OGH vom 16.03.2016, 3Nc2/16y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. J*****, vertreten durch Kapp Strimitzer Rechtsanwalts GmbH in Graz Seiersberg, gegen die beklagte Partei G*****, wegen 7.686 EUR sA, über den Antrag des Bundesministeriums für Justiz gemäß § 42 Abs 2 JN vom , den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Das zu 16 C 295/15k des Bezirksgerichts Villach durchgeführte Verfahren und der in diesem Verfahren ergangene Zahlungsbefehl vom werden für nichtig erklärt.
Der Antrag auf Nichtigerklärung des zu 17 E 77/15i des Bezirksgerichts Villach anhängigen Exekutionsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Der Kläger brachte am zu 16 C 295/15k des Bezirksgerichts Villach gegen die Beklagte eine Mahnklage auf Zahlung von 7.686 EUR sA ein. Er sei in einem näher bezeichneten Verlassenschaftsverfahren als Sachverständiger mit der Erstellung eines Unternehmenswertgutachtens beauftragt worden. Seine Kosten seien im Einantwortungsbeschluss mit 7.686 EUR bestimmt und deren Ersatz der Beklagten als Erbin aufgetragen worden. Die Gebühren hafteten nach wie vor unberichtigt aus.
Das Bezirksgericht Villach erließ den Zahlungsbefehl antragsgemäß. Der Zahlungsbefehl wurde der Beklagten am zugestellt und ist nach der Aktenlage in Rechtskraft erwachsen.
Den vom Kläger als betreibende Partei aufgrund des Zahlungsbefehls gestellten Exekutionsantrag hat das Bezirksgericht Villach mit Beschluss vom zu 17 E 77/15i teilweise bewilligt.
Das Bundesministerium für Justiz stellte den Antrag auf Nichtigerklärung der Verfahren 16 C 295/15k und 17 E 77/15i, jeweils des Bezirksgerichts Villach. Die Voraussetzungen des § 42 Abs 2 JN lägen vor.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag ist teilweise berechtigt.
Der Kläger war als Sachverständiger im Verlassenschaftsverfahren AZ 213 A 254/10f des Bezirksgerichts Graz West tätig. Seine Gebühren wurden im Punkt 13 des Einantwortungsbeschlusses vom (ON 63) durch das Verlassenschaftsgericht mit 7.686 EUR bestimmt. Der Sachverständige verzichtete nicht auf eine Auszahlung aus Amtsgeldern.
Der Gebührenanspruch des Sachverständigen ist ein öffentlich rechtlicher Anspruch (16 Ok 7/10 = RIS Justiz RS0126539). Einer Klage des Sachverständigen steht daher die Unzulässigkeit des Rechtswegs entgegen ( Krammer/Schmidt , SDG GebAG 3 [2001] § 38 Anm 1; Krammer in Fasching/Konecny 2 Anh § 365 ZPO Rz 4, 87).
Gemäß § 42 Abs 2 JN hat der Oberste Gerichtshof die Nichtigkeit eines durchgeführten gerichtlichen Verfahrens wegen Mangels der inländischen Gerichtsbarkeit oder Unzulässigkeit des Rechtswegs auf Antrag der obersten Verwaltungsbehörde auszusprechen, wenn der Mangel erst nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens offenbar wird. Während die Antragstellung der obersten Verwaltungsbehörde gemäß § 42 Abs 2 JN in deren Ermessen liegt, ist der Oberste Gerichtshof, wenn ein solcher Antrag gestellt wurde, verpflichtet, bei Vorliegen der Nichtigkeit das Verfahren aufzuheben, ohne dass er seinerseits Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen könnte (9 Nc 18/03a = RIS Justiz RS0109136 [T1]).
Der Antrag auf Nichtigerklärung des Verfahrens AZ 16 C 295/15k des Bezirksgerichts Villach iSd § 42 Abs 2 JN ist daher berechtigt.
Hinsichtlich des Exekutionsverfahrens ist hingegen der Tatbestand des § 42 Abs 2 JN nicht verwirklicht: Es wurde vom Kläger aufgrund eines rechtskräftigen gerichtlichen Zahlungsbefehls eingeleitet, der gemäß § 1 Z 3 EO Exekutionstitel ist, weshalb die Unzulässigkeit des Rechtswegs iSd § 42 Abs 2 JN diesem Verfahren nicht entgegensteht. Es ist allerdings über Antrag der Beklagten als Verpflichteter des Exekutionsverfahrens gemäß § 39 Abs 1 Z 1 EO infolge der Nichtigerklärung des Titels einzustellen. Das Exekutionsgericht wird die rechtsunkundige Verpflichtete über die Möglichkeit einer solchen Antragstellung zu belehren haben.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0030NC00002.16Y.0316.000