OGH vom 20.02.2003, 6Ob322/02z
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C ***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Daniel Charim ua Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Helmut H*****, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 17.040,03 EUR, über die ordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 14 R 138/02w-18, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 6 Cg 127/01t-12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 938,16 EUR (darin 156,36 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die 1994 gegründete klagende Gesellschaft mbH hatte mit Ausnahme ihres Geschäftsführers, der ursprünglich mit 25 %, dann aber mit 90 % an der Gesellschaft beteiligt war, keine Dienstnehmer. Der Geschäftsführer hatte keinen Vorgesetzten und war nicht an Weisungen gebunden. Er bestimmte, welche Aufträge angenommen werden und was produziert wird. Er war niemandem verantwortlich und konnte die Zeit seines Urlaubs selbst wählen. Der Geschäftsführer war bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft gemeldet. Bis zum Jahr 2000 bezog er ein fixes Gehalt. Seither bestimmt er sein Gehalt selbst. Der Geschäftsführer-Gesellschafter war mit Bescheid des Landesinvalidenamtes ab 1983 bis 1991 mit 50 % als behindert eingestuft, ab 1991 mit 60 %. Der Beklagte war Steuerberater der Klägerin.
Die Klägerin begehrt mit der am beim Erstgericht eingebrachten, auf Schadenersatzrecht gestützten Klage (§ 1299 ABGB) die Zahlung von 234.475,88 S. Der beklagte Steuerberater habe es schuldhaft unterlassen, den Bezug des Geschäftsführers (als begünstigte Person iSd BEinstG) von der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Dienstgeberbeitrags-Zuschlag sowie von der Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer abzuziehen. Die Klägerin habe dadurch für die Jahre 1995 bis 1998 97.057 S zuviel an Dienstgeberbeiträgen und Zuschläge zum Dienstgeberfreibetrag in der Höhe von 11.379 S sowie eine nicht geschuldete Kommunalsteuer für die Jahre 1995 bis 1998 in der Höhe von 93.349 S bezahlt. Zur Berechnung der zuviel abgeführten Beträge seien der Klägerin Aufwendungen von 15.000 S und 5.880 S entstanden.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er habe von der Behinderung des Gesellschafter-Geschäftsführers der Klägerin bis März 2000 nichts gewusst. Das Klagebegehren sei verjährt. Nach den Allgemeinen Auftragsbedingungen für Wirtschaftstreuhänder müssten Schadenersatzansprüche innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis des Schadens geltend gemacht werden. Die Klägerin habe am beim Finanzamt einen Antrag auf Rückerstattung der strittigen Abgaben gestellt, also vom Schaden Kenntnis gehabt. Im Übrigen habe der Beklagte weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt. Die Bezüge des Geschäftsführers der Gesellschaft mbH seien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommunalsteuerpflichtig und Gegenstand der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag. Der Beklagte wandte eine noch ausständige Honorarforderung von 7.329,96 S aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es beurteilte den Sachverhalt rechtlich dahin, dass die Behinderung des Geschäftsführers der Klägerin nicht zu einer Abgabenfreiheit nach den Ausnahmebestimmungen des § 41 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) und des § 5 Abs 1 lit e Kommunalsteuergesetz 1993 (KommStG) führe. Beide Gesetze stellten auf die Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) ab. Danach komme es auf das Vorliegen einer Beschäftigung im Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt an. Beim Geschäftsführer der Klägerin fehlten diese Voraussetzungen. Der Beklagte habe entsprechend der Gesetzeslage gehandelt. Ihm könne keine Pflichtwidrigkeit zum Vorwurf gemacht werden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Das Einkommen des Geschäftsführers der Klägerin unterliege sowohl der Kommunalsteuer als auch dem Dienstgeberbeitrag. § 5 Abs 1 lit a KommStG 1993 und § 41 Abs 1 und 2 FLAG verwiesen auf § 22 Z 2 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG). Dort sei im zweiten Teilstrich normiert, dass auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kaptialgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2 EStG) aufweisende Beschäftigung gewährt werden, als Einkünfte sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 2 Abs 3 Z 2 EStG anzusehen seien. Wegen seines Anteils am Stammkapital gelte der Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin als wesentlich Beteiligter. Strittig sei nun, ob die für behinderte Dienstnehmer normierten Ausnahmen auch auf das Einkommen des Geschäftsführers der Klägerin anzuwenden seien. § 5 Abs 2 lit e KommStG laute: "Zur
Bemessungsgrundlage gehören nicht: Arbeitslöhne an Dienstnehmer, die als begünstigte Personen gemäß den Vorschriften des BEinstG beschäftigt werden". § 41 Abs 4 lit e FLAG laute: "Zur
Beitragsgrundlage gehören nicht: Arbeitslöhne, die an Dienstnehmer gewährt werden, die als begünstigte Personen gemäß den Vorschriften des BEinstG beschäftigt werden".
Die Abgabenpflicht habe der VfGH in seinem Erkenntnis G 109/00 vom als verfassungskonform beurteilt. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Entscheidung 2001/13/0089 zu der gestellten Frage, ob einem behinderten Geschäftsführer-Gesellschafter die Abgabenfreiheit zustehe, bereits Stellung genommen und dahin argumentiert, dass das BEinstG das Erwerbsleben in unselbständiger Beschäftigung (im Verhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer) regle. Diese Frage habe damit nichts zu tun, ob die Einkünfte eines geschäftsführenden Gesellschafters überhaupt der Abgabenpflicht nach dem KommStG und dem FLAG unterliegen. Das Berufungsgericht schließe sich dieser Ansicht an. Es liege in der Natur der Sache, dass eine Ausnahmeregelung einen engeren Anwendungsbereich habe als der Grundsatz, von dem die Ausnahme gewährt werde. Es sei auf den im § 4 Abs 1 lit a BEinstG normierten Dienstnehmerbegriff zurückzugreifen. Der Geschäftsführer der Klägerin sei keine Person "mit persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit". Das Argument der Klägerin, bei einer solchen Auslegung könne niemals die Ausnahmebestimmung herangezogen werden, wenn das BEinstG überhaupt nicht anzuwenden sei, etwa dann, wenn ein Unternehmen gar nicht die Zahl von 25 Dienstnehmern erreiche, sei nicht stichhältig. Es sei auch nicht gleichheitswidrig, wenn der Gesetzgeber Ausnahmebestimmungen so formuliere, dass sie einschränkend auszulegen seien. Das Gleichheitsgebot werde nicht verletzt, weil alle geschäftsführenden Gesellschafter von der Auslegung in derselben Weise betroffen seien. Der Beklagte habe bei der Unterlassung der Geltendmachung der Ausnahmebestimmungen das Gesetz nicht falsch angewendet. Er habe nicht auf jeden Fall die für die Klägerin günstigste Variante (durch Geltendmachung bei der Steuerbehörde) wählen müssen. Ein Steuerberater, der das Gesetz richtig auslege, könne nicht rechtswidrig und schuldhaft handeln. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur gestellten Rechtsfrage nicht vorliege.
Mit ihrer ordentlichen Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.
Die beklagte Partei beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Einkommensteuerpflichtige Einkommen aus selbständiger Arbeit sind nach § 22 Z 2 2. Teilstrich EStG 1988 die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs 2 EStG) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Eine Person ist dann wesentlich beteiligt, wenn ihr Anteil am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mehr als 25 % beträgt. Die Revisionswerberin bestreitet nicht ihre Steuerpflicht hinsichtlich der Geschäftsführer-Gehälter nach § 5 Abs 1 lit a KommStG 1993 und ihre Abgabenpflicht nach § 41 Abs 1 und 2 FLAG, die jeweils auf § 22 Z 2 EStG abstellen. Dass die Abgabenpflicht verfassungskonform ist, steht auf Grund der Erkenntnisse des und vom , G 110/00, fest. Die Revisionswerberin steht aber auf dem Standpunkt, dass die grundsätzlich bestehende Steuerpflicht des wesentlich beteiligten Gesellschafters unter die gleichlautenden Ausnahmebestimmungen des § 5 Abs 2 lit e KommStG und des § 41 Abs 4 lit e FLAG fielen, wenn der Gesellschafter behindert im Ausmaß des § 2 Abs 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) sei und führt dazu im Wesentlichen folgende Argumente gegen die Ansicht der Vorinstanzen ins Treffen:
Der Dienstnehmerbegriff des § 41 FLAG und des § 5 KommStG entspreche weder dem steuerrechtlichen noch dem arbeitsrechtlichen Dienstnehmerbegriff. Wenn nicht weisungsgebundene Gesellschafter-Geschäftsführer als Dienstnehmer der Abgabenpflicht unterliegen, müsse auch im Fall der Behinderung von der Dienstnehmereigenschaft ausgegangen werden und es seien deshalb die zitierten Ausnahmebestimmungen anzuwenden; dies ergebe sich schon auf Grund der systematischen Interpretation. Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass für Dienstnehmer in Betrieben mit weniger als 25 Beschäftigten, bei denen keine Einstellungspflicht bestehe, für behinderte Dienstnehmer keine Abgabenbefreiung bestünde, weil auch diese nicht "gemäß den Vorschriften des BEinstG" beschäftigt seien. Aus dem Umstand, dass gemäß § 5 BEinstG bei der Beurteilung, ob eine Einstellungspflicht besteht, auch die Behinderung des Dienstgebers anzurechnen sei, folge die Qualifikation des Geschäftsführer-Gesellschafters als Dienstnehmer. Dem Gesetzgeber könne keine "behindertenfeindliche" Absicht unterstellt werden. Eine Unterscheidung von Dienstverhältnissen mit und ohne Abgabenbefreiung bei Behinderten sei nicht verfassungskonform. Der beklagte Steuerberater hätte im Rahmen seiner Vertretungsaufgaben in jedem Fall im Interesse des Klienten bei den Finanzbehörden die Rechtsauffassung der Abgabenfreiheit vertreten müssen. Dies hätte die Steuerbehörde auch akzeptiert.
Zu diesem Revisionsvorbringen ist Folgendes auszuführen:
I. Die Klägerin leitet aus der Unterlassung der Geltendmachung von abgabenrechtlichen Ausnahmebestimmungen eine Haftung des beklagten Steuerberaters nach dem Haftungsmaßstab des § 1299 ABGB ab. Eine Unterlassung für den konkreten Schadenserfolg ist dann ursächlich, wenn die Vornahme einer bestimmten Handlung den Eintritt des schädigenden Erfolges verhindert hätte und diese Handlung auch möglich gewesen wäre. Die Kausalität ist zu verneinen, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (SZ 59/93; SZ 70/95; RIS-Justiz RS0022913). Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei gebotenem Verhalten nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten auch im Fall der Anwendbarkeit des § 1298 ABGB (1 Ob 116/01t mwN). Diese Grundsätze gelten bei der Beurteilung des Verhaltens von Angehörigen rechtsberatender Berufe, also insbesondere von Rechtsanwälten und Steuerberatern. An einen für die Haftungsbegründung erforderlichen Kausalitätsbeweis bei Unterlassungen sind keine allzu strengen Anforderungen zu stellen (RS0022900). Es genügt ein sehr hoher Grad der Wahrscheinlichkeit des Tatsachenzusammenhanges (RS0022825). Die Klägerin traf somit im vorliegenden Fall die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden bei Geltendmachung der zitierten Befreiungsbestimmungen des KommStG und des FLAG nicht eingetreten wäre.
II. Wenn der Erfolg der Schadenersatzklage davon abhängt, ob eine unterlassene Vertretungshandlung den Schaden verursachte, hat das Regressgericht den hypothetischen Verfahrensausgang zu ermitteln. Es ist also zu fragen, wie die Steuerbehörde Steuererklärungen für die strittigen Jahre bei Geltendmachung der Abgabenfreiheit behandelt hätte. Dabei hat das Gericht nicht darauf abzustellen, wie die Behörde des Vorverfahrens, wären die beanstandeten Unterlassungen unterblieben, seinerzeit entschieden hätte, sondern darauf, wie richtigerweise hätte entschieden werden müssen, wobei sich das Regressgericht bei seiner Beurteilung am Maßstab eines pflichtgemäß handelnden Behördenorgans zu orientieren hat. Diese Auffassung vertritt der Oberste Gerichtshof im Anschluss an die deutsche Lehre und die Rechtsprechung des BGH aus der Erwägung heraus, dass der Einfluss, den Überlegungen verschiedenster Art auf die Entscheidung der hypothetisch mit der Sache befassten Stellen nehmen können, zu unberechenbar ist, als dass sich in dem späteren Schadenersatzprozess mit der nötigen Sicherheit feststellen ließe, wie das Gericht oder die Behörde im Vorverfahren wirklich entschieden hätte und dass der Geschädigte nur das, worauf er rechtmäßig Anspruch hat, erhalten und nicht durch eine hypothetische Fehlentscheidung begünstigt werden soll (1 Ob 151/01i mwN). Nach diesen Grundsätzen ist die Haftung des beklagten Steuerberaters zu verneinen:
III. 1. Die Beurteilung der Rechtslage nach den schon zitierten Gesetzesvorschriften, wie sie das Berufungsgericht vornahm und wie sie auch der beklagte Steuerberater vornehmen durfte, war vertretbar. Die Wortinterpretation und der Grundsatz, dass Ausnahmebestimmungen restriktiv auszulegen sind, sprechen für den Standpunkt des Beklagten. Die Steuerpflicht und die Abgabenpflicht nach dem KommStG und dem FLAG hängt von der Existenz von Dienstnehmern ab. Wenn das Gesetz darunter auch an einer Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligte Geschäftsführer-Gesellschafter subsumiert und andererseits für die Ausnahme von der Abgabenverpflichtung einen Dienstnehmerbegriff wählt, unter den der Geschäftsführer-Gesellschafter mangels persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht fällt (nach der Judikatur des VwGH stellt das BEinstG auf diese Voraussetzungen ab: E v. , 93/09/0377 und E v. , 93/09/0388), ist eine einschränkende Auslegung geboten, jedenfalls zumindest vertretbar. Für den Bereich der Dienstgeberfreibeträge hat dies der VwGH auch ausdrücklich ausgesprochen. Auf die Bezüge eines an der Gesellschaft wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers, der nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis steht, sind die Befreiungsbestimmungen des § 41 Abs 4 lit e FLAG nicht anzuwenden (E v. , 2001/13/0089).
2. Selbst wenn eine Gesetzesauslegung im Sinne der Revisionswerberin möglich erscheint, machte dies die gegenteilige Rechtsansicht noch nicht zu einer unvertretbaren. Den Auslegungsargumenten der Revisionswerberin ist kurz Folgendes zu entgegnen:
Dem Hinweis auf einen einheitlichen Dienstnehmerbegriff (wenn der Geschäftsführergehalt als Gehalt eines Dienstnehmers aufzufassen ist, müssten also auch die Ausnahmebestimmungen gelten) im Sinne einer systematischen Interpretation kann die Erwägung (des VwGH) entgegengehalten werden, dass der Gesetzgeber durch den Verweis auf das BEinstG ganz bewusst auf einen eingeschränkten Dienstnehmerbegriff abstellt und dass die Abgabenfreiheit entgegen den Revisionsausführungen durchaus auch für Dienstnehmer in einem Betrieb mit weniger als 25 Beschäftigten anzuerkennen ist. Die Frage der Einstellungspflicht steht mit der Frage der Qualifikation des Beschäftigten in keinem untrennbaren Zusammenhang. Die Abgabenfreiheit besteht für jeden wirtschaftlich und persönlich abhängigen, behinderten Dienstnehmer. Der Gesetzgeber wollte für Dienstgeber nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch einen Anreiz zur Einstellung behinderter Dienstnehmer schaffen. Wenn er das Privileg der Abgabenfreiheit einem behinderten Geschäftsführer-Gesellschafter nicht zuerkennt, muss dies keineswegs als "behindertenfeindlich" oder als verfassungswidrig beurteilt werden, handelt es sich doch um eine Einschränkung von gesetzlichen Förderungsmaßnahmen, die ihren sachlichen Grund in der Erwägung haben, dass die steuerrechtliche Sonderstellung eines am Unternehmen beteiligten Geschäftsführer-Gesellschafters eine doppelte Qualifikation zulässt, nämlich sowohl als Arbeitgeber als auch als (nicht abhängiger) Arbeitnehmer der Gesellschaft.
3. Mit dem letzten Argument, der beklagte Steuerberater hätte in jedem Fall die Abgabenfreiheit geltend machen müssen und die Steuerbehörde hätte dies auch akzeptiert, vermag die Revisionswerberin den ihr obliegenden Beweis der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens des Beklagten nicht zu erbringen:
Auch wenn - dies wurde allerdings nicht festgestellt - aus dem Steuerakt zu entnehmen ist, dass das Finanzamt den Standpunkt der Klägerin teilte und es über ihren Antrag zu Abgabengutschriften für die Jahre 1999 und 2000 kam (Abgabenrückerstattung), ist damit noch nicht der Nachweis erbracht, dass eine Antragstellung für die Vorjahre denselben Erfolg gehabt hätte und dass die Abgabenfreiheit für den Beklagten auch vorhersehbar war. Abzustellen ist - wie schon ausgeführt - auf den hypothetischen Verfahrensausgang, also darauf, wie die Steuerbehörde richtigerweise und pflichtgemäß entschieden hätte. Bei dieser Beurteilung darf die zitierte Entscheidung des , nicht außer Betracht bleiben. Auch wenn sie erst im Nachhinein erging, ist sie doch ein maßgebliches Indiz dafür, dass die Steuerbehörden auch in der Zeit vor dem Erkenntnis in diesem Sinn - also nach Auffassung des VwGH als oberster Instanz in Steuersachen objektiv richtig - entschieden hätten. Allenfalls hätte die beweispflichtige Klägerin etwa durch Anführen einer Spruchpraxis der Finanzbehörden in ihrem Sinn oder durch Zitierung gewichtiger Lehrmeinungen den Nachweis einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Anerkennung der Abgabenfreiheit erbringen können. Darauf hat sich die Revisionswerberin aber nicht berufen. Die Unterlassung der Geltendmachung einer Abgabenfreiheit durch den Steuerberater könnte nur dann als schadenskausal und schuldhaft beurteilt werden, wenn der Erfolg der Antragstellung aus konkreten Gründen als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden dürfte. Dies ist bei der begründeten Gesetzesauslegung des Berufungsgerichtes und mangels gegenteiliger Argumente aus der Lehre und der Spruchpraxis der Finanzbehörden im Hinblick auf die zitierte Judikatur des VwGH nicht der Fall.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.