OGH vom 30.01.2018, 1Ob238/17g

OGH vom 30.01.2018, 1Ob238/17g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. J***** GmbH, *****, und 2. ***** Mag. J***** S*****, beide vertreten durch Dr. Josef Weixelbaum, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Antragsgegnerin Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Kostenersatz nach den §§ 31, 117 Abs 4 WRG (Streitwert 622.828,83 EUR), über den Revisionsrekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 94/17x-38, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom , GZ 4 Nc 5/14k-27, im Umfang der Entscheidung gegenüber der Erstantragstellerin aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Im bisherigen Verfahren war unter anderem strittig, ob die Erstantragstellerin gemäß § 31 Abs 3 WRG verpflichtet ist, die Kosten der Sanierungsmaßnahmen der Gemeinde G***** für das „Wasserwerk L*****“ zu tragen. Die Antragsgegnerin hatte sich in diesem Zusammenhang einerseits darauf berufen, dass die Erstantragstellerin Betreiberin jener Tankstelle gewesen sei, die bestimmte Verunreinigungen durch Mineralölprodukte verursacht hatte. Andererseits leitete sie die Haftung aus der unterbliebenen bzw unzureichenden Erfüllung der Verpflichtungen aus einem gewerbebehördlichen Bescheid vom ab, mit der der Erstantragstellerin bestimmte „letztmalige Vorkehrungen“ im unmittelbaren Tankstellenbereich aufgetragen worden waren. Im ersten Rechtsgang hatte der Oberste Gerichtshof zu 1 Ob 151/15k ausgesprochen, dass sich eine Haftung der Erstantragstellerin aus einer allfälligen Nichterfüllung des genannten rechtskräftigen Bescheids ergeben könne.

Im zweiten Rechtsgang sprach das Erstgericht aus, dass (auch) die Erstantragstellerin keine Ersatzpflicht für die Kosten der Sanierungsmaßnahmen treffe. Es verneinte deren Stellung als Betreiberin der Tankstelle iSd § 31 Abs 1 WRG. Nachdem es das in der Tagsatzung vom erstattete ergänzende Vorbringen der Antragsgegnerin samt Beweisanbot zur Frage der allenfalls unzureichenden Sanierungsmaßnahmen im Tankstellenbereich gemäß § 33 Abs 2 AußStrG zurückgewiesen hatte, traf es die Negativfeststellung, es könne nicht festgestellt werden, dass nach Durchführung der der Erstantragstellerin aufgetragenen Vorkehrungen noch Kontaminierungen im Tankstellenbereich vorhanden gewesen seien, die jene Maßnahme erforderten, deren Bezahlung den Antragstellern mit dem bekämpften Kostenersatzbescheid aufgetragen wurde.

Das Rekursgericht hob den erstgerichtlichen Beschluss hinsichtlich der Erstantragstellerin auf, trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Es schloss sich der Auffassung des Erstgerichts an, dass der Antragsgegnerin der Beweis misslungen sei, dass die Erstantragstellerin als wirtschaftlich Verfügungsberechtigte über die Tankstelle als deren Betreiberin anzusehen sei, weshalb nur zu prüfen bleibe, ob die Erstantragstellerin eine eingeschränkte Haftung aufgrund des Bescheids vom treffe, weil sich auf dem Tankstellengrundstück noch Verunreinigungen befunden hätten, die sie entfernen hätte müssen, wodurch Sicherungsmaßnahmen erforderlich geworden seien. Im Zusammenhang mit der Zurückweisung des ergänzenden Vorbringens samt Beweisanbot habe das Erstgericht zu Unrecht eine Verschleppung durch die Antragsgegnerin angenommen. Der Auftrag im Aufhebungsbeschluss im ersten Rechtsgang habe zunächst auf eine Verfahrensergänzung zur Frage der Anlagenbetreibereigenschaft und (nur) im Falle der Verneinung auf Ermittlung der maßgeblichen Umstände für eine allfällig eingeschränkte Haftung aufgrund des Bescheids abgezielt. Wenn die Antragsgegnerin entsprechend den rekursgerichtlichen Aufträgen zunächst die Einvernahme einer übergangenen Zeugin abgewartet und erst in der Folge ein weiteres Vorbringen samt Beweisanträgen erstattet habe, liege jedenfalls keine unzweifelhafte Verschleppung des Verfahrens vor. Abgesehen davon hätte die von der Antragsgegnerin angebotene Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme für sich betrachtet zu keiner erheblichen Verzögerung bei der Erledigung des Verfahrens geführt. Die unterlassene Ermittlung der für die Beurteilung einer (eingeschränkten) Haftung der Erstantragstellerin maßgeblichen Umstände und die Zurückweisung des dazu erstatteten ergänzenden Vorbringens und der Beweisanträge bewirke eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht daher das Vorbringen samt Beweisanboten zu berücksichtigen, die gestellten Beweisanträge zu erledigen und entsprechende Feststellungen zu treffen haben. Es werde festzustellen sein, ob von der Erstantragstellerin sämtliche Mineralölverunreinigungen im Tankstellenbereich entsprechend der Bescheidanordnung nachhaltig beseitigt wurden oder sich auf der Betriebsliegenschaft noch Verunreinigungen befunden haben, die zu beseitigen gewesen wären, und ob das Unterlassen der Beseitigungspflicht zu (weiteren) Kontaminationen benachbarter Liegenschaften geführt hat, die Sanierungsmaßnahmen erforderlich gemacht hätten. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Beweislast im Hinblick auf den Betrieb einer Anlage und daraus folgende nachteilige Einwirkungen auf Gewässer Rechtsprechung fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Erstantragstellerin ist nicht zulässig, weil darin keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG für den Verfahrensausgang erhebliche Rechtsfrage erörtert wird.

1. Soweit sich die Revisionsrekurswerberin mit der Frage ihrer möglichen Eigenschaft als Betreiberin der Tankstelle auseinandersetzt, übersieht sie offenbar, dass diese ohnehin im Sinn ihres Verfahrensstandpunkts gelöst wurde und sie daher insoweit durch den Aufhebungsbeschluss, in dem ihre Betreibereigenschaft verneint wurde, nicht beschwert ist.

2. Ebenso unterliegt sie einem Rechtsirrtum, wenn sie vermeint, die Rechtssache sei bereits deshalb spruchreif, weil zu ihren Gunsten eine Negativfeststellung vorliege. Soweit sie in diesem Zusammenhang ausführt, das Rekursgericht habe zur „Auflassungsverpflichtung“ selbst nonliquetFeststellungen in einem für sie günstigen Sinn getroffen, übergeht sie, dass sich die Negativfeststellung des Rekursgerichts lediglich darauf bezog, ob Auflassungsvorkehrungen von der Erstantragstellerin „im Einvernehmen und unter Aufsicht des Amtssachverständigen“ durchgeführt wurden. Die in erster Linie maßgebliche Negativfeststellung dazu, ob nach Durchführung von Maßnahmen im Rahmen der aufgetragenen Vorkehrungen noch Kontaminierungen im Tankstellenbereich vorhanden waren, hat das Rekursgericht aber in unmissverständlicher Weise gerade nicht übernommen, sondern dem Erstgericht insoweit aufgetragen, den in der unvollständigen Beweiserhebung bestehenden Verfahrensmangel durch eine entsprechende Verfahrensergänzung zu beheben. Die Auffassung des Rekursgerichts, wonach das Erstgericht zu Unrecht die Zurückweisungsvoraussetzungen des § 33 Abs 2 AußStrG angenommen habe, zieht die Revisionsrekurswerberin inhaltlich gar nicht in Zweifel.

3. Warum der rekursgerichtliche Ergänzungs-auftrag nicht erkennen lasse, welche konkrete Beweisbedürftigkeit noch gegeben sein könnte, nachdem das Rekursgericht selbst eine Beweisergänzung vorgenommen hat, ist nicht nachvollziehbar. Einerseits hat sich die Beweisergänzung erkennbar auf die Fragen beschränkt, ob die Erstantragstellerin Betreiberin der Tankstelle war und ob die Maßnahmen der Erstantragstellerin im Einvernehmen und unter Aufsicht des Amtssachverständigen durchgeführt wurden. Andererseits kann nicht zweifelhaft sein, dass das Rekursgericht mit seinem Ergänzungsauftrag die Aufnahme jener Beweise im Auge hatte, deren Aufnahme das Erstgericht seiner Ansicht nach zu Unrecht verweigert hat, also die Einsichtnahme in eine angebotene Urkunde, die Vernehmung eines benannten Zeugen sowie die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens.

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00238.17G.0130.000

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.