OGH vom 08.07.2004, 6Ob317/03s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Schenk und Dr. Hurch und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schramm als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache des Antragstellers Ing. Hubert M*****, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, gegen die Antragsgegnerin O***** GmbH, ***** vertreten durch Rechtsanwaltskanzlei Foglar-Deinhardstein & Brandstätter KEG in Wien, wegen Überprüfung des Barabfindungsangebots, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 119/03f, 245/03k-16, mit dem die Beschlüsse des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 74 Fr 11796/02f-9, und vom , GZ 74 Fr 11796/02f-11, bestätigt wurden, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Hauptversammlung der e***** Aktiengesellschaft beschloss am die Umwandlung der Gesellschaft nach §§ 2 ff UmwG durch Übertragung ihres Unternehmens auf die Antragsgegnerin (Hauptgesellschafterin). Am wurden die Umwandlung bei beiden beteiligten Gesellschaften in das Firmenbuch eingetragen und die übertragende Gesellschaft im Firmenbuch gelöscht. Die Firmenbucheintragungen wurden am in der Ediktsdatei veröffentlicht.
Mit dem am zur Post gegebenen, am beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz begehrte der Antragsteller die Überprüfung des Barabfindungsangebots und für den Fall der Feststellung dessen Unangemessenheit einen Ausgleich durch bare Zuzahlungen. Er sei Minderheitsgesellschafter der übertragenden Gesellschaft gewesen. Die Eintragung der Umwandlung sei am im Amtsblatt zur Wiener Zeitung bekanntgemacht worden. Das im Umwandlungsplan festgelegte Barabfindungsangebot sei nicht angemessen.
Die Antragsgegnerin beantragte, den Antrag auf Leistung einer baren Zuzahlung abzuweisen, weil das Barabfindungsangebot angemessen sei.
Das Erstgericht wies mit Beschluss vom den Antrag ab. Die einmonatige Frist zur Stellung des Antrags auf Überprüfung des Barabfindungsangebots habe mit der Bekanntmachung der Eintragung der Umwandlung in der Ediktsdatei am zu laufen begonnen und am geendet. Der Antrag sei daher verspätet. Die Antragsfrist sei eine materiell-rechtliche Präklusionsfrist, deren Ablauf von Amts wegen wahrzunehmen sei.
Dieser Beschluss wurde dem Antragsteller am zugestellt.
Mit dem am beim Erstgericht überreichten Schriftsatz beantragte der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist, weil er von der Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung ausgegangen und sich seines Rechtsirrtums erst durch den Beschluss vom bewusst geworden sei.
Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag mit Beschluss vom zurück, weil die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei materiell-rechtlichen Fristen nicht möglich sei.
Das Rekursgericht gab den gegen beide Entscheidungen erhobenen Rekursen des Antragstellers nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es bestätigte mit ausführlicher Begründung die Auffassung des Erstgerichts, dass die Frist zur Stellung des Antrags auf Überprüfung des Barabfindungsangebots eine materiell-rechtliche Frist sei. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur rechtlichen Qualifikation der genannten Frist fehle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Antrag des Antragstellers vom zurückgewiesen, der den Wiedereinsetzungsantrag zurückweisende Beschluss ersatzlos aufgehoben wird und daher das Verfahren auf "Überprüfung der Voraussetzungen" einzuleiten ist. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel des Antragstellers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist unzulässig.
Was das Wiedereinsetzungsbegehren betrifft, liegt eine bestätigende Entscheidung der zweiten Instanz vor.
Im Fall der Umwandlung durch Übertragung des Unternehmens einer Kapitalgesellschaft auf den Hauptgesellschafter hat dieser den anderen Gesellschaftern eine angemessene Barabfindung zu gewähren (§ 2 Abs 2 Z 3 Satz 1 UmwG). Die Minderheitsgesellschafter können, auch wenn sie der Umwandlung zugestimmt haben, in sinngemäßer Anwendung des § 225c Abs 1 und 2 AktG bei dem Gericht, in dessen Sprengel die Kapitalgesellschaft ihren Sitz hat, innerhalb einer Frist von einem Monat nach dem Tag, an dem die Eintragung der Umwandlung gemäß § 10 HGB als bekanntgemacht gilt, einen Antrag auf Überprüfung des Barabfindungsangebots stellen (§ 2 Abs 3 UmwG iVm § 225e Abs 2 AktG). Das Gericht entscheidet nach den Bestimmungen des AußStrG, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 2 Abs 3 UmwG iVm § 225e Abs 1 AktG). Besondere Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Verfahren zur Überprüfung des Barabfindungsangebots bestehen nicht. Gemäß § 17 AußStrG finden die Vorschriften der Prozessordnung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist oder Tagsatzung auch in Geschäften außer Streitsachen Anwendung, sofern mit der Versäumung ein Rechtsnachteil verbunden ist, der nicht durch eine Beschwerde an den höheren Richter oder durch eine Eingabe gutgemacht werden kann. Die Vorschriften der Zivilprozessordnung in der jeweils geltenden Fassung über die Wiedereinsetzung sind nach ständiger Rechtsprechung auch für die Rechtsmittelordnung anzuwenden, sodass in diesem Teilbereich nicht nur die (hier nicht interessierende) Bestimmung des § 153 ZPO, sondern auch die des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO gilt, wonach der Revisionsrekurs gegen bestätigende Beschlüsse des Rekursgerichts jedenfalls unzulässig ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist (SZ 19/126; RIS-Justiz RS0007113, RS0007118; Gitschthaler in Rechberger, ZPO² § 153 Rz 5; Fucik, AußStrG² 52; aA B. Fink, Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zivilprozessrecht 189; Deixler-Hübner in Fasching/Konecny² II/2 § 153 Rz 8). Die Ausnahmeregelung des § 528 Abs 2 Z 2 zweiter Halbsatz ZPO ("es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde") greift bei der Entscheidung über ein Wiedereinsetzungsbegehren nicht (9 Ob 709/91 = RZ 1993, 176/64; 1 Ob 35/91 = RZ 1993, 180/73; 5 Ob 1/99d mwN; 6 Ob 292/99f). Nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist daher der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags jedenfalls unzulässig.
Der Revisionsrekurs gegen die Bestätigung der Abweisung des Antrags auf Überprüfung des Barabfindungsangebots ist mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG unzulässig. Die Frage, ob es sich bei der im § 225e Abs 2 Satz 1 AktG normierten Antragsfrist um eine materiell-rechtliche (Ausschluss-)Frist oder bloß um eine verfahrensrechtliche Frist (wie der Antragsteller im Revisionsrekurs meint) handelt, bedarf nämlich im vorliegenden Fall nach der rechtskräftigen Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags mangels Relevanz für die Entscheidung keiner Prüfung. Zutreffend und vom Revisionsrekurswerber auch nicht bekämpft ist die Auffassung der Vorinstanzen, dass der Tag der Aufnahme der Bekanntmachung der Eintragung der Umwandlung im Firmenbuch in die Ediktsdatei - der - den Lauf der Antragsfrist auslöste und die Frist am endete (§ 2 Abs 3 UmwG iVm § 225e Abs 2 Satz 1 AktG, § 10 Abs 1 HGB, § 89j Abs 1 GOG). Der am zur Post gegebene schriftliche Antrag langte am beim Erstgericht ein. Selbst wenn die Antragsfrist als verfahrensrechtliche Frist zu qualifizieren wäre und es deshalb gemäß § 89 GOG genügte, wenn das an das zuständige Gericht adressierte Schriftstück mit der befristeten Verfahrenshandlung am letzten Tag der Frist zur Post gegeben wird, war der Antrag verspätet, weil er nach Fristablauf zur Post gegeben wurde. Die Rechtsnatur der im § 225e Abs 2 Satz 1 AktG normierten Frist hat im vorliegenden Fall auch für die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist keine Relevanz mehr, weil der Wiedereinsetzungsantrag - vom Obersten Gerichtshof unüberprüfbar - zurückgewiesen wurde.
Ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 16 Abs 3 AußStrG) Ausspruchs des Rekursgerichts, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei, war der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.