OGH vom 27.10.2016, 2Ob162/15k (2Ob170/16p)
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen E***** W. B*****, zuletzt wohnhaft *****, über (a) den ordentlichen Revisionsrekurs der Erben 1. G***** I***** W*****, 2. B***** B*****, 3. U***** H***** B*****, alle nunmehr vertreten durch Wissing Rechtsanwälte in Landau, Deutschland, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 3 R 20/15m 50, womit infolge Rekurses der R***** B*****, der Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom , GZ 12 A 50/14b 40, teilweise abgeändert wurde, und (b) den außerordentlichen Revisionsrekurs der genannten Erben gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom , GZ 3 R 10/16t 84, womit der Rekurs der Erben gegen den bereits genannten Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom , GZ 12 A 50/14b 40, als verspätet zurückgewiesen wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
A. Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom , ON 50, wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass Punkt 1 der Entscheidung des Erstgerichts zur Gänze wiederhergestellt und Punkt 2 dieser Entscheidung ersatzlos behoben wird.
B. Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom , ON 84, wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der am verstorbene Erblasser war deutscher Staatsangehöriger. Die Revisionsrekurswerber – seine Kinder – sind aufgrund einer letztwilligen Verfügung Erben, wobei ihre Erbenstellung durch einen deutschen Erbschein ausgewiesen ist. Ihre jeweiligen Nachkommen, ersatzweise die anderen Nachkommen des Erblassers, sind aufgrund derselben letztwilligen Verfügung Nacherben. Der Verstorbene und seine Gattin hatten in Österreich gemeinsam über Bankkonten und Depots verfügt, bei denen sie jeweils einzeln zeichnungsberechtigt waren (Oder-Konten). Das vorliegende Verfahren betrifft die „Ausfolgung“ dieser Guthaben an die Erben (§ 150 AußStrG idF vor dem ErbRÄG 2015). Diese waren im Verfahren durch deutsche Anwälte vertreten, und zwar zunächst durch Dr. Klaus Fröbel und Partner (Anzeige der Vollmacht ON 15), dann durch Dr. Jürgen Luppert und Partner (Anzeige des Vollmachtswechsels ON 49) und zuletzt durch Wissing Rechtsanwälte (Anzeige des Vollmachtswechsels ON 107).
Das Erstgericht folgte mit Punkt 1 des Beschlusses ON 40 „das in Österreich befindliche bewegliche Vermögen des Verstorbenen bestehend aus dem Anteil des Verstorbenen“ an den Guthaben auf den näher bezeichneten Konten und Depots den Erben zu je einem Drittel aus und sprach aus, dass die oben dargestellte Nacherbfolge bestehe; mit Punkt 2 dieses Beschlusses ordnete es die substitutionsgerichtliche Sperre dieser Konten und Depots an. Der Beschluss wurde der Witwe, dem damaligen Vertreter der Erben (diesem am ) und den bereits vorhandenen Nacherben zugestellt.
Nur die Witwe erhob (zunächst) Rekurs (ON 42). Die Guthaben stünden zur Hälfte ihr zu, weswegen die vollständige Sperre verfehlt sei. Das Erstgericht verfügte die Zustellung dieses Rekurses an die anderen Beteiligten. Die Erben beantragten in einer nicht anwaltlich gefertigten Eingabe vom , den Rekurs „vollumfänglich abzuweisen“ und den Ausfolgungsbeschluss zu bestätigen; eine Sperre der Konten sei „dringend notwendig“ (ON 44).
Mit dem ersten der nun angefochtenen Beschlüsse (ON 50) änderte das Rekursgericht aufgrund des Rekurses der Witwe die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es die Ausfolgung und Sperre auf den „ Hälftanteil “ des Verstorbenen an den Konten und Depots beschränkte. Da die Eigentumsfrage in Bezug auf die andere Hälfte strittig sei, sei insofern keine Ausfolgung möglich. Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, wie im Ausfolgungsverfahren bei strittigen Eigentumsfragen vorzugehen sei.
Inzwischen war der Vollmachtswechsel bei den Erben erfolgt. Die Rekursentscheidung wurde daher der Witwe, dem Vertreter der Erben (diesem am ) und den Nacherben zugestellt. Die Erben erhoben am ein als „Rekurs“ bezeichnetes Rechtsmittel, das sich sowohl gegen den Beschluss des Erstgerichts als auch gegen jenen des Rekursgerichts richtete (ON 52). Aufgrund zweier Verbesserungsaufträge legten sie das Rechtsmittel zuletzt am – nunmehr auch gefertigt durch einen österreichischen Einvernehmensanwalt (§ 5 EIRAG) – als „Rekurs und Revisionsrekurs“ wieder vor (ON 59). Darin wenden sie sich einerseits gegen die mit der Nacherbschaft begründete Sperre des den Erben zufallenden Anteils an den Konten und Depots. Zur Begründung verweisen sie auf das hier anwendbare deutsche Recht, wonach die Verfügungsbefugnis des Vorerben nicht beschränkt sei. Andererseits vertreten sie die Auffassung, dass die Klärung strittiger Eigentumsfragen im Prozessweg erfolgen müsse. Daher sei ihnen richtigerweise der „Anteil“ des Verstorbenen an den Konten und Depots auszufolgen, nicht (bloß) der dem Verstorbenen (jedenfalls) zustehende „Hälfteanteil“.
Der Senat leitete die ihm zur Entscheidung über den Revisionsrekurs vorgelegten Akten an das Erstgericht zurück (2 Ob 162/15k; ON 77). Es seien zunächst näher bezeichnete Zustellungen zu prüfen oder vorzunehmen, zudem sei vor der neuerlichen Vorlage der im Rechtsmittel enthaltene Rekurs gegen den Ausfolgungsbeschluss des Erstgerichts zu erledigen.
Im weiteren Verfahren wies das Rekursgericht mit dem zweiten angefochtenen Beschluss (ON 84) den Rekurs der Erben gegen den Ausfolgungsbeschluss des Erstgerichts zurück. Dieser Beschluss sei dem damaligen Vertreter der Erben am zugestellt worden, sodass das vom nachfolgenden Vertreter erst am (erstmals) eingebrachte Rechtsmittel jedenfalls verspätet sei. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Erben fochten diesen Beschluss durch ihre deutschen Anwälte mit Schriftsatz ON 87 „vollumfänglich“ an. Der Beschluss des „Landesgerichts Feldkirch vom “ – also die erste Rekursentscheidung (ON 50) – sei bei ihren Vertretern erst am eingegangen, am hätten sie sich „gegen dieses Urteil“ gewandt. Es müsse
„deshalb auch möglich sein, insgesamt für die durch uns vertretene Partei aufgrund der fehlerhaften rechtlichen Würdigung sowohl des Erst- als auch des Zweitgerichtes einen umfassenden Rekurs einzulegen. Über diesen wurde nicht entschieden und lediglich lapidar der Rekurs als verspätet zurückgewiesen. Hier hätte sich in der Sache mit deutschem Erbrecht auseinandergesetzt werden müssen.“
Aufgrund der „evidenten Rechtswidrigkeit der beiden Entscheidungen des „Amtsgerichts Bregenz vom , 12 A 50/14b 40, sowie des Landesgerichts Feldkirch vom , 3 R 20/15m“ beantragten sie weiters
„rein fürsorglich auch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand des Verfahrens. Die Rechtsunwirksamkeit ist evident. Es wurde auf österreichische Rechtsnormen abgestellt, wo indes in eindeutigster Art und Weise auf deutsche Rechtsnormen abzustellen gewesen wäre.“
Aufgrund eines Verbesserungsauftrags wurde diese Eingabe, gefertigt durch den Einvernehmensanwalt, in veränderter Form vorgelegt (ON 92). Die nun als „außerordentlicher Revisionsrekurs“ bezeichnete Anfechtung des Zurückweisungsbeschlusses stützten die Erben (auch) darauf, dass ihre Eingabe zum Rekurs der Witwe (ON 44) selbst im Fall der „Verfristung“ als „Anschlussrechtsmittel“ zu diesem Rekurs behandelt hätte werden müssen. Den Antrag auf Wiedereinsetzung begründeten sie weiterhin nicht mit dem Versäumen einer Frist, sondern im Wesentlichen mit Erwägungen zur (angeblich) unterbliebenen Zustellung an Nacherben sowie „fehlender Rechtsmittelbelehrung“.
Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag ab (ON 93). Dieser Beschluss wurde den Vertretern der Erben am zugestellt und blieb von ihnen unbekämpft. Die Vorinstanzen legen nun die Akten zur Entscheidung über die an den Obersten Gerichtshof gerichteten Rechtsmittel vor.
Dazu ist Folgendes zu erwägen:
Rechtliche Beurteilung
A. Der Revisionsrekurs gegen den Beschluss ON 50 (Abänderung von Punkt 1 des Ausfolgungsbeschlusses) ist zulässig , weil der Zweck des Ausfolgungsverfahrens einer Klarstellung bedarf; er ist auch berechtigt :
1. Während das Erstgericht den Erben mit Punkt 1 seines Beschlusses einen nicht näher bestimmten „Anteil“ des Verstorbenen an bestimmten Konten und Depots „ausgefolgt“ hatte, fasste das Rekursgericht den Spruch dahin, dass sich die Ausfolgung auf den „Hälfteanteil“ des Verstorbenen beziehe. Damit traf es implizit eine Entscheidung über die Zugehörigkeit eines Teils der Guthaben zur Verlassenschaft. Das ist mit dem beschränkten Zweck des Ausfolgungsverfahrens nicht vereinbar.
1.1. Die Funktion des Ausfolgungsverfahrens hat sich mit Inkrafttreten des AußStrG 2003 gewandelt.
(a) In seiner ursprünglichen Konzeption diente dieses Verfahren dem Schutz der inländischen Erben, Vermächtnisnehmer und Gläubiger (5 Ob 83/61, SZ 34/38; 7 Ob 61/80, SZ 53/145; vgl auch Köhler , Das Ausfolgungsverfahren nach § 23 Abs 2 AußStrG, NZ 1955, 4 ff): Zwar fand bei Fehlen inländischer Abhandlungsgerichtsbarkeit keine Verlassenschaftsabhandlung statt, doch wurde der Nachlass gesichert und erst freigegeben , wenn die Entscheidung einer – aus österreichischer Sicht – zuständigen ausländischen Behörde über das Erbrecht vorlag (§ 137 AußStrG 1854) und keine der Ausfolgung entgegenstehenden Forderungen angemeldet wurden (§ 138 AußStrG 1854); Erben, Vermächtnisnehmer und Gläubiger waren grundsätzlich mit Edikt zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern (§ 139 AußStrG 1854). Daneben wurde das Ausfolgungsverfahren im Schrifttum, wenngleich ohne nähere Begründung, zwar auch als Verfahren zur Anerkennung einer ausländischen Entscheidung über das Erbrecht angesehen ( Loewe , Internationale Zuständigkeit in Nachlasssachen, FS Wagner [1987] 259 [262]; ihm für das AußStrG 2005 folgend Gumpoltsberger , Das Verlassenschaftsverfahren bei Erbfällen mit Auslandsbezug [insb zu Deutschland], ecolex 2006, 197 [199]; Bittner / Hawel in Gruber/Kalss/Müller/Schauer , Vermögensnachfolge [2010] § 10 Rz 74 [FN 165]; vgl auch 2 Ob 105/15b). Aus der Rechtsprechung ergab sich jedoch, dass dieses Verfahren insofern nicht obligatorisch war: So legitimierte die – durch einen deutschen Erbschein dokumentierte – Erbenstellung schon als solche zur Klage aus dem Erbrecht, nur das Begehren war bei Fehlen eines Ausfolgungsbeschlusses nicht auf Zahlung an den Erben, sondern auf Erlag bei Gericht zu richten (7 Ob 61/80, SZ 53/145). Letzteres folgte aus dem Sicherungszweck des Ausfolgungsverfahrens: Solange die Möglichkeit inländischer Gläubiger bestand, war den Erben eine eigenmächtige Inbesitznahme der Verlassenschaft verboten. Eine nach dem anwendbaren Recht bestehende Erbenstellung war aber auch ohne Ausfolgungsbeschluss für den österreichischen Rechtsbereich als wirksam anzusehen.
(b) § 150 AußStrG 2005 in der hier anwendbaren Fassung vor dem ErbRÄG 2015 sah demgegenüber (wie auch die nun geltende Fassung) keine Sicherungsmaßnahmen zugunsten von Gläubigern mehr vor; diese waren (und sind) daher auf die allgemeinen Regeln des Provisorialverfahrens verwiesen ( Bajons , Die OGH Judikatur zur internationalen Nachlassabwicklung im Lichte des neuen AußStrG und AußStr-BegleitG [Teil II], NZ 2005, 43; Grün in Rechberger , AußStrG 2 § 150 Rz 9; Schatzl / Spruzina in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 150 Rz 11). Die nach altem Recht bestehende Sicherungsfunktion war damit weggefallen . Daher konnte das Ausfolgungsverfahren nun nur mehr die Funktion eines (fakultativen) Anerkennungsverfahrens iSv Loewe (aaO) haben (vgl 2 Ob 105/15b). Aufgrund eines „Ausfolgungsantrags“ war daher in geeigneter Form auszusprechen, ob eine ausländische Entscheidung oder Bestätigung über das Erbrecht auch in Bezug auf österreichisches Vermögen des Verstorbenen als wirksam anzusehen ist. Dies konnte im Verhältnis zwischen den Erben und einer registerführenden Behörde oder – wie hier – einem Kreditinstitut zweckmäßig sein, wenn dessen Geschäftsbedingungen aufgrund des Todes eine Sperre des Vermögens vorsehen (vgl § 149 AußStrG 2005). Zwar war der Begriff „Ausfolgung“ in diesem Zusammenhang missverständlich, weil er (wie nach altem Recht) eine gerichtliche Sperre vorauszusetzen schien, die durch die „Ausfolgung“ überwunden werden musste. Das traf nun aber (außer bei Maßnahmen nach § 147 AußStrG 2005, die aber nicht dem Gläubigerschutz dienen) nicht mehr zu. Die beibehaltene Begrifflichkeit darf daher nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ausfolgungsverfahren nach Inkrafttreten des AußStrG 2005 ausschließlich die Funktion hatte, die Eigenschaft der im Ausfolgungsbeschluss bezeichneten Erben als Rechtsnachfolger des Verstorbenen klarzustellen.
(c) § 150 AußStrG 2005 idF vor dem ErbRÄG 2015 ließ sich allerdings nicht entnehmen, dass der Ausfolgungsbeschluss – anders als nach altem Recht (7 Ob 61/80, SZ 53/145) – konstitutiven Charakter hatte. Eine nach fremdem – hier deutschem – Recht ipso iure eintretende Rechtsnachfolge war daher auch ohne solchen Beschluss als wirksam anzusehen; die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung konnte (wie in 7 Ob 61/80) auch vorfrageweise erfolgen. Das Aufolgungsverfahren hatte daher, soweit es die Anerkennung des ausländischen Aktes über die Erbenstellung betraf, weiterhin nur fakultativen Charakter . Insbesondere ließ sich aus § 150 AußStrG 2005 idF vor dem ErbRÄG 2015 nicht ableiten, dass eine nach dem anwendbaren Recht ipso iure eintretende Rechtsnachfolge nur durch einen Ausfolgungsbeschluss nachgewiesen werden konnte.
(d) Im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist ein diesem Zweck dienendes Ausfolgungsverfahren seit dem Inkrafttreten der EuErbVO nicht mehr erforderlich, weil der Nachweis der Rechtsnachfolge hier mit einem Europäischen Nachlasszeugnis geführt werden kann. Daher wurde der Anwendungsbereich von § 150 AußStrG 2005 mit dem ErbRÄG 2015 auf das Verhältnis zu Drittstaaten beschränkt. Im vorliegenden Fall ist diese Regelung aber nach § 207k Abs 3 AußStrG 2005 noch nicht anwendbar, weil der Erblasser vor dem gestorben ist; auch ihre unionsrechtliche Problematik ist daher nicht weiter zu prüfen (vgl dazu Fucik in Deixler-Hübner/Schauer , EuErbVO, § 150 AußStrG Rz 1 ff mwN).
1.3. Der auf die Anerkennung eines ausländischen Aktes über das Erbrecht beschränkte Zweck des Ausfolgungsverfahrens schließt es – wie schon nach altem Recht (1 Ob 818/34, NZ 1935, 77; 7 Ob 565/57, EvBl 1958/86) – aus, im Rahmen dieses Verfahrens auch nur vorfrageweise über die Zugehörigkeit bestimmter Sachen oder Rechte zur Verlassenschaft zu entscheiden. Vielmehr ist der Ausfolgungsbeschluss bei einem aktenkundigen Streit über diese Frage so zu fassen, dass er ihn nicht präjudiziert. Insofern war die Formulierung des Erstgerichts, wonach den Erben der – nicht näher bestimmte – „Anteil“ des Verstorbenen an den Konten und Depots „ausgefolgt“ wurde, nicht zu beanstanden. Denn damit wurde im Ergebnis nur über das Bestehen der Rechtsnachfolge (auch) in Bezug auf diese Kontenbeziehungen abgesprochen, ohne das Rechtsverhältnis des Verstorbenen (und damit der Erben) zur Witwe zu beurteilen. Hingegen enthält der Beschluss des Rekursgerichts eine Beschränkung auf einen „Hälfteanteil“, die zumindest zu Missverständnissen Anlass geben könnte. Zwar wurde damit über die andere Hälfte nicht entschieden, sodass die Rechtsnachfolge insofern – im Verhältnis zwischen Erben und Bank – vorfrageweise zu beurteilen wäre. Dennoch sind die Erben durch die Formulierung des Rekursgerichts beschwert, weil sie nach § 150 AußStrG 2005 Anspruch auf eine die Rechtslage zur Gänze richtig wiedergebende Entscheidung haben.
1.4. Aus diesen Gründen ist Punkt 1 der Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen. Damit ist klargestellt, dass die Erben aufgrund Gesamtrechtsnachfolge in die Vertragsbeziehung des Verstorbenen mit der Bank eingetreten sind. Ob und in welchem Umfang sie aufgrund dessen von der Bank die Auszahlung der Guthaben verlangen können, ist aufgrund der Vertragslage zwischen ihnen und der Bank zu beurteilen; ihre Rechtsstellung ist nicht anders, als es jene des Verstorbenen war. Welcher Anteil der Guthaben ihnen materiell im (Innen )Verhältnis mit der Witwe zusteht, ist mit dieser zu klären. Beide Fragen werden von der Entscheidung im Ausfolgungsverfahren nicht berührt.
2. Die Erben wenden sich weiters gegen die substitutionsgerichtliche Sperre des ihnen „ausgefolgten“ Anteils am inländischen Vermögen (Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses). Auch damit haben sie im Ergebnis Erfolg.
2.1. Zwar hatten die Erben diesen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses nicht (rechtzeitig) angefochten, woraus Teilrechtskraft abgeleitet werden könnte. Diese ist jedoch dann nicht zu wahren, wenn der unangefochten gebliebene Teil einer Entscheidung in einem untrennbaren Sachzusammenhang mit dem angefochtenen Teil steht (5 Ob 63/93, SZ 66/150; RIS Justiz RS0013296). Das trifft hier zu, kann doch die Frage der Sperre in der hier vorliegenden besonderen Konstellation nicht getrennt von jener der Ausfolgung beurteilt werden. Trotz der formalen Teilung in zwei Spruchpunkte lag daher schon in erster Instanz eine einheitliche Entscheidung über die Ausfolgung vor, die nicht teilweise in Rechtskraft erwachsen konnte.
2.2. Wie oben dargestellt, ist das Ausfolgungsverfahren auf die Feststellung der nach dem anwendbaren Recht eingetretenen Gesamtrechtsnachfolge gerichtet, wie sie sich aus der Anerkennung einer Entscheidung oder Bestätigung einer ausländischen Behörde ergibt. Eine vom Gericht vorzunehmende Sicherung der Ansprüche von Nacherben ist mit diesem Zweck nicht vereinbar. Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses hat daher ersatzlos zu entfallen. Punkt 1 dieses Beschlusses enthält ohnehin einen Hinweis auf das Bestehen der Nacherbschaft; welche Wirkungen diese Nacherbschaft für das Rechtsverhältnis zwischen den (Vor )Erben und der Bank hat, ist nicht im Ausfolgungsverfahren zu klären. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei einer inländischen Abhandlung eine entsprechende Sperre anzuordnen gewesen wäre, ist hier nicht weiter zu prüfen.
B. Der außerordentliche Revisionsrekurs gegen die Zurückweisung des Rekurses gegen Punkt 2 des Ausfolgungsbeschlusses (Beschluss ON 84) ist als unzulässig zurückzuweisen, weil die Rechtsmittelwerber zufolge ersatzloser Behebung dieses Teils der erstgerichtlichen Entscheidung durch die (zudem ohnehin zutreffende) Zurückweisung nicht (mehr) beschwert sind.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00162.15K.1027.000