OGH vom 19.11.2019, 3Ob208/19p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr.
Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei I*****, vertreten durch Mag. Gerhard Walzl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Alexandra Sedelmayer-Pammesberger, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterhaltsherabsetzung (AZ 8 C 22/16k) und Einwendungen gegen den Anspruch nach § 35 EO (AZ 8 C 4/18s), über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 44 R 338/19k-67, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Hernals vom , GZ 8 C 22/16k-60, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind geschiedene Ehegatten. Mit der zu (nunmehr) 8 C 22/16k des Erstgerichts eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass der von ihm der Beklagten geschuldete monatliche Unterhaltsbeitrag ab Jänner 2014 bis auf weiteres nur noch 175 EUR (statt 570 EUR) betrage. Mit Beschluss des Erstgerichts vom wurde der Beklagten als betreibende Partei die Gehaltsexekution gegen den hier Kläger als verpflichtete Partei zur Hereinbringung eines Unterhaltsrückstands von 3.309,20 EUR sowie des laufenden Unterhalts von 570 EUR monatlich ab dem bewilligt. Mit der zu (nunmehr) 8 C 4/18s des Erstgerichts eingebrachten Oppositionsklage begehrt der Kläger, die Exekution (uneingeschränkt) für unzulässig zu erklären. Der letzte Unterhaltstitel sei ab dem hinsichtlich eines 175 EUR monatlich übersteigenden Betrags erloschen. Ein Unterhaltsrückstand bestehe nicht, vielmehr habe er für Jänner 2014 bis April 2017 eine Überzahlung von 15.800 EUR geleistet, die er der Unterhaltsforderung der Beklagten compensando entgegen halte.
Das Erstgericht verband die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung und wies beide Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Die vom Kläger erhobene „außerordentliche“ Revision wurde unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt. Dies widerspricht dem Gesetz:
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 502 Abs 4 ZPO ist die Revision – außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO – jedenfalls unzulässig, wenn in einem Verfahren über den aus dem Gesetz gebührenden Unterhalt der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert nicht insgesamt 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat.
2. Trotz des sachlichen Zusammenhangs der beiden Verfahren hat ihre Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung nicht zur Folge, dass die Streitwerte zusammenzurechnen wären (RIS-Justiz RS0037271 [T7]).
3. Gemäß § 58 Abs 1 JN sind Unterhaltsansprüche zwingend mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts in Unterhaltsverfahren kommt es, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war (RS0042366 [T9] ua). Für die Unterhaltsherabsetzungsklage beträgt der Wert des berufungsgerichtlichen Entscheidungsgegenstands daher ([570 - 175 =] 395 EUR x 36 =) 14.220 EUR.
4. Der Streitwert einer Oppositionsklage betreffend einen Unterhaltsexekutionstitel ist gleich dem nach § 58 Abs 1 JN zu berechnen (vgl RS0001624); eine Hinzurechnung des betriebenen Unterhaltsrückstands hat nicht (mehr) zu erfolgen (3 Ob 207/19s). Damit übersteigt auch der Wert des Entscheidungsgegenstands des Berufungsgerichts im Oppositionsverfahren 30.000 EUR nicht (570 EUR x 36 = 20.520 EUR).
5. Mangels eines 30.000 EUR übersteigenden Werts des Entscheidungsgegenstands in zweiter Instanz in beiden verbundenen Verfahren wäre das Rechtsmittel daher – auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird – dem Berufungsgericht (allenfalls nach Verbesserung) vorzulegen gewesen. Ob die im Schriftsatz enthaltenen Ausführungen, wonach die Revision zulässig sei, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entsprechen, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [insbesondere T 5, T 8]; RS0109501 [insbesondere T 12]). Es ist daher die aus dem Spruch ersichtliche Rückleitungsanordnung zu treffen.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00208.19P.1119.000 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.
Fundstelle(n):
IAAAD-51608