugute. Auch die Fixkosten des PKW seien bei der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht zu berücksichtigen, weil die Klägerin den PKW nicht mehr benützen könne, seit sie aus der Ehewohnung ausgezogen sei. Seit der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft habe die Klägerin Anspruch auf Geldunterhalt. Für die Zeit vorher komme es darauf an, ob der Beklagte seine Unterhaltspflicht verletzt habe. Hiebei sei davon auszugehen, daß der Klägerin nach Abzug der fixen Zahlungen für Bausparverträge, Monatskarte, Telefon, Strom für die Töchter Eva und Martina und an Radio- und Fernsehgebühren etwa S 18.000 im Monat zur Verfügung gestanden seien, wovon sie die Kosten des Haushalts für vier ständig und zwei zeitweise darin lebende Personen zu bestreiten gehabt habe. Dieser Betrag sei nach Kopfteilen auf die im Haushalt lebenden Personen aufzuteilen. Unter Berücksichtigung des der Klägerin zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgeldes und der vom Beklagten bezahlten Prämie für ihre private Krankenversicherung in der Höhe von S 1.129 im Monat sowie des auf sie entfallenden Anteils an den vom Beklagten bezahlten Betriebskosten für die Wohnung, für den PKW und an den Telefonkosten sei davon auszugehen, daß der Beklagte während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft für den Unterhalt der Klägerin etwa S 8.000 monatlich zur Verfügung stellte. Dem stehe ein Unterhaltsanspruch von 15 % des Nettoeinkommens des Beklagten in der Höhe von monatlich S 73.784,10, somit gerundet S 11.100 im Monat gegenüber, was für die Monate Mai und Juni 1995 einen Fehlbetrag von jeweils S 3.100 ergebe. Da der Beklagte für Juli 1995 S 11.000 gezahlt habe, betrage der Fehlbetrag für diesen Monat nur S 100. Für die Zeit ab August 1995 ergebe sich im Hinblick auf das verringerte Nettoeinkommen des Klägers ein Unterhaltsanspruch von gerundet S
10.800.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Beklagten gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichtes zulässig, weil zu den in ihrer Bedeutung über den Anlaßfall hinausgehenden Fragen, in welchem Ausmaß für die Feststellung einer Verletzung der Unterhaltspflicht die Beistellung der Ehewohnung zu berücksichtigen ist und welchen Einfluß die Regelung des § 92 Abs 2 und § 97 ABGB auf den Unterhaltsanspruch des getrennt lebenden Ehegatten hat, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehlt. Das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.
Die Revisionsrekursbeantwortung der Klägerin ist verspätet, weil die Frist hiefür gemäß § 402 Abs 3 EO vierzehn Tage beträgt, die Revisionsrekursbeawntwortung aber erst vier Wochen nach der Zustellung der Mitteilung des Obersten Gerichtshofs, daß der Klägerin die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt werde (§ 402 Abs 4 und § 78 EO iVm § 528 Abs 3 und § 507 Abs 2 ZPO), zur Post gegeben wurde.
Das Rekursgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Zeit, während der die Streitteile im gemeinsamen Haushalt lebten, ein Anspruch auf Geldunterhalt nur besteht, wenn der Beklagte seine Unterhaltspflicht verletzte (EF 76.267, 32.726, 28.566; Schwimann in Schwimann Rz 59,60 zu § 94 ABGB mN aus der Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz), während für die nachfolgende Zeit, in der die Unterhaltsberechtigte gesondert Wohnung nahm, unabhängig von einer solchen Verletzung die Verpflichtung zur Leistung des Unterhalts in Geld besteht (EF 76.267; EF 67.662; ÖAV 1993,103; 7 Ob 607/94). Wenngleich die zuletzt genannte Voraussetzung erst ab eingetreten ist, kann sie doch für den gesamten Juli 1995 angenommen werden, weil die Tatsache, daß der Beklagte durch zwei Tage Naturalunterhalt leistete, als geringfügig außer Betracht bleiben kann. Zu prüfen ist deshalb zunächst, ob der Beklagte in den Monaten Mai und Juni 1995 seine Unterhaltspflicht verletzt hat.
Wird der Unterhalt in natura geleistet, liegt eine Verletzung der Unterhaltspflicht vor, wenn der Wert der dem Unterhaltsberechtigten zugekommenen Unterhaltsleistungen unter jenem Betrag liegt, der ihm nach dem Gesetz als Geldunterhalt gebühren würde (vgl RZ 1992/66; SZ 55/174), wobei unbedeutende Abweichungen vernachlässigt werden können. Hiebei ist dem Beklagten darin beizupflichten, daß zum Naturalunterhalt nicht nur das sogenannte Wirtschaftsgeld zählt, sondern daß dazu alle Leistungen mit Unterhaltscharakter gehören, also etwa auch die Beistellung der Ehewohnung (vgl EvBl 1993/161; RZ 1992/66). Wenn für die beigestellte Ehewohnung kein Mietzins bezahlt wird, etwa, weil das Haus in dem sie liegt, im Allein- oder Miteigentum des Unterhaltspflichtigen steht, ist jedoch hiefür entgegen der anscheinend vom Beklagten vertretenen Meinung ein (fiktiver) Mietwert nicht zu berücksichtigen.
Der Oberste Gerichtshof hat zu dieser Frage zuletzt in der Entscheidung 1 Ob 570/95 unter Berufung auf die Vorentscheidung 8 Ob 595/93 und unter Ablehnung der gegenteiligen Entscheidung 4 Ob 510/94 ausgesprochen, daß auf den Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten, der die zum Teil im Eigentum des anderen Ehegatten stehende frühere Ehewohnung benützt, wegen der auf diese Wohnung bezogenen familienrechtlichen Bindung kein Benützungsentgelt auf Grund eines fiktiven Mietwertes der Wohnung angerechnet werden dürfe. Als Naturalunterhaltsleistungen seien (nur) Aufwendungen anzusehen, die der Unterhaltspflichtige bloß deshalb erbringe, um die vom Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten (EvBl 1993/161; RZ 1992/66; 4 Ob 510/94). Hiezu gehörten zB die Betriebskosten, Aufwendungen für Versicherungen (EvBl 1993/161; RZ 1992/66) sowie die Kosten für elektrische Energie, Gas und Heizung (RZ 1992/66).
Die dargelegten Grundsätze gelten nach Ansicht des erkennenden Senates auch für den Fall, daß die Ehegatten bei aufrechter Ehe in häuslicher Gemeinschaft leben. Würde man bei der Lösung der Frage, ob der Unterhaltspflichtige dem Unterhaltsberechtigten ausreichend Naturalunterhalt geleistet hat, nicht bloß tatsächliche Aufwendungen, sondern, wenngleich nur anteilig, auch einen Betrag für den Mietwert der gemeinsam benützten Wohnung berücksichtigen, so würde dies zu einer ungerechtfertigten Begünstigung des Unterhaltspflichtigen führen, weil ihm ein diesem Betrag entsprechendes Einkommen zur Verfügung stünde, an dem der Unterhaltsberechtigte keinen Anteil hätte. Dies widerspräche aber der Forderung, daß der unterhaltsberechtigte Ehegatte angemessen an den Lebensverhältnissen des anderen Ehegatten teilhaben muß (Schwimann, Unterhaltsrecht 106 mwN in FN 130).
Nach Ansicht des erkennenden Senates gehören zu den anzurechnenden Aufwendungen aber auch Zahlungen, die zur Bildung einer Rücklage im Sinn des § 16 WEG dienen, und zwar auch dann, wenn diese Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden ist, weil die Bildung einer solchen Rücklage für jeden Liegenschaftseigentümer zweckmäßig und geboten ist. Unter den im § 16 WEG genannten Voraussetzungen, insbesondere also bei gesonderter Verwahrung, sind somit für die Bildung einer Rücklage bestimmte Zahlungen anteilig als Naturalunterhaltsleistungen anzusehen. Ist der Unterhaltsberechtigte nur Miteigentümer der Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befindet, können diese Zahlungen auf seiner Seite allerdings höchstens mit dem seinem Anteil entsprechenden Verhältnis (vgl § 19 Abs 1 WEG) veranschlagt werden, weil eine davon abweichende Vereinbarung nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten ausschlagen darf.
Nicht gefolgt werden kann dem Beklagten ferner darin, daß die Leistungen aus einem längeren Zeitraum, also etwa für ein halbes Jahr, zu berücksichtigen seien. Dem Unterhaltsberechtigten muß nämlich in jedem Monat der ihm nach dem Gesetz gebührende Unterhalt zur Verfügung stehen. Es kann von ihm nicht verlangt werden, daß er seine Bedürfnisse in einem bestimmten Monat nur deshalb verringert, weil er in einem früheren Zeitraum Unterhaltsleistungen erhalten hat, die seinen Unterhaltsanspruch überstiegen haben. Etwas anderes gilt nur, wenn er aus früheren Unterhaltsleistungen noch Nutzen zieht oder Nutzen ziehen könnte, was bei für einen längeren Zeitraum bezahlten Versicherungsprämien, bei einem nicht zur Gänze verbrauchten Wirtschaftsgeld, bei Aufwendungen für Bekleidung oder bei der Reparataur eines Kraftfahrzeuges der Fall sein könnte.
Wohnt der Unterhaltspflichtige mit dem Unterhaltsberechtigten im gemeinsamen Haushalt, können die Leistungen mit Unterhaltscharakter nicht voll auf den Unterhaltsanspruch angerechnet werden, weil sie nicht nur dem Untehaltsberechtigten, sondern auch der Eigenversorgung des Unterhaltsverpflichteten und gegebenenfalls auch der Befriedigung weiterer Unterhaltsbedürfnisse von unterhaltsberechtigten Kindern dienen. Steht nicht fest oder ist aus der Sachlage nicht zwingend zu erschließen, daß einer durch derartige Leistungen versorgten Person ein größerer Anteil am "Mischunterhalt" zukommt, sind die Leistungen nach Kopfteilen anzurechnen. Jedenfalls ist derjenige, der einen anderen Aufteilungsschlüssel für den "Mischunterhalt" anstrebt, für die dafür erforderlichen Sachgrundlagen behauptungs- und beweispflichtig (RZ 1992/46). Eine andere Art der Aufteilung könnte sich etwa aus dem unterschiedlichen Lebensalter der Unterhaltsberechtigten ergeben (8 Ob 552/92). Sie ist ferner bei den für die Ehewohnung zu berücksichtigenden Zahlungen gerechtfertigt. Leistungen eines Ehegatten für die Ehewohnung betreffen nämlich ausschließlich das Verhältnis zwischen ihm und den anderen Ehegatten und sind daher nicht als Naturalleistungen an die Kinder anzusehen (EvBl 1993/161; ÖA 1994, 62; EF 61.933 ua). Solche Leistungen sind daher zwischen den Ehegatten je zur Hälfte aufzuteilen (vgl ÖA 1994, 62).
Bei der Aufteilung der erbrachten Unterhaltsleistungen, die nicht bestimmten Familienmitgliedern zuzuordnen sind, hält es der Oberste Gerichtshof unter Anwendung des § 273 ZPO, die auch im Verfahren außer Streitsachen zulässig ist (3 Ob 548/93; 7 Ob 528/93; vgl ferner RZ 1976/86), bei den vom Erstgericht festgestellten Verhältnissen für sachgerecht, daß für die Töchter Eva und Martina 10 % und für die übrigen Familienmitglieder 90 % in Anschlag gebracht werden, wobei innerhalb jeder Gruppe eine Aufteilung nach Köpfen vorzunehmen ist, zumal die allein in Betracht kommende Berücksichtigung des unterschiedlichen Lebensalters nur eine unwesentliche Verschiebung bringen könnte und daher vernachlässigt werden kann. Der Anteil der Klägerin an den vom Beklagten für sämtliche Familienmitglieder erbrachten Leistungen beträgt somit 22,5 %.
Geht man von diesen Grundsätzen aus, so hat der Beklagte in den Monaten Mai und Juni 1995 seine Unterhaltspflicht nicht verletzt. Als Naturalunterhaltsleistungen sind nämlich jedenfalls die Hälfte der für die Ehewohnung bezahlten Betriebskosten von S 5.000 und ein Viertel der Rücklagezahlungen von S 10.000 jeweils im Monat und somit zusammen S 5.000 für jeden der beiden Monate zu berücksichtigen. Dazu kommen noch 22,5 % von dem der Klägerin monatlich zur Verfügung stehenden Wirtschaftsgeld von S 22.500 und die monatlich für sie bezahlte Krankenversicherungsprämie von S 1.129. Daraus ergibt sich für jeden der beiden Monate eine Naturalunterhaltsleistung im Wert von S 11.191,50, welcher der vom Rekursgericht unbekämpft angenommene Unterhaltsanspruch der Klägerin von S 11.100 im Monat gegenübersteht.
Zu dem der Klägerin ab Juli 1995 gebührenden, nach dem Gesagten jedenfalls in Geld zu zahlenden Unterhalt hat der Beklagte in seinem Rechtsmittel nur eingewendet, daß die Aufwendungen für die Ehewohnung berücksichtigt werden müßten, weil die Klägerin nur vorübergehend im Sinn des § 92 Abs 2 letzter Satz ABGB gesondert Wohnung genommen habe. Hieran ist richtig, daß derjenige Ehegatte, der die Ehewohnung verlassen hat, nach Wegfall des Trennungsgrundes wieder dorthin zurückkehren kann und auch muß (SZ 50/78 ua) und daß der über die Wohnung verfügungsberechtigte Ehegatte gemäß § 97 ABGB die Ehewohnung nicht aufgeben darf. Aus all dem kann aber entgegen der Meinung des Beklagten nicht abgeleitet werden, daß die Aufwendungen für die Ehewohnungen auch dann den Unterhaltsanspruch des nicht mehr darin wohnenden Ehegatten vermindern, wenn er die Ehewohnung aus gerechtfertigten Gründen verlassen hat. Dies ergibt sich aus der Überlegung, daß dem Ehegatten, der aus der Ehewohnung ausgezogen ist, diese nicht mehr zur Befriedigung seiner gemäß § 94 Abs 1 ABGB für seinen Unterhaltsanspruch maßgebenden Bedürfnisse zur Verfügung steht und er keinen Nachteil dadurch erleiden darf, daß er von seinem Recht Gebrauch gemacht hat, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 92 Abs 2 ABGB gesondert Wohnung zu nehmen. Unter diesen Umständen ist es entgegen der im Revisionsrekurs vertretenen Meinung ohne Bedeutung, in welchem Ausmaß der weiterhin in der Ehewohnung wohnende Ehegatte diese zur Befriedigung seines Wohnbedürfnisses benötigt.
Da somit der Einwand, den der Beklagte im Revisionsrekurs gegen die Höhe des für die Zeit ab Juli 1995 festgesetzten Geldunterhalts vorbrachte, nicht stichhältig ist, und in diesem Punkt auch sonst keine Bedenken gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes bestehen, war diese insoweit zu bestätigen, wobei sich allerdings im Hinblick auf die vom Erstgericht festgestellten, vom Beklagten ab erbrachten Geldleistungen der von ihm für die Zeit vom 1.7. bis zu zahlende Unterhaltsrückstand auf S 100 verringerte. Das Begehren auf Bezahlung von Unterhalt für Mai und Juni 1995 war hingegen abzuweisen, weil der Beklagte in diesen Monaten seine Unterhaltspflicht nicht verletzte.
Der Ausspruch über die Kosten beruht auf § 402 Abs 4 und § 78 EO iVm § 43 Abs 2 und § 50 ZPO. Auf den Rechtsmittelerfolg ist wegen der Geringfügigkeit nicht Bedacht zu nehmen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst, Dr. Graf, Dr. Pimmer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Eva K*****, vertreten durch Dr. Christoph Haffner, Rechtsanwalt in Amstetten, wider den Gegner der gefährdeten Partei Dr. Alois K*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen einstweiligen Unterhalts, infolge Antrags des Gegners der gefährdeten Partei auf Ergänzung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 3 Ob 2101/96h, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Ergänzungsantrag des Gegners der gefährdeten Partei wird abgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Antrags selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die gefährdete Partei beantragte, ihrem Gegner aufzutragen, ihr bis zur rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Parteien anhängigen Verfahrens auf Scheidung ihrer Ehe einstweilen die Leistung eines Unterhalts in der im Antrag bezeichneten Höhe zu leisten.
Das im Rechtsmittelweg angerufene Rekursgericht entschied, daß der Gegner der gefährdeten Partei schuldig ist, dieser für die Zeit vom 1.5. bis einschließlich einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 11.100 und ab bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens einen vorläufigen monatlichen Unterhaltsbetrag von S 10.800 unter Berücksichtigung bereits erbrachter Teilleistungen zu bezahlen und bestimmte den demnach für die Zeit vom 1.5. bis noch aushaftenden Betrag mit S 5.900.
Der Oberste Gerichtshof entschied infolge Rekurses des Gegners der gefährdeten Partei mit Beschluß vom , 3 Ob 2101/96h, daß der Antrag auf Zuerkennung von Unterhalt für die Zeit vom 1.5. bis zur Gänze abgewiesen und daß der Beschluß des Rekursgerichtes bezüglich des ab zu leistenden Unterhalts mit der Maßgabe bestätigt wird, daß der vom Gegner der gefährdeten Partei für die Zeit vom 1.7. bis zu zahlende Unterhaltsrückstand S 100 beträgt.
Der Gegner der gefährdeten Partei beantragt, diesen Beschluß des Obersten Gerichtshofes dahin zu ergänzen, daß in Abänderung des Beschlusses des Rekursgerichtes der Antrag der gefährdeten Partei auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Gänze abgewiesen wird. Der Beschluß des Obersten Gerichtshofes gehe einerseits davon aus, daß im Juli 1995 ein Unterhaltsrückstand von S 100 entstanden sei, und andererseits davon, daß die gefährdete Partei am 1. und Naturalunterhalt erhalten habe, was einem Geldbetrag von S 709,67 entspreche. Um diesen Betrag vermindere sich der zu leistende Geldunterhalt, weshalb für die Zeit vom 3. bis eine Überzahlung von S 609,67 vorliege. Auf diese Überzahlung habe er in seinem Revisionsrekurs hingewiesen und dort auch die Entscheidung darüber begehrt, daß er für diesen Zeitraum ebenfalls keine Unterhaltsverletzung beging. Diesen "Anspruch", über den zu entscheiden gewesen wäre, habe der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß übergangen. Wenn es in dem Beschluß heiße, daß die Tatsache, daß er durch zwei Tage Naturalunterhalt geleistet habe, als geringfügig außer Betracht bleiben könne, handle es sich bei diesen Ausführungen um keine inhaltliche Entscheidung, weil dem Zivilprozeßrecht und auch dem materiellen Unterhaltsrecht eine derartige "Bagatellgrenze" nicht zu entnehmen sei. Außerdem werde dabei über die angeführte Überzahlung für diesen Zeitraum nicht abgesprochen, weil sonst eine Doppelzahlung des Gegners der gefährdeten Partei für denselben Zeitraum vorläge.
Rechtliche Beurteilung
In diesem Ergänzungsantrag verkennt der Gegner der gefährdeten Partei die Bestimmung des § 430 ZPO, die gemäß § 402 Abs 4 und § 78 EO maßgebend ist. Daraus ergibt sich nämlich deutlich, daß die Ergänzung eines Beschlusses nur dann in Betracht kommt, wenn über einen Antrag einer Partei teilweise nicht erkannt wurde. Der Gegner der gefährdeten Partei beruft sich in seinem Ergänzungsantrag aber nur auf Rechtsausführungen, die in seinem an den Obersten Gerichtshof gerichteten Revisionsrekurs enthalten waren, und leitet daraus einen "Anspruch" ab, über den zu entscheiden gewesen wäre. Diese Rechtsauffassung ist nicht nachvollziehbar. Werden in einem Rechtsmittel enthaltene Rechtsausführungen vom Rechtsmittelgericht nicht behandelt, so bildet dies keinen Grund für die Ergänzung des über das Rechtsmittel ergangenen Beschlusses, weil Rechtsausführungen nicht mit einem "Antrag" gleichgesetzt werden können und daher der Fall, daß über einen Antrag teilweise nicht erkannt wurde, nicht vorliegt. Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof in seinem Beschluß auf diese Rechtsausführungen ohnedies Bedacht genommen und dabei die - von der des Gegners der gefährdeten Partei allerdings abweichende - Auffassung vertreten, bei Beurteilung der Frage, ob dieser im Juli 1995 seine Unterhaltspflicht verletzte, könne als geringfügig außer Betracht bleiben, daß er durch zwei Tage Naturalunterhalt leistete. Es muß wohl nicht näher begründet werden, daß es keinen Grund für die Ergänzung eines Beschlusses bildet, wenn eine Partei eine Rechtsansicht vertritt, die von der in dem Beschluß zum Ausdruck kommenden abweicht.
Für den Ergänzungsantrag des Gegners der gefährdeten Partei fehlt somit jede gesetzliche Grundlage, weshalb er abzuweisen ist.
Der Ausspruch über die Kosten des Ergänzungsantrags ergibt sich schon aus § 402 Abs 4 und § 78 EO iVm den §§ 40 und 50 ZPO.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1996:0030OB02101.96H.0612.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
IAAAD-51981