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OGH 29.11.2005, 5Ob194/05y

OGH 29.11.2005, 5Ob194/05y

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der außerstreitigen Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Michael H*****, 2.) Franz H*****, 3.) Florian H*****, 4.) Marieluise H*****, 5.) Gottfried H*****, 6.) Peter N*****, 7.) Friedrich H*****, 8.) Edith S*****, 9.) Margarete M*****, 10.) Monika G*****, 11.) Margit K*****, 12.) Klaudia K*****, alle vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin P***** AG, *****, vertreten durch Mag. Wolfgang P. Winkler, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 12a Abs 3 MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom , GZ 22 R 10/05h-48, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Mistelbach vom , GZ 2 Msch 2/02f-42, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Text

Begründung:

Der Rechtsvorgänger der Antragsteller hatte mit der G***** AG am einen unbefristeten Bestandvertrag abgeschlossen, welcher in Vertragspunkt VIII. folgende Bestimmung enthielt:

„Der Vermieter erklärt sich ferner damit einverstanden, dass die Mieterin ihr Bestandrecht jederzeit ohne besondere Bewilligung auf Konzernfirmen überträgt."

Im März 1998 erwarb die G. Privatstiftung eine Sperrminorität von 25 % plus einer Aktie und im Juni 1999 alle übrigen Aktien der G***** AG. Stifter der G. Privatstiftung ist die P. Beteiligungs-AG, welche zum P. -Konzern gehört.

Eine Übertragung der Bestandrechte von der G***** AG auf die G. Privatstiftung gemäß Punkt VIII. des Bestandvertrags erfolgte nicht.

Mit der Übernahme der Aktien der G***** AG durch die G. Privatstiftung im Juni 1999 kam es in der Gazelle AG zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten. Eine Anzeige gemäß § 12a Abs 3 MRG erfolgte nicht.

Erst im Jänner 2003 gab die G***** AG die im Dezember 2002 beschlossene Verschmelzung als übertragende Gesellschaft mit der P***** AG als aufnehmender Gesellschaft bekannt.

Die Vorinstanzen erachteten den von den Antragstellern auf den Aktienerwerb im Juni 1999 gestützten Mietzinsanhebungsantrag gemäß § 12a Abs 3 MRG im Wesentlichen für berechtigt; dem stehe das - bloß konzerninterne - Weitergaberecht deshalb nicht entgegen, weil der wirtschaftliche Übergang der Bestandrechte auf eine Dritte, nämlich die zum P. -Konzern gehörende G. Privatstiftung erfolgt sei.

Zur Zulässigkeit ihres dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurses macht die Antragsgegnerin geltend, das Rekursgericht habe verkannt, dass sich der Anteilserwerb der G. Privatstiftung an der vormaligen Bestandnehmerin G***** AG in zwei Schritten vollzogen haben. Beim ersten Aktienerwerb im März 1998 habe die G. Privatstiftung 25 % plus eine Aktie und dann beim zweiten Aktienerwerb im Juni 1999 alle übrigen Aktien der G***** AG erworben. Nach dem ersten Aktienerwerb sei die damalige Bestandnehmerin G***** AG „Bestandteil des Konzerns der G. Privatstiftung" geworden, doch habe dieser Aktienerwerb (noch) nicht den Fall des § 12a Abs 3 MRG ausgelöst. Zum „Machtwechsel" in der Mietergesellschaft G***** AG sei es (erst) durch den zweiten Aktienerwerb gekommen, doch sei dieser dann bereits „zugunsten einer Konzernfirma" erfolgt und deshalb durch das vereinbarte - die Anwendung des § 12a Abs 3 MRG ausschließende - konzerninterne Weitergaberecht gedeckt; die Mietzinsanhebung sei daher entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht gerechtfertigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nF unzulässig:

1. Die Formulierung des § 12a Abs 3 MRG soll vor allem den Machtwechsel in der Gesellschaft erfassen. Die Einflussmöglichkeit muss gesellschaftsrechtlich begründet sein (5 Ob 239/99d = SZ 73/91). Eine Änderung der rechtlichen Entscheidungsmöglichkeiten idS liegt dann vor, wenn es dem Machtträger aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position möglich ist, die Geschicke der Gesellschaft faktisch zu bestimmen (RIS-Justiz RS0111297); dies wird idR beim „Kippen der Mehrheitsverhältnisse" angenommen (RIS-Justiz RS0111167). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen, dass die Einbringung von Mehrheitsgesellschaftsanteilen der Hauptgesellschafterin der Mietergesellschaft in eine Privatstiftung den Anhebungstatbestand des § 12a Abs 3 MRG verwirkliche (5 Ob 307/00h = SZ 74/109).

2. Die Vorinstanzen sind im Einklang mit - den dargestellten Rechtsgrundsätzen davon ausgegangen, dass der entscheidende, den Fall des § 12a Abs 3 MRG auslösende Machtwechsel bei der Bestandnehmerin erst durch den zweiten Aktienerwerb im Juni 1999 eingetreten sei, mit welchem die G. Privatstiftung alle (übrigen) Aktien der G***** AG erwarb; erst dadurch sei es von der aus dem ersten Aktienwerb resultierenden bloßen Sperrminorität von 25 % plus einer Aktie zum „Kippen der Mehrheitsverhältnisse" und dadurch zur entscheidenden Änderung des gesellschaftsrechtlichen Gefüges gekommen.

3. Die in ihrem Revisionsrekurs vorgetragene, gegenteilige Ansicht der Antragsgegnerin setzt sich - unzulässig - über die erstgerichtliche Feststellung hinweg, wonach es „mit der Übernahme der Aktien der G***** AG durch die G. Privatstiftung am .... (also nicht schon vorher) in der G***** AG zu einer entscheidenden Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten (gekommen sei)" (S. 9 in ON 42). Die Antragsgegnerin verkennt mit ihrer Argumentation aber offenbar auch die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Konzerns einerseits und für das Mietzinsanhebungsrecht nach § 12a Abs 3 MRG andererseits. Sind rechtlich selbstständige Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst, so bilden sie gemäß § 15 Abs 1 AktG einen Konzern. Nach § 15 Abs 2 AktG liegt ein Konzern vor, wenn ein rechtlich selbstständiges Unternehmen auf Grund von Beteiligungen oder sonst unmittelbar oder mittelbar unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens steht. Sollte die G***** AG bereits durch den ersten Aktienerwerb im März 1998 (Erwerb von 25 % plus einer Aktie durch die G. Privatstiftung) „Bestandteil des Konzerns der G-Privatstiftung" geworden sein, dann müsste die seinerzeitige Bestandnehmerin G***** AG auch (noch zusätzlich) durch weitere - von der Antragsgegnerin in tatsächlicher Hinsicht freilich nie behauptete - Vorgänge unter die „einheitliche Leitung" durch oder unter dem beherrschenden Einfluss der G. Privatstiftung gelangt sein; träfe dies zu, dann wäre damit aber bereits auch der Machtwechsel nach § 12a Abs 3 MRG vollzogen und die Mietzinsanhebung gerechtfertigt. Die von der Antragsgegnerin unterstellte Möglichkeit eines „Konzernwechsels" der Mietergesellschaft ohne Vorliegen auch der Voraussetzungen des § 12a Abs 3 MRG ist ausgeschlossen.

4. Da nach den Feststellungen eine Zugehörigkeit der Mietergesellschaft G***** AG zum P*****-Konzern vor dem zweiten Aktienerwerb im Juni 1999, mit welchem die G. Privatstiftung alle (übrigen) Aktien der G***** AG erwarb, nicht vorgelegen hat, steht auch das vertraglich vereinbarte - bloß konzerninterne - Weitergaberecht der Anwendung des § 12a Abs 3 MRG jedenfalls nicht entgegen (5 Ob 100/99p = WoBl 2000/10, 37; 5 Ob 51/01p = immolex 2001/146 = WoBl 2001/197, 321).

Da die Antragsgegnerin somit insgesamt keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nF geltend machen, ist ihr Revisionsrekurs unzulässig und zurückzuweisen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2005:0050OB00194.05Y.1129.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAD-51609

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