OGH vom 19.02.2004, 6Ob318/03p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei SV P*****, vertreten durch Berger, Saurer, Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** GmbH, ***** und 2. Mag. Roland M*****, vertreten durch Giger, Ruggenthaler & Simon, Rechtsanwälte KEG in Wien, wegen Unterlassung, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 154/03v-13, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 24 Cg 199/02a-8, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen werden zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Zur außerordentlichen Revision des Klägers:
Das Recht auf Namensanonymität leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab (RIS-Justiz RS0008998). Die Persönlichkeitsrechte sind nach herrschender Auffassung absolute Rechte. Daraus allein kann aber noch nicht geschlossen werden, dass jedes Verhalten rechtswidrig ist, das diese Rechte gefährdet. Es bedarf vielmehr einer Interessenabwägung, bei der dem Interesse am gefährdeten Gut die Interessen des Handelnden und der Allgemeinheit gegenübergestellt werden müssen. Eine Überspannung des Schutzes könnte zu einer unerträglichen Einschränkung der Interessen anderer oder der Allgemeinheit führen. Die Namensnennung ist dann nicht rechtswidrig, wenn sie gesetzlich geboten oder erlaubt ist. Hat der Betroffene nicht zugestimmt und besteht weder ein gesetzliches Verbot noch eine gesetzliche Ermächtigung, hängt die Frage der Rechtswidrigkeit von der vorzunehmenden Interessenabwägung ab (7 Ob 329/97a = MR 1998, 53). Eine allgemeine Verpflichtung, den "Gebrauch" des Namens eines anderen im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, besteht insoweit nicht, als dies durch bloße Namensnennung geschieht. Die allfällige Rechtswidrigkeit einer solchen Namensnennung ergibt sich erst aus dem Inhalt der damit verbundenen Aussage (RIS-Justiz RS0009319; 4 Ob 14/03t = ecolex 2003, 850).
Ob diese Aussage schutzwürdige Interessen des Genannten beeinträchtigt und zu wessen Gunsten die vorzunehmende Interessenabwägung ausschlägt, hängt von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab und berührt daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage. Eine aufzugreifende Fehlbeurteilung dieses Einzelfalls ist hier insbesondere im Hinblick darauf, dass die Funktion des - strafrechtlich verfolgten - Vereinspräsidenten ohnehin aus dem öffentlich zugänglichen Vereinsregister ersichtlich ist (vgl § 16 Abs 1 Z 7,§§ 17 und 19 Vereinsgesetz 2002), nicht zu erkennen. Zwischen dem Verein und seinem von ihm selbst zu bestellenden obersten organschaftlichen Vertreter besteht nicht bloß der "Anschein" einer ideellen oder wirtschaftlichen Beziehung. Abgesehen von der Artikelüberschrift, die nicht vom Zweitbeklagten verfasst wurde und die nach dem Urteil des Berufungsgerichtes von der Erstbeklagten ohnehin zu unterlassen und öffentlich zu widerrufen ist, wird in dem Artikel kein Bezug des klagenden Vereins zu den darin dargestellten Handlungen des Vereinspräsidenten hergestellt.
2. Zur außerordentlichen Revision der Beklagten:
Die Revision des Zweitbeklagten ist schon mangels Rechtsschutzinteresses zurückzuweisen, weil der auch von ihm bekämpfte stattgebende Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes ausschließlich die Erstbeklagte und jenen Teil des Klagebegehrens betrifft, das nur gegen die Erstbeklagte und nicht auch gegen den Zweitbeklagten gerichtet war. Im Übrigen vermag auch die Revision der Beklagten keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
Die Frage, welchen Inhalt eine bestimmte Äußerung nach ihrem Gesamteindruck auf den angesprochenen Durchschnittsleser hat, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab und stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar, sofern nicht infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage eine Fehlbeurteilung vorliegt (RIS-Justiz RS0043000). Eine solche ist hier nicht zu erkennen, enthält doch der der Überschrift nachfolgende Zeitungsartikel keinen aufklärenden Sachverhalt dahin, dass mit der Überschrift in Wahrheit nicht die wirtschaftliche Gebarung und finanzielle Lage des klagenden Vereins mit jener des anderen in der Überschrift genannten, von Insolvenz und Ausschluss von der Teilnahme an der Bundesliga betroffenen Verein verglichen werden sollte. Die Ansicht, dass beim Leser bereits die Überschrift allein einen negativen Eindruck über den klagenden Verein bewirkt, der durch den anschließenden Text nicht hinreichend relativiert wird, stellt keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
Dass sich die als ehrenrührig qualifizierte sinngemäßen Aussage, dass dem klagenden Verein dasselbe Schicksal wie dem anderen in der Artikelüberschrift genannten Verein beschieden sein werde (Konkurs, Lizenzentzug), nicht auf eine der journalistischen Sorgfalt entsprechende Recherche stützte, ist hier nicht weiter strittig. Die Überschrift wurde vielmehr von einem Kollegen des Zweitbeklagten lediglich aufgrund von dessen Informationen verfasst, die für den sinngemäß enthaltenen Vorwurf keinen Anlass gaben. Die Erstbeklagte rechtfertigte sich insoweit auch nur dahin, dass der Artikel der Wahrheit entspreche; dies trifft auf die in der Überschrift enthaltene Aussage aber nicht zu. Das Berufungsgericht hat daher ohne Fehlbeurteilung auch dem Widerrufsbegehren stattgegeben. Abgesehen davon, dass der Einwand, die begehrte Form der Veröffentlichung entspreche nicht der Form der zu widerrufenden Äußerung, erstmals im Revisionsverfahren erhoben wurde, ist eine solche wesentliche Abweichung nicht zu erkennen: Obgleich der beanstandete Text ursprünglich in Großbuchstaben und Fettdruck veröffentlicht war, ist lediglich das Wort "Widerruf" in Fettdruck, der restliche Text aber in Normalschrift zu veröffentlichen. Auch insoweit ist daher kein Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu erblicken.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).