OGH vom 03.12.2003, 7Ob233/03w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton T*****, vertreten durch Dr. Thomas Girardi, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei D*****AG, *****, vertreten durch Dr. Kurt Bayr, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 25.913,51 sA, über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 103/03m-12, womit das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 8 Cg 8/03g-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger wollte am auf einem von seinem Wohnhaus ca 1 km entfernten Grundstück, auf dem er einen Teil seines Fuhrparkes abgestellt hatte, im Zuge einer Parkplatzvergrößerung Hangsicherungsarbeiten durchführen, wozu auch Schweißarbeiten notwendig waren. Dafür benötigte er den Traktor seines Bruders, um auf der Schaufel des Frontladers einen 150 kg schweren Schweißtrafo in die jeweils erforderliche Position zu bringen. Er wandte sich an seinen bei seinem Bruder wohnenden Neffen, der - wie er wusste - über den Traktor, den er bereits früher von seinem Bruder manchmal unentgeltlich "ausgeliehen" hatte, verfügen konnte. Der Neffe war bereit zu helfen: Da während der Arbeiten der Motor des Traktors laufen musste, war es sinnvoll, dass ein zweiter Mann - auf dem Traktor sitzend - die Schweißarbeiten "begleitete". Ganz klar war hiebei, dass der Kläger hiefür - sowohl für die Dienste des Neffen, als auch für die Benutzung des Traktors - kein Entgelt zu entrichten habe. Der Kläger hatte seinerseits seinem Bruder, der auch sein Nachbar ist und mit dem bestes Einvernehmen besteht, zuvor bereits manchmal unentgeltlich Arbeitsmaschinen überlassen. Als die Schweißarbeiten an sich bereits beendet waren, entfernte sich der Neffe; er fuhr mit dem Auto des Klägers weg, um eine Kette zu besorgen. Den Motor des Traktors, dessen Handbremse er angezogen und unter dessen Vorderräder er zur Absicherung Steine gelegt hatte, ließ er weiter laufen.
In der Folge stieß der Kläger bei Hinterfüllungs- und Verdichtungsarbeiten mit der Schaufel eines Baggers versehentlich gegen das Heck des an der Böschungskante stehenden Traktors, der dadurch über die Böschung stürzte und beschädigt wurde.
Der Kläger sagte seinem Bruder danach wohl zu, den unfallskausalen Schaden am Traktor zu 100 % zu ersetzen, leistete ihm aber dann zufolge finanzieller Probleme keinerlei Zahlung.
Der Kläger hatte bei der beklagten Partei einen Hafptlichtversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen und Ergänzenden Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1986 und EHVB 1986) zugrunde lagen. Nach Art 13 AHVB 1986 hat der Versicherer die Entschädigung binnen zwei Wochen von dem Zeitpunkt an zu leisten, in welchem der Dritte vom Versicherungsnehmer befriedigt oder der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist. Art 7.10.1 AHVB 1986 (im Folgenden nur mehr AHVB) lautet:
Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer oder die für ihn handelnden Personen entliehen, gemietet, geleast, gepachtet oder in Verwahrung genommen haben, es sei auch im Zuge der Verwahrung als Nebenverpflichtung.
Diese Ausnahmebestimmung war dem Kläger nicht bekannt, als er am der beklagten Partei durch seinen Versicherungsberater den Schadenshergang meldete. Am unterschrieb der Kläger über Intervention eines Schadensreferenten der Beklagten ein von diesem handschriftlich verfasstes Protokoll, wonach er den Traktor von seinem Bruder ausgeliehen habe und aufgeklärt worden sei, dass Schäden an geliehenen oder gemieteten Sachen nicht versichert seien. Unter Hinweis auf dieses Protokoll lehnte die Beklagte mit Schreiben vom unter Berufung auf Art 7.10.1 AHVB jegliche Versicherungsdeckung ab.
Der Kläger begehrt im vorliegenden Rechtsstreit von der Beklagten aus der Haftpflichtversicherung die Bezahlung seines mit EUR 25.913,51 (sA) bezifferten Schadens.
Die Beklagte wendete ein, gemäß Art 7.10.1 AHVB leistungsfrei zu sein. Bei Schadenseintritt habe sich der Traktor noch in der Gewahrsame des Klägers als Entlehner befunden.
Der Kläger erwiderte, es habe zum Unfallszeitpunkt ein Nutzungsverhältnis in Ansehung des Traktors zwischen ihm als Benutzungsnehmer und seinem Bruder als Benutzungsgeber außerhalb des Rechtsverhältnisses von Leihe und Miete bestanden. Der von der Beklagten angezogene Versicherungsausschließungsgrund greife daher nicht.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Den von ihm festgestellten, hier - soweit unstrittig - bereits eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, der Einwand eines Deckungsausschlusses nach Art 7.10.1 AHVB sei berechtigt, weil der Kläger den Traktor zwar nicht direkt bei seinem Bruder, so doch über Vermittlung seines Neffen ausgeliehen habe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Kläger, obwohl er keinerlei Schadenersatzzahlung an seinen Bruder geleistet habe, dennoch Zahlung an sich selbst verlangen könne. Von einem rein faktischen Geschehen bzw einer Sonderregelung für familiäre Benutzungsverhältnisse könne keine Rede sein. Die in diesem Zusammenhang geforderte Unterhalts- und Beistandspflicht bestehe unter Brüdern nicht. Es sei zwar ein gewisses Gegenseitigkeitsverhältnis festgestellt worden, zumal auch der Bruder des Klägers von diesem gewisse unentgeltliche Leistungen bekomme. Diesbezüglich habe der Kläger jedoch lediglich einen wirtschaftlichen Zusammenhang nachweisen können, welcher einen Leihvertrag nicht ausschließe.
Das vom Kläger angerufene Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Die vom Kläger bekämpfte erstgerichtliche Feststellung, dass sich der Traktor während der Abwesenheit des Neffen in der Obhut des Klägers befand, sei eine rechtliche Schlussfolgerung. Aus dem Sachverhalt ergebe sich unbestritten, dass der Neffe zum Zeitpunkt des Absturzes des Traktors mit einem Auto des Klägers weggefahren sei, um eine Kette zu besorgen. Der Unfall sei während der ca 10 Minuten, in denen er wieder zurück sein sollte, passiert. Vor dem Wegfahren habe der Neffe den Traktormotor nicht abgestellt; eine Aufsicht über den Traktor durch den Kläger während der Abwesenheit des Neffen sei jedenfalls notwendig gewesen, weil der Zündschlüssel steckte und der Motor lief. Daraus ergebe sich schlüssig, dass der Kläger noch weitere Schweißarbeiten durchgeführt habe, ansonsten kein Grund vorhanden gewesen wäre, den Motor des Traktors trotz Abwesenheit des Neffen eingeschaltet zu lassen.
Zur Rechtsrüge des Klägers führte das Berufungsgericht im Wesentlichen aus, der Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers werde in dem Zeitpunkt fällig, in dem er von einem Dritten auf Schadenersatz wegen eines unter das versicherte Risiko fallenden Ereignisses oder einer solchen Eigenschaft in Anspruch genommen werde, unabhängig davon, ob die Haftpflichtforderung begründet sei. Stehe fest, dass der Versicherungsnehmer wegen eines Schadensereignisses, das zumindest teilweise unter das versicherte Risiko falle, in Anspruch genommen werde und sei die Anwendung von Risikoausschlüssen strittig, dann habe der Versicherungsnehmer grundsätzlich ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Deckungspflicht. In der Haftpflichtversicherung schulde der Versicherer dem Versicherungsnehmer grundsätzlich nicht die Zahlung bestimmter Beträge, sondern die Befreiung von Ansprüchen des geschädigten Dritten dem Versicherungsnehmer gegenüber. Dieser Befreiungsanspruch verwandle sich nur ausnahmsweise, und zwar dann in einen Zahlungsanspruch, wenn der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt sei. Nicht entscheidend für das Feststellungsinteresse bei der Deckungsklage sei dagegen, ob der gegenüber dem Versicherungsnehmer geltend gemachte Schaden der Höhe nach bekannt sei, oder ob die an den Versicherungsnehmer herangetragenen Forderungen dem Grunde nach zu Recht bestünden.
Da im gegenständlichen Fall der Streit darum gehe, ob ein Ausschluss iSd Art 7.10.1 AHVB vorliege, wäre hier ein Feststellungsinteresse gegeben, das auf Zahlung gerichtete Begehren sei aber abzuweisen. Das Erstgericht habe in diesem Zusammenhang ausdrücklich festgestellt, der Kläger als Versicherungsnehmer habe keinerlei Zahlung an seinen Bruder geleistet; dass dessen Anspruch durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden wäre, oder dass der Geschädigte den Befreiungsanspruch beim Versicherungsnehmer gepfändet oder sich überweisen lassen hätte, sei im gesamten erstinstanzlichen Verfahren nicht einmal vorgebracht worden, sodass hiezu richtigerweise auch keine Feststellungen getroffen worden seien.
Ohne auf den Ausschlussgrund der Leihe einzugehen, sei der Vollständigkeit halber auszuführen, dass sich der Traktor während der Abwesenheit des Neffen und damit zum Zeitpunkt des Schadenseintrittes schlüssig in der Obhut des Klägers und somit (sei es auch im Zuge einer Nebenverpflichtung) in dessen Verwahrung befunden habe, weshalb ohnedies gemäß Art 7.10.1 AHVB der Versicherungsschutz ausgeschlossen wäre.
Auf den Rechtsgrund der Leihe brauche deshalb nicht eingegangen zu werden, weshalb auch die Beweisrüge zu den zur Leihe getroffenen Feststellungen aus rechtlichen Erwägungen nicht behandelt habe werden müssen.
Zur Begründung seines Ausspruches der Unzulässigkeit der ordentlichen Revision führte das Berufungsgericht aus, es habe sich bei seiner Rechtsansicht, wonach gegenständlichenfalls ein Zahlungsanspruch nicht in Frage komme, auf eine gesicherte Rechtsprechung stützen können.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, das Rechtsmittel des Klägers zurückzuweisen oder ihm keine Folge zu geben.
Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags des Klägers berechtigt.
Der Revisionswerber weist zutreffend zunächst darauf hin, dass das Berufungsgericht insofern von oberstgerichtlicher Judikatur abgewichen ist, als es die Abweisung des auf Zahlung gerichteten Klagebegehrens im vorliegenden Haftpflichtprozess damit begründet hat, dass lediglich ein Feststellungsinteresse gegeben sein könnte, das (allein gestellte) Leistungsbegehren hingegen jedenfalls noch nicht fällig sei und schon deshalb die klagsabweisliche Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt werden müsse. Da die Feststellung der Versicherungsdeckung das für den Leistungsanspruch präjudizielle Recht betrifft und daher der betreffende Feststellungsanspruch zeitlich und umfänglich über den gegenständlichen, mit Leistungsklage geltend gemachten Anspruch nicht hinausgeht, stellte ein (mögliches) Feststellungsbegehren nur ein Minus der begehrten Leistung dar (VersR 1980, 833; RZ 1987, 89/18 = ZVR 1987, 247/83; RIS-Justiz RS0038981). Wiederholt habe der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass es in einem solchen Fall der mangelnden Fälligkeit des Leistungsbegehrens, die Berechtigung des Feststellungsanspruches vorausgesetzt, folgerichtig wäre, den Beklagten statt zur begehrten Leistung auf Feststellung zu verurteilen, weil von einem Kläger, der, wenn auch unberechtigt, bereits Leistung verlangte, angenommen werden muss, dass er zumindest die Feststellung seines Rechtes begehrt (7 Ob 27/88, VR 1989, 186; 10 ObS 61/91, SSV-NF 5/26; vgl RIS-Justiz RS0034789; RS0038981). Die Ansicht des Berufungsgerichtes, die abweisliche Entscheidung des Erstgerichtes sei schon zufolge mangelnder Fälligkeit des Leistungsanspruches ohne weiteres - ohne sich mit der Frage der Berechtigung des dem Leistungsanspruch immanenten Feststellungsanspruches (= Deckungsanspruches) auseinandersetzen zu müssen - zu bestätigen, ist daher rechtsirrig.
Ebenso erweist sich die Ansicht des Berufungsgerichtes, der Traktor habe sich während der Abwesenheit des Neffen schlüssig in der Obhut des Klägers und somit in dessen Verwahrung befunden, wodurch der Ausschlusstatbestand des Art 7.10.1 AHVB ohnehin verwirklicht worden sei, als rechtsirrig.
Der Ansicht des Revisionswerbers, der Traktor sei ihm von seinem Bruder bzw Neffen weder rechtsgeschäftlich "verliehen" worden, noch sei er von ihm in Verwahrung genommen worden, es liege vielmehr kein Rechtsverhältnis zwischen ihm und seinem Bruder im Sinne eines Verwahrungsvertrages oder Leihvertrages vor, sondern es sei lediglich die Zurverfügungstellung des Traktors ohne rechtsgeschäftliche Bindung auf Grund des natürlichen Zusammengehörigkeitsgefühles unter Familienangehörigen erfolgt, es liege bloß ein "faktisches Benützungsverhältnis" vor, weshalb der genannte Ausschlusstatbestand nicht vorliege, kommt aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
Rechtliche Beurteilung
Nach (in Österreich wie in Deutschland) hM sind Abreden, die ausschließlich auf einem außerrechtlichen Geltungsgrund, wie Verwandtschaft, Freundschaft, Kollegialität oder Nachbarschaft beruhen, keine Schuldverhältnisse im Rechtssinn. Ein rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis setzt den Willen voraus, eine Rechtsbindung zu begründen (Heinrichs in Pallandt62 Einl v § 241, Rz 5 mwN). Mangelt es am Bindungswillen im Sinne eines Rechtsfolgewillens, liegt ein bloßes Gefälligkeitsversprechen vor (Rummel in Rummel3 § 861 Rz 7 mwN; vgl auch Koziol/Welser, Bürgerliches Recht I12 88). Entscheidend ist dabei nicht der innere Wille; es kommt vielmehr darauf an, wie sich das Verhalten der Beteiligten bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler darstellt. Die Verneinung einer Rechtsbindung setzt ein unentgeltliches und uneigennütziges Verhalten des Gefälligen voraus. Ein Rechtsbindungswille kann aber auch bei einem unentgeltlichen und fremdnützigen Handeln anzunehmen sein. Zu würdigen sind die wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung der Angelegenheit, vor allem für den Begünstigten, ferner Art, Grund und Zweck der Gefälligkeit sowie die Interessenlage (Heinrichs aaO).
Ob eine rechtsgeschäftliche Regelung oder eine bloße Gefälligkeitszusage im verwandtschaftlichen bzw freundschaftlichen oder gesellschaftlichen Bereich oder auch ein sog. "gentlemen's agreement" (vgl neuerlich Koziol/Welser aaO) vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Es ist zu beurteilen, ob die Parteien mit ihrer Regelung rechtliche Wirkungen auslösen wollten, die erforderlichenfalls auch durch behördlichen Zwang durchgesetzt werden können, oder aber, ob eine unverbindliche, jederzeit widerrufliche Vereinbarung vorliegt, der nur die Bedeutung einer Regelung von (allenfalls auch beiderseitigen) Gefälligkeiten beizumessen ist. Es ist demnach zu fragen, ob den Parteien erkennbar das Bewusstsein fehlte, mit ihrer Vereinbarung Rechtsfolgen auszulösen (vgl EvBl 1977/68 mwN).
Im vorliegenden Fall kann - ausgehend von der festgestellten Lage der Dinge - der Ansicht des Berufungsgerichtes, zwischen dem Kläger und seinem Bruder bzw Neffen sei schlüssig ein Verwahrungsvertrag zustandegekommen, nicht gefolgt werden. Vielmehr ist im Sinne der Argumentation der Revision von einer bloß faktischen Überlassung des Traktors in die Obhut des Klägers auszugehen. In gleicher Weise ist auch das Zustandekommen eines Leihvertrages zu verneinen und auch diesbezüglich - selbst wenn man vom unstrittigen Sachverhalt ausgeht und die beiden vom Berufungsgericht unbehandelt gelassenen Feststellungsrügen außer Acht lässt - ein reines Gefälligkeitsverhältnis ohne Bindungswillen im Sinne eines Rechtsfolgewillens anzunehmen (vgl SZ 8/14; EvBl 1977/68; vgl auch JBl 1999, 244). Ein Rechtsbindungswille im Sinne eines Leihvertrages kann auch nicht aus der Feststellung der Unterfertigung des Protokolls vom abgeleitet werden, wonach der Kläger den Traktor von seinem Bruder "ausgeliehen" habe; ist doch der Sprachgebrauch hinsichtlich des Ausdruckes "Leihe" häufig ungenau und kann dem Kläger als juristischem Laien keineswegs unterstellt werden, damit tatsächlich den Abschluss eines Leihvertrages iSd §§ 971 ff ABGB eingeräumt zu haben.
Damit erhebt sich die Frage, ob die gegenständliche Ausschlussklausel auch auf Fälle der Besitzüberlassung im Rahmen eines - hier also anzunehmenden - Gefälligkeitsverhältnisses, also ohne Einräumung eines Rechtes zum Besitz oder Übernahme einer Pflicht zum Besitz, auszudehnen ist. Dies muss verneint werden:
Wie Achatz ua in ihren Erläuterungen zu den Allgemeinen Haftpflichtversicherungsbedingungen (AHVB 1993) zutreffend ausführen, haben die in Art 7.10.1 zusammengefassten Vertragstypen Leihe, Miete, Leasing, Pacht und Verwahrung gemeinsam, dass der Versicherungsnehmer über die betreffenden Sachen Verfügungsgewalt erlangt. Die Stellung des Besitzers von Sachen entspricht nun in risikotechnischer Hinsicht weitestgehend der ihres Eigentümers: Ob Sachen kraft Eigentums oder kraft einer der in der betreffenden Klausel aufgezählten Vertragstypen in der Verfügungsgewalt des Versicherungsnehmers stehen, ändert nichts daran, dass sie der Willkür des Gebrauchs und den mit dem Gebrauch verbundenen erhöhten Gefahren ausgesetzt sind. Folgerichtig wurden daher Schadenersatzverpflichtungen wegen Schäden an Sachen, die der Versicherungsnehmer entliehen, gemietet, geleast, gepachtet oder in Verwahrung genommen hat, von der Versicherung (ausdrücklich) ausgeschlossen.
Der eben erläuterte Telos des gegenständlichen Risikoausschlusses trifft zwar in gleicher Weise auch auf Sachen zu, die sich im Besitz des Versicherungsnehmers befinden, weil sie ihm außerhalb eines der genannten Vertragsverhältnisse aus bloßer Gefälligkeit überlassen wurden. Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommene Gefahr einschränken oder ausschließen, dürfen Risikoausschlüsse aber nicht nur nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zweckes und des Regelungszusammenhanges erfordert, sondern es ist auch die gewählte Ausdrucksweise zu beachten (7 Ob 26/97t, VersE 1.734; RIS-Justiz RS0107031, zuletzt etwa 7 Ob 164/03y und 7 Ob 134/03m). Da Besitzüberlassung im Rahmen von bloßen Gefälligkeitsverhältnissen in der betreffenden Klausel nicht angeführt ist (obwohl eine Erwähnung durchaus naheläge und ohne weiteres möglich gewesen wäre), erscheint eine Ausdehnung des Risikoausschlusses auch auf außervertragliche Gefälligkeitszusagen nicht gerechtfertigt (vgl Voith in Prölss/Martin VVG26 § 4 AHG Rz 40 mwN). Der Gegenmeinung von Johannsen in Bruck/Moeller8 , IV G 194 (mwN aus dem älteren deutschen Schrifttum) kann nicht gefolgt werden, zumal die dafür gebotene wesentliche Begründung, die Abgrenzung zwischen Leihvertrag und Gefälligkeitszusage sei praktisch undurchführbar, unzutreffend ist (Voith aaO mwN). Mangels Rechtsfolgewillens konnte im vorliegenden Fall es auch gar nicht schlüssig zu einem Verwahrungsvertrag kommen (im Gegensatz zur "Verwahrung als Nebenverpflichtung" zB im Zuge eines Werkvertrages, so wie in 7 Ob 205/02a mwN ausgesprochen wurde).
Da im vorliegenden Fall demnach also der Risikotatbestand des Art 7.10.1 AHVB nicht verwirklicht ist, wäre ein (dem vom Kläger erhobenen Leistungsbegehren, wie oben erläutert, immanenter) Feststellungsanspruch jedenfalls zu bejahen.
Ob der Kläger darüber hinaus bereits, wie von ihm begehrt, Leistung beanspruchen kann, hängt davon ab, ob seine festgestellte Zusage, seinem Bruder den Schaden am Traktor zu 100 % zu ersetzen, als Anerkenntnis iSd Art 13 AHVB anzusehen ist. Die genannte Bestimmung entspricht wörtlich § 154 Abs 1 VersVG. Demnach ist unter Anerkenntnis nicht nur ein konstitutives, sondern auch ein deklaratorisches zu verstehen (Voith aaO § 154 Rz 10). Das Berufungsgericht hat ein Anerkenntnis - allerdings ohne jede Erläuterung - verneint; es ist offenbar davon ausgegangen, dass die betreffende Zusage des Klägers eine bloße "Beruhigungserklärung" ohne Rechtsbindungswillen darstellt (vgl Voith aaO). Dies liegt nach Lage der Dinge zwar nahe, erscheint aber letztlich doch noch erörterungs- bzw klärungsbedüftig.
In Stattgebung der Revision waren daher die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die Fällung einer neuen Entscheidung nach Verfahrensergänzung im aufgezeigten Sinne aufzutragen. Für den Fall des Vorliegens eines Anerkenntnisses im Sinne des Art 13 Abs 1 AHVB müsste auch noch die von der Beklagten bestrittene Höhe des Anspruches geklärt werden.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.